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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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noel
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Beitragvon noel » 14.03.2010, 11:16

meine mundwinkel munkeln
dem wind saaten,
damit farbe das grau
& laue luft den dumpf kalten duft
verblühen machen.

komm,
kauere dich auf weißes.
die kruste wird brechen
& grün wird gesang
des inneren
bergen & uns
aus der starre des gesteRn
beFreien; denn -
lügen befremdlicher
lippen werden unsere küsse
verheißungen sein lassen -

gewiss,
ich schwöre dir
nichts. leben ist
vergänglich & ich spiele
nur ein stück
weit unsere erfindungen,
bis die nestelnden finger
die zeichen verblassen lassen.

komm,
lass uns leben
erdichten, denn meine augen fallen
ins nichts,
da die tage mir
den himmel bleichten.
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Niko

Beitragvon Niko » 14.03.2010, 12:31

hallo noel!
mit deinen texten bin ich meist sehr ambivalent. dieser hier ist für mich ein paradebeispiel. ich muss immer beim lesen die &´s und verwIrrenden zwischeinwortigen großbuchstaben, derer es hier (für mich) gott sei dank nur wenige gibt, ausser acht versuchen zu lassen. wenn ich es dann schaffe, was mir hier gelungen ist, dann bietet sich mir hinter der verwirrnis ein toller text. was mich an deiner schreibe fasziniert: du hast dEinen ;-) dir ganz eigenen stil. und unbeirrbar jedweder eventuellen kritik gehst du diesen weg kontinuierlich weiter. bleibst dabei jedoch nie stehen, sondern spielst schier unerschöpflich mit wort und sprache. das finde ich wirklich toll. ich kommentiere deine texte nicht allzu häufig, wie du weißt. faszinieren tuen sie mich dennoch immer. nur ist es für meinen bescheidenen schreibrahmen manchmal zu verworren, zu verwirrend, was du mit den worten im schriftbild machst. aber das ist mein problem. und ist nicht deins und sollte es auch definitiv nicht sein /werden. (das musste ich nach all der zeit, die wir uns jetzt schon kennen und miteinander forenleben teilen, einfach mal loswerden.)
zum text:
meine mundwinkel munkeln
dem wind saaten,
damit farbe das grau
& laue luft den dumpf kalten duft
verblühen machen.

die munkelnden mundwinkeln sehe ich zwar als alliteration gelungen, kommt mir aber ein bisschen zu verspielt. dem wind saaten munkeln find ich wiederum ganz hervorragend. "den dumpf kalten luft" verstehe ich rein grammatikalisch nicht. den dumpf kalter luft? die dumpfkalte luft? - ich kriegs hier nicht gebacken...

komm,
kauere dich auf weißes.
die kruste wird brechen
& grün wird gesang
des inneren
bergen & uns
aus der starre des gesteRn
beFreien; denn -
lügen befremdlicher
lippen werden unsere küsse
verheißungen sein lassen -


komm, kauere - diese alliteration zb. finde ich unauffälliger und gelungen. grün als gesang des inneren bergend...- das hat was! etwas sehr philosophisches. dagegen wirkt die starre des gestern fast schon banal ausgedrückt. die letzten drei zeilen finde ich wiederum sehr gelungen. eine unwissende frage / anmerkung: müsste es nicht heißen: lügen befremdlicher lippen werden (wem?) unseren küssen verheißung sein lassen?

leben ist
vergänglich & ich spiele
nur ein stück
weit unsere erfindungen,
bis die nestelnden finger
die zeichen verblassen lassen.


für mich die zweite herausragende stelle dieses textes. und das, obwohl ich mit dem wort "nesteln" ein arges problem hab. das aber hat nur mit meinem ureigenen sprachverständnis zu tun.

denn meine augen fallen
ins nichts,
da die tage mir
den himmel bleichten.


dies hier ist die erste herausragende stelle. sozusagen die herausragenste. der schluss als krönung des gedichts! toll, noel!
insgesamt finde ich den text sehr fließend und in sich ruhend und abgerundet.
danke fürs teilhaben lassen!

wie sagst du immer so schön: *chapeau* :hut0039:

liebe grüße: Niko

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noel
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Beitragvon noel » 14.03.2010, 12:49

bei dumpfen duft spiele ich mit der alliteration & dem drückenden "dumpf"
es gehört zu meinem geliebten absurdistan

"lügen befremdlicher lippen werden (wem?) unseren küssen verheißung sein lassen? "
die lügen werden die küsse verheißung sein lassen, die küsse die erst folgen.
ist es so unverständlich???
dann musss ich noch mal in mich gehen...


danke für die wOrte
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.03.2010, 15:59

Hola noel,

ich mag dein Gedicht sehr. Einmal die Alliterationen und zum anderen, wie sich das Weiß als Ebene für das Neue, die Möglichkeit eines Versprechens darstellen. Auch die Bewegung, die hier stattfindet: erst eine Art von Ahnung (meine mundwinkel munkeln), dann die hoffnungsvolle Aufforderung (komm, ...), dann dieses Nähergehen des LI zum LyrDu, dieses "Beschwören" (gewiss, ich schwöre dir ...), um schließlich am Schluss wieder das Du aufzufordern und die Vergewisserung des LIs, dass eben das Weiß der Beginn des Fruchtbaren ist. So lese, verstehe ich es und finde es wunderbar.

Saludos
Mucki

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noel
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Beitragvon noel » 14.03.2010, 16:10

gabriella :)))
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

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