Landschaft bei A.
Landschaft der Schmerzen,
aus Sand, aus Rillen von Wagenrädern.
Korn krümmte sich unter den Peitschen
des Hagels, deine Brunnen dorrten
vor Durst. Nie gelangten
die Sterne hierher.
Zwischen den Feldern,
den Himmeln über erstarrten Pappelreihen,
öffnet das Auge des Mittags die Lider.
Vögel suchen den Schatten.
Unbewegt die Rinder im Sonnenglast.
Ahornalleen, silberne Adern der Dörfer,
unterm Dunst der Äcker. Winde
summen drüber hin.
Landschaft bei A.
Hallo Rita, eine seltsame Landschaft, die hier beeindruckend geschildert ist. Eine Art von Text, bei dem ich mich manchmal selber frage, warum ich mich seiner Poetik kaum entziehen kann. Unnötig wohl zu sagen, dass er mir gut gefällt. 

Ein Klang zum Sprachspiel.
liebe rita,
der text beginnt ziemlich explizit mit der behauptung/benennung "landschaft der schmerzen", die durch nachfolgendende bilder nicht erschlossen wird, diffus bleibt - 'peitschender hagel' und 'dorrende brunnen' in einem atemzug, das ist überknapp - wenn die "schmerzen" schon so deutlich/abstrakt genannt werden, ist mir persönlich das zu behauptend, wirkt gesucht. das bild der 'sterne', ebenso abrupt folgend, scheint ein wenig hilflos/wenig überzeugend (warum sollten sterne in klaren nächten nicht in die landschaft finden; das wird nicht gezeigt/plausibel gemacht) - auch 'sonnenglast' geht in diese richtung, als wäre er zuflucht zu literarischem kraftausdruck.
s2 finde ich insgesamt jedoch beschreibender, bescheidener, weniger behauptend, ihr duktus evoziert mehr - hier beginnt mich der text mehr einzunehmen. auch hier ist 'erstarrung' direkt genannt - folge des geschehens in s1, wie mir scheint -, doch wird sie illustriert, und kommt so auch an. ich frage mich, wie "alleen" "unterm dunst der äcker" liegen können - es scheint eine gewalt im spiel, die wesentliches umkehrt, überbordet, aus der ordnung nimmt - diejenige, die in s1 nicht beschrieben werden konnte, und so zur behauptung geriet?
- soweit meine gedanken zum text. liebe grüße.
der text beginnt ziemlich explizit mit der behauptung/benennung "landschaft der schmerzen", die durch nachfolgendende bilder nicht erschlossen wird, diffus bleibt - 'peitschender hagel' und 'dorrende brunnen' in einem atemzug, das ist überknapp - wenn die "schmerzen" schon so deutlich/abstrakt genannt werden, ist mir persönlich das zu behauptend, wirkt gesucht. das bild der 'sterne', ebenso abrupt folgend, scheint ein wenig hilflos/wenig überzeugend (warum sollten sterne in klaren nächten nicht in die landschaft finden; das wird nicht gezeigt/plausibel gemacht) - auch 'sonnenglast' geht in diese richtung, als wäre er zuflucht zu literarischem kraftausdruck.
s2 finde ich insgesamt jedoch beschreibender, bescheidener, weniger behauptend, ihr duktus evoziert mehr - hier beginnt mich der text mehr einzunehmen. auch hier ist 'erstarrung' direkt genannt - folge des geschehens in s1, wie mir scheint -, doch wird sie illustriert, und kommt so auch an. ich frage mich, wie "alleen" "unterm dunst der äcker" liegen können - es scheint eine gewalt im spiel, die wesentliches umkehrt, überbordet, aus der ordnung nimmt - diejenige, die in s1 nicht beschrieben werden konnte, und so zur behauptung geriet?
- soweit meine gedanken zum text. liebe grüße.
Zuletzt geändert von aram am 18.09.2014, 16:45, insgesamt 1-mal geändert.
Lieber Aram,
hab herzlichen Dank für den Kommentar. Dir fehlt, wie du schreibst, der Beweis für "Landschaft der Schmerzen".
Tut mir leid, du musst mit diesem Vers zufrieden sein, denn sonst hätte ich ein Gedicht, das explizit auf die "Schmerzen" eingeht, schreiben müssen. Ich denke aber, dass die folgenden Versen zumindest andeuten, um welche Art Schmerzen es sich handelt (Korn - Hagel, dorrende Brunnen). "Nie gelangten die Sterne hierher" steht für das Elend der Bauern in vergangenen Zeiten in dieser Landschaft, lies diesen Vers vor allem aber als Metapher.
Während die erste Strophe die Vergangenheit beschreibt (s. Präteritum), geht die 2. Strophe auf die Gegenwart ein, auf das, was der Betrachter sieht und fühlt. Deshalb auch das Präsens.
Dass der Dunst, der über den Äckern liegt, die Alleen nicht umgeht, ist doch ein einsehbarer Vorgang, oder meinst du nicht? Oder wie stellst du dir das vor?
Was du mit Gewalt meinst, die Wesentliches umkehrt, überbordet, aus der Ordnung nimmt, das ist mir nicht verständlich. Wie meinst du denn das? Ich kann das mit diesem Text nicht in Übereinstimmung bringen.
Liebe Grüße, Rita
hab herzlichen Dank für den Kommentar. Dir fehlt, wie du schreibst, der Beweis für "Landschaft der Schmerzen".
Tut mir leid, du musst mit diesem Vers zufrieden sein, denn sonst hätte ich ein Gedicht, das explizit auf die "Schmerzen" eingeht, schreiben müssen. Ich denke aber, dass die folgenden Versen zumindest andeuten, um welche Art Schmerzen es sich handelt (Korn - Hagel, dorrende Brunnen). "Nie gelangten die Sterne hierher" steht für das Elend der Bauern in vergangenen Zeiten in dieser Landschaft, lies diesen Vers vor allem aber als Metapher.
Während die erste Strophe die Vergangenheit beschreibt (s. Präteritum), geht die 2. Strophe auf die Gegenwart ein, auf das, was der Betrachter sieht und fühlt. Deshalb auch das Präsens.
Dass der Dunst, der über den Äckern liegt, die Alleen nicht umgeht, ist doch ein einsehbarer Vorgang, oder meinst du nicht? Oder wie stellst du dir das vor?
Was du mit Gewalt meinst, die Wesentliches umkehrt, überbordet, aus der Ordnung nimmt, das ist mir nicht verständlich. Wie meinst du denn das? Ich kann das mit diesem Text nicht in Übereinstimmung bringen.
Liebe Grüße, Rita
hallo rita,
deine erläuterung, was du in den text hineingelegt hast und wie du ihn selbst meinst/erklärst, ändert nicht, wie er bei mir ankommt -
von der intention, dich auf 'elend der bauern in vergangenen zeiten' zu beziehen, kommt nichts bei mir an -
ich habe schon versucht, darzulegen, was wie auf mich wirkt - anweisungen wie "lies es vor allem als metapher" (no na - aber wofür? .~) helfen da auch nicht.
dass dunst über ahornalleen liegt, kann ich mir vorstellen, doch warum wäre das dann der dunst "der felder"? (dunst und sonnenglast gleichzeitig in einer gemischten acker/weidelandschaft, etwas schwierige vorstellung, wenn der dunst nicht bodennah über der ackerkrume bleibt) - so entsteht der eindruck einer gedrehten/veränderten ordnung.
mein eindruck eines anklangs von gewaltsamem resultiert hingegen aus der verknappung von heftigkeiten (hagel und dürre in einem vers) und ausschließlichkeit ("nie").
um mit deinen worten zu sprechen: "tut mir leid, du musst mit meiner lesart - damit, wie der text in dieser form zu mir spricht - zufrieden sein" .-)
liebe grüße.
deine erläuterung, was du in den text hineingelegt hast und wie du ihn selbst meinst/erklärst, ändert nicht, wie er bei mir ankommt -
von der intention, dich auf 'elend der bauern in vergangenen zeiten' zu beziehen, kommt nichts bei mir an -
ich habe schon versucht, darzulegen, was wie auf mich wirkt - anweisungen wie "lies es vor allem als metapher" (no na - aber wofür? .~) helfen da auch nicht.
