räderwerk

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 02.09.2006, 18:02

Bei der Accountlöschung bat die Autorin darum, ihre Texte zu löschen. Dieser Bitte kommt die Administration nach.

Eliane

Beitragvon Eliane » 03.09.2006, 10:38

Hallo Gerda,

treffend beschrieben, beim Lesen glaubt man fast mittendrin zu sein.

Ich empfinde solche "Stadtgeräusche und Düfte" immer besonders stark, wenn ich der dörflichen Idylle entfliehe um dann umso lieber wieder nach Hause zurückzukehren.

Ich empfehle einen Urlaub "bei Ilse und Willi auf'm Land" , :tiere0025:
das Lied von Reinhard Mey fiel mir spontan ein.

lG,
Eliane

Gast

Beitragvon Gast » 03.09.2006, 10:48

Danke Eliane, fürs feedback, ich lebe auf dem Land ;-)
LGG

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 03.09.2006, 21:10

Hallo Gerda

Sehr gerne hab ich ihn gelesen, dieses Gedicht. Ich habe es auch als ein Gedicht über Großstadthektik gelesen. Straßenschluchten und Hinterhofkindergeschrei, das ist unverkennbar die Großstadt. Den Schwerpunkt legst Du auf den Straßenverkehr und die Bahn; der Stress des Berufsverkehrs, da Du "alltäglicher wiederkehr der abschiede" schreibst.

Viele Bilder erkenne ich wieder, das Busächzen, donnernd rollende Müllcontainer möchte ich herausheben. Bei den Hunden und Katzen frage ich mich, ob ich diese Jagd tatsächlich schon mal am Morgen gehört habe, oder ob das nicht ein Klischeebild ist. Das Graunachtgesicht, ja...schwarz ist die Nacht wegen der Lampen wohl nie. Ich habe sie immer als kunstblau empfunden. Oder meintest Du einfach eine nebelgraue Nacht und ich überinterpretiere?

Und keine Aufbruchstimmung, eine Kältegesellschaft, das wird es wahrscheinlich auch auf dem Lande geben. Ich glaube, da ist der Kern des Gedichtes, nicht in der beschriebenen Hektik davor. Darum finde ich sie am Schluss als eine Art Konklusion sehr passend.

Schönen Abend

Jürgen

Gast

Beitragvon Gast » 04.09.2006, 18:05

Ich glaube meine spontane Rückmeldung an Eliane ist verwirrend.
Also
@ all,
ich lebe zwar auf dem Land und liebe dieses Leben, aber ich habe in Städten gelebt und dieses Gedicht ist ein "städtisches".

Lieber Jürgen,

vielen Dank für die Besprechnung.
Du hast völlig Recht es geht um Großstadthektik und die zunehmende Kälte in der Gesellschaft, auch hier nicht auf dem Lande, da ist vieles immer noch besser als in den Städten, sondern explizit in einer großen Stadt.
Wichtig ist mir die fehlende Aufbruchstimmung und die Gleichförmigkeit des Alltags, das hast du Recht und ich hoffe, dass dieses Gedicht das auch ausdrückt.

Liebe Grüße
Gerda

Eliane

Beitragvon Eliane » 04.09.2006, 21:19

Hallo Gerda,

ich fand es nicht verwirrend, sondern hatte es für mich so interpretiert, dass gerade die "Landpflanzen" Stadtgeräusche, Gerüche und alles drumherum bei ihren gelegentlichen Besuchen intensiver wahrnehmen als wenn sie täglich damit konfrontiert sind.

Umgekehrt kann es sein, dass mancher Stadtmensch die Natur intensiver genießen kann, als diejenigen, die täglich von ihr umgeben sind.

zur Aufbruchstimmung und Gleichförmigkeit

Aufbruchstimmung schenkt (mir) der Frühling, wenn auch die Natur "im Aufbruch" ist.

Gleichförmigkeit gibt es bei ihr nicht, denn wenn ich morgens aus dem Fenster schaue, sehe ich Wiesen, Felder und Bäume fast jeden Tag in einem anderen Licht, mit wechselnden Farben und Früchten.

Dann fühle ich: nichts steht still, alles ist Werden und Vergehen.


....dies sind nur Randgedanken zu deinem Gedicht,



lG, Eliane

Gast

Beitragvon Gast » 05.09.2006, 16:30

Liebe Eliane, ja ich verstehe, was du meinst.
Thema meines Gedichts ist die Stadt mit den Stadtmenschen, nicht die Stadtmenschen die das Landleben besser genießen können.
Dort am sehr frühen Morgen, sind gewisse Abläufe halt wie beschrieben.

Natürlich kommen beim Lesen dann auch Gedanken wie deine auf.
Auch empfinde es als Luxus, mich derzeit nicht in dieses Räderwerk begeben zu müssen, sondern morgens als erstes in die Baumkronen um mich herum schauen zudürfen.

Wenn ich aber bedenke, dass sich die Mehrzahl der Menschen eher Tagaus Tagein im Räderwerk bewegt, glaube ich, dass es von den meisten anders gelesen wird, nämlich als Beschreibung eines gesellschaftliches Phänomens.

Wir werden immer unsichtbarer, in der Masse. Niemand nimmt den anderen wahr, jeder schaut nur für sich geradeaus.
Extrem, richtig. Aber die Literatur und die Kunst musste immer schon überziehen.
Liebe Grüße
Gerda

Eliane

Beitragvon Eliane » 05.09.2006, 20:07

Liebe Gerda,

ich denke, ich habe das Thema schon verstanden... und es "nicht anders als Andere gelesen".

"gesellschaftliche Kälte, Profitsucht, Egoismus, Gleichgültigkeit...usw" ist auch mein Thema, wenn ich es auch anders umsetze.

Mit meinen Nachgedanken wollte ich einen Denkanstoß geben, denn ich bin davon überzeugt:
Wer die Natur und die kleinen schönen Dinge um sich herum wieder wahrzunehmen lernt, der wird auch die Menschen um sich herum und ihre Individulität wieder wahrnehmen und an Achtsamkeit gewinnen.

lG
Eliane

Max

Beitragvon Max » 17.09.2006, 20:18

Liebe Gerda,

Dein Gedicht erinnert mich an Zeilen, die ich selbst einmal nach einem meiner Berlinaufenthalte geschrieben habe, allerdings mit einem etwas anderen Blickwinkel.

Was ich an dem Gedicht mag, ist dass die Zeilen das Tempo der Großstadt aufnehmen und widerspiegeln.

neblig trübe atmen kanaldeckel


ist außerdem ein gutes Bild. Ob so früh wirklich Hunde katzen jagen, weiß ich nicht, ich habe es jedenfalls noch nicht gesehen und in den Metropolen die ich kenne laufen die Streunerhunde auch nicht direkt neben den Gleisen. Vielleicht sollen sie das aber bei Dir auch gar nicht ;-) ... denn Du springst sowieso ein wenig mit den Orten hin und her - das lyr. Ich bewegt sich mit ziemlich zügiger Geschwindigkeit ;-).

Was ich allerdings überlegenswert finde ist, ob Du tatsächlich Deinen Standpunkt so genau benennen willst wie in der letzten Zeile. Ich denke, dass ein dreidimensionaleres Schreiben, in dem Dein Standpunkt nicht verlorengeht aber ungenannt ist, sich jedoch unausweichlich aus der Beschreibung ergibt, im Endeffekt wirkungsvoller ist. Was denkst Du?

Liebe Grüße
max

Gast

Beitragvon Gast » 17.09.2006, 22:58

Hm, tja, was denke ich, lieber Max, ich weiß es noch nicht... ;-)
jedenfalls über deinem Vorschlag.

Danke für deine Anregung, noch einmal darüber nachzudenken.

Eine Frage, kommt dir das vom Tempo wirklich so vor, als ob die Hunde neben den Gleisen laufen?

Das Tempo ist insgesamt gewollt, aber die aufgezählten Bilder sollen sich schon entfalten können...

Ich denke, dass ich mir noch GeRdanken machen muss.

LGG

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.09.2006, 11:34

Hallo gerda,
ich lese dieses Gedicht nicht als ein Kontrastgedicht zum Land. Die Thematik ist ja nicht: auf dem Land gibt es mehr Aufbruch. Das Gedicht hat zwar die Perspektive aus einer Stadt inne, aber nicht in Hinblick auf das Vergleichen mit dem Land. Das Landleben kann man meines Erachtens völlig außer acht lassen - das sagen die Worte: endlosschleifen, klanggleichmut, keine aufbruchstimmung.

Denn diese Vokabeln sind es, um die der text kreist, die er vermitteln will. und dies vermag er eindringlich.

Ein paar Fragen:

warum wiederkehr der abschiede? ich ahne, was du damit sagen möchtest, aber die aussagen scheint mir etwas schief. eigentlich willst du zwei dinge sagen, oder? dass man immer mehr verabschieden muss (Menschen, Hoffnungen...Zugeständnisse) und dass man jeden tag immer wieder die gleichen Trennungen/Distanzen zu vollziehen hat - für mich ist allerdings die wiederkehr der abschiede keine aussagekräftige Wortkombination.

-- halt ich merke gerade, auch die vielen resiemotive (bahn/bus) - wird damit auf etwas konretes Bezug genommen? auf das lyr. ich, das jeden tag jemanden verabschieden muss und aus dieser Perspektive die welt zeichnet? (wieso bricht dazwischen eingentlich das schöne Bild: gesichtschwimmen im fensterglas ein? kann man das nicht früher im gedicht setzen, wiel es sonst so den weg: zimmer - draußen - straßen- bus - bahnhof bricht...oder soll es das ich am ende vor sich selbst stellen?)


Max Einwand zu den Hunden, auf wenn er sehr detailorientiert scheint, kann ich nachvollziehen. In Deutschland (und darauf beziehe ich die Aussagen des textes jetzt erstmal) gibt es so gut wie keine streunenden Hunde, so groß die Städte auch sind. Daher würde ich die Stelle umschrieben in:

streunende kater jagen schreiend
nachtmüde katzen durch gassen


oder so ähnlich, ist jetzt sprachlich noch nicht so gut ausgefeilt. Man könnte dadurch (ich habe absichtlich kater und katze genommen, genaues "Paarungsverhalten ist da noch zu recherchieren
:lachen0042: ), weil man damit noch das Bild der nicht vorhandenen Liebe stärker mitklingen lassen könnte im tristen Kanon. Liebe beduetet begattung und nicht Nähe...Katzen schreien doch doch schön schauderlich bei der Fortpflanzung...
wenn da sganze Bild dir nicht zusagt, würde ich einfach katzen katzen jagen lassen (revier).

Ein Text, bei dem ich noch nicht alles durchdrungen habe...und Fragen aufgeworfen habe...aber ich schicke das jetzt erst einmal so ab...wir haben ja Zeit :-)

Lieeb grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 19.09.2006, 21:55

Guten Abend Lisa,
ich habe mir deine Kritik gerade ausgedruckt um in Ruhe zu schauen, nachzuvollziehen, etc. Danke dir erst Mal und wir lesen uns.
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 11.10.2006, 13:13

Lieber Max,

endlich habe ich mich durchgerungen...
... nicht zu ändern, wie ihr vorschlagt, sondern, was ja eher selten bei mir ist, es so zu lassen wie es da steht.
Zu den nachtmüden Katzen, das Bild stimmt nur bedingt für Europäische Großstädte der Gegenwart ich weiß - aber es mischte sich im Entstehungsprozess etwas in den Text, (Mein Erinnerungsgefühl an meine alte Heimat, als ich Kind war) deshalb konnte ich nicht widerstehen und für mich stimmt es so. Es ist die einzige Stelle im Gedicht, die ich persönlich für mich beanspruche, auch wenn sie dadurch vielleicht für einige Leser unverständlich ist, aber das nehme ich hin.
Wie gesagt nach langem "In- mich- Gehen Es muss so bleiben...

Liebe Lisa,

auch die Stelle insbesondere, die du angemerkt hast kann ich nicht ändern, sie beinhaltet etwas, das ich hoffentlich erklären kann.
(Zu Katzen und Hunden siehe oben)

Wiederkehr der Abschiede
Ist für mich eintiefsinniges Wortspiel, fast ein Paradoxon. eine Wiederkehr ist kein Abschied und umgekehrt, doch die Abschiede kehren immer wieder...
Die Abschiede wiegen schwerer als die Wiederkehr...
Ein bisschen Verzweiflung beinhaltet diese Wortwahl schon, warum immer wieder, immer wieder...
Sich an dieser Art Wiederkehr nicht freuen können, wiel es alltäglicher Klanggleichmut ist...
Es vermittelt für mich genau die Stimmung, die das Gedicht haben soll.
(Vielleicht mal für die HörBar präparieren?)
…auch wegen der tempi innerhalb der "Verkehrsbetriebsamkeit"

Auch mir ist jetzt komisch, das so aufzudröseln...
Den Text haben viele kritische Augen gelesen ... ich war niemals verunsichert.

Nun auch nicht mehr.

Viele liebe Grüße euch beiden und noch einmal herzlichen Dank.
Gerda

PS Sollte sich Michael (DasM) hierher verirren, kann er vielleicht mal ne Prise von dem einatmen, was hier so gemeinhin als Textarbeit verstanden wir, und wie man mit Kritiken umgeht, auch wenn man sie nicht übernimmt.
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