Der verlorene Horizont

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.08.2009, 16:41

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Der verlorene Horizont

Vorfreude. Brandung des Pazifiks. Trotz. Jagt die Wellen. Schlingern um ihre Füße. Sicher nur Algen. Hohe Wogen. Fördern den Wagemut. Wasserwand. Hechtsprung in den Schlund. Delphinmensch. Keine Angst. Saugnapf an den Beinen. Unterströmung. Riss in die Tiefe. Meeresgrund. Wirbeln nach oben. Luftnot. Herzrasen. Dem Sog entkommen. Oberfläche. Luft schnappen. Welle bricht. Krallt sie. Alles schwarz. Schläge auf der Brust. Sie keucht. Schmeckt Salz. Sand. Tod. Nie wieder ins Meer. Sie ertrinkt. Jeden Tag.



Alternativ-Version:


Der verlorene Horizont

Vorfreude. Gefährliche Brandung. Trotzig jage ich die Wellen. Spüre ein Schlingern um meine Füße. Sicher nur Algen. Hohe Wogen. Schüren meinen Wagemut. Eine Wasserwand baut sich auf. Springe in den Schlund. Delphinmenschen kennen keine Angst. Ein Saugnapf zerrt an meinen Beinen. Die Unterströmung reißt mich in die Tiefe. Schürfe den Meeresgrund. Wirbele nach oben. Luftnot. Mein Herz rast. Entkomme dem Sog. Sehe die Oberfläche. Will nach Luft schnappen. Doch die Welle bricht. Krallt mich. Alles wird schwarz. Schläge trommeln auf meine Brust. Ich keuche. Schmecke Salz. Sand. Tod.
Nie wieder setze ich einen Fuß ins Meer. Noch heute ertrinke ich. Jeden Tag.


© Gabriella Marten Cortes
Zuletzt geändert von Mucki am 10.08.2009, 23:01, insgesamt 2-mal geändert.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 08.08.2009, 00:08

Guten Abend,

ganz vorsichtig angemerkt, ich kanns ja voll verstehen, mich hätte bisher kein Änderungsvorschlag überzeugt,

aber was ich eigentlich sagen wollte, ich hab ein buch von oek de jong, das heisst ´in der äußersten finsternis´, in dem buch gibts einen prolog, der geht nur über sechs seiten, aber der behandelt im grunde genau das thema von mucki, nur hat die es stakattomäßig auf ihre spezifische art auf fünf zeilen verkürzt.

jedenfalls nach diesem prolog folgte eine über fünfhundertseitige geschichte, die ich längst schon wieder vergessen hab, aber der prolog, der war so eindringlich, das ich diesen prolog in diesem buch bis heute nicht vergessen habe, ich mag es einzig wegen dieser sechs seiten, deswegen hab ich dieses buch nicht weggegeben, und dass mucki dieses `feeling`, ich kann im moment leider kein passenderes wort dafür finden, dieses nachfühlbare (nach meinem sprachempfinden) in fünf zeilen hingekriegt hat, ist jedenfalls von der sprachlichen grundkonstruktion her m.E. nicht von schlechten eltern. ist meine meinung.

Gute Nacht
Zuletzt geändert von jondoy am 08.08.2009, 00:25, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.08.2009, 00:25

Danke dir, Stefan ,-)

Saludos
Mucki, die gerade die Gewinner der Monatswahl auf die Podeste stellt

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.08.2009, 09:44

Liebe Mucki,

Es war ja nur ein unverbindlicher Vorschlag, der nicht stimmen muss.

Lieben Gruß
Elsie
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 08.08.2009, 12:48

Ja klar, liebe Elsie,

ich tue mich halt gerade bei diesem Text ziemlich schwer, du weißt warum ...
Werde ihn wohl so lassen.

Saludos
Mucki

DonKju

Beitragvon DonKju » 09.08.2009, 13:31

Hi Gabriella,

so the least I can do : there's nothin' more left to say - but, "so what" ?

all of us - pilgrims :mrgreen:

Kind regards Jack

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 09.08.2009, 14:05

Liebe Gabriella,

danke für deine Erläuterungen! Es handelt sich also um ein Erlebnis des fast Ertrinkens, dass immer wieder erlebt wird. So hatte ich es wirklich nicht gesehen, sondern versuchte, das Ganze metaphorisch auf die täglichen Herausforderungen (an denen man ja auch im übertragenden Sinne ertrinken kann) zu beziehen.

Aber ist es denn schlimm, wenn der Leser andere Lesarten findet? Und eben um andere Interpretationen zu ermöglichen, würde ich einige Details oder Wiederholungen aus dem Text weglassen. Dass Angst im Spiel ist, z.B., sollte man doch aus dem sich überschlagenden Geschehen nachempfinden, warum muss sie noch extra erwähnt werden?

Viele Grüße
fenestra

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.08.2009, 14:26

Hallo fenestra,
So hatte ich es wirklich nicht gesehen, sondern versuchte, das Ganze metaphorisch auf die täglichen Herausforderungen (an denen man ja auch im übertragenden Sinne ertrinken kann) zu beziehen.

ach so, ja, dann verstehe ich deinen Kommentar. Man ist bei eigenen Texten oft betriebsblind, das kennst du sicher auch. Und da ich hier 1:1 geschrieben habe, keine Methapern (was ich sonst fast immer mache) verwendet habe, kam mir gar nicht in den Sinn, dass man es auch metaphorisch lesen kann. ,-)
Aber ist es denn schlimm, wenn der Leser andere Lesarten findet?

Nein, gar nicht. Das ist doch ok.

Hallo Hannes,

yes, were are all pilgrims, indeed. ,-)

Saludos
Gabriella

Trixie

Beitragvon Trixie » 10.08.2009, 15:21

Hi Mucki,

also ich hab den Text gleich so verstanden wie er ist und mich "stört" das Stakkato nicht oder behindert mich irgendwie beim Lesen, aber vielleicht liegt das auch an den Hintergründen (ich weiß ja), keine Ahnung.

Hast du den Text mal nicht mit "sie" sondern mit "ich" geschrieben? Das käme vielleicht näher rüber. Bin mir nicht sicher. Könnte vielleicht das Traumatische in seiner Form besser tragen.
Was mich stört war erst der "Hecht"sprung und direkt danach der Delphin. Beides Wassertiere, Hechte allerdings keine Meeresbewohner. Das ist irgendwie mir zu viel in dem kurzen Text. Und den Pazifik, naja, den könnte man auch weglassen. Dann ist es allgemeiner irgendwie. Weiß nicht.
Ansonsten passt mir das alles schon ganz gut so. Man könnte schon noch ein bisschen mit der Form spielen, vielleicht mit Absätzen, Satzzeichen. Aber an sich verstehe ich den Text und er ist schon eindringlich für mich.

Grüßle
die Trix

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.08.2009, 15:57

Hi Trix,

meinst du in etwa so, wobei ich gleich ein bisschen ausgeweitet habe, da die zu kurzen Stichworte ja von einigen moniert wurde:

Der verlorene Horizont

Vorfreude. Gefährliche Brandung. Trotzig jage ich die Wellen. Spüre ein Schlingern um meine Füße. Sicher nur Algen. Hohe Wogen. Schüren meinen Wagemut. Eine Wasserwand baut sich auf. Springe in den Schlund. Delphinmenschen kennen keine Angst. Ein Saugnapf zerrt an meinen Beinen. Die Unterströmung reißt mich in die Tiefe. Schürfe den Meeresgrund. Wirbele nach oben. Luftnot. Mein Herz rast. Entkomme dem Sog. Sehe die Oberfläche. Will nach Luft schnappen. Doch die Welle bricht. Krallt mich. Alles wird schwarz. Schläge trommeln auf meine Brust. Ich keuche. Schmecke Salz. Sand. Tod.
Nie wieder betrete ich das Meer. Noch heute ertrinke ich. Jeden Tag.


Saludos
Mucki

Trixie

Beitragvon Trixie » 10.08.2009, 16:30

Hi Mucki,
ja, doch, irgendwie gefällt mir das besser. Die wirklich eindrücklichen Dinge sind ja noch immer kurz und knapp gehalten, also "Luftnot" oder "Tod" oder auch "jeden Tag". Das finde ich passend, doch ja.
Und du?

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.08.2009, 16:38

Hi Trix,

ich stelle es mal oben als Alternativ-Version ein. Ich kann irgendwie nicht einschätzen, ob es besser ist.

Saludos
Mucki

Trixie

Beitragvon Trixie » 10.08.2009, 17:32

ahso, was ich noch sagen wollte:
den titel find ich super ganz mega stark.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.08.2009, 17:35

Danke dir Trix,

das freut mich, da ich lange über den Titel gegrübelt habe. ,-)

Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 10.08.2009, 22:02

Liebe Mucki,

Mit gefällt die Alternativversion viel besser, sie kommt näher an mich heran, vermittelt auch stärker das Fühlen, Riechen, Schmecken der Szene!

Nur dieser Satz liest sich nicht so gut, denn das Meer betreten?
Nie wieder betrete ich das Meer.

Eher: Nie wieder nähere ich mich dem Meer.

Was meinst du?

Lieben Gruß
ELsie
Schreiben ist atmen


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