Babyschritte

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Eule
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Beitragvon Eule » 27.10.2010, 23:29

Babyschritte


Tamu erinnerte sich: In seinem Geburtsjahr auf der Erde, erzählten die Chroniken, quollen die Zeitungen über von Schreckensmeldungen und von Leichen. Schlimme Verbrechen auf allen medialen Kanälen, Massenmörder, die plötzlich entlassen wurden, Selbstmordattentate, Umweltkatastrophen, Armut, sogar in den reichen Ländern, Rassismus, Hinrichtungen, hilflose Politiker, wütende Bürger/innen, schlimme Zeiten.

Anfangs des dritten Jahrtausends zählte die Anzahl Deiner Computerfreunde, wieviele Showpunkte, Aahs- und Ohhs- Du an einem Tag erreichtest und natürlich immer noch, da damit im engen Zusammenhang, die Bewegung Deines Kontostandes. Nichts ungewöhliches eigentlich, die getrennte Buchführung hatte gesiegt, die Kriegsführung war überwiegend ökonomisch und hochtechnologisch geworden. Viele Begriffe hatten die gewohnten Bedeutungen verloren, Fremdsprachliches und Neologismen wurden in jedem zweiten Satz benutzt. Die Erde verarmte zusehends, lediglich die politischen Blöcke vermehrten sich, aber trotz der immer perfekteren Kommunikation gab es immer mehr entwurzelte, vereinsamte oder vollständig absorbierte Individuen.

Aber Tamu wusste von diesem allen noch nichts: Wie die meisten kleinen Kinder damals durfte er strampeln, spielen und lernen, wo immer er konnte, bis er stark genug war seine ersten Schritte zu probieren: immer wieder einen Fuß vor den anderen, mal voran mal quer, Babyschritte, zwischen all den Sachen und Lebewesen seiner Umgebung, egal für wie lange.
Ein Klang zum Sprachspiel.

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Eule
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Beitragvon Eule » 10.11.2010, 17:19

Gehört eigtl eher zur Kurzprosa ... könnte der Text, wie auch der Beitrag "Im Dreivierteltakt", dahin verschoben werden ? Herzliche Grüße und vielen Dank !
Ein Klang zum Sprachspiel.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.11.2010, 18:44

Verschoben :-)
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)


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