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(2. überarbeitete version)
in irgendeiner stadt, ostwärts, jetztzeit.
alexej verabschiedet sich mit einem kuss von seinem freund.
die vorbeilärmenden autos und schrägen blicke der passanten bemerken die beiden männer kaum.
noch weniger den polizeiwagen, der direkt neben ihnen hält.
zwei straßen weiter küsst nikolai seine kleine nichte, innig.
sie wehrt sich.
die passanten sehen geradeaus. kein auto hält.
(dj08/13)
(1. version)
in irgendeiner stadt, ostwärts, jetztzeit.
alexej verabschiedet sich mit einem liebevollen kuss von seinem freund.
die vorbeilärmenden autos und schrägen blicke der passanten bemerken die beiden männer kaum.
noch weniger den polizeiwagen, der direkt neben ihnen hält.
zwei straßen weiter küsst nikolai seine kleine nichte,
innig, zur begrüßung. sie wehrt sich.
keiner sieht hin.
(dj08/13)
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blickwinkel
Zuletzt geändert von birke am 22.08.2013, 12:11, insgesamt 2-mal geändert.
na ja, amanita, doch, ich denke schon, dass kinder auf der straße geküsst werden. und das auch mal einen tick ZU weitgehend, so dass das kind das gefühl hat, es müsse sich dem erwehren. nicht zu offensichtlich natürlich, aber doch spürbar, vielleicht auch sichtbar, wenn man genau hinsieht, ein zu inniger kuss. einfach übergriffig. ich denke schon, dass das so "passieren" kann ...
Dann wäre es eine Sache der Interpretation. Der Onkel und die Nichte... da steht für mich der "innige" Kuss für was anderes.
Wenn aber tatsächlich allein der Kuss gemeint ist, den auch die Oma dem Kind verpassen könnte (den das Kind eklig findet, sich deshalb wehrt), dann wäre das mit den Passanten aber so eine Sache... ich weiß nicht. Das hinkt für mich.
Wenn aber tatsächlich allein der Kuss gemeint ist, den auch die Oma dem Kind verpassen könnte (den das Kind eklig findet, sich deshalb wehrt), dann wäre das mit den Passanten aber so eine Sache... ich weiß nicht. Das hinkt für mich.
naja, klar, ist es eine sache der interpretation, auch wenn man solch einer szene tatsächlich begegnen würde.
das ist es ja vielleicht gerade ...
naja, dieser kuss hier, der zeigt nur den anfang, vielleicht auch die fassade, was sich "hinter den gardinen" abspielt, bleibt halt offen ... aber genau so ist es ja oftmals. und genau an diesem punkt, den ich hier schildere, fängt missbrauch an- ob er nun weiter geht oder nicht, bleibt (hier) natürlich offen.
okay - ich glaub, ich muss das nun alles mal sacken lassen. danke euch jedenfalls soweit!
lg, birke
das ist es ja vielleicht gerade ...
naja, dieser kuss hier, der zeigt nur den anfang, vielleicht auch die fassade, was sich "hinter den gardinen" abspielt, bleibt halt offen ... aber genau so ist es ja oftmals. und genau an diesem punkt, den ich hier schildere, fängt missbrauch an- ob er nun weiter geht oder nicht, bleibt (hier) natürlich offen.
okay - ich glaub, ich muss das nun alles mal sacken lassen. danke euch jedenfalls soweit!
lg, birke
Das literarische Problem hier ist, glaube ich, ein doppeltes: Einerseits will der Text, denke ich, darauf hinweisen, dass es weitaus wichtigeres gibt als Schwule zu verfolgen. Kinderschutz etwa. Der Text bringt hier die Pädophilie als anschauliches Beispiel, als beispielhaften, wichtigen Gegenpol zur unwichtigen Schwulenverfolgung. Die Schwulenverfolgung steht im Mittelpunkt des Textes. Das heißt, der zweite Teil ist -- fast -- austauschbar. Die letzte Zeile versucht, beide Pole gegenüberzustellen, und dabei jedoch gleichzeitig das Pädophilie-Problem angemessen zu beschreiben, während der Fokus aber doch mehr auf der Schwulenverfolung liegt. All dem gerecht zu werden, ist schwierig. Zweiterseits wird das literarische Problem gedoppelt durch folgendes: In manchen Teilen der Welt ist der Kinderschutz so groß, dass sogar Väter, die ihr Kind vom Kindergarten abholen, von der Polizei angehalten werden und ihren Ausweis zeigen müssen. Das Pädophilie-Problem trifft also nicht grundsätzlich zu. Das erschwert die literarische Gegenüberstellung. Allerdings weiß ich nicht, wie das im Osten zur Zeit aussieht. Im Westen jedenfalls, stellenweise in den USA zum Beispiel, wird man, so höre ich, als einzelnder Mann unter Kindern sehr genau beobachtet. -- Aber die Idee mit dem Kuss als gemeinsamen Nenner im Text finde ich eben gut. Das würde nicht funktionieren, wenn die pädophile Szene ausgetauscht würde gegen die einer Vergewaltigung einer Frau in der indischen Öffentlichkeit, beispielweise.
P.
P.
Nun, es ist ja ausdrücklich die Rede von einer Stadt "ostwärts", und auch die Vornamen legen nahe, dass der Schauplatz nicht in den USA liegt.
Ich bin automatisch davon ausgegangen, dass hier die aktuelle Lage in Russland das Thema ist (wobei natürlich auch jeder nichtrussische Leser aufgefordert ist, den Schuh anzuprobieren ...).
Ich bin automatisch davon ausgegangen, dass hier die aktuelle Lage in Russland das Thema ist (wobei natürlich auch jeder nichtrussische Leser aufgefordert ist, den Schuh anzuprobieren ...).
