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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 06:16

Doktorbetitelt ist ein Mensch dann, wenn er eigenständig etwas erforscht hat. Ich nenne das autodidaktisch. Sich selbst lehren.

Ohne Autodidakten wäre das Wissen der Menschheit heute dünn. Die bloßen Didakten hätten im Lauf der Jahrhunderte nur Schulbücher kopiert. Kopien geklont durch alle Zeiten.

Nicht nur dünn. Ungeboren. Wenigstens ein einziger Autodidakt wäre ganz sicher nötig gewesen: Das allererste Buch muss einer selber geschrieben haben.

Ein Kind, das am Strand Muscheln erforscht, ist ein Autodidakt. Es ist ein Doktor.






Alte Version:


Ein Mensch bekommt den Doktortitel dann, wenn er eigenständig etwas erforscht hat. Ich nenne das autodidaktisch. Sich selbst lehren.

Ohne Autodidakten wäre das Wissen der Menschheit heute dünn, denn die bloßen Didakten hätten im Lauf der Jahrhunderte nur Schulbücher kopiert. Immer die gleichen Kopien.

Nicht nur dünn. Null. Wenigstens ein einziger Autodidakt wäre ganz sicher nötig gewesen: Das allererste Buch muss einer selber geschrieben haben.

Ein Kind, das am Strand Muscheln erforscht, ist ein Autodidakt. Es ist ein Doktor.
Zuletzt geändert von Pjotr am 22.06.2011, 00:00, insgesamt 4-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 17.06.2011, 10:18

Hallo Pjotr,

ist das nicht eher ein Café-Beitrag?

Aber davon abgesehen: ein typischer Pjotr sozusagen, in der charmanten Argumentationsschwäche wie in der ebenso charmanten (scheinbaren?) (Selbst)Zweifelsfreiheit, die sich nicht ganz erfolgreich kindlich gibt. Die klassische Schwäche des Autodidakten sozusagen ;)

Da verteidigt ein Autodidakt einen Autodidakten (sich selbst?) und damit ALLE Autodidakten - oder wie? Und warum?

Das allererste Buch muss nicht einer geschrieben haben - es können und müssen wohl auch auch mehrere gewesen sein, die VONEINANDER lernen, miteinander entdecken, füreinander aufschreiben, durch Generationen hinweg (die Bibel z.B. ist, nehme ich an, ein solches Gemeinschaftswerk). . Niemand kann sich allein lehren, all das zu wissen, was nötig ist, um auch nur ein Autodidakt zu sein - auch das Kind nicht.

DAs Kind, das am Strand Muscheln erforscht, ist ein lernendes Kind - kein Doktor. Ein Doktor wird nicht durch sich allein Doktor, sondern hat vorher gelernt, meistens auch gelehrt, geforscht, gelesen (was ANDERE geschrieben haben), darüber gesprochen, diskutiert, verworfen. Aus sich allein kommt eigentlich KEIN Wissen. Und auch kein Doktor. (Und übrigens auch kein Kind, von der Muschel mal ganz abgesehen.) Es gibt Überlegenheiten, Spezialwissen, Anerkennungen, auch Bedürfnisse nach Anerkennungen durch andere. Auch das Kind, das alles mögliche ist und vielleicht wird - aber kein Doktor -, möchte Anerkennung, findet sich in den Muscheln, wird sie zeigen, wird von seinem erworbenen Wissen berichten, etwas fragen, Bestätigung erhalten oder geben etc.

Eine Doktorarbeit muss VERTEIDIGT werden, inhaltlich und persönlich. Das scheint dem Autodidakten-Verteidiger nicht zu gefallen ;) Fühlt er sich in seiner Freiheit eingeschränkt? Oder hat er keine Lust, in die Tiefe zu gehen, wie es für einen Doktor erforderlich wäre?

Ergo: Der Text ist schwach, er tut der Sache der Autodidakten keinen Gefallen - wenn eine solche es denn nötig hätte, sich in die Brust zu werfen (warum?), noch dazu in Abgrenzung von institutioneller Lernenden, deren mangelnde "Freiheit" implizit belächelt wird, als Fessel empfunden wird (oder?). Wirkt eher nicht nur unnötig auf mich, sondern auch ein bisschen lächerlich. Wenn jemand die Möglichkeiten nicht hat, so viele Lern-Möglichkeiten - von anderen, mit anderen, Wissenderen - auszuschöpfen, ist das schade. Wenn jemand zu faul ist oder sich besser wähnt als all die andern Lernenden und sich selbst genug ist dabei, ist das dumm. Beides: Verlust an Wissen, nicht ausgeschöpftes Potenzial.

Wer lernt, tut dies meistens auf vielerlei Arten: von und mit sich selbst, von und mit anderen, für und durch andere. Deshalb ist das Etikett "Autodidakt", das vermutlich einst von institutionell Lehrenden (Profs etc.) auf jene geklebt wurde, die die institutionellen Möglichkeiten nicht (rechtzeitig) hatten, als solches zweifelhaft. Was kein Grund ist, es auch noch zu verteidigen.

