Wenigstens
Die Luft ist eine neblige Brühe. Sie wabert und lässt die Umgebung verschwimmen.
Das Rot der Rücklichter langsam vorbeifahrender Autos schwindet nach einigen Metern bereits aus dem Blick. Die Scheinwerfer der wenigen entgegenkommenden blenden. Sobald die Fahrgeräusche verebben, ist die nasse Stille hörbar mit jedem Tropfen, der von den braun gewordenen Blättern der alten Kastanien perlt. Das Licht der Laternen entlang des Gehwegs schimmert matt, erreicht kaum die Erde.
Diese Zeit macht müde, nimmt dem Leben das Tempo, stellt Milchglasscheiben auf, taugt nicht für einen Neubeginn. Sie kleidet dich aus mit der Traurigkeit von Jahren. Jedes einzelne hat immer wiederkehrend Frühling, Sommer, Herbst und Winter durchlebt. Pausenlos. Du fühlst dich abgeschlagen, niedergerungen. Gedanken kommen zwangsläufig, sind bizarr und lästig zugleich. Du bist zu einsam um allein zu sein. (Selbst die Bäume stehen paarweise). Du gehst wie durch lockere Watte ohne Eile. Riechst, als du an der leeren Koppel vorbeigehst noch die Tiere. Meinst gar ihren Atem dampfen zu sehen, so sehr sehnst du Wärme herbei.
Wenigstens hat sie dir die Katze gelassen.
©GJ20101012
EDIT: milchige Brühe = neblige Brühe / wenigen Metern = einigen Metern
(Dies ist überarbeitete Version des Textes, den ich bereits unter "Lust auf Nebel", gepostet hatte)
Wenigstens
liebe gerda,
was für ein aufwühlendes seelengemälde!
es passt so gut zu meinem derzeitigen empfinden, aber das allein ist nicht der grund, dass ich dieses stück kurzprosa für äußerst gelungen halte.
es ist m m nach so außerordentlich verzahnt, macht aus einem außen ein innen und umgekehrt. berührend.
sprachlich könnte man noch etwas glätten; das dicht aufeinanderfolgende "wenigen" etwa, das milchig zu Beginn und in den milchglasscheiben, in einem so kurzen text darf das m m nach nicht sein.
aber wie wunderbar z. b.
(die zeit) kleidet dich aus mit der traurigkeit von jahren ...
du bist zu einsam, um allein zu sein ...
du gehst wie durch lockere watte ...
und erst der schluss!
sehr sehr gerne gelesen!
herzlichst,
monika
was für ein aufwühlendes seelengemälde!
es passt so gut zu meinem derzeitigen empfinden, aber das allein ist nicht der grund, dass ich dieses stück kurzprosa für äußerst gelungen halte.
es ist m m nach so außerordentlich verzahnt, macht aus einem außen ein innen und umgekehrt. berührend.
sprachlich könnte man noch etwas glätten; das dicht aufeinanderfolgende "wenigen" etwa, das milchig zu Beginn und in den milchglasscheiben, in einem so kurzen text darf das m m nach nicht sein.
aber wie wunderbar z. b.
(die zeit) kleidet dich aus mit der traurigkeit von jahren ...
du bist zu einsam, um allein zu sein ...
du gehst wie durch lockere watte ...
und erst der schluss!
sehr sehr gerne gelesen!
herzlichst,
monika
Guten Abend,
und hallo Arne,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich, dass das Prosastückchen bei dir genauso angekommen ist, wie ich es intendiert habe.
Eine Fortsetzung, hm ... zunächst schien mir der Gedanke völlig abwegig, weil ich mir eher vorstellen könnte den Weg zu bebildern, wie es zum "Wenigstens" gekommen ist ... aber ... ich will es nicht ausschließen.
Liebe Grüße
Gerda
und hallo Arne,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich, dass das Prosastückchen bei dir genauso angekommen ist, wie ich es intendiert habe.
Eine Fortsetzung, hm ... zunächst schien mir der Gedanke völlig abwegig, weil ich mir eher vorstellen könnte den Weg zu bebildern, wie es zum "Wenigstens" gekommen ist ... aber ... ich will es nicht ausschließen.
Liebe Grüße
Gerda
Guten Abend, liebe Monika,
vielen, vielen Dank für deinen Kommentar, mit dem du gut umrissen hast, was ich mit diesem Text beabsichtigt habe. (Kurzrosa lebt ja davon so dicht und bildhaft zu sein).
Schön auch, dass du nicht nur die besonders guten Stellen herausgepickt, sondern die zwei Schwachpunkte angemerkt hast.
Genau, da hast du völlig Recht.
Ich habe gelesen und gespürt, dass etwas noch nicht ausgewogen ist und die Dopplungen immer wieder überlesen.
Das "milchige" habe ich in "neblige Brühe" geändert, was, glaube ich, nicht arg schlimm ist, auch wenn neblig recht banal ist und aus dem"wenigen" ist "einigen Metern" geworden.
Nochmals viel Dank, es hat mich sehr gefreut!
Einen schönen Abend
Gerda
vielen, vielen Dank für deinen Kommentar, mit dem du gut umrissen hast, was ich mit diesem Text beabsichtigt habe. (Kurzrosa lebt ja davon so dicht und bildhaft zu sein).
Schön auch, dass du nicht nur die besonders guten Stellen herausgepickt, sondern die zwei Schwachpunkte angemerkt hast.
scarlett hat geschrieben:sprachlich könnte man noch etwas glätten; das dicht aufeinanderfolgende "wenigen" etwa, das milchig zu Beginn und in den milchglasscheiben, in einem so kurzen text darf das m m nach nicht sein.
Genau, da hast du völlig Recht.
Ich habe gelesen und gespürt, dass etwas noch nicht ausgewogen ist und die Dopplungen immer wieder überlesen.
Das "milchige" habe ich in "neblige Brühe" geändert, was, glaube ich, nicht arg schlimm ist, auch wenn neblig recht banal ist und aus dem"wenigen" ist "einigen Metern" geworden.
Nochmals viel Dank, es hat mich sehr gefreut!
Einen schönen Abend
Gerda
die nüchterne, aufzählende erzählweise
transportiert die wiederkehrende nichtigkeit aufs feinste...
fast unerträglich zu lesen.
chapeau
transportiert die wiederkehrende nichtigkeit aufs feinste...
fast unerträglich zu lesen.
chapeau
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).
Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel
Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste