Pause und Wiederholung
Der Wasserhahn in der Küche leckt. Ich habe mir einen Stuhl geholt, sitze und halte Wache.
Das Wasser der Kindheit
war ein Fluss
Ihm hast du dein Bangen erzählt
dass dir der Stern abhanden kommt
oder niemand ihn sieht
Schritt um Schritt
begingst Du
die Wege an seinen Ufern
an den salzlosen Tagen
zwischen Verlust und Verlust
Aufgefordert, zwischen den Qualen des Tantalus, des Prometheus oder des Sisyphos zu wählen, würde er sich stets dafür entscheiden, unablässig den Felsblock jenen Berg
hinaufzuwälzen.
Jeder Tropfen beginnt damit, dass sich in dem kleinen Sieb am Auslauf des Hahns etwas zu viel Wasser sammelt, das in einem Zusammenspiel von Schwerkraft und Oberflächenspannung den Wasserspiegel leicht über die Grenzen des Siebes hinaus wölbt.
Eins zwei drei vier Eckstein
alles muss versteckt sein
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben
eine alte Frau kocht Rüben
eine alte Frau kocht Speck
und du bist weg
Doch du bleibst
und zählst
Du hast immer auf dich gezählt
Manchmal auf Ihn
doch der hohle Klang der Zahlen
wundet
Wie sehr muss man jemanden lieben, um seinen letzten Wunsch zu respektieren? Die Gattin des Sisyphos ließ seinen Leichnam unbestattet auf den Marktplatz werfen.
Das Wasser läuft langsam zur gegenüberliegenden Seite des Siebs, die etwas tiefer liegt.
Ave Maria
voll der Gnade
der Herr ist mit dir
du bist gebenedeit
Das Wort ist dir geblieben
gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes
Jesus
Gezählt hast du auch auf Frauen
Eine gute Frau
war immer auch eine gute Idee
die auch Zweifel nährte
Mit der ersten Frau
kam dir auch der Gott abhanden
Dort sammelt sich das Wasser, die Ausbuchtung wird runder, der kleine Wasserball allmählich fetter, bis die Gravitation über die Adhäsionskräfte obsiegt und sich der Tropfen löst.
Manchmal das Flehen
wenn sich der Wunsch in wunde Knie drückte
durchgescheuert der Glaube
Und doch
Zunächst scheinbar in der Form eines Ellipsoiden (wobei ich nicht weiß, ob ich meinen Augen trauen kann), verformt
sich der Tropfen während des kurzen Fluges beinahe zu perfekter Kugelform und trifft dann mit einem mehrstimmigen „plopp“ im Becken auf (ich habe den Abfluss verstöpselt und die Küchentür geschlossen, um das Klangbild zu verbessern).
Und wieder hast Du erzählt
der du für uns Blut geschwitzt hast
Zu spät fand er diesen Satz bei Camus: Man entdeckt das Absurde nicht, ohne in die Versuchung zu geraten, irgendein Handbuch des Glücks zu schreiben.
Am Kopf des Wasserhahns beginnt sich der nächste Tropfen zu bilden. Ich stehe auf und betrachte die Kreise im Wasser des Spülbeckens. Mehr ist vom letzten Tropfen nicht geblieben. Das Wasser erinnert sich in Kreisen.
Wer lange genug in den Fluss schaut
erkennt den Grund
Wie damals von der Kettenbrücke
I could jump
I’m sure you would be crazy enough
Es gäbe noch mehr
doch jedes Erzählen ist auch ein Preisgeben
und preisgeben
kann man sich nur einmal
So bleibe ich und belausche das Wasser, Plopp um Plopp. Sehe, wie ein Tropfen um den anderen sich in dem anschwellenden See im Spülbecken verliert. Ab und an gurgelt der Überlauf. Und das gibt mir ein beruhigendes Gefühl, nichts wird überlaufen – alles geht seinen geplanten Gang.