dass dunst über ahornalleen liegt, kann ich mir vorstellen, doch warum wäre das dann der dunst "der felder"? (dunst und sonnenglast gleichzeitig in einer gemischten acker/weidelandschaft, etwas schwierige vorstellung, wenn der dunst nicht bodennah über der ackerkrume bleibt) - so entsteht der eindruck einer gedrehten/veränderten ordnung.
mein eindruck eines anklangs von gewaltsamem resultiert hingegen aus der verknappung von heftigkeiten (hagel und dürre in einem vers) und ausschließlichkeit ("nie").
um mit deinen worten zu sprechen: "tut mir leid, du musst mit meiner lesart - damit, wie der text in dieser form zu mir spricht - zufrieden sein" .-)
liebe grüße.
Zuletzt geändert von aram am 18.09.2014, 19:31, insgesamt 1-mal geändert.
liebe rita,
danke, es geht ja auch nicht darum, lyrische texte zu erklären - was du vermitteln willst, könnte mich direkt aus dem text erreichen - inwieweit es das für mich tut und inwieweit nicht, habe ich möglichst detailliert beschrieben.
das soll dir lediglich als feedback eines lesers dienen, ich benötige keine erklärung zum text - trotzdem danke für deine bemühung, ihn mir in deinem sinn näher zu bringen.
es ist überhaupt nichts besonderes, wenn eigen- und fremdinterpretation deutlich voneinander abweichen.
ich wünsche dir einen schönen abend.
danke, es geht ja auch nicht darum, lyrische texte zu erklären - was du vermitteln willst, könnte mich direkt aus dem text erreichen - inwieweit es das für mich tut und inwieweit nicht, habe ich möglichst detailliert beschrieben.
das soll dir lediglich als feedback eines lesers dienen, ich benötige keine erklärung zum text - trotzdem danke für deine bemühung, ihn mir in deinem sinn näher zu bringen.
es ist überhaupt nichts besonderes, wenn eigen- und fremdinterpretation deutlich voneinander abweichen.
ich wünsche dir einen schönen abend.
das problem : erstmal ist hier eine sandige landschaft beschrieben, wo aber gleichzeitig keine sterne leuchten? ist es dort immer wolkig oder bergig? dann wird von hagel gesprochen und von versiegten brunnen oder durstigen brunnen?
und dann wieder von sonnenglast und dunst? also muss doch irgendwo feuchtigkeit herkommen? keine ahnung?
und dann wieder von sonnenglast und dunst? also muss doch irgendwo feuchtigkeit herkommen? keine ahnung?
Auch ich hatte den Eindruck, dass hier von zwei verschiedenen Landschaften gesprochen wird. Aber, um das gleich zu sagen, ich habe damit kein Problem.
"Nie gelangten die Sterne hierher" würde ich in meiner persönlichen Lesart nicht auf das Leid früherer Bewohner beziehen. Ich habe einfach zwei verschiedene Blickwinkel hinein interpretiert, so wie zum Beispiel ein Tourist eine Landschaft sieht: Beim ersten Besuch ist man vielleicht etwas bedrückt gestimmt und sieht nur das Bedrückende; beim zweiten ist das Gemüt offener für die Schönheit der Umgebung. In dieser Lesart empfinde ich das Gedicht als für mich persönlich stimmig und stimmungsvoll.
Grüße von Zefira
"Nie gelangten die Sterne hierher" würde ich in meiner persönlichen Lesart nicht auf das Leid früherer Bewohner beziehen. Ich habe einfach zwei verschiedene Blickwinkel hinein interpretiert, so wie zum Beispiel ein Tourist eine Landschaft sieht: Beim ersten Besuch ist man vielleicht etwas bedrückt gestimmt und sieht nur das Bedrückende; beim zweiten ist das Gemüt offener für die Schönheit der Umgebung. In dieser Lesart empfinde ich das Gedicht als für mich persönlich stimmig und stimmungsvoll.
Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
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