Nimmerland

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Lydie

Beitragvon Lydie » 30.09.2009, 01:11

Glimmend schweben
Lichterketten über Wiesen,

halten wir unsere Herzen
nah am Geheimnis,

schweigt die Nacht
zwischen Fischschwärmen ;

ins Innere, Tastende
wölbt sich das Wort,

jemand flieht durch’s Geäst
noch im Stillsten.

Ich weiss es :
der Anker glänzt silbern zerbrechlich,

filigran die Wahrheit
und ungewiss,

Schatten im Schatten
bist du.
Zuletzt geändert von Lydie am 08.10.2009, 11:02, insgesamt 3-mal geändert.

DonKju

Beitragvon DonKju » 30.09.2009, 21:13

Hallo Lydie,

insgesamt mag ich diesen Text, der wieder etwas herrlich Schwebendes hat. Aber die eine oder andere Stelle, da hakelt es mir ein wenig, z. B. hier :

"...
ins Innere, Tastende
wölbt sich das Wort,
..."

ginge da vielleicht auch mutiger :

"...
ins innere Tastende
..."

sowie bei :

"...
Ich weiss es :
der Anker glänzt silbern zerbrechlich,
..."

vielleicht nur :

"...
der Anker glänzt zerbrechlich,
..."

Last but not least : Muss es unbedingt ein englischer Titel sein ? Ginge nicht auch einfach "Niemalsland" ? Und sind die Leerzeilen bei den einzelnen Satzpassagen für Dich zwingend ?

Nu je, musst halt sehen, ob da was für Dich geht ...

Mit lieben Grüßen von Hannes

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leonie
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Beitragvon leonie » 30.09.2009, 21:28

Liebe Lydie,

das finde ich ganz fein und schwebend. Es erzeugt Bilder, Gefühle, Stimmungen in mir...
Ich schwanke hin und her. Klar auf der einen Seite fällt mir auf: drei Adjektive hintereinander (silbern zerbrechlich filigran), auch sonst manches, wo man vielleicht sprachlich nochmal überlegen könnte.
Aber auf den anderen Seite bin ich mir wirklich nicht sicher, ob nicht durch jedes geänderte Wort etwas von dem verloren ginge, was jetzt ist.

Meine beiden Lieblingsstellen:


halten wir unsere Herzen

nah am Geheimnis,



Schatten im Schatten

bist du.



Was die "Herzen" betrifft, zeigt sich für mich hier, was DU letztens selbst einmal beschreiben hast: Es gibt keine Worte die "an sich" tabu sind, es kommt auf den Zusammenhang an...

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.09.2009, 21:47

Liebe Lydie,

ich möchte hier unbedingt noch "tiefer" vorbeischauen, weil der text mir sehr gefällt und es viel wiederzuspiegeln gibt, aber heute schaffe ich es nicht mehr. Daher nur eine Anmerkung: ich finde den Titel deshalb sehr unglücklich, weil ich durch Michael Jacksons kürzlichen Tod unweigerlich dneken musste, dass das Gedicht von ihm handelt. Und meine Irritation geht aufgrund dieser Assoziation soweit, dass ich sogar teile des Textes tatsächlich so interpretieren könnte, auch wenn du das sicher nicht meinst. Wie wäre denn "Kein Land"? (nein das ist kein Übersetzungsvorschlag, auch wenn mein Englisch wirklich schlecht ist .-) )

Mehr bald,

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

scarlett

Beitragvon scarlett » 30.09.2009, 21:52

Peter Pan ... jawoll!

Sehr schön, Lydie!

Gruß,

scarlett

DonKju

Beitragvon DonKju » 30.09.2009, 21:56

Liebe Lydie,

sollte scarlett mit "Peter Pan" richtig liegen, dann dürfte es ruhig auch "Nimmerland" heißen ...

Und noch'n Gruß vom Hannes

Lydie

Beitragvon Lydie » 01.10.2009, 09:34

Hallo Ihr Lieben,

Ganz kurz nur diese Rückmeldung, weil ich mich SEHR über diese vielen schönen Kommentare freue und jetzt schon sage: ja, Nimmerland ist wunderbar! Und die Leerzeilen müssen gar nicht, waren irgendwie im Word Programm, dem Text, den ich exportiert hatte.

Bis ganz bald,

Lydie

Lydie

Beitragvon Lydie » 01.10.2009, 09:35

Hallo liebe Lisa,

Das Gedicht ist weit vor Michael Jackson's Tod entstanden und hat rein gar nichts mit ihm zu tun.

LG

Lydie

Lydie

Beitragvon Lydie » 01.10.2009, 09:39

P.P.S. Es gibt ein Subjektproblem in dem Gedicht, auf das man mich schon einmal aufmerksam gemacht hat, für das ich aber keine Lösung gefunden habe, mit der ich zufrieden war. Ich stelle dennoch mal die vorgeschlagene Alternativversion ein.

Trixie

Beitragvon Trixie » 04.10.2009, 15:07

Hallo Lydie,
wow ist das schön! Die obere Version finde ich perfekt, ich würde nichts daran ändern. Es drückt aus, was es ist und es ist, was es beschreibt. Ein in sich absolut simmiges, balancierendes, feines leises Gedicht, das noch lange nachhallt. Wie eine kleine Elfe auf der Schulter, die einem die Worte ins Ohr flüstert. Zauberhaft und sehr gelungen!! Das werde ich bestimmt noch oft lesen.
Begeisterte Grüße
die Trixie

Lydie

Beitragvon Lydie » 04.10.2009, 17:18

Liebe Trixie!

Ich freu mich riesig über deinen Kommentar zu meinem Gedicht. Ich habe dich schon öfter gelesen und freu mich, dass wir uns nun einmal im Forum begegnen!

Ja, und mir geht es eben auch so. Ich seh da diese Sache mit dem nicht ganz stimmigen Verhältnis vom Subjekt zu den Verben, kann aber diese Version dennoch nicht lassen...

Elfengrüße,

von Lydie

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 05.10.2009, 11:38

.
Zuletzt geändert von Rosebud am 26.06.2015, 18:48, insgesamt 1-mal geändert.

Lydie

Beitragvon Lydie » 08.10.2009, 11:00

Hallo Rosebud!

Danke herzlichst für deinen Kommentar. Ich lasse jetzt die erste, ursprüngliche Version.

Na, was meinst du, holen wir bald den Schlitten raus? Erster regnerischer Herbsttag in der Westschweiz heute!

Liebe Grüße,

Lydie :pinguin:

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 22.10.2009, 13:59

Liebe Lydie,

ich wollte doch noch unbedingt etwas zu diesem Text schreiben. Erst einmal finde ich den neuen Titel sehr gelungen und viel vorteilhafter, nicht nur, weil dadurch die mögliche Assoziation zu Michael Jackson verschwindet, sondern auch, weil dieses Wort durch seinen Klang viel mehr in sich trägt, wovon auch der Rest des Gedichtes erzählt, sich mehr auf der Sprachebene des restlichen Textes befindet. Außerdem habe ich nun eine neue Assoziation und zwar zu Poes Raben und ich finde, die wiederum unterfuttert meine Lesart des Textes wunderbar, macht die Eindrücke, die Stimmung kräftiger.

Die Subjektproblemfrage scheint ja schon wieder geklärt zu sein, dass nur noch eine Fassung oben steht; mir jedenfalls gefällt sie so, wie sie da steht.
Ich würde nur an einer Stelle überlegen, das betrifft das "filigran" (und dieses wiederum färbt etwas das "silbern"): Hier würde ich aus sprachlichen Gründen über eine Alternative nachdenken oder es einfach streichen und etwas anders anschließen. Denn für mich verschiebt dieses Wort die ganze Sprachqualität des Textes minimal ins gläsernsüßliche, mir geht dort etwas das Naturflüstern, das Lichterketten&Wiesengefühl verloren (nur eine Spur...).
Ansonsten fängt für mich dieser Text etwas ganz Zartes ein, ein viel grobschnittigeres Bild, was mir selbst einfällt, ist das Lagerfeuergefühl; man ist sicher und traurig zugleich, die Sinne scheinen endlich einmal unverkopfter spüren zu können, dass das Lauschen gelingt und doch stellt man in dieser Heimeligkeit zugleich gerade so etwas fest, wie das jemand oder man selbst nur ein Schatten im Schatten ist, dass man an ein "nur" gebunden ist. Oder anders: Man hat in diesem Moment den Mut dafür Tröstlichkeit zu empfinden, das hat etwas Freies in der Dunkelheit.
Eigentlich müsste ich das jetzt in einer Worddatei speichern und später noch einmal verständlicher schreiben, aber ich fürchte, wenn ich es jetzt nicht abschicke, komme ich bestimmt nicht dazu.

(ich meinte das übrigens nicht so abstrakt abgehoben, die PeterPananlegung ist ja auch deutlich) etc.)

liebe Grüße,
Lisa

Ps: Warum machst du vor den Kommata keine Leerzeichen wie vor den anderen Zeichen?
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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