Bewusstlos

Trixie

Beitragvon Trixie » 20.06.2006, 20:59

Schemenhaft erkenne ich
Die Grenzen meines tiefsten Seins
Du stößt daran und dringst
Durchs Tor zu meinem Geist
Der schwebend sich befreit.
Lebendig begraben
Meine atemlose Hülle
Sie windet sich
Und krümmt sich
Vor Lust und Schmerz
Und Ohnmacht
Dann bist du fort
Und alles ist vorbei-
Ich bin wieder vereint.

carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 21.06.2006, 07:01

Liebe Trixie,

ich finde Dein Gedicht sehr eindrucksvoll!
Sehr tief und aussagekräftig...
Ich empfinde es für mich aber ambivalent:
Du beschreibst eine Geist-Leib Trennung wie sie gnostischer nicht sein könnte!
Das "du" ist der An"stoß" für eine Exstase, die die physische Existenz unter sich lässt. Erst, wenn es sich zurückzieht, stellt sich die Integrität der Person wieder her...
Ist ja auch eine religiöse Praxis...
"Ohnmacht" = ohne Macht (nicht dasselbe wie "bewußtlos")
Wenn darin das weibliche Empfinden des "ausgeliefert-" bzw. "genommen-seins" mitschwingen soll, dann empfinde ich es als sehr erotisch. Aber nur, wenn ich die Beziehung mitdenke, die dieses Erleben trägt...
Zum Vergleich Scarletts Gedicht: die "geflüsterten Korallenworte" bringen die Beziehung direkt ein, die eine Hingabe ermöglicht.
Ohne diese (mitgedachte) personale Begegenung bleibt die Erfahrung der Entgrenzung für das "ich" exklusiv, sozusagen solipsistisch...

Liebe Grüße, Carl

Trixie

Beitragvon Trixie » 21.06.2006, 08:49

Guten Morgen carl!

Ich danke dir sehr für deinen Kommentar. Du hast recht, da steckt viel dahinter. Ich nannte es bewusstlos, da der Körper, um den es bei der "Fleischeslust" geht, sein Bewusstsein, also seinen Geist, für diese Momente verloren hat. Ohnmacht wäre natürlich auch ein Titel, der geeignet wäre. Aber für mich hatte der meine einen "sexuelleren" Hintergrund. Aber das ließe sich natürlich noch überlegen, denn deine Idee finde ich auch sehr prickelnd mit dem Macht-Entzug. Dass es keine Beziehung darin gibt, war weder geplant noch nicht geplant. Aber um ehrlich zu sein: Ich habe dieses Erlebnis ein ums andere Mal selbst mitgemacht. Ohne Parnter und mit Partner. Ich bin froh, dass ich mich so gut daran erinnere und dass es mit Bewusstlosigkeit zu tun hatte, weiß ich nur daher, dass einige Monate später durch zu viel in der Sonne stehen fast bewusstlos geworden wäre und dieses Gefühl mir anfangs zugesagt hatte. Ich dachte: DAs kenne ich doch, das ist schön! Bis eine Frau mich wieder zurückgeholt hatte und gefragt hatte, ob es mir nicht gut ginge, ich wäre ganz blass und zittrig :???: . So schnell kann's gehn. Basiert also auf fundiertem Erlebnisbericht ;-) auch ohne Beziehung. Da die Auslieferung mehr an einen selbst geschieht, als an den Partner. Er stößt das tatsächlich "nur" an. Das mit dem religiösen hatte ich gar nicht im Sinne, aber auch da hast du recht. Ich danke wirklich sehr für deine ausführliche Antwort und wünsche noch einen schönen Tag!

lg Trixie

carl
Beiträge: 850
Registriert: 31.03.2006
Geschlecht:

Beitragvon carl » 21.06.2006, 08:56

Mir war das sofort klar, dass es sich um echte Erfahrung und nicht um ein Phantasiebild handelt, wie es sein sollte/könnte...

Meinen Glückwunsch, "mit" und "ohne" (aber pass auf Dich auf!!!)

LG, Carl

Trixie

Beitragvon Trixie » 21.06.2006, 10:00

Servus!

Danke für deinen guten Rat. Ich pass schon auf. Bin aus dem Alter draußen, hab mein Glück gefunden ;-)! Und das Wissen, dass es nicht immer gut ist, der Ohnmacht nahe zu sein, habe ich inzwischen ja auch.

ganz liebe Grüße, Trixie

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 21.06.2006, 10:40

Liebe Trixie,

dein Gedicht empfinde hier im Thema des Monats als außergewöhnlich, weil es eine völlig andere Wendung hat...
vorallem, was du hier sagst:

Da die Auslieferung mehr an einen selbst geschieht, als an den Partner. Er stößt das tatsächlich "nur" an.


das finde ich wunderbar treffend und diesen Gedanken habe ich so noch nicht gedacht!

