am abend

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 04.03.2010, 17:18



am abend

steigt das fieber
die tage gehen fremd
mit den nächten
in den kissen stauen sich
leere
nässe und gebete

mir fällt das vergessen wieder ein
das gestohlene lachen
die verkauften hoffnungen

doch in deiner hand
ruht meine
und bei allem verirren
finde ich mich
in deiner brust



.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.03.2010, 13:00

Lieber Niko,

das kommt bei mir ehrlich und offen gedichtet an - schonungslos (ohne, dass ich das jetzt autobiographisch auf dich beziehe - ich meine es sprachlich) - und das zieht mich an, lässt mich empfinden.

Zwei kleine Anmerkungen: Brauchst das "leere" oder zumindest den Umbruch davor? Das finde ich etwas zu betont und ich finde, andere Versionen wären schlichter und sagten das gleiche aus.

Das andere ist, dass mir die Zeile "Mir fällt das Vergessen wieder ein" sehr gut gefällt (und auch sehr treffend ist in bezug auf das Thema, dass so vieles in der Liebe nicht gelingt, man es nicht schafft, nicht hinbekommt und doch ... ), die anderen beiden beschreibenden Zeilen danach scheinen mir dagegen etwas zu bekannt: "gestohlenes Lachen" und "verkaufte Hoffnungen" sind doch schon fast feste Bausteine - da würde ich mir etwas ähnlich besonderes wünschen, wie es dir mit der ersten Zeile gelungen ist (oder eben: die beiden streichen, es muss ja nicht immer mit Ausführlichkeit gearbeitet werden).

Ab von diesen kleinen Dingen hat mich das aber wirklich berührt.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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noel
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Beitragvon noel » 06.03.2010, 13:16

jepp
fein formuliert & was lisa
moniert, stach auch mir ins auge
besonders "leere" in einer eigenen zeile

grusz
noel
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

Max

Beitragvon Max » 06.03.2010, 21:52

Lieber Niko,

mit der Leere scheint es uns allen gleich zu gehen -

.. und zum Glück auch mit der Einschätzung des Gedichtes, in das ich mich zu einigen Teilen sehr gut eindenken kann,
Sehr stark erscheint mir


mir fällt das vergessen wieder ein


während ich beim gestohlenen Lachen sehr an Tim Taler oder wie der Bursche hieß denken muss. Ich könnte mir vorstellen, dass das Gedicht da noch ein wenig überraschender sein könnte.

Die Ruhe und Kraft der letzten Stropfe mag ich sehr.

Liebe Grüße
Max

Niko

Beitragvon Niko » 03.04.2010, 10:03

hallo rundrum!
die kommentare hab ich glatt überlesen! erst durch die monatsabstimmung hab ich das hier wiederentdeckt. tut mir leid...
ihr habt alle recht. die leere betonen ist gut und wohl, hier aber wirkt es zu dick aufgetragen. das habe ich geändert. und lisa´s baustein-anmerkungen habe ich ebenfalls versucht, rechnung zu tragen.
wie gefällt euuch die neue version?

liebe grüße: Niko

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 03.04.2010, 10:25

Hallo Niko!

Also ich finde, der erste Abschnitt hat durch die Neusetzung verloren, ist langweiliger geworden. Besonders die beiden aufeinanderfolgenden, baugleichen Zeilen

mit den Nächten
in den Kissen

finde ich nicht schön und wünschte, du würdest eine andere Lösung finden. Ich denke, Möglichkeiten gibt es genug?

mit den Nächten
Leere staut sich
in den Kissen Nässe
und Gebete

wäre ein spontaner Voschlag, aber das ändert natürlich auch den Inhalt etwas, oder? Na ja, du machst dir, wenn schon, am besten selbst Gedanken :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.04.2010, 21:38

Hallo Niko,

die neue Version gefällt mir (wen überrascht es ,-) ) noch besser - ich stimme ferdi allerdings zu. Ich wäre allerdings für:

am abend
steigt das fieber
die tage gehen fremd
mit den nächten
in den kissen stauen sich
nässe und gebete


Damit wäre es für mich ganz rund, aber vielleicht ist das für dich ja auch wichtig, dass die Leere explizit auftaucht.

liebe Grüße,
Lisa
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