Ich ging heute Morgen zum Friseur in der Augustinerstrasse. Schon seit Jahren lasse ich mir die Haare von Adam, einem Iraker, schneiden. Am Anfang war er noch in der Lehre, wobei sein Vater, der Friseur in seiner Heimat gewesen war, ihm schon als Kind das Haarschneiden beigebracht hatte.
Das letzte Mal, dass ich bei ihm war, erzählte er mir, er hätte am Tag davor die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt. Ich empfahl ihm, so wie ich es machte, sein „Diplom“ einrahmen zu lassen.
Ich war heute kurz nach halb neun da, wollte der erste sein, aber er war noch nicht da, er kommt 10 Minuten später, sagte mir eine Blondine. Sie bot mir etwas zum Lesen an. Nein, danke, ich beobachte lieber Sie. Als ich sie beobachtete klingelte das Telefon, es war jemand, der auch zu Adam wollte.
Als Adam kam erklärte er, er habe Schwierigkeiten mit dem Parken gehabt. Mit einer Geste bat er mich darum, Platz zu nehmen.
Wie immer? Ja, wie immer. Kein Problem. Ich wusste, dass er demnächst in Urlaub fährt und fragte ihn wohin. Nach USA. Das erste Mal? Ja. Und wohin da? Nach Chicago. Oh Chicago, eine schöne Stadt.
Es liegt an einem See... Ja, der XXXY See...
Womit fliegst du?
Americans Airlines, sagte er im perfekten English.
Ein Typ kam rein, Adam fragte ihn, was er wollte. Er wollte die Haare geschnitten haben. Er müsste etwas warten bis er mit mir fertig wurde. Wie lange? 15 Minuten. Okay. Der Typ ging um nach 15 Minuten zurückzukommen. Ich wusste, es würde länger bei mir dauern, er sagt prinzipiell 15 Minuten. Ein praktisch denkender Mensch.
Frank Sinatra wurde in Chicago geboren, sagte ich ihm.
Wer? Frank Sinatra. Ach ja...
Es fiel mir schwer zu glauben, aber er kannte tatsächlich Frank Sinatra nicht, nie etwas von ihm gehört. Dabei wollte ich ihm erzählen, dass als Frank Sinatra zur Welt kam quasi tot war, er wollte nicht weinen, er gab keinen Laut von sich. Bis die Hebamme ihn unter einem laufenden Wasserhahn an den Füßen hielt.
Wie lange bleibst du dort? Zwei Wochen. Hast du Verwandte dort? Ja.
Ich stelle mir nicht leicht das Leben von Irakern in den USA vor.
Ein anderer Kunde kam rein, sprach kurz mit Adam und nahm auf dem roten Sofa Platz. Ich merkte, dass Adam schneller als sonst arbeitete, aber ohne Hektik, er beherrscht schon sein Metier. Mittlerweile war der andere Kunde zurück und saß auch auf dem roten Sofa.
Da kam die Blondine auf Adam zu und sagte ihm leise, dass Herr Becker um halb zehn einen Termin am Telefon ausgemacht hätte ...
Es war viertel nach neun als ich den Friseursalon verließ, Adam hatte also knapp 15 Minuten um die zwei Kunden zu bedienen bevor Herr Becker kam. Aber er kann gut mit der Zeit umgehen.
Adam
Wieder ein schöner, spannender, dennoch ruhiger, erholsamer Kurzfilm in 50er-Jahre-Schwarzweiß. Spannend, weil ja doch immer wieder eine klimperereske Skurrilität vorkommt, oder als Gedanken aufkommt, wie zum Beispiel in diesem lustigen Wechsel: "Bis die Hebamme ihn unter einem laufenden Wasserhahn an den Füßen hielt. Wie lange bleibst du dort? Zwei Wochen."
Ich sehe diesen Film auch als Widmung an jene kluge Leute, die wissen, dass Pünktlichkeit nur selten wichtig ist.
Ahoy
P.
Es gibt ein paar Vertipper und fehlende Kommas; möchtest Du wissen, wo, Carlos?
Ich sehe diesen Film auch als Widmung an jene kluge Leute, die wissen, dass Pünktlichkeit nur selten wichtig ist.
Ahoy
P.
Es gibt ein paar Vertipper und fehlende Kommas; möchtest Du wissen, wo, Carlos?
Hallo Klimperer,
auch hier scheint mir ein Kritikpunkt, dass Du im Text "doppelst", d.h. Sachverhalte unnötigerweise mehrfach benennst, z.B. "... einem Iraker [...], ... der Friseur im Irak war ...". Zwar geht es dann um seinen Vater, aber hier fehlt für meinen Geschmack eine genauere textliche Verknüpfung oder eine Umschreibung, damit der Lesefluß nicht "holpert".
Natürlich könnten solche "Rückbezüge" auch Stilmittel sein, bei zu häufiger Verwendung wirkt dieses dann aber nicht mehr so.
auch hier scheint mir ein Kritikpunkt, dass Du im Text "doppelst", d.h. Sachverhalte unnötigerweise mehrfach benennst, z.B. "... einem Iraker [...], ... der Friseur im Irak war ...". Zwar geht es dann um seinen Vater, aber hier fehlt für meinen Geschmack eine genauere textliche Verknüpfung oder eine Umschreibung, damit der Lesefluß nicht "holpert".
Natürlich könnten solche "Rückbezüge" auch Stilmittel sein, bei zu häufiger Verwendung wirkt dieses dann aber nicht mehr so.
Ein Klang zum Sprachspiel.
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