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
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(Ikkyu Sojun)
ja, pjotr. und ja, zefira.
du hast das alles, die problematik, ziemlich gut erfasst, pjotr, und mir ist auch klar, dass das vor allem in solch einer knappen form literarisch schwierig zu erfassen, vielleicht grenzwertig ist.
mir geht es an sich darum, diese paradoxie aufzuzeigen.
da werden menschen „verfolgt“, die sich lieben. zwei männer, zwei frauen, die sich lieben. meine güte, wozu soll das gut sein? mich hat dieses gesetz, und wie es dort aufgenommen wird, (mit faulen eiern zu werfen ist da offenbar noch harmlos) wirklich erschreckt. ich dachte, wir - und auch die welt weiter östlich - wären inzwischen weiter.
andererseits wird das thema sexueller missbrauch (von kindern) nur zu gern totgeschwiegen, aus verschiedensten gründen.
ich weiß nicht, ob mein text letztlich „funktioniert“, aber einen versuch war es mir wert.
wahrscheinlich werde ich beides irgendwann noch mal – getrennt voneinander – prosaisch angehen … beide themen sind mir nämlich wichtig.
so long, danke noch mal!
ich werde nun mal eine neue version einstellen, mit der ich zur zeit am besten zurecht komme.
lg,
birke
du hast das alles, die problematik, ziemlich gut erfasst, pjotr, und mir ist auch klar, dass das vor allem in solch einer knappen form literarisch schwierig zu erfassen, vielleicht grenzwertig ist.
mir geht es an sich darum, diese paradoxie aufzuzeigen.
da werden menschen „verfolgt“, die sich lieben. zwei männer, zwei frauen, die sich lieben. meine güte, wozu soll das gut sein? mich hat dieses gesetz, und wie es dort aufgenommen wird, (mit faulen eiern zu werfen ist da offenbar noch harmlos) wirklich erschreckt. ich dachte, wir - und auch die welt weiter östlich - wären inzwischen weiter.
andererseits wird das thema sexueller missbrauch (von kindern) nur zu gern totgeschwiegen, aus verschiedensten gründen.
ich weiß nicht, ob mein text letztlich „funktioniert“, aber einen versuch war es mir wert.
wahrscheinlich werde ich beides irgendwann noch mal – getrennt voneinander – prosaisch angehen … beide themen sind mir nämlich wichtig.
so long, danke noch mal!
ich werde nun mal eine neue version einstellen, mit der ich zur zeit am besten zurecht komme.
lg,
birke
Zuletzt geändert von birke am 22.08.2013, 12:18, insgesamt 1-mal geändert.
Zefira hat geschrieben:Nun, es ist ja ausdrücklich die Rede von einer Stadt "ostwärts", und auch die Vornamen legen nahe, dass der Schauplatz nicht in den USA liegt.
Ja, wie gesagt, ich kann nicht sagen, ob das "ostwärts" anders aussieht als anderswo. Ich nannte nur Beispiele.
hm, in Variante 2 wird die Reaktion der Passanten ins Verhältnis gesetzt. Ich denke an der Verallgemeinerung "die russischen Passanten" krankt der Text, weil es ja eigentlich um das groteske Gesetz geht und nicht um Zivilcourage, die westlicher vermutlich genauso durchfiele oder durchfallen könnte. Aber mit dem Gesetz als Kontroverse müsste eben Pädophile in Russland legal sein, was wohl nicht der Fall ist.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Ich stolpere die ganze Zeit noch über ein anderes Problem, aber erst durch die Neufassung kann ich es richtig benennen: Die ersten vier Zeilen haben ja auch noch eine ganz andere Art "Blindheit" zum Thema, nämlich dass die beiden küssenden Männer nicht wahrnehmen, dass man sie schräg anglotzt und die Polizei prompt bei Fuß steht.
Ich weiß nicht recht, warum das so formuliert ist. Thema ist doch, was die Umwelt sieht bzw. nicht sieht. Wieso die Anspielung auf das, was die Männer nicht bzw. kaum sehen? Oder soll das noch einen weiteren "Blickwinkel" ins Spiel bringen?
Grüße von Zefira
Ich weiß nicht recht, warum das so formuliert ist. Thema ist doch, was die Umwelt sieht bzw. nicht sieht. Wieso die Anspielung auf das, was die Männer nicht bzw. kaum sehen? Oder soll das noch einen weiteren "Blickwinkel" ins Spiel bringen?
Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
gabi, danke dir & pjotr, dir auch noch mal gedankt.
nifl, naja, natürlich ist es nicht legal, aber allzu nachdrücklich gekümmert wird sich von staatsseite offenbar auch nicht. ist halt ein sehr heikles thema …nicht nur in russland.
und zefira, na ja, die beiden bekommen in diesem augenblick nicht viel von ihrem umfeld mit, weil sie sich gerade liebevoll verabschieden und somit miteinander beschäftigt sind. arglos eben. so hatte ich das gedacht …
lg noch mal,
birke
(hier noch ein link http://www.arte.tv/de/russland-kampf-ge ... 45762.html)
nifl, naja, natürlich ist es nicht legal, aber allzu nachdrücklich gekümmert wird sich von staatsseite offenbar auch nicht. ist halt ein sehr heikles thema …nicht nur in russland.
und zefira, na ja, die beiden bekommen in diesem augenblick nicht viel von ihrem umfeld mit, weil sie sich gerade liebevoll verabschieden und somit miteinander beschäftigt sind. arglos eben. so hatte ich das gedacht …
lg noch mal,
birke
(hier noch ein link http://www.arte.tv/de/russland-kampf-ge ... 45762.html)
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