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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Rita

Beitragvon Rita » 02.11.2014, 05:45

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Ein kühler Morgen.
Versteckt hinter Hochhäusern
der Supermarkt, den ich noch immer
Kaufhalle nenne.

Menschenleere.
Unauffällig in der Ecke neben der Eingangstür
eine ältere Frau, keine von hier, Statue
mit Obdachlosenzeitung.

Ich wühle im Portemonnaie.
Die Statue lächelt, spricht Unverständliches,
reicht mir die Zeitung. Ihre Augen,
sehe ich, sind schwarz
vor Traurigkeit.

Sie winkt mir nach,
als ich mit der Last des Einkaufs
wieder an ihr vorbei muss.
Ihr „Danke, Frau!“ hallt durch die Stille
und erstickt hinterm Beton
der Hochhäuser.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 02.11.2014, 09:05

Ein bisschen rührselig, oder? Durch die Stille hallen, ersticken ... ich weiß nicht.

Und warum stellt man sich in die Menschenleere, um Obdachlosenzeitungen zu verkaufen? Nun gut, das mag ein Bild der Trostlosigkeit sein, dann passt aber für mich "die gute Tat" hernach nicht: Der eine Mensch mit Herz, dieses edle lyrische Ich, sitzt viel zu weit oben auf dem Thron.

Rita

Beitragvon Rita » 02.11.2014, 09:34

Hallo Amanita,

selbstverständlich lege ich größten Wert auf deine Meinung. Deshalb danke ich dir sehr herzlich.

Gruß, Rita

Nifl
Beiträge: 3915
Registriert: 28.07.2006
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Beitragvon Nifl » 02.11.2014, 09:42

Find ich nicht, dass das LyI auf einem Thron sitzt, dagegen spricht ja schon das Umfeld.
Wobei es natürlich schon in Richtung Sozialromanze geht, aber für mich nicht zu dick aufgetragen. Der Text weist eine metaphernarme Prosanähe auf oder ist gar Prosa? Egal.


keine von hier

woran macht sie das fest?


Ihre Augen,
sehe ich,

"sehe ich" ist redundant


vor Traurigkeit.

woher will sie das wissen?


Ihr „Danke, Frau!“ hallt durch die Stille
und erstickt hinterm Beton

im Beton? oder am? Hallt finde ich klasse im Kontext zur Kaufhalle.


der Hochhäuser.

eigentlich klar

Den Titel find ich nicht so passend. Mit shoppen meint man ja gemeinhin eher den Klamottenkauf?

Insgesamt gefällt mir der Text, weil er eine ansteckende Tristesse erzeugt und eben gerade nicht inthronisiert für mein Verständnis.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Rita

Beitragvon Rita » 02.11.2014, 10:05

Hallo Nifl,

auch dir meinen besten Dank für die eingehende Beschäftigung mit dem Text.

Gruß, Rita


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