Wird die Welt auf einen Ton...

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Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 03.12.2009, 12:44

Wird die Welt auf einen Ton
gefaltet sind gereihte Galaxien
nur ein Lied

DonKju

Beitragvon DonKju » 03.12.2009, 16:38

... will dieser Ton nichts zum Klingen in mir bringen, Lyrillies; So rätsele ich selbst nach dem vierten, fünften Lesen noch darüber, wohin nun z. B. das "gefaltet" gehören soll ...

Wird die Welt auf einen Ton gefaltet
sind gereihte Galaxien nur ein Lied

Und sollte man "gereihte Galaxien" nun 1:1 lesen oder doch als Metapher für aufgeschriebene Notenfolgen, die evt. auf gefalteten Blättern stehen, lesen ...

Vielleicht am Ende gar jeder, wie er will oder mag ?

Mit lieben Grüßen von Hannes

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 04.12.2009, 11:25

Hallo Hannes,

danke für deinen Eindruck, du bekommst noch eine richtige Antwort darauf - ich würde aber gern erst noch ein wenig abwarten, ob sich vielleicht noch weitere Stimmen melden.

Schönes Wochenende dir,

Ellie

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leonie
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Beitragvon leonie » 04.12.2009, 15:13

Liebe Ellie,

ich tue mich auch schwer mit der Bildebene.
Geht es um eine Partitur, die so gefaltet wird, dass nur noch die Melodie übrig bleibt? Was eine Sinfonie hätte sein können, degeneriert zu einem schlichten Lied?
Aber wenn nur auf einen Ton gefaltet wird, dann bliebe doch nicht einmal ein Lied.

rätselnde Grüße

leonie auf dem Schlauch

Louisa

Beitragvon Louisa » 04.12.2009, 18:52

Hallo Ellie!

Mir geht es ähnlich wie meinen Vorrednern. Ich finde den einzelnen "Ton" etwas zu wenig für ein "Lied" - deshalb passt das für mich nicht.

Man weiß auch nicht genau, was eigentlich "Welt" bedeuten soll. Angesichts deiner Heidegger-Signatur müsstest du dich ja vielleicht mit dieser seitenlangen Frage schon beschäftigt haben ;-) ... Mich hat zum Beispiel gewundert, dass diese "Galaxien" von denen du sprichst und von denen uns Menschen ja die meisten noch unbekannt sind - in deinen Begriff von "Welt" miteinfließen...

Ich verstehe auch nicht wirklich, was das "Tolle" daran sein soll diese ganze Weite des Universums in einen "Ton" oder ein "Lied" zu pressen/zu falten.

Ich frage mich dann beim Lesen: Ja, aber warum sollte man das denn machen :smile: ?

Die Idee, dass man einen "Ton faltet" fand ich aber sehr schön. Das verbindet so ein Bastel-Bild mit einem Höbaren. Ich würde mich an deiner Stelle mehr mit diesem einen Bild auseinandersetzen und die Welt und die Galaxien mal besse außen vor lassen. Solche Wörter würde ich mir glaube ich gar nicht "zutrauen"... das ist dermaßen Komplex, ob nun in philosophischer oder physikalischer Hinsicht, dass man es höchstens noch mit "meiner Welt" versuchen könnte in einem Gedicht - aber selbst das erscheint mir noch zu unklar und abstrakt.

Die Idee mit der gefalteten Musik ist aber wie gesagt besser.

Viel Glück!
l

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 04.12.2009, 20:48

Hallo Ellie,

also ich lese darin den Versuch etwas in eine Relation zu stellen, das Riesige, Unverständliche fassbar, vorstellbar machen zu wollen. Wenn die Welt (Erde) ein Ton ist, dann ergeben die Galaxien das Lied. Ich finde sowohl die akustische Komponente gelungen, als auch die optische Vorstellung der Welt/Stern-Noten und das Falten, das eine schöne bildhafte Spannung hineinträgt. (Vielleicht liege ich aber auch ganz daneben.)

Ich würde es jedoch lieber als Einzeiler lesen, weil mir die Zeilenumbrüche nicht wirklich einleuchtend oder sinnstiftend erscheinen, eher verwirrend. .-)

Wird die Welt auf (zu?) einen (einem?) Ton gefaltet, sind gereihte Galaxien nur ein Lied.

liebe Grüße
Flora

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 04.12.2009, 23:34

Hallo ihr Lieben,
das ist ja toll, dass da noch so viele Antworten gekommen sind! Vielen Dank dafür! :-)

Ich fange der Verständlichkeit halber erst mal von hinten an:
Flora, du liegst überhaupt nicht daneben. Deine Lesart ist durchaus ein großer Teil dessen, was ich sagen wollte.
Ganz wichtig dabei ist dein Satz "Wenn die Welt (Erde) ein Ton ist, dann ergeben die Galaxien das Lied." - Das ist der Schlüssel.

Die Zeilenumbrüche haben auch durchaus ihren Zweck - so soll das gefaltet (lieber Hannes, hier kommt die Antwort auf deine erste Frage) in beiden Zeilen sein.
Von der ersten kommt man ja einfach auf das gefaltet, weil sie sonst unvollständig ist. Ich wollte mit dem Umbruch an der Stelle vor allem sichergehen, dass das gefaltet auch noch mit den gereihten Galaxien gelesen wird - erst durch das Falten kann ein Origami-Künstler aus einem Blatt Papier ein Tier oder einen Gegenstand machen. Aus vielen Tönen wird, wenn man sie nur aneinander reiht, noch kein Lied. Gefaltet haben sie Leben, berühren sie etwas in uns, nehmen uns eventuell ganz ein.

(Hier ist übrigens ein zweiter Teil versteckt: es gibt Melodien, Lieder -letztendlich aneinander gereihte Töne- die manchmal die Welt bedeuten können. Dann "schrumpft" die ganze große, weite, unbegreifliche Welt auf diese Tonkette und alles außerhalb existiert eigentlich gar nicht mehr. Schrumpfen ist aber so ein negatives Wort in der Situation - falten passt besser :-) und die Galaxien stellen hier nur noch mal die Größe dessen dar, was plötzlich in einer so kleinen, zerbrechlichen Melodie eingefangen wird - aber das ist nur ein kleiner Zusatz)

Da ist, liebe Louisa, auch nichts "tolles" dran. Da ist ja kein LyrIch, welches die Welt faltet. Es ist passiv, die Welt wird gefaltet, und ein eventuelles lyrIch ist Teil dieser Welt. Negativ ist das übrigens auch nicht gemeint - so würde ich jedenfalls "pressen" auffassen, wie du das falten übersetzt hast.

Soviel zur Erklärung der drei Zeilen. Ich hoffe das war halbwegs verständlich.

Leonie, ich glaube du hast das "nur" in der letzten Zeile ganz anders gelesen als es gemeint war. So ist das natürlich etwas negatives - das nur sollte aber bloß den Gegensatz zwischen groß und unbegreiflich und der sanften Zerbrechlichkeit zeigen.

Hannes, zu dem gefaltet habe ich ja nun oben schon etwas geschrieben - ich hoffe das hilft ein wenig.
Die gereihten Galaxien sind die Fortsetzung der Welt, eine Metapher für Notenfolgen sind sie definitiv nicht, dann klappt das klein-falten, das verständlich-falten ja nicht mehr.
Aber dem "jeder so wie er will und mag" würde ich zustimmen ;-) Letztendlich soll ja der Leser einen Bezug finden und den Text für sich nehmen - nicht mich, nicht den Blickwinkel des Autors verstehen.

Flora, ein Einzeiler würde das "gefaltet" aus der zweiten Zeile wegnehmen, das fände ich schade. Wenn es allerdings anders unverständlich ist, wird das wohl die beste Lösung sein.

Danke für eure Eindrücke nochmal.

Liebe Grüße,
Ellie

DonKju

Beitragvon DonKju » 06.12.2009, 12:34

Liebe Lyrillies,

zunächst Danke für die Klarstellungen; Für mich ergibt sich daraus der folgende, zugegebenermaßen eher experimentelle Setzungsvorschlag :

Wird die Welt auf einen Ton
<= gefaltet =>
sind gereihte Galaxien
nur ein Lied

Dadurch wird für mich die zentrale Bedeutung, die dem "gefaltet" ja in Deinem Textlein zukommt, noch deutlicher; Aber das ist natürlich Geschmachssache.

Und einen Sonntagsgruß dazu vom Hannes

Max

Beitragvon Max » 06.12.2009, 13:18

Liebe Ellie,

ich hab es nicht gschafft, etwas zu lesen von meinen Vorredenern, will aber dennoch etwas sagen.
Für mich beschreibt das Gedicht das Gedankenexperiment, die Welt im Sinne von Erde auf einen einzigen Punkt zu komprimieren (Physiker machen sowas ja gerne mal) und diesen Punkt gleichsam als Notenkopf, als Ton aufzufassen - wenn man das nun mit allen Sonnen und Planeten täte, so würde aus den Galaxien ein Lied.
Finde ich eine schöne Idee! Das "gereohte" wäre bei der Interpretation allerdings überflüssig :-)

Liebe Grüße
Max

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 07.12.2009, 09:44

Hallo,

ich überlege, ob ein etwas (expliziter verweisender?) Titel dem Text etwas mehr Deutungsrichtung geben könnte - einen Vorschlag in diese Richtung mache ich ja eher selten, vielleicht ist er daher auch gänzlich unbrauchbar. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass dies, in Kombination zu einer aphoristisch gesetzten Variante (fand ich einen guten Vorschlag), dem ganzen Klarheit verleiht und dann viel besser ankommen kann und gewinnt. Oder du nimmst die Diskussion als Anlass das ganze vielleicht sogar mal als Kurzprosa zu verfassen, das wäre doch einen Versuch wert? Das hier geht ja auch nicht verloren!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 07.12.2009, 18:26

Hallo ihr Lieben,
ich bin Montags leider immer total gestresst, ich antworte euch also morgen - wollte nur kurz Bescheid geben...

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 09.12.2009, 10:59

So, jetzt aber.

Lieber Hannes-Bilbo,
Danke für deinen Vorschlag! mit deiner Setzung kann ich mich noch am ehesten anfreunden.
Es wäre für mich noch hilfreich zu wissen, ob auch andere den Text so besser verstehen und klarer finden.

Mein lieber Max,
das war auch ungefähr so gedacht - nicht ganz so technisch wie ein Physiker oder Mathematiker das vielleicht versuchen würde ;-)
Inzwischen verstehe ich auch warum du das "gereihte" überflüssig findest. Es wäre eine Überlegung wert das umzuformluieren... Auch wenn dadurch ein kleines bisschen von dem, was drin sein sollte, verloren geht - aber da der Text das ja offenbar sowieso nicht gut rüber bringt, lasse ich mir das mal durch den Kopf gehen.
Freut mich jedenfalls, dass dir die Idee gefällt!

Liebe Lisa,
über einen Titel denke ich jetzt nach, seit du hier geantwortet hast. Titel fallen mir immer schwer und ich habe auch noch keinen guten gefunden. Das ist aber eine gute Idee und ich denke weiter darüber nach...
Die aphoristische Variante verliert meiner Meinung nach, nicht nur wegen des Wegfalls des doppelt lesbaren "gefaltet", sondern auch schlicht an Schönheit.
Wenn, dann würde ich es noch stärker umformulieren, etwa so: "Ist die Welt ein Ton, sind Galaxien Lieder." Aber das ist ja nun nur noch zu einem Bruchteil das, was ich eigentlich sagen wollte - und damit einfach nicht sehr zufriedenstellend für mich. "Wird die Welt auf einen Ton gefaltet, sind gereihte Galaxien nur ein Lied." klingt unter anderem wegen dem "nur" auch ganz falsch... Mal sehen ob ich noch eine gute aphoristische Variante finde.
Ob ich das in Kurzprosa ausdrücken kann bezweifle ich, aber einen Versuch ist es wert - danke für die Anregung :-)


Nochmal danke für eure Beschäftigung mit dem Textlein und entschuldigt bitte das meine Rückantwort jetzt so spät kam.

Liebe Grüße,
Ellie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 09.12.2009, 13:47

Hallo Ellie,

ich frage mich immer noch, warum die Welt auf einen Ton gefaltet wird und nicht zu einem. Ich sehe dann nämlich den Ton und darauf klebt dann so eine kleine zusammengefaltete Welt, (ohne Uhu purzelt sie dann runter :o)) was dann den Sinn irgendwie verschiebt. Oder?

liebe Grüße
Flora

Lyrillies

Beitragvon Lyrillies » 11.12.2009, 11:41

Liebe Flora,

die Welt wird auf einen Ton gefaltet, weil sie nicht der Ton sein soll. Würde sie zu einem Ton gefaltet wäre die Welt weg und nur noch der Ton da. Das ist aber nicht das was ich meine, es soll schon so sein, dass die ganze große Welt von einem kleinen Ton getragen werden kann; das ein kleiner, flüchtiger Ton die Stärke, Größe, Komplexität und Vielfalt einer ganzen Welt haben kann.
Wenn ich sie zu einem Ton falte wird das nicht klar, finde ich, und dann funktioniert der ganze Rest auch nicht mehr.
Hilft dir das?

LG,
Ellie


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