Nichts für ungut.

herzlich
klara

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 11:39

Klara hat geschrieben:ist das nicht eher ein Café-Beitrag?

Nein, das ist vielschichtige Literatur. Provozier mich nicht.

Klara hat geschrieben:ein typischer Pjotr sozusagen,

Das buchstäblich "typisch Pjotr" zu nennen, ist typisch Klara. War zu erwarten. Befreie Dich doch mal von diesem Pauschalismus.

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Beitragvon leonie » 17.06.2011, 12:37

Lieber Pjotr,

Klaras Einwände sind natürlich berechtigt, Dein Text verwendet Begriffe anders, als sie allgemein gebraucht werden.

Aber mir gefällt dieses Umdefinieren, weil es etwas Aufdeckendes hat und einen neuen Blick eröffnet. Weil es mich z.B. fragen lässt, was denn eigentlich einen "Doktor" macht. Was Didaktik ist, was Autodidaktik und warum Deine Argumentation vordergründig stimmig erscheint, aber es doch letztlich nciht ist.

Der Text reizt zum Widerspruch. Zum Richtigstellen. Zum Feststellen, dass das scheinbar so "Richtige" auch irgendwie nicht richtig ist. Usw.


Liebe Grüße

leonie

Gerda

Beitragvon Gerda » 17.06.2011, 12:57

Hi Pjotr,

für mich brichst du auf schlüssige Weise die komplexen Zusammenahänge und Gegensätze von universitär erlangtem Wissen und jener, dem Menschen eigenen, natürlichen Erforschung seiner (Um)Welt herunter, auf ein allgemein verständliches Niveau.
Diesen Denkansatz finde ich interessant und das zum Ende verwendete Bild, lese ich als eine Allgorie.
Also, warum nicht Kurz-Prosa.
Meine Überlegungen hinsichltich der Weitergabe und Verbreitung von Wissen hast du angeregt und ihnen einen neuen Aspekt hinzugefügt.
Den Auslöser für das Schreiben deines Textes, glaube ich zu kennen.
Aber du hast aus den Pressemeldungen über Doktortitel und Plagiatvorwürfe etwas völlig Eigenständiges gemacht, das ist autodidaktisch im wahren Sinne, wodurch du gleichzeitig den Beweis der im Text aufgestellten "These" angetreten hast.
Mir gefällt das.

LG Gerda

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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 14:02

Zunächst für Klara nochmal hier der Text, diesmal mit Edding markiert; sie hat ihn nicht richtig gelesen, weil sie vor lauter Pjotr-Typisierung inzwischen halbblind ist (Wunsch-Typisierung, heißt hier: sie wünscht sich vorweg negative Eigenschaften in mich hinein, und fängt dann an zu "lesen"):




Ein Mensch bekommt den Doktortitel dann, wenn er eigenständig etwas erforscht hat. Ich nenne das autodidaktisch. Sich selbst lehren.

Ohne Autodidakten wäre das Wissen der Menschheit heute dünn, denn die bloßen Didakten hätten im Lauf der Jahrhunderte nur Schulbücher kopiert. Immer die gleichen Kopien.

Nicht nur dünn. Null. Wenigstens ein einziger Autodidakt wäre ganz sicher nötig gewesen: Das allererste Buch muss einer selber geschrieben haben.

Ein Kind, das am Strand Muscheln erforscht, ist ein Autodidakt. Es ist ein Doktor.




Und natürlich war es auch vorhersehbar, dass jener Schlechtfilter prompt auf eine vermeintliche Schlechtmachung des Doktortitels weist. Humbug. Beabsichtigt ist nicht eine Erniedrigung des Akademikers, sondern eine Erhöhung des "Kindes" (als Metapher außerdem). Ein Schwarzweiß-Geist erkennt diese Absicht nicht, kann nicht ergänzend denken, kennt nur entweder-oder. Dazu stets voreingenommen ein halbleeres Glas, selten ein halbvolles. Ja, das ist klassisch.

Klara
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Beitragvon Klara » 17.06.2011, 15:44

schsch... möchtest du andere (meine) Gedanken zu deinem Text oder Applaus? Applaus pur ist doch langweilig.

halbblind wäre übrigens besser als halbvoll - mit was auch immer ;)

und - glaub es oder nicht - er "typische Pjotr" war eher zärtlich gemeint, sozusagen.

negative Eigenschaften? wo? in wen? warum? wirklich nicht!

Freundschaft
klara

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Beitragvon Nifl » 17.06.2011, 16:20

... ich als Halbgarer hätte genauso geantwortet wie Klara (wenn ich so gut schreiben könnte). Auch deine Fettmarkierungen fünde isch nich zugänglich machend. "Nicht nur dünn. Null." Die Steigerung von "dünn" ist "null"? Das ist mir zu flachdünn und zu umgangssprachlich.

Ne, der Text bietet mir nichts, dass ich Lust hätte, mich genauer mit seinen Spitzfindigkeiten zu befassen.
Macht ja nichts.

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 16:51

Ich hatte rauschenden Applaus erwartet.

"Meine Gedanken oder Applaus" -- hier wieder das entweder-oder.

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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 17:00

Hallo Nifl,

die Sache mit der "Null", ja, stimme Dir zu, ist zu umgangssprachlich. War mir nicht aufgefallen.


Hallo Leonie und Gerda,

danke für Eure Kritik. Ihr habt den Inhalt kommentiert. Hättet Ihr etwas zu verbessern an der Textgestaltung? An der "Dramaturgie", am Bogen, am Kreis, an der Wortwahl, am Lesefluss?


Cheers

Pjotr

Sam

Beitragvon Sam » 17.06.2011, 18:18

Hallo Pjotr,

den Grundgedanken dieses Aphorismus kann man erkennen, und er ist mir nicht unsympathisch. Aber dennoch arbeitest du hier mit den falschen Begriffen. Die Zuweisung Autodidakt wurde von Didakten ersonnen, und auch sie sind es, die den Doktortitel verleihen. Der Mensch ist von Geburt an ein Lernender. Sich selbst lehrt aber niemand, denn er greift in nahezu allen Bereichen auf schon erworbenes Wissen anderer zurück. Oder er lernt aus Erfahrung. Und das Kind, das vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben eine Muschel sieht, macht natürlich zunächst eine eigene Erfahrung und lernt, in dem es genau betrachtet. Aber das nächste, was es tun wird, ist sich umzudrehen und Vater oder Mutter fragen: Was ist denn das?

Gruß

Sam

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Beitragvon Pjotr » 17.06.2011, 18:35

Hallo Sam,

das sagenumwobene "erworbene Wissen". Da komme ich in zwei Punkten nicht ganz mit. 1. Das Angebot ist vielseitig und gegensätzlich, ich muss mich also selbst anstrengen, ich muss selbst das Angebot erst einmal sortieren. 2. Wo fängt die Erben-Kette* an? -- Erich von Däniken, der alte Halunke, sagt zum Beispiel, die Pyramiden hätten ohne die Hilfe von Außerirdischen nicht gebaut werden können. Da frage ich mich während des Sortierens, wie hatten dann die Außerirdischen ihre Sachen gebaut, hatten die wiederum fremde Hilfe von Auswärts und so weiter? Was bringt diese Fragenverschieberei, dieses Ausweichen?

Die Entscheidung, welches Wissenserbe ich annehme und welches ich ausschlage, berührt dann halt auch wieder die alte Frage um die Freiheit des Willens. Ich sage, es gibt einen Willen. Aber er ist weder frei noch unfrei. Er ist nur eines: willig.

Kraft ist weder grün noch blau. Sie ist nichts anderes als kräftig.


Schöne gute Nacht

Pjotr


* Vorsicht, keine Erbsen.

Sam

Beitragvon Sam » 17.06.2011, 22:02

Pjotr, ein Beispiel:

du drückst jemanden, der noch nie ein Werkzeug gesehen hat, einen Nagel in die Hand und sagts ihm, er soll ihn in die Wand hauen. Was passiert?

1. Er versucht zunächst ihn mit der Hand hinein zu drücken. Wenn er merkt, dass das nicht funktioniert, nimmt er vielleicht einen Stein oder einen anderen harten Gegenstand. Am Ende erfindet er sich einen Hammer.

2. Er fragt jemanden, und dieser sagt ihm, am besten geht das mit einem Hammer.

3. Jemand sagt ihm, dass kann man NUR mit einem Hammer machen.

Erstens wäre autodidaktisch, zweitens wäre vernünftig und der schnellste Weg. Drittens wäre das, was du kritisierst.

Oftmals ist aber der Weg zum Wissen und zur Erkenntnis eine Mischung aus allen dreien. Der Hammer, den man mir anbietet, um einen Nagel in die Wand zu schlagen, mag zwar der richtige Weg sein, um an mein Ziel zu gelangen, aber vielleicht kommt mir die Idee, dass ein schwererer (größerer oder wie auch immer) efektiver wäre und ich verändere das mir vorgebene Wissen und komme dadurch einen Schritt weiter.

Und Däniken - der hat halt das Pech 4.000 Jahre zu spät geboren zu sein und damit einfach nicht zu wissen, wie die Ägypter ihre Pyramiden gebaut haben.

Gruß

Sam

Gerda

Beitragvon Gerda » 17.06.2011, 23:23

Pjotr, wegen der Form, vetröste ich dich auch auf morgen, habe gerade gesehen, dass es hier auch munter zugeht.
Muss erst einmal schlafen, damit ich wieder besser denken kann. ;-)

LGG


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