seumenicht

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Georg Grieg

Beitragvon Georg Grieg » 23.06.2009, 19:34

seumenicht
der postmodernen priapismen erster teil

seumenicht konnte nicht schlafen. als die sonne ewiggleich der welt einen rahmen schenkte saß er, distinguierter promilleträger, auf einem weißen platikstuhl auf seinem balkon, blickte die allee hinab und raffte mit blicken nach menschen, die trübe ihr sein in die anonymen häuser zogen.
die nacht war lang, "welch unzuverlässiger begriff der zeit, welch unzuverlässige einheit überhaupt", dachte er. nurmehr eine nacht durchs bodenlose gewadet, postmodernes gerümpel, leichtsinn, in kaugummi getreten, gerne unbekannte frauen wie kaugummi in den haaren gehabt, sich an jeder ecke neu zerschlagen.
zwei-drittel von ihm schlief schon. doch seumenicht wollte nicht in sein kaltes bett fallen, das nest der monoorgien, der kalten ejakulationen.
"geb deinen namen ab", nicht mehr, nein, nicht mehr seumenicht. bruch.
restbestände großer vorzeiten, nichts animistisches. bevor die fiber sich mit welten vollsog, bevor die götter die fiber versengten, vor blond und blau.nur nacht, schlaf, ichlosigkeit- wo kreislauf ist, ist stagnation. wo leben ist, ist tod. "ich will beides nicht".
sarkasmus oder schießeisen ins eigenoral? seumenicht sank, sank tief, nahm anlauf. der balkon öffnete seine eisengitter. schall und rauch- der allesschritt.
er fiel und hielt sich an sich fest.gesetzlose eigengeisel. die luft war mild, die zigarette ohne einen zug auf der trockenen blumenerde verbrannt. seumenicht hielt- doch vieles war im fallen.
soll die sonne aufsteigen, der welt einen rahmen schenken. pause, ruhe, neues portal.
seumenicht strich über eine landschaft. lila schimmer, etwas bäume, ein see, dessen zunge über einem steinufer seine sprache verlor. er setzte sich neben eine frau.polyestersinn, schlechter atem, erfahrungsgedungene raucherstimme. sie nahm ein letztes stück einer orange, ihrer orange, in den mund,von einem rot, das biss, umrahmt. "geb mir ruhig auch deine orange", meinte sie. seumenicht strich sich übers haar. er habe sein fahrrad vergessen, dort im fahrradkorb läge sie." eine orange für deine lügen, und ich bewahrheite sie dir." "du kannst meine lüge nicht bewahrheiten". leicht, nur leicht nahm sie seinen kopf an der stirn und am kinn und dreht ihn sanft ins genick. er spürte die nerven sich durchtrennen, panoptische, sichlige muster eines niegewesenen gestern. ahnung wurde schmetterlingsflüchtig, aus ihr starb große gewissheit. "dort liege ja ich, du drehst meinen kopf nach hinten." er sah sich und die dirne auf der ganzen wiese, hundertfach. ihr schwarzer langer rock wellte über das grün, das lila schwoll dazu.das ganze feld glich einem müden aschenflor, an dem die seezunge mit ekel leckte. der schmerz hielt, wurde bühne, farbe, lenkung. seumenicht wurde geboren. er wollte seine lüge zurück...

Kojote

Beitragvon Kojote » 23.06.2009, 23:04

Hallo!

Mal ein Gedanke vorweg: es heißt in einem gewissen teil der zeitgenössischen soziologie, die moderne gesellschaft müsse auch den rückschritt im fortschritt erkennen. das gilt auch für schriftsteller, die sich und ihr werk als "postmodern" outen. es gibt schriftsteller, denen gelingt die jonglage (pynchon). alleine schon "postmodern" als wort in seinem text zu verwenden lässt mich schon schmunzeln. unbedingt postmodern, unbedingt der zeit vorraus (?). klingt immer so als hätte der autor und der icherzähler sowieso die moderne, postmoderne, postpostmoderne verstanden, überwunden, aber komischerweise gammelt er zumeist genau darin.
dein text hat trotzdem einiges zu bieten.

sprachlich hast du interessante wendungen, eine ruhige erzählweise. es gibt brüche, schnitte, ähnlich eines films - das finde ich langweilig, weil gewollt künstlerisch bedeutungsvoll (wieso sollte sich die literatur effekten des filmes bedienen? die literatur hat den film geschaffen, und jetzt eine rück-befruchtung? der text kann sowieso nicht so präzise schneiden wie der film, das ist nunmal eine stärke des films), andererseits wartet dein text mit einem routinierten duktus auf, der eine gewisse kontrolle und verständnis der verständnislosigkeit des icherzählers preisgibt.

ich finde deinen text sehr gewollt und zugleich an einigen stellen interessant. gerne höre ich von dir was zu meiner meinung, denn so negativ meine kritik klingen mag, immerhin habe ich lange darüber nachgedacht und es ist eine kurze diskussion allemal wert

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.06.2009, 23:32

Hallo Georg,

habe selten solch einen bizarren, verrückten, verdrehten und abgefahrenen Text gelesen. Apropos lesen: es fiel mir, schon aufgrund der vielen Fehler, recht schwer. Vielleicht kannst du das nächste Mal vor dem Einstellen Korrekturlesen.
Allein der Titel: "seumenicht - der postmodernen priapismen erster teil" ließ mich erst mal bei Wiki nachschlagen. Was zum Henker ist ein Priapismus? Aha, eine schmerzhafte Dauererektion. Sowas weiß ich natürlich nicht, klar.
Okay, also, ich lese mich mühsam durch jede Zeile, verstehe nur Bahnhof und stelle am Ende fest, dass du dem Untertitel gerecht wirst. Es liest sich wie eine schmerzhafte Dauererektion. Jetzt weiß ich sogar, wie es sich anfühlt, na ja, jedenfalls so ungefähr.

Hey Michael,

also, eine ruhige Erzählweise kann ich hier nicht finden. Ich lese es total Staccato. Allein durch die ständigen Cuts, wo ist es hier ruhig? Das geht hier zack zack zack (was allerdings wohl eher nicht zu einer schmerzhaften Dauererektion passt, oder?)

Hm, wohl einer der merkwürdigsten Kommentare, die ich jemals geschrieben habe. Vielleicht sollten sich hier eher Männers äußern. ,-)

Saludos
Gabriella --> Weibchen

Kojote

Beitragvon Kojote » 23.06.2009, 23:56

hi gabriella,

ruhig finde ich, denn jeder satz ist souverän gesetzt, der lesefluss nimmt nie an rasanz zu. es ist immer ein ruhiges auf und ab, wie ein atmen würde ich fast sagen. beispiel:

zwei-drittel von ihm schlief schon. doch seumenicht wollte nicht in sein kaltes bett fallen, das nest der monoorgien, der kalten ejakulationen.

er setzte sich neben eine frau.polyestersinn, schlechter atem, erfahrungsgedungene raucherstimme.


das ist ruhig erzählt, finde ich. wobei stakkato doch ruhe garnicht ausschließt? abgehakt heißt nicht hektisch, oder was meinst du.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.06.2009, 00:04

Hi Michael,

gerade diesen von dir zitierten Satz:
er setzte sich neben eine frau.polyestersinn, schlechter atem, erfahrungsgedungene raucherstimme.

lese ich staccato, eben abgehackt, ja. Abgehackt ist für mich hektisch und alles andere als ruhig.
oder der hier
"geb deinen namen ab", nicht mehr, nein, nicht mehr seumenicht. bruch.

oder
pause, ruhe, neues portal.

Wenn da Pause steht, muss ich noch lange keine Pause machen. Da hätte m.E. außerdem konsequenterweise nach Pause ein Punkt dahinter gesetzt werden müssen.

Aber, hey, ich kapier den Text sowieso nicht. Also, red lieber mit Georg himself darüber, okidoki? ,-)

Saludos
Gabriella


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