Sterben

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 29.04.2018, 20:03

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 01.05.2018, 20:11

Also Pjotr, um eine bittere Pille mit Fußball zu assoziieren, muss man aber wirklich fußballbekloppt sein.

Deine Fragen verstehe ich im übrigen nicht. Natürlich muss die Auffassung, den eigenen Tod könne man grundsätzlich selbst bestimmen, in die Irre führen.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 01.05.2018, 20:23

Das war nur ein Grammatikbeispiel. Ich meine, dass für eine Tätigkeit eine Tätigkeits-Metapher besser wäre als eine Objekt-Metapher. Man tut sterben, man tut Pille? Andere Beispiele in diesem Sinn:

Fahren ist ein schönes Schiff
Lernen ist ein gutes Buch
Hören ist ein lauter Ton

Man kann aber auch darüber hinwegsehen und das als saloppe Umgangssprache aufnehmen, wie etwa:

Fernsehgucken ist so 1990
Maßbiersaufen ist so München
Auf die Pauke hauen ist voll Beethoven


Amanita hat geschrieben:Natürlich muss die Auffassung, den eigenen Tod könne man grundsätzlich selbst bestimmen, in die Irre führen.

Also dient die Pille hier als tatsächliche Giftpille und nicht als Metapher? Dann finde ich den Text, wie gesagt, eher banal.

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birke
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Beitragvon birke » 01.05.2018, 20:45

noch etwas kam mir in den sinn... der text lässt ja auch die möglichkeit zu, sich zu entscheiden, die pille gar nicht zu schlucken...?
wenn sie doch bitter ist?
warum schmeiß ich sie nicht einfach weg?
(was natürlich 'in echt' nicht geht, sterben muss wohl jeder.)
und: wenn ich sterben will, freitod, ist dann nicht die pille eher süß, erlösung?
... nur so gedanken, die der text auf jeden fall für mich aufwirft...
lg
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 02.05.2018, 15:55

Man könnte diese "Pille in mir" auch als "Tumor" interpretieren, und jene Selbstbestimmung als eine Bestimmung psychosomatischer Art.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 02.05.2018, 16:35

“Sterben ist eine bittere Pille” ist für mich eine Metapher. Ich muss hinnehmen, dass ich irgendwann sterbe, muss also die Pille schlucken, ob ich will oder nicht. Interssant finde ich nun, die Verbindung zu einer echten Pille, in der quasi das Sterben eingefroren ist, und ich entscheide, wann ich es abrufe, also, wann ich die Pille schlucken will. Nur müsste ich im Gedicht die Einschränkung machen, wenn mir der Sensemann keinen Strich durch die Rechnung macht und mir zuvorkommt.
Eigentlich gilt das ja für alle Entscheidungen bezogen auf ein wann. Als Beispiel: Ich entscheide, wann und ob ich mich mit Frau Wanninger treffen will. Da müsste ich auch jedesmal einschränkend sagen, wenn der Sensemann mir nicht einen Strich durch die Rechnung macht.
Aber in diesem Sterbegedicht steht es so, ich lese es so, dass LyrIch entscheiden kann, wann es stirbt und nicht wann immer es auch vorhat zu sterben (durch die Giftpille). Das ist ja ein wesentlicher Unterschied. Ich kann sagen, ich habe mich entschieden, nächsten Freitag zu sterben, kann aber nicht sagen, ich stirbe nächsten Freitag. Deshalb schlage ich vor, im Gedicht dies entsprechend zu formulieren, so knapp wie möglich.

LG Kurt
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Kurt
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Beitragvon Kurt » 02.05.2018, 18:29

Wie wärs mit:

wann ich sie schlucken möchte
entscheide ich

das würde ja soviel heißen wie
wann ich sterben möchte
entscheide ich

Ist ja ein Unterschied zu dem was jetzt im Gedicht steht, nämlich "ich entscheide, wann ich sterbe".

Also nur das Wort möchte anfügen. Oder was haltet ihr davon?

LG Kurt
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Beitragvon birke » 02.05.2018, 18:53

ja, finde ich gar nicht schlecht, kurt.
das würde dieses absolute unding, dass man entscheiden könne, wann man stirbt, relativieren in die richtung, ich entscheide, wann ich sterben möchte. und auch das geht natürlich nur bedingt.
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 02.05.2018, 19:47

Ich kann nicht entscheiden, was ich möchte. Was ist denn überhaupt das sogenannte "Ich"? Ein Entscheider? Ein Möchter? Ein Woller? Alles zusammen? Das Ich wird oft überschätzt. Sollen wir über Schopenhauer zurückgehen zu Descartes und die Urfrage erneut aufrollen?

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Beitragvon Amanita » 02.05.2018, 20:33

Nein, Kurt, ich will ja gerade diese Ambivalenz, den Hinweis darauf, dass es so nicht geht mit der Entscheidung.

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Beitragvon Amanita » 02.05.2018, 20:53

Wäre es plausibler, wenn ich den Titel ändere?

Anmaßung, Vermessenheit, so was?

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Beitragvon Pjotr » 02.05.2018, 21:01

Ach so, die Aussage ist vermessen und anmaßend gemeint. Da wäre ich nie drauf gekommen.

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Beitragvon Amanita » 02.05.2018, 21:04

Weil es doch nicht so geht. Man sagt es oft so, dass man selbstbestimmt sterben will (in gewissen Fällen denke ich selbst so ...), aber es bleibt doch de facto ein "frommer Wunsch".

Kurt
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Beitragvon Kurt » 02.05.2018, 21:56

Naja, du kannst auch nicht selbstbestimmt leben, tust es aber tagtäglich. Du triffst Entscheidungen in die Zukunft, z. B. dass du am Freitag einen Waldlauf machen willst. Vermessen wäre es, wenn du sagen würdest, da kann dich auch nichts von abbringen, denn du könntest deine Beine brechen oder vorher sterben usw. Deswegen sagte ich, du “möchtest”, ist quasi eine Bitte an das übergeordnete Schicksal. Aber das gilt ja fürs ganze Leben.

Aber du lebst selbstbestimmt, und genauso kannst du auch selbstbestimmt dich jederzeit töten. Klappt im allgemeinen ganz gut, das mit dem selbstbestimmten Leben oder Töten. Und für den Fall, wenn du z. B. im Koma liegst, sorgst du vor und beauftragst jemand, der den Schalter ausknipst.

LG Kurt
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Beitragvon Amanita » 02.05.2018, 22:05

Es gibt Fälle, für die man nun gerade nicht vorgesorgt hat, vorsorgen konnte.

Vielleicht spielt hier meine Erfahrung mit, dass ich mitbekommen habe, wie jemand sieben Jahre lang gestorben ist. "Maschinen abschalten" etc. etc. hatte er auch in seiner vorsorglichen Verfügung, aber das passte in diesem Fall nicht.


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