Die Worte, die sich über mir formen, wie etwas, das mich nic

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Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 23.09.2014, 16:53

Die Worte, die sich über mir formen, wie etwas, das mich nicht versteht

Dieser Platz also.
Die Zeit.
Die Deutlichkeit, mit der alles verschwindet.
Das Haus, das sich nicht mehr gleicht.
Die Zeit, die nicht weiß, wohin mit mir.
Und immer wieder ich,
der wunde Punkt
unter der heilen Haut.


Ursprungsversion:


Die Worte, die sich über mir formen, wie etwas, das mich nicht kennt.

Dieser Platz also.
Die Zeit.
Die Deutlichkeit, mit der alles verschwindet.
Das Haus, das sich nicht mehr gleicht.
Die Zeit, die nicht weiß, wohin mit mir.
Und immer wieder ich,
die sich mir in den Weg stellt.

Zuletzt geändert von Xanthippe am 29.09.2014, 15:15, insgesamt 5-mal geändert.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 23.09.2014, 17:52

Hi Yanthi, der Titel ist bei mir in keiner Einstellung vollständig zu sehen ... kannst Du ihn vielleicht noch mal über den Text selbst schreiben? Oder ist der Abbruch nach "nic" Absicht?

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 23.09.2014, 20:32

vielen Dank für den Hinweis. Unter diesen Umständen bekommt der erste Satz eine ganz neue Bedeutung :pfeifen:
Ich mach das mal, wie Du vorgeschlagen hast.
besten Dank
Xanthi

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.09.2014, 20:49

Liebe Xanthi,

das gefällt mir sehr, wie so oft ist da dieser schwere Ton, der leicht klingt und etwas sagt, was man so vermisst hat zu hören (was man dann erst weiß). Das Haus, die Zeit, ein Ich - ganz einfach, aber eben spürbar.

Die letzte Formulierung "in den Weg stellen" ist natürlich etwas ausgeweidet in ihrer Doppel(Dreifach)bedeutung - sie macht den Text eine Spur zu standardpeotisch (was immer ich damit meine), aber sie passt wiederum auch gut in der Bedeutung. Genau genommen könnte man aber auch auf sie verzichten.

Und im schönen Titel müsste glaube ich nach "etwas" ein Komma?

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 23.09.2014, 21:18

Was für ein schöner Kommentar für mich, Lisa, bis auf den ersten, sehr schönen, und für mich ermutigenden Absatz, sprichst Du an, worüber ich selbst nachgedacht habe. Stundenlang habe ich überlegt, ob der letzte Satz bleibt oder eben nicht. Sicher bin ich bis jetzt nicht.
Ha ha, und das Komma war nach dem etwas, und dann, als ich es in den Text runterkopiert habe, weil es im Titel nur abgeschnitten erschienen ist, kam es mir auf einmal vor, als wären das viel zu viele Kommata für so einen kurzen Satz :pfeifen:
Ich machs dann mal wieder hin...
Dir ganz herzlichen Dank für die sehr erbaulichen Worte
Xanthi

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birke
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Beitragvon birke » 23.09.2014, 21:55

eindrückliche zeilen, klar formuliert, so einfach, und doch so bedeutungstief.

tja, ich finde, es macht einen unterschied, ob man die letzte zeile beibehält oder eben nicht.
mir scheint sie wichtig hier!
eben nicht nur "immer wieder ich", sondern (auch) das "ich", das sich querstellt, das vielleicht nicht ins schema passt, das nicht akzeptiert, was vorher so schön formuliert ist. nicht nur ein ich, das mit sich selbst und der zeit im reinen ist. mir zumindest scheint das so zum text zu gehören.

liebe grüße
diana
wer lyrik schreibt, ist verrückt (peter rühmkorf)

https://versspruenge.wordpress.com/

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 23.09.2014, 21:56

Das Haus, das sich nicht mehr gleicht - finde ich sehr treffend, wie überhaupt die ersten vier Zeilen.

Ebenso wenig, wie ich mir gleiche - das nimmt (für mich) diesen Zeilen die Kraft, wirkt unvermutet "banal" (obwohl es das in Wirklichkeit gar nicht ist). Es ist wohl der Zusammenhang, der - für mich - hier nicht ganz glücklich geschmiedet ist.

Bei der letzten Zeile überlege ich auch ... verzichtbar finde ich sie eigentlich nicht, aber die Wendung ist tatsächlich schon (zu?) oft benutzt. Vielleicht gibt es ja noch ein stärkeres Bild?

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 23.09.2014, 23:56

"Die Deutlichkeit, mit der alles verschwindet" ist so genial, dass es mich schüttelt. Aber die beiden Sätze "Ebenso wenig, wie ich mir gleiche" und die Schlusszeile sind in Kombination tatsächlich etwas zu viel an Selbstschau - finde ich.
Das "Ebenso wenig, wie ich mir gleiche" könnte man meiner Meinung nach einfach weglassen - das wäre sogar ein Bedeutungsgewinn für die nachfolgende Zeile (mit der Zeit), weil sie grammatikalisch dann der direkt drüber stehenden Zeile entspricht.

Grüße von Zefira
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Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 24.09.2014, 07:58

Ganz herzlichen Dank Diana, Amanita und Zefira, für eure Bemerkungen. Ich bin sehr zufrieden damit, Deinem Vorschlag gefolgt zu sein, Zefira, ohne diese unnötig erklärende Zeile, gefällt mir das Gedicht gleich um einiges besser. Und auch für den Finger noch einmal in die Wunde des fast schon klischeehaften letzten Satzes legen, danke ich sehr. Fein, wie ihr meinen kleinen Rohdiamanten polieren geholfen habt.
Habt einen schönen Tag
Xanthi

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 24.09.2014, 23:47

Hm, mir gefällt die Schlusszeile jetzt ausgesprochen gut. Aber "im Wind stehen" ist was vällig anderes als "im Weg stehen", oder?

Nachtgrüße!
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Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 25.09.2014, 10:12

Hallo Zefira,
das ist natürlich nicht ganz abwegig, es so zu sehen, als wäre die Aussage nun eine völlig andere. Ich glaube aber das stimmt so nicht. Denn dieses im Wind stehen, öffnet die Perspektive, die Auslegung. So hatte ich mir das jedenfalls vorgestellt. Ich könnte jetzt auch seitenlang dazu schreiben, welche Vorstellungen ich mit diesem neuen Bild verbinde, wo es an das ursprüngliche andockt, und wo es darüber hinaus geht, aber das zählt ja erst einmal nicht, interessanter ist ja, was ihr als Leser damit anfangt.
Xanthi

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 25.09.2014, 10:35

Hallo Xanthi,

toller Titel und Text. Die gestrichene Zeile fehlt mir nicht, aber bei der letzten Zeile bin ich mir noch nicht sicher. Für mich werden die Worte des Titels so deutlicher/bildlicher zu Wolken, diese Assoziation hatte ich bei der ersten Fassung nicht so stark und es blieb irgendwie freier, geheimnisvoller ... doch, ich glaube mir hat der Weg besser gefallen. Auch das Gefühl für LIch ändert sich für mich deutlich. Beim "Weg" sah ich es verloren, anrührend, ratlos, allein, mit hängenden Armen dastehen. Durch den "Wind" wird es kämpferisch, aufrecht, unerschütterlich, selbstbewusst den Platz einnehmend, wodurch der Titel auch etwas Anklagendes, Vorwurfsvolles bekommt. Beides kann natürlich stimmig sein. So weit mal, was ich damit anfange. .-)

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 28.09.2014, 11:31

Danke Flora, für Dein "Anfangen" mit der Änderung ;-). Ja, das leuchtet mir ein, und das soll ja nicht so sein, dieses Selbstbewusste und Kämpferische ist natürlich gar nicht das, was das Gedicht hier als Eindruck hervorrufen soll. Dann muss ich wohl noch weiter graben.
Xanthi

Rita

Beitragvon Rita » 28.09.2014, 13:44

Liebe Xanthippe,

ein sehr trauriges Gedicht. Die im Wind steht - hätte ich mir als Titel denken können. Alles verändert sich, und das Ich weiß nicht, wo es hingehört. Typisch für unsere Zeit.

Ich schlage dir vor, den zweiten Vers "Die Zeit" zu streichen, da du die Zeit in Vers fünf erklärst und die Undeutlichkeit einen Bezugspunkt hätte. Das ist in den wenigen Zeilen zuviel "Zeit". Die Conclusio "immer wieder ich" empfinde ich als zu überladen in dem auf das Knappste zusammengekürzten Gedicht. Ich könnte mir denken: Und ich im Wind.

Aber ich habe mit dem Gedicht ein Problem: Es erscheint mir in seiner Verknappung eher wie die Exposition zu einem Gedicht, das erst noch geschrieben werden will. Denn jeder Vers ist eine Behauptung, die durch nichts bewiesen wird.
Man weiß nicht, was ist mit "Zeit" gemeint. Das kann alles bedeuten, deutlich wird nur, dass dem Ich diese Zeit nicht behagt. Warum, wird nicht gesagt. Aber dieses Warum wäre der Dreh- und Angelpunkt des Gedichtes. So setzt es voraus, dass der Leser schon weiß, wovon du sprichst, also mit deinem Ich im Einvernehmen ist. Setzt du da nicht zuviel beim Leser voraus? Ohne dieses Warum lese ich zum Beispiel nur heraus, dass es irgend etwas an der Zeit gibt, dessen Ursache ich mir nicht erklären kann.

Lieben Gruß, Rita


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