Lied der Bewohner von Platons Höhle

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 26.09.2025, 20:05

Strophe 1:
"Schau, ich will dich retten
löse deine Ketten
denn deine arme Seele
sitzt in einer Höhle!"
--
"Hör mal auf zu stör'n!
So'n Quatsch will ich nicht hör'n!
Echt Soki, halt mal lieber deinen Rand, ja?!
Denn..."

(Refrain)
Nix ist interessanta
als die Wand da
nix ist interessanta
als die Wand da
egal was auch passiert, dies ist mein Mantra:
nix ist interessanta
als die Wand da.

(Strophe 2)
"All die vielen Dinge
Vasen, Puppen, Ringe
sind, ihr müsst gestatten
weiter nicht als Schatten!
Jetzt alle zusammen:
schaut hoch zu den Flammen!"
--
"Nee, Soki, Du hast dich in was verrannt, ja?!
Denn..."

(Refrain)
Nix ist interessanta
als die Wand da
nix ist interessanta
als die Wand da
egal was auch passiert, dies ist mein Mantra:
nix ist interessanta
als die Wand da.

(Strophe 3)
"Komm aus deiner Tonne
mit mir an die Sonne
denn hinter dieser Grenz'
liegt die Transzendenz
und jene Sonnenglut
birgt das höchste Gut!"
--
"Was Du da quatschst wird immer hirnverbrannta!
Denn..."


(Refrain)
Nix ist interessanta
als die Wand da
nix ist interessanta
als die Wand da
egal was auch passiert, dies ist mein Mantra:
nix ist interessanta
als die Wand da.


(Vorzutragen im Stil eines Ballermann-Schlagers)

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 26.09.2025, 23:08

Schöne Vokale :-) Das lädt zum melodischen Komponieren ein :-)

Warum Sokrates (Soki) und nicht Platon (Plati)?

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 27.09.2025, 09:27

:daumen:

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birke
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Beitragvon birke » 27.09.2025, 10:12

klasse, gefällt mir sehr!
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

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OscarTheFish
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Beitragvon OscarTheFish » 27.09.2025, 10:31

Pjotr hat geschrieben:Schöne Vokale :-) Das lädt zum melodischen Komponieren ein :-)

Warum Sokrates (Soki) und nicht Platon (Plati)?

Sokrates gilt als Lehrer Platons. Sokrates hat (so die offizielle Darstellung) keine Schriftwerke hinterlassen. In Platons Schriften taucht Sokrates als Protagonist auf, um Sachverhalte zu beleuchten. So auch im Höhlengleichnis.

Zum Inhalt: Wir leben in einer chaotischen Zeit, in der dieses Gleichnis von höchster Bedeutung scheint. Das transportiert die flapsige Sprache recht eindringlich. Selbst mit dieser Anleitung zur Erkenntnisgewinnung und Befreiung des eigenen Geistes werden es viele nicht schaffen. Man kann das als schmerzvolle Dekadenz und Degeneration begreifen.
Ein paar ausgewählte Werke zur Stillung weiterer Neugier:
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 27.09.2025, 11:09

Vielen Dank, ihr Lieben, für eure Rückmeldungen!

Pjotr: Zu den Vokalen: Sowas würde ich normalerweise ja nicht tun, aber bei diesem Genre gehören solche Unsauberkeiten einfach dazu. ;-)
Zu "Soki": In den platonischen Dialogen ist es ja Sokrates, der seine Gesprächspartner zur Einsicht führt bzw. zu führen versucht (und auch das Höhlengleichnis selbst ist Teil einer solchen Bewegung). Platon tritt, wie OscarTheFish richtig schreibt, sozusagen nur als Protokollant auf. (In Wirklichkeit ist Sokrates wohl eher eine Begriffsperson, durch die Platon spricht -- aber ich würde ja auch eher von Hamlets Monolog sprechen als von Shakespeares). Auch weitere Punkte im Gleichnis -- dass die Höhlenbewohner lieber den, der sie befreien will, töten als sich befreien zu lassen -- legen den Bezug zu Sokrates nahe. Platon ist ja eines friedlichen und natürlichen Todes gestorben.

OscarTheFish: Ich stimme zu, dass das Gleichnis nichts an Aktualität eingebüßt hat. Aber ob es, bei allem Entsetzen über die gegenwärtige Lage und aller Besorgnis über die bevorstehenden Entwicklungen, damit je wesentlich besser aussah, oder ob sich fehlende Weisheit nur weniger drastisch ausgewirkt hat -- da bin ich mir nicht so sicher.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 27.09.2025, 16:37

Dass Sokrates' Philosophie im allgemeinen nur mittels Platons Dialoge überliefert wurde, ist mir bekannt. Dass Platon sein Höhlengleichnis im speziellen ebenfalls als Dialog formulierte, und dass auch darin Sokrates fiktiv vorkommt, wusste ich nicht. Ich dachte, das erkläre Platon nun eben als Höhlenbild anstatt mittels Dialog mit Sokrates.

Ja, diese Vokale gehören da unbedingt dazu; ohne die wäre diese Szene nur halb so passend, finde ich.


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