februarsonntag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 08.04.2010, 10:13

februarsonntag*


wir schauten uns an

durch fragende münder

stille

ahnung auf zitternden zungen

wie würgten wir

am einander


*Danke, Lisa!







► Text zeigen



► Text zeigen

Max

Beitragvon Max » 17.04.2010, 15:54

Liebe Flora,

Dein Vorschlag ist an einer Stelle für mich schwer zu verstehen.

Ich fand ja gerade dass sich das "stille" so gut eignet, weil es einerseits als Nomen, andererseits als Adjektiv-Attribut zu "ahnung" funktioniert. Dies würde durch ein Zusammenziehen der beiden Strophen ja verstärkt. Deine Version mit "stumme" verliert die Doppeldeutigkeit, "stumme" ist nur noch als Attribut zu lesen, dafür setzt Du es so, wie es für mich nur als eigenständiges Nomen Siunn ergeben würde ... Interessant.

Liebe Grüße
Max

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9473
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 17.04.2010, 20:47

Hallo Max,

"stumme" ist nur noch als Attribut zu lesen, dafür setzt Du es so, wie es für mich nur als eigenständiges Nomen Siunn ergeben würde ... Interessant.
Also wenn es das Stumme noch nicht gibt, wird es Zeit, es der Stille zur Seite zu stellen. ;-) Ich lese es tatsächlich auch als beides und gerade diese Irritation, das Befremden, das Ziehen hin zu einem Bezugswort, das in der Luft hängen, die Unsicherheit, passt für mich hier sehr gut.
Mal sehen, was Herby meint.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 17.04.2010, 20:55

Lieber Herby,

weißt du, was ? Ich glaube, ich würde dein "stille" doch nicht anrühren, auch wenn ich meine Ideen und Überlegungen dazu immer noch habe, ich glaube, du hast das für dich schon richtig gefunden und alle prinzipiellen Änderungen machen den Text nicht runder, sondern fügen ihm "Ausbesserungslöcher" zu - sagt gerade einfach mein Gefühl.
Deshalb würde ich vielleicht einfach nur durch eine andere Setzung etwas sanfter führen, wie Max etwa, oder auch (symmetrischer):



F e b r u a r s o n n t a g

wir schauten uns an

durch fragende münder

stille

ahnung auf zitternden zungen

wie würgten wir

am einander


Ich habe den doppelten Zeilenabstand gewählt, weil mir alles aneinander geklebt nicht gefällt (also die leerzeilen zwischen der stille und der Ober- und Unterzeile zu streichen), in dieser Variante aber die Stille nicht so zentralisiert und in Szene gesetzt wirkt?

Wenn dir sowas nicht gefällt, würde ich einfach bei deiner Fassung bleiben, manchmal können Vorschläge einfach nicht greifen und dann muss man acht geben.

liebe Grüße,
Lisa

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 17.04.2010, 21:29

Hallo Flora,

vielleicht ist es ja auch die Stumme, die mitten im Raum steht ;-)

Liebe Grüße
max

keinsilbig

Beitragvon keinsilbig » 18.04.2010, 11:27

guten tag, Herby,


die irritation der ersten zwei zeilen ist ein starker einstieg in einen text, der diese spannung dann auch im weiteren zu halten vermag.
sehr beeindruckt hat mich dabei, dass diese sogar nicht nur mE "gehalten" wurde, sondern im "zittern" der zungen (kurz vor dem würgen. wer kennt das nicht?!) noch steigerungsfähig ist.

wirklich ein eindringliches stückchen kurz-und-heftig-lyrik, das du da sehr formschön kredenzt.


man bleibt nicht nur dran hängen. es bleibt auch an einem hängen.
und DAS ist mE das, was gute kunst auszeichnet. sie "bleibt", verweilt und wird zu etwas "erlebtem".


sehr gern gelesen und geschluckt.


gruß,


keinsilbig

Herby

Beitragvon Herby » 19.04.2010, 22:01

So, jetzt wird's aber Zeit...

Lieber Quoth,

hab herzlichen Dank für deine Anregung. Zum einen würde mich jedoch, wie auch Max schreibt, eine Wortwiederholung auf so engem Raum stören, zumal sie nach meinem Empfinden zum anderen auch überflüssig ist, da es, wie du selbst sagst, klar sein müsste, dass das Pronomen "uns" des ersten Verses das "einander" schon impliziert.

Liebe Flora,

deine Gedanken fand ich wirklich interessant, aber in einem Punkt auch schwierig: "stumme" verschließt sich mir in der von dir vorgeschlagenen Setzung, da ich es (wie Max auch) nicht als Nomen kenne. Über den von dir vorgeschlagenen Austausch von "uns - einander" denke ich aber gerne nach.


Liebe Lisa,

mit deinem Vorschlag einer doppelzeiligen Setzung kann ich mich sehr gut anfreunden, deine Argumente finde ich überzeugend, ich werd's gleich umsetzen. Danke!

Liebe Keinsilbig,

über deine so positive Aufnahme meines Textes freu ich mich sehr, lieben Dank fürs Lesen und Schlucken ;-) !


Euch allen danke ich ganz herzlich fürs Lesen und Kommentieren!
Gute Wünsche in die neue Woche,
Herby

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 20.04.2010, 21:30

Lieber Herby,

das freut mich, dass du mit der Setzung was afangen konntest, gefällt mir sehr so!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 11 Gäste