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Es wiederholt sich einfach alles. Im Leben ein ständiges Wiederkäuen.
Als hätten wir einen Kuhmagen, der eigentlich vier Mägen ist.
Wir schieben das Zeug
tropfende Wasserhähne
verzweifelte Liebe
das Altern
Grauen
Ängste
hin und zurück durch die Stille, die fast tödlich ist.
Von Kind an stopfen wir Verluste in den Pansen, bis er überquillt.
Es stößt uns bitter auf, wir schlucken, verschieben die Brühe
in den Netzmagen. Natürlich überdehnt er sich mit der Zeit.
Ein Ausweichmanöver gelingt, der Dreck landet im Blättermagen.
Aber von oben kommt ja stets neues nach.
Eine griechische Tragödie, die letal enden muss,
damit sie wirklich, wirklich traurig ist und alle weinen müssen.
Diese Tränen bilden den Saft, damit der Labmagen arbeiten kann.
Wir drehen in ihm die Pampe um und um, wälzen uns darin.
Vergehen.
Inspiriert von Max: Pause und Wiederholung
Verdauen
Liebe Elsa, dieser Text, (ich schau nachher nochmal nach der Rubrik) hat mich an eine meiner Lieblingsstellen aus Nietzsches "zweite(r) unzeitgemäße(r)" Betrachtung" erinnert:
"Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt - denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, dass ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte - da vergaß es aber schon diese Antwort und schwieg: so dass der Mensch sich darob verwunderte.
(...)
Das kleinest Glück, wenn es nur ununterbrochen da ist und glücklich macht, ist ohne Vergleich mehr Glück als das größte, das nur als Episode, gleichsam als Laune, als toller Einfall, zwischen lauter Unlust, Begierde und Entbehrung kommt. Bei dem kleinsten aber und bei dem größten Glücke ist es immer eins, wodurch Glück zum Glücke wird: das Vergessenkönnen, oder, gelehrter ausgedrückt, das Vermögen, während seiner Dauer unhistorisch zu empfinden. Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessen, niederlassen kann, der wird nie wissen, was Glück ist, und noch schlimmer: er wird nie etwas tun, was andre glücklich macht."
Reclam 7134, "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" S. 7 ff.
Danke für deinen Text, der zwar eine andere Perspektive anzielt, das Bild des verdauenden Kuhmagens, das "Ruminieren", das Hin-und Her von einem Verdauorgan zum anderen, - sehr anschaulich und intensiv geschrieben, der mich unmittelbar an Nietzsches "Kuh auf der Weide" erinnert hat.
Auf die Gefahr hin, dass ich wieder mal daneben liege: die Verwendung der Verben erschien mir noch verbesserungswürdig. Damit meine ich folgende Stellen:
Da dein Text vom Wiederkäuen spricht, und von Pause und Wiederholung spricht, hast du diese Wirkung vielleicht beabsichtigt, ich fänds aber "schöner" wenn anders ...
lG
Renée
"Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt - denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, dass ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte - da vergaß es aber schon diese Antwort und schwieg: so dass der Mensch sich darob verwunderte.
(...)
Das kleinest Glück, wenn es nur ununterbrochen da ist und glücklich macht, ist ohne Vergleich mehr Glück als das größte, das nur als Episode, gleichsam als Laune, als toller Einfall, zwischen lauter Unlust, Begierde und Entbehrung kommt. Bei dem kleinsten aber und bei dem größten Glücke ist es immer eins, wodurch Glück zum Glücke wird: das Vergessenkönnen, oder, gelehrter ausgedrückt, das Vermögen, während seiner Dauer unhistorisch zu empfinden. Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessen, niederlassen kann, der wird nie wissen, was Glück ist, und noch schlimmer: er wird nie etwas tun, was andre glücklich macht."
Reclam 7134, "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" S. 7 ff.
Danke für deinen Text, der zwar eine andere Perspektive anzielt, das Bild des verdauenden Kuhmagens, das "Ruminieren", das Hin-und Her von einem Verdauorgan zum anderen, - sehr anschaulich und intensiv geschrieben, der mich unmittelbar an Nietzsches "Kuh auf der Weide" erinnert hat.
Auf die Gefahr hin, dass ich wieder mal daneben liege: die Verwendung der Verben erschien mir noch verbesserungswürdig. Damit meine ich folgende Stellen:
der eigentlich vier Mägen ist
die fast tödlich ist.
amit sie wirklich, wirklich traurig ist
Da dein Text vom Wiederkäuen spricht, und von Pause und Wiederholung spricht, hast du diese Wirkung vielleicht beabsichtigt, ich fänds aber "schöner" wenn anders ...
lG
Renée
Liebe Reneé,
hab vielen Dank für den Exkurs zum Nietzsche! Ich kannte den Text nicht, finde es toll, dass du ihn mir hier einstellst. Es gibt nichts, was es nicht gibt
Du hast mir ein paar Vorschläge gemacht, meinst du, ich soll in den zitierten Stellen etwas streichen? Kannst du genauer sagen, was du meinst, was man ändern könnte?
Lieben Dank und Gruß
ELsa
hab vielen Dank für den Exkurs zum Nietzsche! Ich kannte den Text nicht, finde es toll, dass du ihn mir hier einstellst. Es gibt nichts, was es nicht gibt

Du hast mir ein paar Vorschläge gemacht, meinst du, ich soll in den zitierten Stellen etwas streichen? Kannst du genauer sagen, was du meinst, was man ändern könnte?
Lieben Dank und Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen
Liebe Elsie,
mit deinem "Verdauen" tue ich mich schwer. Ich glaube, es liegt daran, dass sich dein Text für mich zu sachlich, zu nüchtern anhört. Mir fehlt hier das Gefühl, etwas, das mich anspricht. Vielleicht liegt es auch daran, dass du zu ausführlich über das Verdauen, über die vier Mägen schreibst.
Über diesen Satz:
bin ich zusätzlich gestolpert. Er scheint mir übertrieben.
Vielleicht ist insgesamt diese "Sachlichkeit", die diese Distanz, jedenfalls bei mir erzeugt, von dir ja beabsichtigt?
Saludos
Mucki
mit deinem "Verdauen" tue ich mich schwer. Ich glaube, es liegt daran, dass sich dein Text für mich zu sachlich, zu nüchtern anhört. Mir fehlt hier das Gefühl, etwas, das mich anspricht. Vielleicht liegt es auch daran, dass du zu ausführlich über das Verdauen, über die vier Mägen schreibst.
Über diesen Satz:
damit sie wirklich, wirklich traurig ist und alle weinen müssen.
bin ich zusätzlich gestolpert. Er scheint mir übertrieben.
Vielleicht ist insgesamt diese "Sachlichkeit", die diese Distanz, jedenfalls bei mir erzeugt, von dir ja beabsichtigt?
Saludos
Mucki
Liebe Elsa,
für mich schwingt unter der Sachlichkeit eine Wut mit. Ein gewisser Sarkasmus fast über die Lust am Sich Laben, Verwerten, Verdauen dessen, was das Letale in uns nährt und somit letzlich tödlich ist.
Gerade in dem von Mucki zitierten Satz: Als könne man etwas eben nicht stehen lassen, wenn es nicht traurig genug ist, als müsse man es dann eben so lange drehen und wenden, bis es traurig genug ist, um bestehen zu können in der Nahrungskette des -ich möchte fast sagen- selbstdarstellenden Selbstmitleids.
Liebe Grüße
leonie
für mich schwingt unter der Sachlichkeit eine Wut mit. Ein gewisser Sarkasmus fast über die Lust am Sich Laben, Verwerten, Verdauen dessen, was das Letale in uns nährt und somit letzlich tödlich ist.
Gerade in dem von Mucki zitierten Satz: Als könne man etwas eben nicht stehen lassen, wenn es nicht traurig genug ist, als müsse man es dann eben so lange drehen und wenden, bis es traurig genug ist, um bestehen zu können in der Nahrungskette des -ich möchte fast sagen- selbstdarstellenden Selbstmitleids.
Liebe Grüße
leonie
Liebe Elsie,
was steckt hinter dieser Absicht, frage ich mich.
leonie meint, es schwinge Wut in dieser Sachlichkeit mit. Ich würde es, wenn dann als eine Art "verkrustete Wut" bezeichnen. Da ist eine Härte drin und auch so etwas wie scheinbare Abgeklärtheit, so als ob sich LI etwas vormachen würde. Gelesen stelle ich mir vor, dass die Stimme ziemlich dunkel und hämisch klänge.
Saludos
Mucki
Ja, die Sachlichkeit ist beabsichtigt. Und der Satz, über den du stolperst, ist auch Absicht. Er soll möglichst übertrieben als Gegenteil dieser Sachlichkeit herausstechen.
was steckt hinter dieser Absicht, frage ich mich.
leonie meint, es schwinge Wut in dieser Sachlichkeit mit. Ich würde es, wenn dann als eine Art "verkrustete Wut" bezeichnen. Da ist eine Härte drin und auch so etwas wie scheinbare Abgeklärtheit, so als ob sich LI etwas vormachen würde. Gelesen stelle ich mir vor, dass die Stimme ziemlich dunkel und hämisch klänge.
Saludos
Mucki
Liebe Mucki, liebe leonie,
Melde mich nach erfolgreicher Entsteinung zurück. Geht mit recht gut, wenn auch noch etwas zittrig.
Jedenfalls wird mich nix mehr ärgern, ohne die Galle
Zum Komm, Leonie, also Selbstdarstellung war da nicht gemeint, eher eine sehr zynische Betrachtung (von oben herab), wie Menschen mit Leid umgehen.
Ja, das trifft es schon recht gut.
WIsst ihr, es ist einer dieser sogenannten Bauchtexte, zu dem mich Max* schöner Text gebracht hat, fragt mich nicht, warum er so sein musste, oder was die 4 Mägen damit zu tun haben, eure Repliken sind viel besser, als der Text selbst, vermute ich.
Lesen kann ich ihn gern, wenn mein Resonanzkörper wieder intakt ist.gif)
Liebe Grüße
ELsa
Melde mich nach erfolgreicher Entsteinung zurück. Geht mit recht gut, wenn auch noch etwas zittrig.
Jedenfalls wird mich nix mehr ärgern, ohne die Galle

Zum Komm, Leonie, also Selbstdarstellung war da nicht gemeint, eher eine sehr zynische Betrachtung (von oben herab), wie Menschen mit Leid umgehen.
Ein gewisser Sarkasmus fast über die Lust am Sich Laben, Verwerten, Verdauen dessen, was das Letale in uns nährt und somit letzlich tödlich ist.
Ja, das trifft es schon recht gut.
WIsst ihr, es ist einer dieser sogenannten Bauchtexte, zu dem mich Max* schöner Text gebracht hat, fragt mich nicht, warum er so sein musste, oder was die 4 Mägen damit zu tun haben, eure Repliken sind viel besser, als der Text selbst, vermute ich.
Lesen kann ich ihn gern, wenn mein Resonanzkörper wieder intakt ist
.gif)
Liebe Grüße
ELsa
Schreiben ist atmen
Liebe Elsa,
ich meinte selbstdarstellendes Selbstmitleid als eine Form des Wiederkauens und nicht Ruhen-Lassen-Könnens...(Du hast es anderes verstanden,oder?)
Ich wünsche Dir gute Besserung (Entsteinung - hauptsache, Du wirst jetzt nicht zu Marmelade verarbeitet...
) und bald wieder funktionierende Resonanzräume!
Liebe Grüße
leonie
ich meinte selbstdarstellendes Selbstmitleid als eine Form des Wiederkauens und nicht Ruhen-Lassen-Könnens...(Du hast es anderes verstanden,oder?)
Ich wünsche Dir gute Besserung (Entsteinung - hauptsache, Du wirst jetzt nicht zu Marmelade verarbeitet...

Liebe Grüße
leonie
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