Dass so wenig übrig ist stimmt nicht,
wenn ich erzähle und abzähle, was unwichtig ist.
In unserer Straße gab es Schrebergärten,
auch Vogelhäuschen, Schnittlauch und Bomben
beim Umgraben.
Ein Garten gehörte Herrn Fiedler und seiner Spanierin.
"Buenas noches Señora Schulze!"
Niemand verstand was sie redete, denn sie lebte
in einer Gestensprache.
Nur dass so wenig übrig ist von ihr stimmt nicht,
wenn ich erzählen könnte, was abgezählt ist.
Herr Fiedler tischlerte Gartenmöbel.
5 Stühle, 3 Hocker, 1 Bank, 1 Esstisch
und dann begannen die Feste, jeder Tag war
ein Feiertag
und gab immer neue Anlässe sich gepflegt
zu besaufen, Herr Fiedler blies Rauch in dutzende
Dekoltés.
Nur dass so wenig übrig ist stimmt nicht, denn
es gibt so wenig, was wesentlich ist.
Ich war um die 5, er um die 50,
ich liebte sein glänzend braunes Haar, so einen Vater
wollte ich haben, der immer ganz rot ist
vom Saufen, vom Fressen, vom Tische und Stühle bauen -
Es war Freitag, ein Feiertag wie jeder andere, nur
diesen Abend steckte er sich eine Kippe an und nahm
seine Perücke ab.
Ich sah ihn am nächsten Morgen das Gartentor
abschließen, er blinzelte herauf zu meinem Balkon,
wir winkten uns lange zu und er lächelte verschmitzt,
bevor er ins Krankenhaus ging.
Herr Fiedler
Liebe Louisa,
Das ist für mich kein Gedicht, sondern eine herrliche kleine Geschichte!
Traurig, froh, ironisch, mit starker Pointe und sie hat den Zauber der ungebremsten Lebenslust! Nicht mal die Chemo kann das zerstören.
Warum meinst du, dass es ein Gedicht ist?
Das würde mich interessieren.
Ein paar Fehlerchen:
Lieben Gruß
ELsa
Das ist für mich kein Gedicht, sondern eine herrliche kleine Geschichte!
Traurig, froh, ironisch, mit starker Pointe und sie hat den Zauber der ungebremsten Lebenslust! Nicht mal die Chemo kann das zerstören.

Warum meinst du, dass es ein Gedicht ist?

Ein paar Fehlerchen:
DassDas so wenig übrig ist stimmt nicht,
dassNur das so wenig übrig ist von ihr stimmt nicht,
DekolletésDekoltées
dassNur das so wenig übrig ist stimmt nicht, denn
Perückeseine Perrücke ab.
Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen
ich finde, daß es genau das ist, was über der sparte steht, in die es eingestellt wurde: ein erzählgedicht.
durch seine leitmotivischen wendungen und wiederholungen, sowie seine zeilenbrechung ist es jedenfalls keine prosa.
liebe louisa, mir gefällt diese kleine geschichte sehr, wie sie sich aus der erinnerung und mit einem frischen blick auf das vergangene entwickelt - schön zu lesen!
lg eva
durch seine leitmotivischen wendungen und wiederholungen, sowie seine zeilenbrechung ist es jedenfalls keine prosa.
liebe louisa, mir gefällt diese kleine geschichte sehr, wie sie sich aus der erinnerung und mit einem frischen blick auf das vergangene entwickelt - schön zu lesen!
lg eva
Liebe Eva,
du sagst doch selbst:
Auch ein Erzählgedicht besteht mM nicht aus voll auserzählten Sätzen, was ich zur Prosa zähle.
Aber es macht ja nichts. Schön ist der Text so oder so.
Lieben Gruß
ELsa
du sagst doch selbst:
mir gefällt diese kleine geschichte sehr
Auch ein Erzählgedicht besteht mM nicht aus voll auserzählten Sätzen, was ich zur Prosa zähle.
Aber es macht ja nichts. Schön ist der Text so oder so.
Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen
Hallöchen!
Danke euch beiden. Ich hab es gestern Abend vorgelesen und da entwickelte sich genau dieselbe Diskussion. Das es schön ist, aber ist es ein Gedicht oder eine Geschichte? Es fiel dann auch der Begriff der "modernen Ballade" - wobei es ja kein Reimschema oder ein sehr überraschendes Ereignis in sich trägt -
Ich weiß nicht... allein schon durch die Form, die Enjambements, das refrainartige Unterbrechen der GEschichte durch "Das so wenig übrig ist..." lassen es für mich wie ein Gedicht wirken. Ein erzählendes Gedicht.
Ich weiß auch nicht wieso man so eine klare namentliche Trennung von Lyrik und Prosa benötigt. Das ist meiner Meinung nach nur eine Diskussionshilfe.
Zum Beispiel ist das Gedicht "Herr Ribbeck von auf Ribbeck im Havelland" ja auch eher eine Geschichte, als ein Gedicht - es wirkt zumindest in meiner Erinnerung und meinem Empfinden eher wie eine Geschichte. Trotzdem ist es ein Gedicht.
Das sollte aber auch nicht die einzige Frage oder Interpretationsgedanke eines Textes sein... hoffe ich zumindest.
Danke für eure Eindrücke!
Feiert schön alle Feiertage und alle anderen Tage!
l
Danke euch beiden. Ich hab es gestern Abend vorgelesen und da entwickelte sich genau dieselbe Diskussion. Das es schön ist, aber ist es ein Gedicht oder eine Geschichte? Es fiel dann auch der Begriff der "modernen Ballade" - wobei es ja kein Reimschema oder ein sehr überraschendes Ereignis in sich trägt -
Ich weiß nicht... allein schon durch die Form, die Enjambements, das refrainartige Unterbrechen der GEschichte durch "Das so wenig übrig ist..." lassen es für mich wie ein Gedicht wirken. Ein erzählendes Gedicht.
Ich weiß auch nicht wieso man so eine klare namentliche Trennung von Lyrik und Prosa benötigt. Das ist meiner Meinung nach nur eine Diskussionshilfe.
Zum Beispiel ist das Gedicht "Herr Ribbeck von auf Ribbeck im Havelland" ja auch eher eine Geschichte, als ein Gedicht - es wirkt zumindest in meiner Erinnerung und meinem Empfinden eher wie eine Geschichte. Trotzdem ist es ein Gedicht.
Das sollte aber auch nicht die einzige Frage oder Interpretationsgedanke eines Textes sein... hoffe ich zumindest.
Danke für eure Eindrücke!
Feiert schön alle Feiertage und alle anderen Tage!
l
das ist ein wunderschönes gedicht. das wollte ich schon lange einmal sagen.
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