Abendgedanken - 2 Versionen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 07.06.2006, 22:39

Version A

Drachenwolken
fliegen ostwärts,
im Westen stürzt
blutrot die Sonne
zur Nacht.

Der fahle Mond
geht im Nacken mir auf.
Wo ist der
Aquarellhimmel, der
uns gerade noch barg?

Seit Du nicht mehr
an mich glaubst,
traue ich meinem
Schritt nicht mehr.

Laufe ziellos. Jeder
Weg fern von Dir.
Wo bist Du?

Version B

Drachenwolken
fliegen ostwärts,
im Westen stürzt
blutrot die Sonne
zur Nacht.

Der fahle Mond
geht im Nacken mir auf.
Wo ist der
Aquarellhimmel, der
uns gerade noch barg?

Laufe ziellos. Jeder
Weg fern von Dir.
Zuletzt geändert von Paul Ost am 10.06.2006, 16:57, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 10.06.2006, 17:00

Vielen Dank Paul!

Diese Version finde ich fabelhaft! Voller neuer Bilder!

Was war denn nun mit pandora?

Liebe Grüße, louisa

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 10.06.2006, 19:00

Hallo Louisa,

ich bin gerade weit im tiefsten Westen, an einem Ort, wo mir mein Wörterbuch der Antike fehlt. Deshalb muss ich mit meiner Antwort noch warten.

Allerdings kann es sein, dass meine Pandora-Interpretation durch eine extensive Nietzsche-Lektüre ein wenig verfremdet wurde.

Grüße

Paul Ost

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leonie
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Beitragvon leonie » 10.06.2006, 21:03

Lieber Paul Ost,

nett, dass Du für die Damen gekürzt hast, ich hoffe, ich darf trotzdem die erste Version bevorzugen!

Herzliche Grüße

leonie

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 11.06.2006, 04:04

lieber paul ost,

du schreibst

ich glaube, dass Menschen soziale Wesen sind. Das so genannte Selbstvertrauen wird ihnen von außen geliehen.

das sehe ich ganz ähnlich wie du (nur in ausnahmefällen -und oft nicht bei denen, die das von sich denken- sind zudem eigene werte so tragfähig integriert).

du drückst dieses selbstwert-thema in der zur diskussion stehenden strophe sehr klar und eindringlich aus. deshalb würde ich sie auf keinen fall raus nehmen.
um "neue bilder" geht es dabei für mich überhaupt nicht, originalität und metaphern sind ja kein selbstzweck - und "seinem Schritt trauen" ist doch eindringliches, klar verständliches bild.
nicht so klar bin ich mit dem abschließenden dreizeiler. ich empfinde so wie scheinbar du auch, dass er nach strophe 3 nicht gut zum zweizeiler reduzierbar ist, doch die frage am ende überzeugt nach meinem gefühl auch nicht.

es grüßt dich
aram

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 11.06.2006, 08:24

Hallo aram,

danke für den nachdenklichen Kommentar. Ich werde mich aber wohl jetzt auf die Wahrheit des Gefühls zurückbesinnen müssen. Die letzte Frage ist meiner Ansicht nach die einzig treffende Frage. Vielleicht abgesehen von "Warum hast Du mich verlassen?" Letztere Frage wollte ich jedoch wegen der allzu deutlichen biblischen Bezüge außen vor lassen.

Es bleibt aber die Erkenntnis, dass ein Glaube nicht auf Menschen gebaut werden kann, da diese bekanntermaßen wankelmütig sind. Diese Erkenntnis wiederum birgt Gefahren für unsere moderne Form der aufgeklärten Feierabend-Romantik.

Es grüßt an einem strahlenden Sommermorgen

Paul Ost

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.06.2006, 10:40

Salut aram!

Es ging nicht darum, dass es keine neues Bilder sind, aber: Man hat dieses "an jemand glauben" schion in so vielen vermeintlichen Musik-Stücken unserer Zeit und auch anderswo gelesen, dass ich es hier nur störend finde.

-Das mit dem Schritt fand ich auch gar nicht so schlecht, aber wenn er schreibt:

Wo ist der
Aquarellhimmel, der
uns gerade noch barg?

Laufe ziellos. Jeder
Weg fern von Dir.


-ist das dazwischen einfach nur eine sprachliche Gefühlserklärung, die es ja dank dieser schönen Bilder zum Glück nicht mehr braucht. Das ist ja die Kunst: Er schreibt nur von einem Aquarellhimmel und wir denken an jemand, der verlassen wurde.

Für mich machen gerade solche Zeilen ein gelungenes Gedicht aus.

-Deshalb das Zeilen-Streichen...

Liebe Grüße, louisa


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