Vorallem der letzte Satz ist großartig...

Sehr sehr gern gelesen!
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Gast

Beitragvon Gast » 21.06.2006, 10:48

Mir gefällt das Gedicht sehr, aber ich vermisse "Erotik", oder spricht es von Autoerotik, liebe Trixie?
Dann wäre mir das Posting in dieser Rubrik verständlich.
Vergnügen an der eigenen sexuellen Lust, ob nun "Hand angelegt" wird oder nicht, das spielkt keine Rolle.

Unabhängige Erotik, das ist etwas, was viele Menschen nie erfahren...
eigentlich schade.

Danke, gern gleesen Trixie.

LGG

Max

Beitragvon Max » 21.06.2006, 11:19

Liebe Gerda, liebe Trixie,

ich finde dieses Gedicht extrem erotisch - nur weiß ich nach Gerdas Kommentar nicht mehr, ob ich das auch "soll" ;-) ?

Liebe Grüße
Max

Trixie

Beitragvon Trixie » 21.06.2006, 12:40

Servus ihr alle!

Wow, so viel Resonanz, danke! Also, ich weiß nicht genau, was du, Gerda meinst. Autoerotik? Hm, ich weiß auch nicht genau, wie man Erotik beschreiben soll. Vielleicht ist es auch ein Unterschied, ob man Erotik als Thema beschreibt oder erotisch schreibt. Für manche Menschen sind Erdbeeren erotisch, für andere Beine, für die nächsten vielleicht Eulen oder Blumen. Diese Stimmung zu beschreiben, die dahinter steckt, ist wirklich sehr schwer. Daher habe ich mich dazu entschlossen, meine eigene Erfahrung einfach zu beschreiben. Vielleicht klingt es ja, kommt es an. Soviel erst mal jetzt, muss wieder weiter, später mehr!

lg Trixie

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 01.07.2006, 05:43

liebe trixie,

in dieser rubrik, die mehrere andere perlen enthält, ist das für mich persönlich der stärkste text.

direkte, einfache und klare sprache, die nuanciert und genau beschreibt; jede zeile führt weiter und bringt neues, kein wort ist zu viel (auch das Sie in z8 setzt eine wichtige atemzäsur)

der inhalt ist so naheliegend wie ungewöhnlich - niemand sonst traute sich so 'nah ran' - authentisch.
ohne 'große worte' sind sowohl verbindung und trennung von 'körper' und 'geist', als auch von 'ich' und 'du' dargestellt.
den ruhigen aufbau mit kulmination und zäsur bei Ohnmacht finde ich sehr gut, den schluss (Dann bist du fort // Ich bin wieder vereint.) ganz toll.

einzig beim titel bin ich mir nicht sicher: zu schemenhaftem erkennen und auch zu schwebend sich befreiendem geist (hier für mich beides starke und ruhige ausdrücke für subtiles geschehen) will er nicht so recht passen - er beschreibt für mich wesentliches, aber noch nicht das ganze.

glückwunsch und liebe grüße,
aram

ps. nach meinem begriffsverständnis von erotik und leidenschaft ist es kaum möglich, sie in diesem text nicht zu finden!

Trixie

Beitragvon Trixie » 02.07.2006, 22:14

Servus aram!

Tut mir leid, im Blauen Brett findest du eine nähere Erläuterung dazu, warum ich dir nicht geantwortet habe. Verzeihung, aber besser spät als nie. Ich danke dir, für deine tiefgehende Kritik und deine Komplimente. Das mit dem Titel...naja, der ist jetzt so festgefahren, dass ich einfach noch warten werde, bis ich vielleicht eines Tages einen besseren einfangen kann. Aber das ist es, was ich in dem Moment bewusst wahrgenommen habe. Nämlich, dass ich gleich bewusstlos werde. Wenn das so weiter geht. Wenn es nicht aufhört. Dann werde ich bewusstlos. Das war das, was ich dachte, nachdem ich das ein paar Mal erleben durfte. Ja. Und ja: Er ist authentisch und sehr nah. Aber hey- andere ziehen sich aus und vögeln sich das Hirn raus und verdienen damit ein Haufen Kohle. Da ist das hier zwar auch nah, aber noch nicht unbedingt entblößend ;-)! Danke, dass du meinen Text gelesen und gewürdigt hast. Das tut natürlich immer gut. Gerade bei "Spontan-Texten"!

lg Trixie

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 03.07.2006, 05:55

trixie,
auch wenn du das jetzt nicht mehr liest: ich war ja spät dran, nicht du.
alles liebe,
aram


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste