Ich erschieß mich,
Ich erschieß mich;
Ich erschieß den Elefant am Strand:
Ist das der,
Einwand:
Ein Toter legt dich über,
Sein altes weißes Hemd. –
Psychoanalyse
Hallo Last,
ein ausgesprochen spannender Text für mich, der so einiges bei mir evoziert. Allein der Titel "Psychoanalyse" hat mich gelockt und dazu verführt, hier zu versuchen, deine Zeilen zu analysieren. Besonders interessant finde ich deine Zeichensetzung, auf die ich deshalb auch konkret eingehe.
Normalerweise hätte man bei so einem Satz hier ein Ausrufezeichen gesetzt und, um dem Titel gerecht zu werden, eine Deeskalation erwartet. Doch du setzt ein Komma, welches m.E. hier die "Funktion" eines bereits "bearbeiteten" Ausrufezeichens, im Sinne von "behandelt" einnimmt. Das bedeutet, LI befindet sich bereits jetzt schon nicht mehr im Ausnahmezustand.
Das nachfolgende
mit dem Semikolon dahinter entspricht dem. Das Semikolon steht für den Zweifel. Der Wunsch des LIs, sich zu erschießen ist bereits abgeschwächt, in Frage gestellt. Die Zeichen in deinem Text übernehmen hier eine Art "Übertragungsfunktion". Im Setting mit einem Psychoanalytiker findet ständig eine Gegenübertragung statt zwischen Arzt und Patient. Du gibst hier diese Übertragung an den Leser weiter, und dies vor allem durch die Zeichensetzung.
Die Deeskalation findet statt, um hierin seinen vermeintlichen Abschluss zu finden:
LI ist sich darüber klar, dass es sich nicht selbst erschießen will, sondern ein mächtiges Ich, welches das LI überlagert hat. Deshalb der "Elefant".
Insgesamt stellt die 1. Strophe somit eine Deeskalation dar, wobei das Komma zu Beginn das stärkste Gebahren ausdrückt. (s.o.)
Man denkt sich: ok, Patient "kuriert", Prozess abgeschlossen, doch da ist noch der heimtückische Doppelpunkt. Es geht also weiter. Zudem erfolgt nun eine dreifache Zäsur, durch den Absatz, die Entpersonalisierung und die spannende Frage: wer spricht jetzt in der 2. Strophe? Zudem hast du nach meiner Lesart hier zuerst das "vermeintlich" erfolgreiche Therapieergebnis vorangestellt, um nun, in der 2. Strophe, im Nachhinein darzustellen, was beim LI auf tiefer seelischer Basis geschehen ist, also die Ursache für sein psychotisches Verhalten war. Doch du "belehrst" das LI und auch den Leser eines Besseren, denn LI ist nicht kuriert! Dazu mehr weiter unten. In der 2. Strophe spricht deshalb nach meiner Sichtweise der Therapeut zum LI.
Das Komma hier steht für mich anstelle eines Fragezeichens. Man ist als Leser auch automatisch gezwungen, eine Pause zu machen und kann es nicht zusammenhängend mit dem nachfolgenden "Einwand" lesen. Sondern: Ist das der? Im Sinne von: Ist das wirklich der "Elefant"? Der Therapeut hinterfragt sozusagen die Erkenntnis des LI, was sich denn da nun wirklich beim LI überlagert hat.
Und nun
Wieder sehr bedacht, setzt du hier kein Ausrufezeichen, sondern einen Doppelpunkt, der die Funktion eines "sanften" Ausrufezeichens einnimmt. Hier erhebt der Therapeut sozusagen nicht den Zeigefinger, sondern nimmt seine Brille ab, welches ebenso "gewichtig" wirkt, jedoch nicht zu dominant und erklärt dem LI, was wirklich geschehen ist bzw. nach wie vor geschieht:
Wichtig ist hier, dass der Therapeut im Präsens spricht, d.h., LI ist noch nicht kuriert. Ein totes Ich überlagert das LI. Eine "Präsenz", eine "Macht" ist noch vorhanden. Doch durch das durchgestrichene "altes" und durch "weiße" ersetzte, wird m.E. ausgedrückt, dass LI eben doch große Fortschritte gemacht hat. Die Überlagerung ist nicht mehr tot oder alt, sondern weiß, sprich, LI hat einen neuen erfolgversprechenden Weg begonnen.
Hiernach setzt du einen Punkt. D.h., der Abschnitt der Psychoanalyse zum derzeitigen Zeitpunkt ist abgeschlossen. Der nachfolgende Gedankenstrich zeigt an, dass aber die ganze Psychoanalyse noch nicht abgeschlossen ist, sondern weitergehen wird.
Soweit meine "Analyse" und Lesart zu deinem Text.
Saludos
Mucki
ein ausgesprochen spannender Text für mich, der so einiges bei mir evoziert. Allein der Titel "Psychoanalyse" hat mich gelockt und dazu verführt, hier zu versuchen, deine Zeilen zu analysieren. Besonders interessant finde ich deine Zeichensetzung, auf die ich deshalb auch konkret eingehe.
Ich erschieß mich,
Normalerweise hätte man bei so einem Satz hier ein Ausrufezeichen gesetzt und, um dem Titel gerecht zu werden, eine Deeskalation erwartet. Doch du setzt ein Komma, welches m.E. hier die "Funktion" eines bereits "bearbeiteten" Ausrufezeichens, im Sinne von "behandelt" einnimmt. Das bedeutet, LI befindet sich bereits jetzt schon nicht mehr im Ausnahmezustand.
Das nachfolgende
Ich erschieß mich;
mit dem Semikolon dahinter entspricht dem. Das Semikolon steht für den Zweifel. Der Wunsch des LIs, sich zu erschießen ist bereits abgeschwächt, in Frage gestellt. Die Zeichen in deinem Text übernehmen hier eine Art "Übertragungsfunktion". Im Setting mit einem Psychoanalytiker findet ständig eine Gegenübertragung statt zwischen Arzt und Patient. Du gibst hier diese Übertragung an den Leser weiter, und dies vor allem durch die Zeichensetzung.
Die Deeskalation findet statt, um hierin seinen vermeintlichen Abschluss zu finden:
Ich erschieß den Elefant am Strand:
LI ist sich darüber klar, dass es sich nicht selbst erschießen will, sondern ein mächtiges Ich, welches das LI überlagert hat. Deshalb der "Elefant".
Insgesamt stellt die 1. Strophe somit eine Deeskalation dar, wobei das Komma zu Beginn das stärkste Gebahren ausdrückt. (s.o.)
Man denkt sich: ok, Patient "kuriert", Prozess abgeschlossen, doch da ist noch der heimtückische Doppelpunkt. Es geht also weiter. Zudem erfolgt nun eine dreifache Zäsur, durch den Absatz, die Entpersonalisierung und die spannende Frage: wer spricht jetzt in der 2. Strophe? Zudem hast du nach meiner Lesart hier zuerst das "vermeintlich" erfolgreiche Therapieergebnis vorangestellt, um nun, in der 2. Strophe, im Nachhinein darzustellen, was beim LI auf tiefer seelischer Basis geschehen ist, also die Ursache für sein psychotisches Verhalten war. Doch du "belehrst" das LI und auch den Leser eines Besseren, denn LI ist nicht kuriert! Dazu mehr weiter unten. In der 2. Strophe spricht deshalb nach meiner Sichtweise der Therapeut zum LI.
Ist das der,
Das Komma hier steht für mich anstelle eines Fragezeichens. Man ist als Leser auch automatisch gezwungen, eine Pause zu machen und kann es nicht zusammenhängend mit dem nachfolgenden "Einwand" lesen. Sondern: Ist das der? Im Sinne von: Ist das wirklich der "Elefant"? Der Therapeut hinterfragt sozusagen die Erkenntnis des LI, was sich denn da nun wirklich beim LI überlagert hat.
Und nun
Einwand:
Wieder sehr bedacht, setzt du hier kein Ausrufezeichen, sondern einen Doppelpunkt, der die Funktion eines "sanften" Ausrufezeichens einnimmt. Hier erhebt der Therapeut sozusagen nicht den Zeigefinger, sondern nimmt seine Brille ab, welches ebenso "gewichtig" wirkt, jedoch nicht zu dominant und erklärt dem LI, was wirklich geschehen ist bzw. nach wie vor geschieht:
Ein Toter legt dich über,
Sein altes weißes Hemd. –
Wichtig ist hier, dass der Therapeut im Präsens spricht, d.h., LI ist noch nicht kuriert. Ein totes Ich überlagert das LI. Eine "Präsenz", eine "Macht" ist noch vorhanden. Doch durch das durchgestrichene "altes" und durch "weiße" ersetzte, wird m.E. ausgedrückt, dass LI eben doch große Fortschritte gemacht hat. Die Überlagerung ist nicht mehr tot oder alt, sondern weiß, sprich, LI hat einen neuen erfolgversprechenden Weg begonnen.
Hiernach setzt du einen Punkt. D.h., der Abschnitt der Psychoanalyse zum derzeitigen Zeitpunkt ist abgeschlossen. Der nachfolgende Gedankenstrich zeigt an, dass aber die ganze Psychoanalyse noch nicht abgeschlossen ist, sondern weitergehen wird.
Soweit meine "Analyse" und Lesart zu deinem Text.
Saludos
Mucki
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste