Warum ich Himmelfahrt liebe
Himmelfahrt ist ein ganz besonderer Tag. Es fällt immer auf einen Donnerstag, man hat frei und kann tun und lassen, was man will. Manche Leute suchen die Kirche auf, in der es einen Altar gibt, auf dem von Jesus nur noch die nackten Füße zu sehen sind; Körper, Arme, Kopf und Heiligenschein sind in einer weißen Holzwolke bereits verschwunden. Die Vorstellung, dass er wie eine Rakete in den Himmel hinaufflog, hat heute wohl kaum noch Anhänger. Dennoch behält man die Feier bei und lässt ihr den altertümlichen und ein wenig lächerlichen Namen. Ich aber denke bei Himmelfahrt an die mutigen Astronauten, die zum Mond vorgedrungen sind und dort im Erdlicht spazieren hüpften. Es gibt viele, die sagen, das sei nie passiert. Es sind meistens welche, die weiterhin schmalzige Liebesgedichte unter Mondeinstrahlung schreiben wollen. Für sie ist die Vorstellung unerträglich, dass auf dem milde schimmernden Freund erotischer Nachtabenteuer eine amerikanische Flagge steckt und Menschen Fußspuren zurückgelassen haben, die mangels Wind ja noch nicht einmal verwehen. Leider werde ich nie Gelegenheit haben, den Erdtrabanten zu besuchen. Ich stelle es mir herrlich vor, dort mit Riesenschritten von Krater zu Krater zu wandern und mit dem Feldstecher zu beobachten, wie in den Erdstädten bei Einbruch der Nacht die Lichter aufflammen. Für einen solchen Ausflug müsste ich jünger sein, sportlich gestählt, müsste Pilotenerfahrung haben oder wenigstens Spezialist für irgendwas sein, was man bei Mondreisen gebrauchen kann, z.B. die Gewinnung von Trinkwasser aus Urin. Die bloße Vorstellung, einmal schwerelos zu sein, macht mich schwindlig, während ich hier auf dem Stuhl sitze und aus dem Fenster schaue. Draußen ziehen Gruppen junger Männer mit Bollerwagen vorbei. Gegenüber ist eine Ackereinfahrt, da halten welche an, nehmen einen kräftigen Zug aus den mitgebrachten Flaschen, vertilgen Wurst- und Schinkenbrote und prosten mir, den sie am Fenster schauen sehen, fröhlich zu. So bin ich nicht allein und darf mich einbezogen fühlen in die Gemeinschaft der Himmelfahrtswanderer, die der Erde so fest verhaftet sind.
dass zu das
Warum ich Himmelfahrt liebe
Lieber Quoth,
ich mag es, wie du den Bogen von dem christlich geprägten Begriff zu den Astronauten spannst. Daran habe ich an diesem Tag noch nie gedacht! Vielleicht weil "Himmel" für mich nicht gleichbedeutend mit "All" oder "Weltraum" ist. Aber so wie der Protagonist in diesem Text kann man es durchaus betrachten. Besonders originell wird der Text, als der Protag überlegt, was er können müsste, um auch mal in den Space zu fliegen
Mittlerweile genügt es aber - glaube ich - viel Geld zu haben, denn es gibt die ersten Space-Shuttles, die zahlende Passagiere da oben spazieren fahren.
Gegen Ende wird der Text etwas betulich, nämlich, als der Protag sich durch das Zuwinken wenigstens etwas einbezogen fühlt. Schön wäre es, wenn der Text hier noch einmal richtig abheben würde: Die Bollerwagen flögen dann etwa à la Peterchens Mondfahrt von Maikäfern gezogen davon (diese Vorstellung könnte sich bei dem Genuss von reichlich Maibowle sicherlich einstellen).
Beste Grüße
fenestra
P.S.: Ist der Mond nicht eher ein Freund erotischer NachtabenteuRer ?
ich mag es, wie du den Bogen von dem christlich geprägten Begriff zu den Astronauten spannst. Daran habe ich an diesem Tag noch nie gedacht! Vielleicht weil "Himmel" für mich nicht gleichbedeutend mit "All" oder "Weltraum" ist. Aber so wie der Protagonist in diesem Text kann man es durchaus betrachten. Besonders originell wird der Text, als der Protag überlegt, was er können müsste, um auch mal in den Space zu fliegen
wenigstens Spezialist für irgendwas sein, was man bei Mondreisen gebrauchen kann, z.B. die Gewinnung von Trinkwasser aus Urin.
Mittlerweile genügt es aber - glaube ich - viel Geld zu haben, denn es gibt die ersten Space-Shuttles, die zahlende Passagiere da oben spazieren fahren.
Gegen Ende wird der Text etwas betulich, nämlich, als der Protag sich durch das Zuwinken wenigstens etwas einbezogen fühlt. Schön wäre es, wenn der Text hier noch einmal richtig abheben würde: Die Bollerwagen flögen dann etwa à la Peterchens Mondfahrt von Maikäfern gezogen davon (diese Vorstellung könnte sich bei dem Genuss von reichlich Maibowle sicherlich einstellen).
Beste Grüße
fenestra
P.S.: Ist der Mond nicht eher ein Freund erotischer NachtabenteuRer ?
Hallo, fenestra, du schriebst:
Ja, der "betuliche" Schluss - vielleicht fällt mir da noch was Trockeneres ein. Diese Vater- oder Herrentagswanderer hinterlassen in der Realität Massen von Müll und Glasscherben, taumeln betrunken auf die Straße und verursachen schwere Unfälle ... Aber das passt nicht in das Konzept dieses sich ans Positive haltenden Autors. Dafür müsste ich eine andere Schreibperspektive entwickeln.
Gruß Quoth
Darauf ging mein Protagonist ursprünglich auch ein, aber dann hätte ich darauf hinweisen müssen, dass er für Weltraumtourismus nicht das nötige Geld hat ...Mittlerweile genügt es aber - glaube ich - viel Geld zu haben, denn es gibt die ersten Space-Shuttles, die zahlende Passagiere da oben spazieren fahren.
Ja, der "betuliche" Schluss - vielleicht fällt mir da noch was Trockeneres ein. Diese Vater- oder Herrentagswanderer hinterlassen in der Realität Massen von Müll und Glasscherben, taumeln betrunken auf die Straße und verursachen schwere Unfälle ... Aber das passt nicht in das Konzept dieses sich ans Positive haltenden Autors. Dafür müsste ich eine andere Schreibperspektive entwickeln.
Gruß Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
Hallo Quoth,
ich muss zugeben, bisher waren meine bildlichen Vorstellungen von der Himmelfahrt Jesu ein wenig anders (im Originaltext heißt es glaube ich, dass er zum Himmel emporgehoben wurde und von den Wolken verdeckt.)
Einen wie eine Rakete ins All schießenden Jesus habe ich mir zumindest nie vorgestellt, aber die Idee ist witzig. Im Sinne des Textes auch notwendig, um die Kurve zu Raumfahrt und Mondlandung hinzubekommen.
Der Text beweist die Behauptung, die er selber aufstellt, nämlich, dass die meisten Menschen heute mit dem diesem Feiertag zugrundeliegenden Ereignis eigentlich nichts mehr anfangen können. Ergo werden Assoziationen gestrickt, die nur noch in die gleiche Richtung gehen (buchstäblich), aber mit der Idee, die dahinter steht, nichts mehr tun haben.
Im Grunde ist also der Erzähler genauso geerdet (im übertragenen Sinne), wie jene, die mit dem Bollerwagen voller Bier und Wurststullen durch den Feiertag ziehen. Dass er sich mit ihnen am Ende gemein macht, ist daher nur konsequent.
Witzig finde ich die Behauptung, es wären die Mondromantiker, die nicht an die Mondlandung der Amerikaner glaubten. Ich dachte bisher immer, es wären solche fastfoodessenden Verschwärungstheoretiker, die in Rockwell Aliens vermuten und nine-eleven der CIA in die Schuhe schieben. Bleibt nur zu hoffen, dass der romantischen (und auch esoterischen) Ausstrahlung des Mondes durch amerikanische Flaggen und Fußspuren kein Abbruch geschieht.
Jedenfalls ein amüsanter Text, der Feier- und Vatertag auf interessante Weise miteinander verknüpft.
Gruß
Sam
ich muss zugeben, bisher waren meine bildlichen Vorstellungen von der Himmelfahrt Jesu ein wenig anders (im Originaltext heißt es glaube ich, dass er zum Himmel emporgehoben wurde und von den Wolken verdeckt.)
Einen wie eine Rakete ins All schießenden Jesus habe ich mir zumindest nie vorgestellt, aber die Idee ist witzig. Im Sinne des Textes auch notwendig, um die Kurve zu Raumfahrt und Mondlandung hinzubekommen.
Der Text beweist die Behauptung, die er selber aufstellt, nämlich, dass die meisten Menschen heute mit dem diesem Feiertag zugrundeliegenden Ereignis eigentlich nichts mehr anfangen können. Ergo werden Assoziationen gestrickt, die nur noch in die gleiche Richtung gehen (buchstäblich), aber mit der Idee, die dahinter steht, nichts mehr tun haben.
Im Grunde ist also der Erzähler genauso geerdet (im übertragenen Sinne), wie jene, die mit dem Bollerwagen voller Bier und Wurststullen durch den Feiertag ziehen. Dass er sich mit ihnen am Ende gemein macht, ist daher nur konsequent.
Witzig finde ich die Behauptung, es wären die Mondromantiker, die nicht an die Mondlandung der Amerikaner glaubten. Ich dachte bisher immer, es wären solche fastfoodessenden Verschwärungstheoretiker, die in Rockwell Aliens vermuten und nine-eleven der CIA in die Schuhe schieben. Bleibt nur zu hoffen, dass der romantischen (und auch esoterischen) Ausstrahlung des Mondes durch amerikanische Flaggen und Fußspuren kein Abbruch geschieht.
Jedenfalls ein amüsanter Text, der Feier- und Vatertag auf interessante Weise miteinander verknüpft.
Gruß
Sam
Hallo, Sam, ich spüre ein leises Stirnrümpfen ob meines respektlosen Umgangs mit einer ehrwürdigen Erzählung - aber diese Respektlosigkeit ist, wie Du auch sogleich erkennst, gleichsam der Treibstoff, der mich die Erdenschwere vorübergehend überwinden lässt. Die Verknüpfung von Verschwörungstheoretikern mit Mondromantikern war mir ein Vergnügen, da ich beide etwa gleich gern habe.
Hallo Merlin, ja, komme wieder, Deine Kommentare lese ich immer gern. Das falsche dass habe ich berichtigt.
Hi, Immekeppel, vielen Dank für das "inspirierend", ich nehme es als hohes Lob!
Mit herzlichem Dank für Befassung
Quoth
Hallo Merlin, ja, komme wieder, Deine Kommentare lese ich immer gern. Das falsche dass habe ich berichtigt.
Hi, Immekeppel, vielen Dank für das "inspirierend", ich nehme es als hohes Lob!
Mit herzlichem Dank für Befassung
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.
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