Du erzählst dem Fluss deine Ängste
dass du alt wirst
schon bald
Und vielleicht hast Du kein Bett mehr
wie die Alte
deine Alte
Vielleicht hat der Herrgott
auf mich vergessen
(Und wieder zähle ich
die Runzeln ihrer Haut
durch die an den Händen
blau die Adern hervortreten
die Finger
beinahe ohne Abdruck)
Der Herrgott erinnerte sich
spät
als sonst keiner mehr an sie dachte
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Pause und Wiederholung
lieber max,
oh das freut mich, das meine anmerkungen für dich brauchbar sind -
ja, das camuszitat ist wirklich schön und zentral, doch ich denke, dass es den text 'zumacht', wenn es am ende steht, auch weil 'camus' schon bekannt ist und es schade ist, wenn er sich so abschließend über 'max' drüber legt.
die Szene hat aber das Problem, dass ich mich erst wieder in die Vorstellung finden muss ... ich weiß nicht mehr so genau, was ich eigentlich beschreiben wollte - das 'erleichtert' mich jetzt auch zu hören, denn genau dieser teil der beschreibung hat bei mir trotz 'mühe' kein bild ausgelöst (wollte das nicht gleich dem text anlasten und erst noch eine wasserhahnmedition zu annäherung machen)
-worüber ich mich übrigens jedesmal freue beim 'drüberhuschen' über den text ist die stelle [/i]um das klangbild zu verbessern[i]
und ja, "auf jemanden zu vergessen" ist völlig in ordnung (- und da, wo man so spricht, etwas anderes als 'jemanden vergessen')
> elsa, der vergleich mit "du kannst auf mich zählen" gefällt mir! .-)
liebe grüße
oh das freut mich, das meine anmerkungen für dich brauchbar sind -
ja, das camuszitat ist wirklich schön und zentral, doch ich denke, dass es den text 'zumacht', wenn es am ende steht, auch weil 'camus' schon bekannt ist und es schade ist, wenn er sich so abschließend über 'max' drüber legt.
die Szene hat aber das Problem, dass ich mich erst wieder in die Vorstellung finden muss ... ich weiß nicht mehr so genau, was ich eigentlich beschreiben wollte - das 'erleichtert' mich jetzt auch zu hören, denn genau dieser teil der beschreibung hat bei mir trotz 'mühe' kein bild ausgelöst (wollte das nicht gleich dem text anlasten und erst noch eine wasserhahnmedition zu annäherung machen)
-worüber ich mich übrigens jedesmal freue beim 'drüberhuschen' über den text ist die stelle [/i]um das klangbild zu verbessern[i]
und ja, "auf jemanden zu vergessen" ist völlig in ordnung (- und da, wo man so spricht, etwas anderes als 'jemanden vergessen')
> elsa, der vergleich mit "du kannst auf mich zählen" gefällt mir! .-)
liebe grüße
Max hat geschrieben:Liebe Mucki,
die Bedeutung ist wie im Deutschen nur ohne "auf"
nö, so einfach ist das nicht - es ist eine zusätzliche differenzierung, die aber da, wo man sie nicht kennt und nicht 'denkt', schwer zu erklären wäre
(ein bisschen so wie beim 'österreichischen konjunktiv')
Nö, ohne "auf" verändert sich alles!
Denn dann ist man komplett vergessen.
Mit "auf" heißt eher, man steht da in einer Reihe und Gott zeigt auf den oder jenen, aber auf einen selbst wird vergessen, weil man durchrutscht, oder so.gif)
Denn dann ist man komplett vergessen.
Mit "auf" heißt eher, man steht da in einer Reihe und Gott zeigt auf den oder jenen, aber auf einen selbst wird vergessen, weil man durchrutscht, oder so
.gif)
Schreiben ist atmen
@ mucki und max, ok beispiel:
"ich habe den regenschirm vergessen" > habe den r. a- physisch wo zurückgelassen oder b- ich weiß nichts mehr vom r.
"ich habe auf den regenschirm vergessen" > ich habe übersehen, dass ich auf den r. hätte achten sollen
'wozu diese art der betonung/ differenzierung' könnte man sagen - in vielen fällen (wie in diesem beispiel) macht sie praktisch keinerlei unterschied - doch...
"ich habe dich vergessen" kann man auch in ö. sagen, ist dann a- endgültig und lässt b- nicht anklingen, das man das bedauern würde.
"vergiss mich" > over & out 4ever
"vergiss auf mich" > rechne nicht mit mir
"ich habe den regenschirm vergessen" > habe den r. a- physisch wo zurückgelassen oder b- ich weiß nichts mehr vom r.
"ich habe auf den regenschirm vergessen" > ich habe übersehen, dass ich auf den r. hätte achten sollen
'wozu diese art der betonung/ differenzierung' könnte man sagen - in vielen fällen (wie in diesem beispiel) macht sie praktisch keinerlei unterschied - doch...
"ich habe dich vergessen" kann man auch in ö. sagen, ist dann a- endgültig und lässt b- nicht anklingen, das man das bedauern würde.
"vergiss mich" > over & out 4ever
"vergiss auf mich" > rechne nicht mit mir
Hi Max,
eigentlich war die Anmerkung von mir nur ein peanut, jetzt stellt sich heraus, dass es alles andere als klar ist. ,-)
Ich finde, dass durch das "vielleicht" dieses Bedauern ausgedrückt wird, das Zweifeln, ob Gott ihn eventuell vergessen haben könnte.
Also, Max, damit diese Stelle nicht zu Verwirrungen führt, würde ich an deiner Stelle das "auf" rausnehmen, da durch das "vielleicht" diese Zweifel, das Bedauern und auch die Angst ausgedrückt werden.
Saludos
Mucki
eigentlich war die Anmerkung von mir nur ein peanut, jetzt stellt sich heraus, dass es alles andere als klar ist. ,-)
aram hat geschrieben:"ich habe dich vergessen" kann man auch in ö. sagen, ist dann aber recht endgültig und lässt nicht anklingen, das man das bedauern würde.
Ich finde, dass durch das "vielleicht" dieses Bedauern ausgedrückt wird, das Zweifeln, ob Gott ihn eventuell vergessen haben könnte.
Also, Max, damit diese Stelle nicht zu Verwirrungen führt, würde ich an deiner Stelle das "auf" rausnehmen, da durch das "vielleicht" diese Zweifel, das Bedauern und auch die Angst ausgedrückt werden.
Saludos
Mucki
Also, Max, damit diese Stelle nicht zu Verwirrungen führt, würde ich an deiner Stelle das "auf" rausnehmen
mucki,
diesen ansatz verstehe ich nicht - klar kann man es rausnehmen, aber wozu? - es ist nun mal so, dass es keine einheitliche deutsche hochsprache gibt.
Hallo aram,
ist nur meine ganz persönliche Sicht, damit dieser Passus für alle Deutschsprachigen verständlich ist. Es gibt ja hier anscheinend nicht mal einen Konsens im Wienerischen Sprachraum. Aram, du bist doch auch Wiener.
Egal, das muss Max entscheiden. ,-)
Saludos
Mucki
diesen ansatz verstehe ich nicht - klar kann man es rausnehmen, aber wozu? - es ist nun mal so, dass es keinen einheitlichen deutschen sprachraum gibt.
ist nur meine ganz persönliche Sicht, damit dieser Passus für alle Deutschsprachigen verständlich ist. Es gibt ja hier anscheinend nicht mal einen Konsens im Wienerischen Sprachraum. Aram, du bist doch auch Wiener.
Egal, das muss Max entscheiden. ,-)
Saludos
Mucki
ich empfinde es wie mucki, es wirft mich aus dem text... verkopft mich
in einem moment... in dem eigentlich alles fließen sollte... ob der gut gewählten wortbilder.
aber ich kann verstehen, dass man die formulierung als wichtig erachtet
in einem moment... in dem eigentlich alles fließen sollte... ob der gut gewählten wortbilder.
aber ich kann verstehen, dass man die formulierung als wichtig erachtet
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).
Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel
Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel
Gabriella hat geschrieben: Es gibt ja hier anscheinend nicht mal einen Konsens im Wienerischen Sprachraum.
hallo mucki, doch, du hast elsas beispiel bloß falsch verstanden.
max' text zitiert jemanden, dessen sprache das ist - es wäre schade, die zu verstümmeln.
aram hat geschrieben:
auf vielfalt und sprachliche weiterbildung .-)
*nick*
Es gibt viele Unterschiede zw. D und Ö, ich finde es immer schade, wenn nivelliert wird.
Wir sagen: Mach dir keine Gedanken. Das hat Sinn.
Deutsche sagen: Mach dir keinen Kopf. Das macht Sinn.
*schluck*
ELsa
Schreiben ist atmen
aram hat geschrieben:auf vielfalt und sprachliche weiterbildung .-)
jeppa, auf die Vielfalt und die Missverständnisse. *g*
noel hat es sehr gut ausgedrückt. Mir geht es genauso. Im bin voll drin, lasse mich mitnehmen und dann kommt da diese Stelle (für mich, diese Stolperstelle), ein Haken, den ich als schade empfinde.
Dass die Schweizer im Schriftdeutsch (und das ist bei denen Pflichtfach in der Schule) kein ß kennen, ist ja allgemein bekannt. Dein Vergleich "hinkt" deshalb für mich.
Aber lasst uns jetzt nicht auf dieser Stelle herumreiten. Max wird als Autor schon wissen, was er möchte.
Saludos
Mucki
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