Tagebau Hambach
Unter dem Forst von Hambach
liegt ein Riesenbrikett,
das haben sie ausgegraben
aus seinem Eiszeitbett.
Hier jagten einstmals die Fürsten
von Jülich, Kleve und Berg,
sie jagten Sauen und Hirsche,
es lachte ihr närrischer Zwerg:
“Mit Wurzelwerk, Lauch und Zwiebeln
koch ich euch eine Brüh’
auf Perlen, Juwelen, Brillanten,
das gibt einen herrlichen Jus!“
Die Buchen wurden gerodet
und leergekauft Dorf um Dorf,
nur um ihn zu gewinnen,
den hochkomprimierten Torf.
Wenn die Vertriebenen fliehen
vor dem Hunger ohne Maß,
müssen sie auch ihre Toten
retten vorm Schürfkübelfraß.
Manchmal wühlt aus dem Ocker
Bronzeschmuck Baggers Kraft.
Dann rühmt sich sogleich die Kohle:
“Wir dienen der Wissenschaft!“
Heut fördern die eisernen Spinnen
Millionen Tonnen im Jahr,
in Neurath und Niederaußem
verstromt man sie ganz und gar.
Die Orgelpfeifen der Schlote,
rauchen den Äther voll
und spielen uns eine Weise,
die liegt zwischen Dur und Moll.
Ich möchte den Strom nicht missen,
der meinen Computer betreibt,
an dem es sich prächtig rechnet,
kommuniziert und schreibt.
Dir dank ich, fossile Wärme,
die du uns damals umfingst,
bewahrtest vor dem Erfrieren –
wir hatten Briketts gefringst.
Unter dem Forst von Hambach
liegt ein Riesenbrikett,
das haben sie ausgegraben
aus seinem Eiszeitbett.
Zweimal den Chiemsee soll fassen
das Loch, das sie lassen, man sieht
bald Segelbötchen durchfurchen
das Naherholungsgebiet.
Mit dem Hambacher Forst verschwindet
auch die Bechsteinfledermaus.
Ist das der Preis des Fortschritts?
Kommt, Leute – noch steht es – ins Haus!
“Mit Wurzelwerk, Lauch und Zwiebeln
koch ich euch eine Brüh’
auf Zinsen, Aktien und Boni,
das gibt einen herrlichen Jus!“