Dannenberg

[Quoth]

Dannenberg

Er meldete sich nur kurz am Telefon, bat, dass seine Mutter ihn anrufe. Sie ahnte gleich, dass was passiert war. Er hatte mit seiner Schwester und vielen anderen auf dem Geleis gelegen, sie hatten über das Essen am Geburtstag der Großmutter gelästert, wie zäh das Lamm und wie matschig gekocht die Bohnen gewesen waren, da seien zwei Polizisten aus dem Wald getreten, zwei blutjunge Burschen, die offenbar ziemliche Angst hatten, als sie die vielen Aktiven auf den Geleisen sahen. „Bestimmt hatten sie auch keine Lust, uns alle wegzutragen, und hofften, mit ein paar saftigen Schlägen einige zum freiwilligen Abzug zu motivieren. Der erste dieser Schläge galt mir, vielleicht war es der erste Schlag in seiner Laufbahn, der große Junge schaute mich mit angstverzerrtem Gesicht an, er war nicht rasiert und sah verdammt hübsch aus, ich hätte ihn am liebsten in den Arm genommen und gesagt: ,Lass es doch, du findest das doch auch Kacke mit der Laufzeitverlängerung und dem Müll hier!’, aber sein Arm war in der Luft, und diese Knüppel sind nicht aus Schaumstoff, also schützte ich mich mit der Hand und bin froh, es gemacht zu haben, der gebrochene Mittelhandknochen ist schnell wieder verheilt, ein verletztes Jochbein oder eine Gehirnerschütterung wär mir weniger lieb gewesen, das einzige, worüber ich mich ärgere, ist, dass ich ihn nicht um seine Karte gebeten habe, denn das hätte doch der Anfang einer wunderbaren Freundschaft werden können!“

[Zefira]

Lieber Quoth,
ich lache selten am Bildschirm, aber jetzt war es wieder mal soweit.
Welch wunderbare Welt!

Grüße von Zefira

[fenestra]

Lieber Quoth,

so viel Ernstes, Wütendes, Engagiertes, Angstmachendes wurde zu diesem Thema schon gesagt und gezeigt. Da tut dieser leichte, ironische Text von dir wirklich gut!

War es wirklich der junge Mann oder nicht vielmehr seine Schwester, die sich die Karte des jungen Polizisten gern hätte geben lassen?

Viele Grüße
fenestra

[Quoth]

Hallo, Zefira,
freut mich, dass Dich das erheitern konnte!

Hallo, fenestra,
ja, des Wütenden findet man genug überall, weshalb die zärtliche Anteilnahme eines Demonstranten an einem Polizeimilchbart, der ihn aus Angst verletzte, mich auch besonders gerührt hat.
Gruß
Quoth