Die Frau mit den dunklen Augen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
DasM

Beitragvon DasM » 13.09.2006, 16:13

Die Frau mit den dunklen Augen


Kaufte Pfirsiche
beim Alten nebenan,
um sie wieder nicht zu essen.
Zu lange ergaben sich
meine Ideale aus
dem Dreck der Straße.

Vielleicht werde
ich einen Hund treten
oder etwas fahren,
mit offenem Hemd
am Kanal entlang,
während die Amseln
ihr Geschäft auf
meiner Fensterbank
verrichteten.

Die dunklen Augen
der Frau, die ich nie
treffen werde,
erinnern mich an
all die Seelenwächter,
die immer wieder
meinten sich meiner
annehmen zu müssen,
all die Jahre.

Seit letztem Sommer
reduziere ich mein
Leben auf Kirschblütentee
und zu viel Zigaretten.

Man weiß nie
was noch kommt.
Zuletzt geändert von DasM am 19.09.2006, 16:49, insgesamt 2-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 16.09.2006, 18:28

Lieber M,

Dein Text lässt mich etwas unschlüssig. Mein Gefühl sagt, dass er gelingen könnte, wenn er gut überarbeitet wird. So, wie er derzeit ist, scheint er mir eine Rohfassung, da ist beispielsweise die doppelte "Straße" in Strophe 1, da sind all die Gedanken die wild durcheinanderpurzeln - klar, das kann natürlich auch Absicht sein. In diesem Falle aber vergäbe der Text viel Möglichkeiten, die er vielleicht in sich trägt, um dafür auf der anderen Seite eine etwas großsprecherische Attitüde des lyr. Ichs an den Tag zu bringen. Sehr viele Phrasen in Deinem Text (ich nennne ihn durchgängig Text, weil er für mich wenig lyrische Momente enthält, ohne die Strophenform wäre er für mich auch eine Erzählung, aber das ist eigentlich auch gleichgültig) sind auf Wirkung hin geschrieben: "Dreck der Straße", "einen Hund treten", "Seelentote" oder "zu viel Zigaretten" - all das finde ich Phrasen, die mir zu sehr um Applaus buhlen und hinter denen mir zu wenig steckt. Mit der Grundstimmung aber könnte ich mich anfreunden.

Liebe Grüße
auch M

DasM

Beitragvon DasM » 16.09.2006, 19:51

hallo,
ich nenne meine texte fast nie gedicht. insoweit gehe ich da mit dir konform.
was mir auffällt, ist tatsächlich das doppelte straße in der !S. werde ich gleich ändern ( danke )

die fehelende struktur, so wie die phrasen sind eigentlich beabsichtigt, da sie das leben des lyr.i. wiederspiegeln sollen.
letztendlich ist es eine geschichte. aber trotzdem ein text der durchaus in die rubrik gedichte fällt.
ich mag eigentlich grundsätzlich keine diskussion über die abgrenzung von prosa und lyrik halten, kannst du sicher verstehen. ich schreibe schon 25 jahre, immer in diesem stil. da kannst du dir sicher denken, wie oft ich das diskutiert habe.
leider nie mit einem ergebnis. weil es keines gibt. je nachdem mit wem man diskutiert hat man recht oder unrecht.

der text ist der erste einer neuen reihe gewesen die ich geschrieben habe. es ist gut das die stimmung rüberkommt.
ausdrucksmäßig versuche ich das zu verbessern, weil vielleicht tatsächlich die grundintention des textes nicht einwandfrei verständlich ist .


dank dir fürs lesen
Michael

Louisa

Beitragvon Louisa » 16.09.2006, 22:57

Hallo (hier ist wieder die Frauenrechtlerin :smile: !),
Also es gibt wie bei jedem Text auch hier wieder Sachen, die ich mochte und andere, die weniger glücklich sind (Max erwähnte Floskeln, die nichts tiefgründiges vermitteln):

Ich mochte:

-den Titel
-den Alten, der Pfirsiche verkauft (Aber wieso werden die nicht gegessen? Das ist doch Lebensmittelvergeudung! Und das in Zeiten von Hungersnot!

Kannst Du mir also den Sinn des "Nicht-Verzehrens" erklären? Aus Langweile? Aus Protest (eine politische Aktion)? Ergibt es sich aus der geheimen Beziehung zum "Alten"? (Das sind nur meine Fragen...)

-Wieso will man einen Hund treten? Aus Frust? (Kennst Du "Der Fremde" von Camus...da tritt auch einer seinen armen Hund...Das finde ich noch viel schlimmer als die Pfirsiche nicht zu essen!)

-"etwas mit offenem Hemd fahren" gefällt mir wieder ganz gut. Ist ein schönes Bild

-Dann wird es schön geheimnissvoll, weil die Dame mit den dunklen Augen nie getroffen wird...das ist auch sehr nach meinem Geschmack und mir fehlt auch noch eine Beschreibung der "Seelentoten"...das sollen wohl irgendwelche emotionslosen Übeltäter sein!? Aber aus dieser Strophe könnte man ein Gedicht machen und aus dem Alten! So eine Straßengeschichte fände ich toll mit vielen Beschreibungen und der nicht-existenten Frau!

-Der "Kirschblütentee" ist ein schönes Wort, aber der Rest der letzten zwei Abschnitte gefällt mir aus Max´genannten Gründen auch nicht so gut.


Nun zu Deinem Kommentar:

ich nenne meine texte fast nie gedicht.


Wieso stellst Du es dann in die Lyrik-Ecke und wie nennst Du sie dann?

Die Phrasen stören eigentlich nur, aber die GEschichte mit der Frau und der Straße ist richtig spannend! Da würde ich dran bleiben, dann gefällt es sicherlich vielen Lesern! Keine Angst vor dem Verändern! (Habe mich am Anfang auch davor gestreubt und wurde weinerlich sowie zickig :smile: ...aber es ist wie mit allen schönen Dingen im Leben: Beim ersten Mal tut es noch weh, aber dann macht es richtig Spaß!)
(Also ich sollte nicht mehr um diese Uhrzeit Kommentare schreiben...)

Daraus kann ein richtig gutes Gedicht werden!

Liebe Grüße und viel Erfolg!
die pfirsich-hund-und-frauen-rechtlerin

DasM

Beitragvon DasM » 17.09.2006, 17:42

hey,
ich nenne meine texte nie gedicht.
das ist richtig. aber deine frage warum ich sie in lyrik stelle verstehe ich nicht.
das impliziert, das lyrik=gedicht. aber das ist quatsch.

zum text:
diesmal macht mich euere kritik etwas nachdenklich, denn ich dachte dieser text sein richtig gut.
ich werde die einwände nochmal morgen richtig genau lesen. und dann am text arbeiten (premiere)

danke für die hinweise bis hierher.

Michael

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 18.09.2006, 21:41

Kaufte Pfirsiche
beim Alten in der Straße
um sie wieder nicht zu essen.


Wenn mir das nicht aus der Seele spricht.

Starker Beginn, flaut leider irgendwie ab. Wenn ich jetzt sagen könnte, warum. Ich glaube, es sind die Seelentoten und der Kirschblütentee, die mir hier nicht ins Bild wollen. Die Seelentoten ist so abgelutscht, der Tee so hoffnungsvoll (hab hier selbst so nen riesigen ollen Kirschbaum, und wenn ich so drauf bin wie du am Anfang des Textes, dann kotzt mich dieses verdammte rosa der Blüten ganz schön an...). Ich kann aber auch völlig daneben liegen.

Was auf jeden Fall nicht stimmt, ist das ss bei 'man weiß nie'

Tom mit Fragezeichen

edit: Der nachfolgenden Korrektur von Trixie schließe ich mich an. da hatte ich beim ersten Rutsch gar nicht so drauf geachtet. Komisch, mache ich sonst immer....
Zuletzt geändert von Thomas Milser am 18.09.2006, 22:26, insgesamt 1-mal geändert.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Trixie

Beitragvon Trixie » 18.09.2006, 21:56

Hallo Michael!

Da du gesagt hast, du wirst an dem Text arbeiten und ich jetzt an sich nichts wirklich zu kritisieren habe von Form und Inhalt, möchte ich dir wenigstens mit der Kommasetzung helfen. Entweder ganz oder gar nicht, sprich: Entweder alle weglassen oder alle einfügen, meine ich. Ich bin zwar kein Profi, aber diese sind mir regelrecht ins Auge gesprungen. Außerdem noch zwei Dinge, von denen ich glaube, dass sie so richtiger sind, kann mich aber auch täuschen. Veränderungen sind fett.

lg
Trixie


DasM hat geschrieben:Die Frau mit den dunklen Augen


Kaufte Pfirsiche
beim Alten in der Straße,
um sie wieder nicht zu essen.
Zu lange ergaben sich
meine Ideale aus
dem Dreck der Straße.

Vielleicht werde
ich einen Hund treten
oder etwas fahren,
mit offenem Hemd
am Kanal entlang,
während die Amseln
ihr Geschäft auf
meiner Fensterbank
verrichteten.

Die dunklen Augen
der Frau, die ich nie
treffen werde,
erinnern mich an
all die Seelentoten,
die immer wieder
meinten sich meiner
annehmen zu müssen,
all die Jahre.

Seit letztem Sommer
reduziere ich mein
Leben auf Kirschblütentee
und zu viele Zigaretten.

Man weiss nie,
was noch kommt.

DasM

Beitragvon DasM » 19.09.2006, 16:52

hallo,
habe den text aufgrund der hinweise von euch nochmal überarbeitet. möchte mich hier gerne bedanke für die hinweise ( echt! )
habe demzufolge die kommas geändert, und die doppelte "straße aus der ersten strophe geändert.
hört sich jetzt besser an. die die "seelentoten" habe ich auch geändert in "seelenwächter"
dann noch den kleinen rechtschreibfehler am ende beseitigt und.......fertig.

hoffe ist jetzt ein bisschen besser


michael


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