Aphorismus über die Zeit

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 15.04.2017, 13:20




Das entscheidend Wichtige an der Zeit ist, dass man sie sich nehmen muss!



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birke
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Beitragvon birke » 15.04.2017, 23:07

muss man das? "zeit" ist immer da, jeder hat sie also, "jederzeit". man kann also vielmehr jemandem (oder etwas) von sich, von seiner zeit geben, schenken, meine ich. :)
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

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Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2017, 02:13

Das stimmt, Diana (ich liebe diesen Namen!)
Was ich versuchte auszudrücken war, dass man nichts von der zeit hat, wenn man ihr hinterherjagt, ihr davonläuft. Man muss sich die Zeit nehmen, um sie erleben und genießen zu können...
So denke ich darüber!

Herzlichst - Niko

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 16.04.2017, 07:39

"Sich Zeit nehmen" ist für mich eine Phrase, die bedeutet, dass man die eine Beschäftigung abbricht, um sich mit etwas anderem zu beschäftigen; man nimmt der einen Tätigkeit die Zeit weg und schenkt sie der anderen Tätigkeit, beispielsweise der Ostereier-Suche. Wenn man es also genaunehmen würde, müsste der Ausdruck lauten "Zeit umverteilen" -- und dann läuft man nicht der Zeit hinterher oder davon, sondern man läuft von einer bestimmten Tätigkeit weg, beispielsweise von einem Waldspaziergang, also man drückt sich davor. Der Begriff "Zeit" in der genannten Phrase ist demnach eine Metapher für eine bestimmte "Tätigkeit", oftmals einer wünschenswerten.

"Zeit haben" bedeutet in dieser Konsequenz dann, dass man eine Beschäftigung schon abgebrochen hat oder sofort abbrechen wird, um sich etwas anderem zuzuwenden.

Was ich gerade geschrieben habe, war alles gelogen.

Meistens geht es beim "nicht Zeit nehmen" oder "keine Zeit haben" nicht um die Unabbrechbarkeit einer Beschäftigung zugunsten einer anderen Tätigkeit, sondern um eine Ausrede der Unlust.

So. Diesen Kommentar schrieb ich, weil ich Lust hatte, und deshalb nahm ich mir zehn Minuten meines Ostersonntags, und die Frühstückszubereitung erfolgt nun zeitversetzt, da ich die Zeiten umverteilen musste. Das einzige, was mir abläuft, ist meine Haltbarkeit.

Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2017, 15:46

hallo pjotr!
danke für deine Anmerkungen und Gedanken zum Thema und vor allem: für das "sich zeit nehmen"! :daumen:

Zunächst mal kann ich im Grundsätzlichen deine Gedanken nachvollziehen. Wenngleich die Begrifflichkeiten manchmal etwas durcheinanderfliegen. "Zeit haben" ist etwas anderes als "Zeit nehmen". Ich stimme auch nicht zu dem gedanken, dass "sich zeit nehmen" bedeutet, dass man eine Beschäftigung abbricht, um sich mit etwas anderem zu beschäftigen.
Sich Zeit nehmen ist doppeldeutig. Es bedeutet zunächsteinmal, dass man sich der Zeit habhaft macht, sie sich aneignet, sie für sich besitzt. aber eben auch, die Dinge einfach fließen zu lassen, sich der Zeit nicht in den Weg stellen, sich vielleicht sogar von der Zeit im vollen Umfang leiten zu lassen. <ihr Raum zu geben.
Zumeist hetzen wir von Termin zu Termin, müssen dies und jenes noch "schnell" erledigen, einkaufen putzen, Kindertaxi spielen, Job erfüllen....
Die Zeit besitzt uns, so scheint uns. Wir aber sollten sie besitzen, sie nehmen und sie gestalten. und nicht Punkte, möglichst viele Punkte schnellstmöglich abarbeiten.

Die Frage darüber hinaus ist doch auch, pjotr: Was will, kann oder soll ein Aphorismus leisten?
Wenn ich einen Aphorismus über die Zeit schreibe, kann ich nicht in einem Satz sämtliche aspekte und philosophische Betrachtungsweisen von Kant, Sokrates, Schopenhauer und anderen möglichst mit einfließen lassen.
Ein Aphorismus will einen bestimmten Aspekt vom Ganzen beleuchten oder durchleuchten und mit diesem Aphorismus eine neue Facette zeigen, die man bedenken kann. Und ich denke auch, dass Aphorismen generell subjektiv sind. Meiner Meinung nach jedenfalls.....

Herzlichst - Niko

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Beitragvon Pjotr » 16.04.2017, 18:21

Lieber Niko,

hast Du meinen Kommentar als Kritik an Deinem Aphorismus aufgefasst?

So war das nicht gemeint.

Es war nur ein loser Gedanke zum Zeitbegriff im Allgemeinen, eine kleine Ergänzung, destilliert zu einem eigenständigen kleinen Aufsätzchen, inspiriert Durch Euren Dialog oben.


Ahoy

Pjotr

Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2017, 18:45

Ein Text, der sich mit meinem vorangegangenen Text auseinandersetzt, ist grundsätzlich als Kritik einzustufen. Kritik ist ein neutraler Begriff. Sie kann positiv und negativ sein. Das ist offen und obliegt der Bewertung der jeweiligen Leser.

Als eine negative Form der Auseinandersetzung würde ich deinen Beitrag niemals bewerten wollen. Eher als ein aufrichtiges auseinandersetzen mit dem Thema. Und so schrieb ich es, glaube ich, auch.
Herzlichst - Niko

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Beitragvon Pjotr » 16.04.2017, 18:52

Gut. Jedenfalls wollte ich nicht so weit gehen und Bezug nehmen auf die Frage, was ein Aphorismus leisten könne. Das lag mir fern.

Ich war konfus, weil Du hinterher schriebst: "Die Frage darüber hinaus ist doch auch, pjotr: Was will, kann oder soll ein Aphorismus leisten?"

Das klang wie eine Verteidigung. (Wofür ich aber keinen Anlass geben wollte.)

Niko

Beitragvon Niko » 16.04.2017, 21:44

Nein. Das ist die Frage, die sich mir stellt nach deinem Kommentar und die ich dir dann mitteilte!
Jedes gedicht ist ein Prozess der sich aus vorangegangenen Prozessen entwickelt.

Herzlichst - Niko

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Beitragvon Pjotr » 16.04.2017, 22:01

Dann kommen wir jetzt zur Textarbeit.

Wäre es besser, die Wörter "entscheidend Wichtige" zu kürzen? Braucht das "Wichtige" eine Superlative? Reicht das "wichtigste"? Oder das "entscheidende"?


Kleines Wortspiel am Rand, kein Vorschlag, nur nebenbei:

"Es ist an der Zeit, an der Zeit das entscheidend Wichtige zu begreifen, nämlich, dass man sie sich nehmen muss."


Variation mit "Chance":

"Das entscheidend Wichtige an einer Chance ist, dass man sie ergreifen muss."

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 30.10.2017, 11:37

Es trägt vielleicht zum Verständnis des Aphorismus bei, zu bedenken, dass man sich zu allem Möglichen "Zeit nimmt" bzw. nehmen kann, nur nicht zum Arbeiten ...

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Beitragvon birke » 30.10.2017, 12:26

naja, es kommt auf die arbeit an ;-)
nur, man sagt es wohl eher selten so.
(schön, dich mal wieder hier zu sehen, klimperer!)
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