Auf dem Wege

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 04.09.2006, 19:54

Auf dem Wege

Tage sind,
die Tränen tropfen
auf meine Gewänder,
fordern Schmerzen
oder Handeln
vom Weg,
den ich gehe.

Mir bleibt nichts,
nichts,
als gehen
in den Abwegen,
zurückzufinden
zur Persona
und Sinn
gibt es
noch garnicht.
Zuletzt geändert von moshe.c am 07.09.2006, 18:50, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 04.09.2006, 22:41

Lieber moshe c.,
inhaltlich finde ich Dein Gedicht sehr gut. Ich denke, Sinn erschließt sich oft, wenn überhaupt erst im nachhinein, wenn man auch schweren Zeiten eine (Be-)deutung geben kann. Auf dem Weg selber hilft es nur weiterzugehen....
Von der Begrifflichkeit finde ich es fast schade, dass Du zum Teil sehr reflektierende Worte verwendest (Leiden oder Handlung, Persona, Sinn). Mit Bildern wäre es noch stärker, denke ich.
Liebe Grüße
leonie

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 06.09.2006, 22:02

Lieber moshe,
der unerbittliche Ton in diesem Gedicht trifft mich. Allerdings drängt sich mir folgende Idee extrem auf: Das Gedicht ohne Kommata zu setzen:

Auf dem Wege

Tage sind
die Tränen tropfen
auf meine Gewänder
fordern Leiden
oder Handlung
vom Weg
den ich gehe.

Mir bleibt nichts
nichts
als gehen
in den Abwegen
zurückzufinden
zur Persona
und Sinn
gibt es
noch nicht


(wenn du die Kommata lässt sollte hinter Weg in Strophe 1 noch eins stehen, Relativsatz). Ich finde die Wirkung aber um Längen verstärkt ohne KOmmata.

Wie immer, wenn leonie etwas anmerkt, finde ich ihre Beobachtung sehr sehr treffend:
Von der Begrifflichkeit finde ich es fast schade, dass Du zum Teil sehr reflektierende Worte verwendest (Leiden oder Handlung, Persona, Sinn).
. Zumindest das Wort Handlung ist für mich auch zu früh stehen geblieben im Schreibprozess (ich empfinde es so).


Auch bin ich dem Verwenden von "persona" skeptisch gegenüber - warum genau benutzt du diesen Begriff? Weil du religiöse Bezüge herstellen willst? (das wäre für mich fast der einzig sich erschließende Grund...ansonsten klingt die Verwednung für mich "angelesen"....

Und dann würde ich (sicher wieder Absichgt von dir, ich plädiere trotzdem dafür, gerade wegen des Titels) auch in Strophe zwei "auf" statt in den Abwegen sagen, die besondere Dimension in die innere Tiefe wird auch bei der Verwendung der Präpsotion auf deutlich und hält so das Bild für mich ganzheitlicher...

Am Ende könnte ich mir vorstellen, dass es sich lohnen würde, das "noch" noch stärker zu betonen, da doch ein ziemliches Gewicht drauf liegt bzw, liegen sollte (wenn kein Gewicht drauf liegt, würde ich es streichen).

Insgesamt ein Gedicht, das mich trotz der vielen wenns und abers doch gefangen nimmt in seinem Ton.

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 07.09.2006, 18:49

Liebe leonie,
ich verstehe was du meinst und versuche dir ein wenig gerechter zu werden (siehe). Aber viel mehr will ich hier nicht machen in der Richtung, die du meinst, denn es ist nunmal ein selbstreflektorisches Gedicht. (Siehe auch unten)

Liebe Lisa,
das Gedicht ohne Zeichensetzung ist eine sehr reizvolle Angelegenheit, die auch sah. aber das hat was mit den Zeilenümbrüchen zu tun (siehe im Thread Klar, und da begebe ich mich in ein Dilemma:

'auf meine Gewänder
fordern Leiden'

Kann ich bisher drehen und wenden wie ich will, aber es ergibt keine Lösung.
Und so setzte ich noch das fehlende Komma.

Zur Persona: Ich verwende diesen Begriff nicht im religiösen Gebrauch, sondern im psychologischen.
Dort ist es so, daß ein Mensch verschiedene Personaes hat, z.B. als Mieter, als Vater, als Konsument, usw..
Der Begriff hier bezieht sich auf das Selbstbild eines Menschen und klammert alle unbewußten und verdrängten Elemente aus. Deshalb ist dieser Begriff hier genau der richtige.

Und daher auch 'in' anstatt 'auf'.

Aufgrund deiner Anregung versuche ich das 'noch' zu verstärken und hoffe, daß es so ist, wie du es meintest.

So long Moshe

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 11.09.2006, 17:03

Lieber moshe,
du hast das nicht in ein gar nicht geändert? (kannst du bitte deine Änderungen kenntlich machen, das würde mir total helfen :-))...siehe dazu auch: http://www.blauersalon.net/online-liter ... php?t=3105 .

Zur psychologischen persona: Ist das ein noch heute gängiger Begriff in der Psychologie? Das hätte ich nicht gedacht, interessant...- ich kenne die Beduetung, die du hier mit persona meinst, nur von Cicero, der hat es in etwa so gebraucht wie du...allerdings verstehe ich dann die Wendung in deinem Gedicht überhaupt nicht:

Dort ist es so, daß ein Mensch verschiedene Personaes hat, z.B. als Mieter, als Vater, als Konsument, usw..


Ja, genau, das wäre eben auch Cicero - persona = ~Rolle.

Der Begriff hier bezieht sich auf das Selbstbild eines Menschen und klammert alle unbewußten und verdrängten Elemente aus. Deshalb ist dieser Begriff hier genau der richtige.


Auf welche Weise können alle unbewussten und verdrängten Elemente ausgeschlossen werden? Soll das heißen, nur das ist gemeint, was ein Ich von sich selbst denkt im Sinne von Spiegelbild ohne das dahinter? das was er sehen kann? Das geht für mich aber nicht konform mit dem Begriff einer Rolle wie Vater, Mieter etc...denn dort gibt es doch durchaus unterbewusste Elemente, die da mitwirken...?

Ich verstehe auch nicht, wieso es in dem Gedicht (scheinbar?) wertvoll ist, zu der persona (wieso eigentlich dann singular? warum nicht personae? kann es nach der definition pber haupt EINE persona geben? das wäre dann eben doch religiös) zurückzukehren? was ist das erstrebenswerte der persona, einer Rolle?

Tausend Fragen also noch :-)

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste