Siebenschläfer

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 20.08.2006, 21:12

Einer Legende nach flüchteten sieben christliche Brüder bei der Verfolgung durch Wachen des römischen Kaisers Decius i
n eine Höhle bei Ephesus und wurden dort eingemauert. Als sie befreit wurden, hatten sie dort fast 200 Jahre geschlafen.

S I E B E N S C H L Ä F E R


Einer der sieben Brüder sein
möchte ich manchmal
eingeschlossen
in die Höhle für lange Zeit
nur Ruhe atmen
beim Versinken in mich
wie in traumlosen Schlaf

bis die Stille laut tönend
mein Erwachen ruft
hoffnungsvoll
aus den Tiefen heraus
dann Lachen findet
und im künftigen Tun
mir ihre Weisheit schenkt



Aufgrund von Lisas Idee: Kleinschreibung am Zeilenanfang, Reihenfolge umgestellt in letzter Zeile.
Zuletzt geändert von königindernacht am 30.08.2006, 23:03, insgesamt 1-mal geändert.

Maija

Beitragvon Maija » 25.08.2006, 20:14

Hallo königindernacht,

Leider erst jetzt gelesen und diese Legende kannte ich noch nicht. Wer wünscht sich nicht viel Ruhe in dieser unruhigen Zeit. Aber gleich in solch einer Höhle gefangen zu sein, erscheint mir als etwas zu abenteuerlich. Aber im Traum mag es ja noch erträglich sein. ;-)
Eine schöne Idee und die Form gefällt mir gut.

Gruß Maija

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 26.08.2006, 00:13

Liebe Maija,

manchmal möchte Mann/Frau für sich sein, in einem Raum/einer Hohle. Nachdenken oder ausruhen. Nach so einer Auszeit scheint man klüger.

Danke für deine anerkennenden Worte,

herzlichst, KÖ

Max

Beitragvon Max » 29.08.2006, 21:30

Liebe Kö.,

das Gefühl, das Du mit dem Gedicht verbindest, kann ich nachvollziehen. Nur bleibt zu bedenken, dass die sieben Brüder ja (wie Du oben beschrieben hast) nicht in die Höhle flohen um auszuruhen oder nachzudenken.
Rein textlich wäre es schön, wenn man den Kommentar, den Du über das Gedicht gesetzt hast, in das gedicht integrieren könnte - denn die Erklärung scheint mir ja vonnöten zu sein.

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 30.08.2006, 20:13

Lieber Max, ich weiß nicht, ob dies so sein muss.

Die Legende war lediglich der Anlass mir im Stillen zu wünschen, ich könnte einfach mal für eine Zeit für mich sein um nachzudenken, die Stille in mich aufzunehmen und innere Ruhe zu finden.
Die Höhle ist für mich lediglich das Synonym für eine Rückzugsmöglichkeit in mich selbst. Dafür haben wir alle oft viel zu wenig Gelegenheit/Muße.

Deshalb heißt es in meiner Signatur: Manchmal muss man innehalten...

Herzlichst, KÖ

Max

Beitragvon Max » 30.08.2006, 21:17

Liebe Kö.,

sicher lassen sich viele Zeilen Deines Gedichts auch ohne den konkreten Bezug verstehen, der Anfang aber, so will mir scheinen, nicht.

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 30.08.2006, 21:42

Stimmt natürlich *nachdenk*. KÖ

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 30.08.2006, 22:31

Liebe kö,
gibt es nicht einen Namen, der diese Begebenheit schildert? Den könnte man dann doch als Überschrift nehmen...ansonsten finde ich das nicht so problematisch wie Max,...mir gefällt das überhaupt insgesamt. Nicht alles, kann man kennen und das Bild in sich ist auch ohne die Anlehnung recht rund. Allein die Großbuchstaben an jedem Zeilenbeginn passen für mich in diesem Fall nicht so gut - weil die Sprache so fließt.
Und am Ende fände ich:

Und im künftigen Tun
mir ihre Weisheit schenkt


satzschöner...

Gefällt mir :-)
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 30.08.2006, 22:35

Liebe Lisa,

ich WILL aber alles kennen .. ich WILL, ICH WILL, ICH WILL!

Liebe Grüße
max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 30.08.2006, 23:00

*lach*

Ach, ihr Zwei... Die Sache mit dem Namen verstehe ich nicht, Lisa, was meinst du genau?


Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 30.08.2006, 23:18

Liebe kö,
also..ich bin zwaer nicht mal getauft, aber ich weiß natürlich, dass Bibelgeschichten keine Titel haben :mrgreen:....dahcte aber...dass es vielleicht einen geläufigen "Namen" für die Begebenheit gibt, unter der sie "kursiert"....sonst wähle doch als Titel einfach die Bibelstelle...ansonsten wie gesagt finde ich es auch ok, diese Information mitzuliefern....oder gar vom Leser ohne Vermerk einzufordern. Dann würde ich allerdings noch einarbeiten, dass es sich um sieben jahre handelt, vielleicht:

in die Höhle für lange Zeit
sieben Jahre (nur) Ruhe atmen

...Siebenschläfer lenkt auf jeden Fall die Assoziationen fehl, oder? es steckt zwar die sieben drin, aber ich kenne nur das Tier und den Tag...oder nimmt das auch Bezug auf die Begebenheit?

Liebe Grüße,
Lisa

PS: ich will auch alles kennen (vieles zumindest)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 01.09.2006, 19:40

Liebe Lisa,

ich verstehe dich jetzt. Die Verfolgungsgeschichte unter dem genannten Kaiser habe ich nicht aus der Bibel, sondern fand sie als Quelle in einem Buch.

Der Siebenschläfertag hat eigentlich mit dem Wetter nur indirekt zu tun.

Die Siebenschläfer wurden lange als Heilige verehrt. Sie sind durch die oben genannte Legende in Erscheinung getreten, die Gregor von Tours (538 - 594) erstmals ins Lateinische übersetzt hat.

Internet: Diese Legende, schon im 5. Jahrhundert literarisch fassbar, existiert in der Ostkirche in mehreren syrischen und griechischen Varianten und wurde zudem in andere orientalische Sprachen übersetzt. Sie fand neben anderen Legenden - mit Veränderungen - auch Eingang in den Koran (18. Sure).

Legende und Kult der Siebenschläfer wurden in Deutschland während der Kreuzzugs- und Barockzeit populär. Bis in das 18. Jahrhundert hat es im Bistum Passau in Eichendorf, Pildenau und Rotthof Wallfahrten zu den heiligen Siebenschläfern gegeben. In Rotthof, an der Straße von Passau nach Eggenhofen gelegen, hat der berühmte Rokoko-Stukkateur Johann Baptist Modler aus Kößlarn 1758 die Berghöhle mit den Siebenschläfern nachgebaut.

Und so hat mein Gedicht- Titel also direkt einen Namen und vielleicht verstehst du jetzt auch, warum mir die Stille Weisheit schenken möge...

Herzlichst, KÖ

Birute

Beitragvon Birute » 01.09.2006, 20:06

Hallo, liebe königindernacht,

ich bin hier echt begeistert.
Da gibt es nix zu kritteln. Jedenfalls nicht für mich.
Vielleicht könntest du den Titel in "Sieben Schläfer" umwandeln. Das lässt aufmerken, finde ich.


Lieben Gruß
Birute


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste