Entsprechungen V
Man wäre versucht zu glauben, dieses Gebilde hätte früher irgendeine zweckmäßige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen
w i e . d a s g e t i e r . i n z w i s c h e n
(oder: odradek macht liebe)
den anderen wieder riechen können wie
ein fremdes haus
inzwischen
das krabbelt das knackt das nagt
eine neue frage
in den türrahmen
heute lautet die rettende beobachtung:
du weinst ja nicht, was ist dir?
wie . das getier . inzwischen
Liebe Lisa,
kein einfacher Text, finde ich - so wie Du ja nie einfache Texte schreibst und selbst die ganz einfach klingenden haben ja viele Schichten, sind also Geschichte(t). Für mich ist es auch nicht im eigentlich Sinne ein Liebegedicht oder eben nur insofern als all Deine Gedichte von der Liebe handeln. Für mich ist es ein Gedicht über das Sein, das Gewesensein und das Werden, ein Gedicht also über die Zeit und das wiederum ist nicht erstaunlich, denn ich lese alle Texte so - oder es ist ein Text über die Frage: Wer bin ich?
Diese Frage klingt für mich aus jeder Zeile (mit Ausnahme des Mittelteils vielleicht): Das 'Lyrische Ich' des Textes tritt nur als ein du auf, zu dem es sich ergänzt in beständiger Reflexion. Das, was eigentlich das 'du' wäre, wird zum 'anderen'. Dieser ist aber nicht immer der andere gewesen, er war einmal so nah, dass er nicht längere der andere sein konnte, sondern Teil des Lyr. Ichs wurde, doch dies ist vergangen, das lyr. Ich kann den anderen wieder 'riechen' - er ist nicht mehr Teil des Ichs -
(was für mich ein sehr gelungenes Bild ist). So bleibt die Frage des Ichs: Wer bin ich nun? Diese ist umso drängender, als das Weinen, offenbar Teil des Selbstverständnisses gegangen ist - zumindest für heute. Und es bleibt dem lyr. Ich anstelle dieser beiden früheren Attribute (der andere, das Weinen) eine Leere, in der es nicht nur nicht weiß, wer es ist (das geht ja vielen so), sondern noch nicht einmal weiß, wie, was ihm ist ... dieses wiederum begreife ich beinahe als eine stummt Steigerung der Traurigkeit. Die Interpretation in Richtung der Suche nach dem Selbst wird unterstützt durch die zweite Zeile der Überschrift
den Verweis auf Kafkas 'Die Sorge des Hausvaters'. Hier wird in meinen Augen eine Wertung des Nachfolgenden vorgenommen. Der andere ist zwar wieder der andere, er hat einen Geruch, aber dieses Anderssein macht ihn nicht seltsam, das seltsame ist das lyr. Ich selbst, es begreift sich als einen Odradek, ein Ding, das zwar genau beschreiben werden kann, dessen Funktionsweise aber ungewiss bleibt. Und so entfremdet es sich selbst und reduziert seine Beschreibung - so meine Interpretation der Überschrift
auf das Funktionale der Liebe.
Natürlich trägt das Gedicht wie schon zu Anfang erwähnt deutliche Aspekte, die eine Änderung beschreiben - zu allererst natürlich die die Ver-änderung in Hinblick auf den anderen, der nun wieder der andere ist - wie ein neues Haus, für mich ein Hinweis darauf, dass noch nicht einmal der Türrahmen als physikalischer Türrahmen der gleiche ist, sondern gleichsam nur ein Anhaltspunkt ist für das Zweifeln und Trauern des lyr. Ichs. Dennoch trägt diese beschriebene Bewegung (der andere ist wieder ein anderer, es gibt
eine neue Beobachtung) an der Oberfläche weniger Veränderung in sich als das Gedicht glauben machen mag, denn zu der augedrückten Trauer eines Weinens gesellt nun zunächst eine stumme Leere.
Die eigentliche Veränderung ist noch verbrogen, ruht vielleicht noch im Gebälk, im Knacken und Krabbeln und Nagen mag sich vielleicht auch etwas äußern.
Insofern ist dieser (für mich sehr schöne) Text ein Gedicht mit einem offenen Ende, der Frage, wie es weitergeht und man könnte zumindest diesen Komm. mit der Schlusszeile eines Deiner Lieblingsfilme setzen: Nous sommes embarqués.
Liebe Grüße
Max
kein einfacher Text, finde ich - so wie Du ja nie einfache Texte schreibst und selbst die ganz einfach klingenden haben ja viele Schichten, sind also Geschichte(t). Für mich ist es auch nicht im eigentlich Sinne ein Liebegedicht oder eben nur insofern als all Deine Gedichte von der Liebe handeln. Für mich ist es ein Gedicht über das Sein, das Gewesensein und das Werden, ein Gedicht also über die Zeit und das wiederum ist nicht erstaunlich, denn ich lese alle Texte so - oder es ist ein Text über die Frage: Wer bin ich?
Diese Frage klingt für mich aus jeder Zeile (mit Ausnahme des Mittelteils vielleicht): Das 'Lyrische Ich' des Textes tritt nur als ein du auf, zu dem es sich ergänzt in beständiger Reflexion. Das, was eigentlich das 'du' wäre, wird zum 'anderen'. Dieser ist aber nicht immer der andere gewesen, er war einmal so nah, dass er nicht längere der andere sein konnte, sondern Teil des Lyr. Ichs wurde, doch dies ist vergangen, das lyr. Ich kann den anderen wieder 'riechen' - er ist nicht mehr Teil des Ichs -
wie
ein fremdes haus
(was für mich ein sehr gelungenes Bild ist). So bleibt die Frage des Ichs: Wer bin ich nun? Diese ist umso drängender, als das Weinen, offenbar Teil des Selbstverständnisses gegangen ist - zumindest für heute. Und es bleibt dem lyr. Ich anstelle dieser beiden früheren Attribute (der andere, das Weinen) eine Leere, in der es nicht nur nicht weiß, wer es ist (das geht ja vielen so), sondern noch nicht einmal weiß, wie, was ihm ist ... dieses wiederum begreife ich beinahe als eine stummt Steigerung der Traurigkeit. Die Interpretation in Richtung der Suche nach dem Selbst wird unterstützt durch die zweite Zeile der Überschrift
(oder: odradek macht liebe)
den Verweis auf Kafkas 'Die Sorge des Hausvaters'. Hier wird in meinen Augen eine Wertung des Nachfolgenden vorgenommen. Der andere ist zwar wieder der andere, er hat einen Geruch, aber dieses Anderssein macht ihn nicht seltsam, das seltsame ist das lyr. Ich selbst, es begreift sich als einen Odradek, ein Ding, das zwar genau beschreiben werden kann, dessen Funktionsweise aber ungewiss bleibt. Und so entfremdet es sich selbst und reduziert seine Beschreibung - so meine Interpretation der Überschrift
w i e . d a s g e t i e r . i n z w i s c h e n
auf das Funktionale der Liebe.
Natürlich trägt das Gedicht wie schon zu Anfang erwähnt deutliche Aspekte, die eine Änderung beschreiben - zu allererst natürlich die die Ver-änderung in Hinblick auf den anderen, der nun wieder der andere ist - wie ein neues Haus, für mich ein Hinweis darauf, dass noch nicht einmal der Türrahmen als physikalischer Türrahmen der gleiche ist, sondern gleichsam nur ein Anhaltspunkt ist für das Zweifeln und Trauern des lyr. Ichs. Dennoch trägt diese beschriebene Bewegung (der andere ist wieder ein anderer, es gibt
eine neue frage
eine neue Beobachtung) an der Oberfläche weniger Veränderung in sich als das Gedicht glauben machen mag, denn zu der augedrückten Trauer eines Weinens gesellt nun zunächst eine stumme Leere.
Die eigentliche Veränderung ist noch verbrogen, ruht vielleicht noch im Gebälk, im Knacken und Krabbeln und Nagen mag sich vielleicht auch etwas äußern.
Insofern ist dieser (für mich sehr schöne) Text ein Gedicht mit einem offenen Ende, der Frage, wie es weitergeht und man könnte zumindest diesen Komm. mit der Schlusszeile eines Deiner Lieblingsfilme setzen: Nous sommes embarqués.
Liebe Grüße
Max
Hallo Lisa,
Für mich ist es das erste Gedichte von dir! Und ich freue mich darüber, dass du überhaupt Gedichte schreibst. Da ich in den Prosabereich noch nicht vorgedrungen bin, erschöpfte sich meine Begegnung mit deinem Umgang mit Texten bisher auf deine Kommentare. Dieses Gedicht hier gehört für mich mit zu dem Beeindruckensten, was mir bisher im Salon begegnet ist. Ich möchte gerne etwas dazu schreiben, werde aber dafür Zeit brauchen und hoffe, ich komme dann auch dazu. So also nur diese kurze Rückmeldung. Nur eine Frage vorher: gibt es etwas, zum Beispiel "oradek", zu dem du mir im Vorfeld einen Schlüssel geben könntest oder müsstest?
Lieber Gruss an dich,
Lydie
Für mich ist es das erste Gedichte von dir! Und ich freue mich darüber, dass du überhaupt Gedichte schreibst. Da ich in den Prosabereich noch nicht vorgedrungen bin, erschöpfte sich meine Begegnung mit deinem Umgang mit Texten bisher auf deine Kommentare. Dieses Gedicht hier gehört für mich mit zu dem Beeindruckensten, was mir bisher im Salon begegnet ist. Ich möchte gerne etwas dazu schreiben, werde aber dafür Zeit brauchen und hoffe, ich komme dann auch dazu. So also nur diese kurze Rückmeldung. Nur eine Frage vorher: gibt es etwas, zum Beispiel "oradek", zu dem du mir im Vorfeld einen Schlüssel geben könntest oder müsstest?
Lieber Gruss an dich,
Lydie
Liebe Lydie,
was für ein Kompliment, hui, was sagt man dazu (..)
Zum Verweis: Der Text bezieht sich auf Kafkas "Die Sorge des Hausvaters", den du hier bei Gutenberg lesen kannst:
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1 ... e#gb_found
Lieber Max,
ich melde mich später ausführlich, du weißt ja, was ich gerade tue .-). Aber auch dir schon mal ein Riesendanke!
liebe Grüße,
Lisa
was für ein Kompliment, hui, was sagt man dazu (..)
Zum Verweis: Der Text bezieht sich auf Kafkas "Die Sorge des Hausvaters", den du hier bei Gutenberg lesen kannst:
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1 ... e#gb_found
Lieber Max,
ich melde mich später ausführlich, du weißt ja, was ich gerade tue .-). Aber auch dir schon mal ein Riesendanke!
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
hallo lisa!
für mich ein sehr persönlicher text. bei dem es sich mir verbietet, ausführlicher zu werden. ich finde ihn reizvoll. in dem sinne, das er die sinne anregt, dass ich verstehen will, mehrmals lesen will. ich finde ihn sehr verrätselt, aber auch entschlüsselbar. schlüssig entschlüsselbar.
"rettende" beobacchtung finde ich für mich allerdings zu wertend. könnte nach meinem empfinden fallen gelassen sein.
ansonsten : schwere kost, ganz anders als das, was ich bevorzugt lese und ergo schreibe, aber sehr reizvoll und ergo somit auch antrieb, mein schreiberisches gummiband mehr in dieser richtung auszuprobieren.
lieben gruß: Niko
PS: antwort folgt dennoch später.......zufälliges zeitfenster gerade...
für mich ein sehr persönlicher text. bei dem es sich mir verbietet, ausführlicher zu werden. ich finde ihn reizvoll. in dem sinne, das er die sinne anregt, dass ich verstehen will, mehrmals lesen will. ich finde ihn sehr verrätselt, aber auch entschlüsselbar. schlüssig entschlüsselbar.
"rettende" beobacchtung finde ich für mich allerdings zu wertend. könnte nach meinem empfinden fallen gelassen sein.
ansonsten : schwere kost, ganz anders als das, was ich bevorzugt lese und ergo schreibe, aber sehr reizvoll und ergo somit auch antrieb, mein schreiberisches gummiband mehr in dieser richtung auszuprobieren.
lieben gruß: Niko
PS: antwort folgt dennoch später.......zufälliges zeitfenster gerade...
Hallo Lisa,
ein faszinierendes und eindringliches Gedicht. Für mich versucht LI hier, auf verstörende Weise seinen Schmerz zu verbergen, in dem es für sich selbst "Schutzbehauptungen" aufstellt, vergeblich versucht, sich von sich selbst zu distanzieren. Dies geschieht auf mehrfache Weise. Einmal durch den kursiv im Konjunktiv geschriebenen Untertitel. Durch das "nur", sagt mir diese Zeile, dass hier genau das Gegenteil geschieht. Der Konjunktiv ist kein "echter". Durch den Untertitel wird alles Folgende in einen Raum der Fiktion gesetzt, der jedoch keiner ist.
Zum anderen durch die abstrakte Figur "Odradek". Starres und doch bewegliches Holz, das immer wieder flüchtet und wiederkommt, wie das LI.
"den anderen wieder riechen können wie ein fremdes haus" bedeutet eben, dass es dem LI nicht gelingt, das Haus bleibt fremd. LI betritt das Haus auch nicht. Das Krabbeln, Knacken und Nagen hält es davon ab. LI bleibt im Türrahmen stecken.
Die letzten beiden Zeilen lese ich als hilflosen Zuspruch des LIs an sich selbst, der genau das bestätigt, was nach meiner Lesart hier beschrieben wird. LI findet nicht mehr zurück. Somit ist es eben keine "rettende beobachtung", sondern auch dies "Fiktionsebene".
Dein Gedicht rückt mir als Leser auf die Pelle, hinterlässt einen traurig-nachdenklichen Nachhall. Sehr eindrucksvoll durch Setzung und Inhalt!
Saludos
Gabi
ein faszinierendes und eindringliches Gedicht. Für mich versucht LI hier, auf verstörende Weise seinen Schmerz zu verbergen, in dem es für sich selbst "Schutzbehauptungen" aufstellt, vergeblich versucht, sich von sich selbst zu distanzieren. Dies geschieht auf mehrfache Weise. Einmal durch den kursiv im Konjunktiv geschriebenen Untertitel. Durch das "nur", sagt mir diese Zeile, dass hier genau das Gegenteil geschieht. Der Konjunktiv ist kein "echter". Durch den Untertitel wird alles Folgende in einen Raum der Fiktion gesetzt, der jedoch keiner ist.
Zum anderen durch die abstrakte Figur "Odradek". Starres und doch bewegliches Holz, das immer wieder flüchtet und wiederkommt, wie das LI.
"den anderen wieder riechen können wie ein fremdes haus" bedeutet eben, dass es dem LI nicht gelingt, das Haus bleibt fremd. LI betritt das Haus auch nicht. Das Krabbeln, Knacken und Nagen hält es davon ab. LI bleibt im Türrahmen stecken.
Die letzten beiden Zeilen lese ich als hilflosen Zuspruch des LIs an sich selbst, der genau das bestätigt, was nach meiner Lesart hier beschrieben wird. LI findet nicht mehr zurück. Somit ist es eben keine "rettende beobachtung", sondern auch dies "Fiktionsebene".
Dein Gedicht rückt mir als Leser auf die Pelle, hinterlässt einen traurig-nachdenklichen Nachhall. Sehr eindrucksvoll durch Setzung und Inhalt!
Saludos
Gabi
Hallo Lisa,
das ist wirklich ein spanndes Gedicht. Spannend insofern, als dass du mit dem Odradek einen Köder ausgelegt hast, eine Duftspur, von der man aber nicht gleich weiß, wohin sie führt.
Sicher scheint mir jedoch zu sein: Der Odradek ist der Schlüssel zu dem Gedicht. Nicht nur, weil er im Titel vorkommt, sondern sogar wörtlich aus Kafkas Text zitiert wird.
Was aber ist der Odradek? Als ich Kafkas Text das erste Mal las, musste ich unwillkürlich an einen Cartoon von Loriot denken. Da gibt es einen Benutzer, eine Art umgedrehten Gummiflansch auf den man draufdrücken konnte. Das Teil war völlig sinnlos, außer, dass man ihn benutzen konnte. Soetwas ist witzig, weil es völlig sinnbefreit ist. Auch Kafkas Odradek hat eigentlich keinen "Sinn", nur dass es hier nicht witzig, sondern verstörend ist. Dieses "Teil", das ja auch ein Wesen ist, gemacht aus bekannten Materialien, entzieht sich jeglicher Zuordnung, ist eine Art Eindringling, der kommt und geht wann er will, der spricht wann er will.
Und die Sorge des Hausvaters? Die bezieht sich ja weniger darauf, dass von diesem Gebilde irgendwelcher Schaden ausgehen könnte, sondern auf dem Fehlen eines Sinns, eines Ziels seiner Existenz. Daraus resultiert seine Befürchtung, der Odradek konnte ihn, ja vielleicht alle überleben.
Wo kein Ziel, keine Richtung, da kein Scheitern. Als wäre nur dem Sinnlosen eine fortdauernde Existenz gewährt. Das fällt schwer zu akzeptieren, und man stellt sich vor, das Ding hätte mal einen Sinn gehabt und wäre zerstört. ein Zeichen des Nichtakzeptieren könnens, dass etwas nur um seiner selbst Willen existiert, ohne Nutzen, ohne Aufgabe.
Hier hake ich nun bei dem Gedicht ein. Wenn Odradek Liebe macht, dann kann sie nur ebenso unfassbar sein, wie er selbst und sein Verhalten. Sie kann nur ziellos sein, unberechenbar, verstörend. Sie kann nur die Illusion erzeugen, einmal etwas Ganzes, Sinnvolles gewesen sein, auch wenn es dafür keine sichtbaren Anzeichen gibt.
Die Frage, die sich nun für mich als Leser ergibt, ist aus welcher Perspektive hier beschrieben wird. Ich neige dazu, hier jemanden zu hören, der einen Odradek liebt. Das liegt vor Allem an der Diskrepanz zwischen dem doch sehr umgangssprachlichen und oberflächlichen "Liebe machen" und den nachfolgenden Worten, die in ihrer Subtilität doch wesentlich tiefer greifen.
Also, das LyrI liebt einene Odradek, der kommt und geht wann er will, der nur über das Auskunft gibt, was er will, der nicht zu fassen ist. Der verschwunden ist und wieder zurückkehrt. Und man kann ihn wieder riechen (diese ersten beiden Zeilen kann man ja auch so lesen - den anderen wieder riechen können, weil er wieder da ist. Aber er riecht nach einem fremden Haus, in dem er sich aufgehalten hat.)
Inzwischen entstehen die Fragen, die krabbeln und nagen, knacken im Türrahmen. Wieso dort?
Nun, in Kafkas Text heißt es: "Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen."
Die Begnungen mit dem Odradek findem im "Türrahmen statt. Dieser ist ein Ort des Wartens, ein Durchgangsort, nicht das wirkliche Heim. Der Odradek hat kein echtes ZuHause.
Jener "Durchgang", ist der Ort, an dem das LYrI den Odradek erwartet, hofft ihn zu treffen. Aber dieses fortwähredne Warten, diese Unsicherheit und auch Unfähigkeit den Odradek zu "domestizieren" hinterlässt seine Spuren im LyrI. Eine Abstumpfung findet statt. So zu sehen im Titel, wo der Odradek als Getier bezeichnet wird. Schließlich versiegen auch die Tränen.
Und so könnte der Schluß sein, dass Odradek zwar weiterhin Liebe machen will, dass LyrI aber aufgehört hat zu lieben.
Gut möglich, dass ich mich mit dieser Interpretation total vergallopiert habe, aber es hat unheimlich Spaß gemacht, die Parallelen deines Textes und dem von Kafka ein wenig herauszuspüren. Ob das so stimmt, ist für mich eher zweitrangig.
Toller Text!
Liebe Grüße
Sam
das ist wirklich ein spanndes Gedicht. Spannend insofern, als dass du mit dem Odradek einen Köder ausgelegt hast, eine Duftspur, von der man aber nicht gleich weiß, wohin sie führt.
Sicher scheint mir jedoch zu sein: Der Odradek ist der Schlüssel zu dem Gedicht. Nicht nur, weil er im Titel vorkommt, sondern sogar wörtlich aus Kafkas Text zitiert wird.
Was aber ist der Odradek? Als ich Kafkas Text das erste Mal las, musste ich unwillkürlich an einen Cartoon von Loriot denken. Da gibt es einen Benutzer, eine Art umgedrehten Gummiflansch auf den man draufdrücken konnte. Das Teil war völlig sinnlos, außer, dass man ihn benutzen konnte. Soetwas ist witzig, weil es völlig sinnbefreit ist. Auch Kafkas Odradek hat eigentlich keinen "Sinn", nur dass es hier nicht witzig, sondern verstörend ist. Dieses "Teil", das ja auch ein Wesen ist, gemacht aus bekannten Materialien, entzieht sich jeglicher Zuordnung, ist eine Art Eindringling, der kommt und geht wann er will, der spricht wann er will.
Und die Sorge des Hausvaters? Die bezieht sich ja weniger darauf, dass von diesem Gebilde irgendwelcher Schaden ausgehen könnte, sondern auf dem Fehlen eines Sinns, eines Ziels seiner Existenz. Daraus resultiert seine Befürchtung, der Odradek konnte ihn, ja vielleicht alle überleben.
Wo kein Ziel, keine Richtung, da kein Scheitern. Als wäre nur dem Sinnlosen eine fortdauernde Existenz gewährt. Das fällt schwer zu akzeptieren, und man stellt sich vor, das Ding hätte mal einen Sinn gehabt und wäre zerstört. ein Zeichen des Nichtakzeptieren könnens, dass etwas nur um seiner selbst Willen existiert, ohne Nutzen, ohne Aufgabe.
Hier hake ich nun bei dem Gedicht ein. Wenn Odradek Liebe macht, dann kann sie nur ebenso unfassbar sein, wie er selbst und sein Verhalten. Sie kann nur ziellos sein, unberechenbar, verstörend. Sie kann nur die Illusion erzeugen, einmal etwas Ganzes, Sinnvolles gewesen sein, auch wenn es dafür keine sichtbaren Anzeichen gibt.
Die Frage, die sich nun für mich als Leser ergibt, ist aus welcher Perspektive hier beschrieben wird. Ich neige dazu, hier jemanden zu hören, der einen Odradek liebt. Das liegt vor Allem an der Diskrepanz zwischen dem doch sehr umgangssprachlichen und oberflächlichen "Liebe machen" und den nachfolgenden Worten, die in ihrer Subtilität doch wesentlich tiefer greifen.
Also, das LyrI liebt einene Odradek, der kommt und geht wann er will, der nur über das Auskunft gibt, was er will, der nicht zu fassen ist. Der verschwunden ist und wieder zurückkehrt. Und man kann ihn wieder riechen (diese ersten beiden Zeilen kann man ja auch so lesen - den anderen wieder riechen können, weil er wieder da ist. Aber er riecht nach einem fremden Haus, in dem er sich aufgehalten hat.)
Inzwischen entstehen die Fragen, die krabbeln und nagen, knacken im Türrahmen. Wieso dort?
Nun, in Kafkas Text heißt es: "Manchmal, wenn man aus der Tür tritt und er lehnt gerade unten am Treppengeländer, hat man Lust, ihn anzusprechen."
Die Begnungen mit dem Odradek findem im "Türrahmen statt. Dieser ist ein Ort des Wartens, ein Durchgangsort, nicht das wirkliche Heim. Der Odradek hat kein echtes ZuHause.
Jener "Durchgang", ist der Ort, an dem das LYrI den Odradek erwartet, hofft ihn zu treffen. Aber dieses fortwähredne Warten, diese Unsicherheit und auch Unfähigkeit den Odradek zu "domestizieren" hinterlässt seine Spuren im LyrI. Eine Abstumpfung findet statt. So zu sehen im Titel, wo der Odradek als Getier bezeichnet wird. Schließlich versiegen auch die Tränen.
Und so könnte der Schluß sein, dass Odradek zwar weiterhin Liebe machen will, dass LyrI aber aufgehört hat zu lieben.
Gut möglich, dass ich mich mit dieser Interpretation total vergallopiert habe, aber es hat unheimlich Spaß gemacht, die Parallelen deines Textes und dem von Kafka ein wenig herauszuspüren. Ob das so stimmt, ist für mich eher zweitrangig.
Toller Text!
Liebe Grüße
Sam
Hallo,
ich hätte nicht erwartet, dass so verschiedene Leute mit dem Text etwas anfangen kann. ich bin immer so willkürlich zu meinen Texten eingestellt, dass ich alles und nichts erwarte. Ich freu mich natürlich, aber falls es Gegenstimmen gibt, nur her damit!
Durch eure tollen Interpretationen lag ich gestern abend im Bett und fing selbst das genaue Nachdenken an und war fast verführt, hier nun mitzumischen, aber ich lasse das lieber sein.
Zum Kafkabezug: Einiges von dem, was ihr ausgeführt habt, habe ich genau so "geplant", anderes hat sich wohl auch weniger bewusst passend ergeben, weil ich den Kafkatext schon so ewig kenne. Er ist mir der liebste von allen, obwohl mal jemand, den ich für sehr klug halte (ich sag den Namen hier jetzt nicht, weil ich es nicht mehr genau zitieren kann), als ich mit ihm über den Text sprach, sagte, dass Kafka ihn wohl nicht zu seinen stärksten zählen würde. Ich stimme diesem Urteil wahrscheinlich sogar zu; und trotzdem: Für meine Art, mit der Welt, den Dingen und Begriffen (wie zum Beispiel Liebe) umzugehen eignet er sich einfach sehr. Der Textmangel, den man Kafka vielleicht vorwerfen könnte, ist mein "Guckmangel" in die Welt.
Und ich finde, ihr habt alle so interessant auf die Passagen reagiert. Besonders interessant finde ich die verschiedenen eingenommenen Perspektiven von euch: Dass es eigentlich um das lyr.Ich geht in Bezug auf das Odradeksche (besonders Max), oder aber dass es um ein bestimmtes Du geht (Sam) - oder aber (alle anderen) dass es um ein Thema geht, dass beide mit einbezieht. Und obwohl man manches wohl nicht gleichzeitig sprechen könnte, finde ich doch, dass man es auf die ganz verschiedenen Art lesen kann.
Meine Hauptschreibrichtung war aus der Perspektive des lyr. Ich über das Verhältnis zum anderen zu schreiben, wie es sich verhält - es war allgemein gesprochen (ich habe den hang aus meinen wenigen Erfahrungen, die ich herasufiltern möchte, um etwas darüber zu sagen, allgemeine Worte zu machen, reagiere darauf, dass es mir "wahr" erscheint. das führt z.B., davon bin ich fest überzeugt, auch zu einem wie oben beschriebenen Mangel). Aber ich könnte nicht sagen, was der Fluchtpunkt des Gedichtes ist: Ob es letztlich egozentrisch erzählt oder über den anderen oder über das Verhältnis der beiden - ich muss sagen, dass ich das nicht bestimmen kann, ich glaube wie gesagt, alles steckt darin, aber welche Perspektive die Motivation ist, weiß ich nicht anzugeben. So finde ich es besonders schön, dass es auch Gabriellas Interpretation gibt. Denn man könnte jede Interpreationsperspektive (Max, Sam, Gabriella) als "Grund" angeben, warum es so wird, wie das Gedicht beschreibt: die Angst des lyr. Ichs, die Abhängigkeit des lyr. Ichs oder an der Art des a(/A)nderen
In diesem Sinne nochmal speziell, Sam, finde ich, kannst du dich gar nicht verrannt haben. Viles, von dem du schreibst, habe ich wie du gedacht oder geschrieben - bei manchem würde ich sagen, war mein Gedankengang anders, wir kommen aber an sehr ähnlicher Stelle an, so dass ich gar nicht weiß, ob es letztlich einen Unterscheid macht. Ich freue mich besonders, dass du den Türrahmenbezug hergestellt hast!
Wenn das eine zu allgemeine Antwort war, bitte nochmal Bescheid geben!
liebe Grüße,
Lisa
Ps: Flora und Lydie: Ich freu mich, dass euch der Text so gefallen hat und wenn ihr noch etwas sagen könnt, noch einmal besonders!
ich hätte nicht erwartet, dass so verschiedene Leute mit dem Text etwas anfangen kann. ich bin immer so willkürlich zu meinen Texten eingestellt, dass ich alles und nichts erwarte. Ich freu mich natürlich, aber falls es Gegenstimmen gibt, nur her damit!
Durch eure tollen Interpretationen lag ich gestern abend im Bett und fing selbst das genaue Nachdenken an und war fast verführt, hier nun mitzumischen, aber ich lasse das lieber sein.
Zum Kafkabezug: Einiges von dem, was ihr ausgeführt habt, habe ich genau so "geplant", anderes hat sich wohl auch weniger bewusst passend ergeben, weil ich den Kafkatext schon so ewig kenne. Er ist mir der liebste von allen, obwohl mal jemand, den ich für sehr klug halte (ich sag den Namen hier jetzt nicht, weil ich es nicht mehr genau zitieren kann), als ich mit ihm über den Text sprach, sagte, dass Kafka ihn wohl nicht zu seinen stärksten zählen würde. Ich stimme diesem Urteil wahrscheinlich sogar zu; und trotzdem: Für meine Art, mit der Welt, den Dingen und Begriffen (wie zum Beispiel Liebe) umzugehen eignet er sich einfach sehr. Der Textmangel, den man Kafka vielleicht vorwerfen könnte, ist mein "Guckmangel" in die Welt.
Und ich finde, ihr habt alle so interessant auf die Passagen reagiert. Besonders interessant finde ich die verschiedenen eingenommenen Perspektiven von euch: Dass es eigentlich um das lyr.Ich geht in Bezug auf das Odradeksche (besonders Max), oder aber dass es um ein bestimmtes Du geht (Sam) - oder aber (alle anderen) dass es um ein Thema geht, dass beide mit einbezieht. Und obwohl man manches wohl nicht gleichzeitig sprechen könnte, finde ich doch, dass man es auf die ganz verschiedenen Art lesen kann.
Meine Hauptschreibrichtung war aus der Perspektive des lyr. Ich über das Verhältnis zum anderen zu schreiben, wie es sich verhält - es war allgemein gesprochen (ich habe den hang aus meinen wenigen Erfahrungen, die ich herasufiltern möchte, um etwas darüber zu sagen, allgemeine Worte zu machen, reagiere darauf, dass es mir "wahr" erscheint. das führt z.B., davon bin ich fest überzeugt, auch zu einem wie oben beschriebenen Mangel). Aber ich könnte nicht sagen, was der Fluchtpunkt des Gedichtes ist: Ob es letztlich egozentrisch erzählt oder über den anderen oder über das Verhältnis der beiden - ich muss sagen, dass ich das nicht bestimmen kann, ich glaube wie gesagt, alles steckt darin, aber welche Perspektive die Motivation ist, weiß ich nicht anzugeben. So finde ich es besonders schön, dass es auch Gabriellas Interpretation gibt. Denn man könnte jede Interpreationsperspektive (Max, Sam, Gabriella) als "Grund" angeben, warum es so wird, wie das Gedicht beschreibt: die Angst des lyr. Ichs, die Abhängigkeit des lyr. Ichs oder an der Art des a(/A)nderen
In diesem Sinne nochmal speziell, Sam, finde ich, kannst du dich gar nicht verrannt haben. Viles, von dem du schreibst, habe ich wie du gedacht oder geschrieben - bei manchem würde ich sagen, war mein Gedankengang anders, wir kommen aber an sehr ähnlicher Stelle an, so dass ich gar nicht weiß, ob es letztlich einen Unterscheid macht. Ich freue mich besonders, dass du den Türrahmenbezug hergestellt hast!
Wenn das eine zu allgemeine Antwort war, bitte nochmal Bescheid geben!
liebe Grüße,
Lisa
Ps: Flora und Lydie: Ich freu mich, dass euch der Text so gefallen hat und wenn ihr noch etwas sagen könnt, noch einmal besonders!
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo Lisa,
ich versuche mal mich meinem Lesen und den Fragen, die mir das Gedicht stellt zu nähern.
Entsprechungen V
Ein Vorwort. Was sagt mir das? Ich erwarte Dinge, die zusammenstimmen, Harmonien erzeugen. Es ist schon ein Weg bis zur V, da ist bereits Erfahrung, da gibt es schon eine Vorgeschichte. Andererseits schwingt in diesem Wort auch das Sprechen, die Sprache mit und Versprechungen. Und all das klammert sich da an den Rand. Klammert sich LIch daran? Darunter das Zitat, das sich hier für mich aber erst einmal nicht auf den Odradek bezieht, sondern auf die Entsprechungen. Zerbrach die Entsprechung und daraus entstand die Sinnlosigkeit, oder ist das ein Trugbild?
Die Punkte im Titel sind für mich Atemzeichen, oder Suchzeichen. Wie das ganze Gedicht eigentlich von der Auslassung lebt, einer Ergänzung, die es braucht, die verlorengegangen scheint. Und im ersten Moment scheint es ganz leicht, sie wieder einzusetzen, doch dann gerät man ins Zweifeln, ob es dann auch die richtige Ergänzung ist. Die, die das Ganze wieder Heil machen, die die Harmonie wieder herstellen, einen Sinn einsetzen könnte und letztlich, ob sie überhaupt das bewirkt, was man sich davon erwartet, ob sich nicht alles ins Gegenteil verkehrt, schon die Erwartungshaltung eine falsche war. Man ist versucht zu glauben.
Es könnte auch heißen: Wie sich das Getier inzwischen verändert hat.
Getier klingt abwertend, distanziert, herabschauend. Hat Odradek sich durch die Liebe, die er auslöst, erschafft, ermöglicht verändert, wurde er erwachsen, sterblich, angsteinflößend? Wächst er, bekommt plötzlich auch eine Körperlichkeit, eine Sexualität, etwas Tierisches, verliert seine Kindlichkeit, seine Unschuld?
Was man liebt stirbt.
Odradek macht Liebe. Das klingt andererseits für mich fast wie eine trotzige Behauptung, man könnte sich auch ein „sogar“ davor denken. Und dann muss es doch auch einem selbst gelingen, dem LIch, das sich nur von Außen wahrzunehmen scheint, über die Anderen, Odradek und die Selbstbeobachtung. (Denn ich sehe es am Ende über sich selbst sprechen.)
Aufgrund der Veränderung scheint LIch seine Bezugspunkte zu verlieren, es weiß sich nicht mehr selbst zu definieren. Vielleicht lese ich auch, „Was ist dir - geschehen?“ „Was bist du inzwischen geworden?“ Und auch die Fragen, warum hast du denn überhaupt geweint (fast schon ohne es (noch) zu bemerken) und warum tust du es jetzt nicht mehr?
Da ist dieses „Inzwischen“ eigentlich zeitlich, aber hier auch der Türrahmen und da krabbelt es und knackt und nagt es im LIch. Etwas ist in Bewegung geraten, erzeugt Geräusche, stört die Entsprechung. Und aus diesem Stören, der neuen Frage, die da in den Türrahmen gestellt wird, entsteht auch etwas, man kann sich wieder riechen, den anderen wahrnehmen als etwas Fremdes und Anderes. Vielleicht war man sich in der Entsprechung so vertraut, aneinander gewöhnt, dass man im gemeinsamen Geruch und Klang, der vertrauten Sprache Sich (den anderen und sich selbst) nicht mehr wahrnehmen konnte.
„Ein fremdes Haus“ finde ich wunderbar gesetzt, weil es so viele eigene Assoziationen freisetzt und weil es diese zwei Seiten einfängt, die negativen, aber auch positiven Aspekte, die damit verknüpft sein können.
Das Gedicht selbst ist ein fremdes Haus, und indem es das für einen leistet, gerät man selbst in den Türrahmen. Stellt fest, alles Gesagte hat diese zwei Seiten und darüber hinaus viele Aussichten. Wie auch die letzten zwei Zeilen. Was wäre denn (noch) zu retten und warum weinte LIch überhaupt im alten Haus, in der Entsprechung. Konnte sie das LIch nicht „heil“ und „glücklich“ machen? Und warum weint es nun nicht mehr, weil es nichts mehr fühlt, oder weil es wieder anfängt zu fühlen? Weil die Liebe gegangen ist, oder weil sie zurückkehrt? Das „heute“ ist auch spannend, weil es dem ganzen auch einen zeitlichen Rahmen gibt, und weil es der "Hoffnung" eine Kontinuität gibt, wie die V. Da gab es auch vorher schon Beobachtungen und es wird sie auch in Zukunft geben. Wie auch Odradek immer wieder zurückkehrt.
Das hat wirklich Freude gemacht darüber nachzudenken und wird es auch noch weiter, denn ich habe mit Sicherheit noch nicht alle Fragen darin entdeckt und manches steht da vielleicht auch gar nicht, auch nicht in den Leerzeilen .-) und manches habe ich mir sicher auch (unbewusst) aus deinen anderen Texten ergänzt.
Jetzt lese ich mal die anderen Kommentare.
liebe Grüße
Flora
ich versuche mal mich meinem Lesen und den Fragen, die mir das Gedicht stellt zu nähern.

Entsprechungen V
Ein Vorwort. Was sagt mir das? Ich erwarte Dinge, die zusammenstimmen, Harmonien erzeugen. Es ist schon ein Weg bis zur V, da ist bereits Erfahrung, da gibt es schon eine Vorgeschichte. Andererseits schwingt in diesem Wort auch das Sprechen, die Sprache mit und Versprechungen. Und all das klammert sich da an den Rand. Klammert sich LIch daran? Darunter das Zitat, das sich hier für mich aber erst einmal nicht auf den Odradek bezieht, sondern auf die Entsprechungen. Zerbrach die Entsprechung und daraus entstand die Sinnlosigkeit, oder ist das ein Trugbild?
Die Punkte im Titel sind für mich Atemzeichen, oder Suchzeichen. Wie das ganze Gedicht eigentlich von der Auslassung lebt, einer Ergänzung, die es braucht, die verlorengegangen scheint. Und im ersten Moment scheint es ganz leicht, sie wieder einzusetzen, doch dann gerät man ins Zweifeln, ob es dann auch die richtige Ergänzung ist. Die, die das Ganze wieder Heil machen, die die Harmonie wieder herstellen, einen Sinn einsetzen könnte und letztlich, ob sie überhaupt das bewirkt, was man sich davon erwartet, ob sich nicht alles ins Gegenteil verkehrt, schon die Erwartungshaltung eine falsche war. Man ist versucht zu glauben.
Es könnte auch heißen: Wie sich das Getier inzwischen verändert hat.
Getier klingt abwertend, distanziert, herabschauend. Hat Odradek sich durch die Liebe, die er auslöst, erschafft, ermöglicht verändert, wurde er erwachsen, sterblich, angsteinflößend? Wächst er, bekommt plötzlich auch eine Körperlichkeit, eine Sexualität, etwas Tierisches, verliert seine Kindlichkeit, seine Unschuld?
Was man liebt stirbt.
Odradek macht Liebe. Das klingt andererseits für mich fast wie eine trotzige Behauptung, man könnte sich auch ein „sogar“ davor denken. Und dann muss es doch auch einem selbst gelingen, dem LIch, das sich nur von Außen wahrzunehmen scheint, über die Anderen, Odradek und die Selbstbeobachtung. (Denn ich sehe es am Ende über sich selbst sprechen.)
Aufgrund der Veränderung scheint LIch seine Bezugspunkte zu verlieren, es weiß sich nicht mehr selbst zu definieren. Vielleicht lese ich auch, „Was ist dir - geschehen?“ „Was bist du inzwischen geworden?“ Und auch die Fragen, warum hast du denn überhaupt geweint (fast schon ohne es (noch) zu bemerken) und warum tust du es jetzt nicht mehr?
Da ist dieses „Inzwischen“ eigentlich zeitlich, aber hier auch der Türrahmen und da krabbelt es und knackt und nagt es im LIch. Etwas ist in Bewegung geraten, erzeugt Geräusche, stört die Entsprechung. Und aus diesem Stören, der neuen Frage, die da in den Türrahmen gestellt wird, entsteht auch etwas, man kann sich wieder riechen, den anderen wahrnehmen als etwas Fremdes und Anderes. Vielleicht war man sich in der Entsprechung so vertraut, aneinander gewöhnt, dass man im gemeinsamen Geruch und Klang, der vertrauten Sprache Sich (den anderen und sich selbst) nicht mehr wahrnehmen konnte.
„Ein fremdes Haus“ finde ich wunderbar gesetzt, weil es so viele eigene Assoziationen freisetzt und weil es diese zwei Seiten einfängt, die negativen, aber auch positiven Aspekte, die damit verknüpft sein können.
Das Gedicht selbst ist ein fremdes Haus, und indem es das für einen leistet, gerät man selbst in den Türrahmen. Stellt fest, alles Gesagte hat diese zwei Seiten und darüber hinaus viele Aussichten. Wie auch die letzten zwei Zeilen. Was wäre denn (noch) zu retten und warum weinte LIch überhaupt im alten Haus, in der Entsprechung. Konnte sie das LIch nicht „heil“ und „glücklich“ machen? Und warum weint es nun nicht mehr, weil es nichts mehr fühlt, oder weil es wieder anfängt zu fühlen? Weil die Liebe gegangen ist, oder weil sie zurückkehrt? Das „heute“ ist auch spannend, weil es dem ganzen auch einen zeitlichen Rahmen gibt, und weil es der "Hoffnung" eine Kontinuität gibt, wie die V. Da gab es auch vorher schon Beobachtungen und es wird sie auch in Zukunft geben. Wie auch Odradek immer wieder zurückkehrt.
Das hat wirklich Freude gemacht darüber nachzudenken und wird es auch noch weiter, denn ich habe mit Sicherheit noch nicht alle Fragen darin entdeckt und manches steht da vielleicht auch gar nicht, auch nicht in den Leerzeilen .-) und manches habe ich mir sicher auch (unbewusst) aus deinen anderen Texten ergänzt.
Jetzt lese ich mal die anderen Kommentare.
liebe Grüße
Flora
Liebe Lisa,
eine große Faszination ist in dem Text, der ja so kurz ist, dass mans nicht vermutet
Das Gebilde, dass früher eine Form hatte, brauchbar war, ist für mich die kaputt gegangene Liebe.
Deswegen ist Odradek zum Vieh geworden inzwischen, löst Ekel beim einst ihn liebenden LI aus. Vielleicht sogar Hass auf ihn, denn "O. macht Liebe" klingt mir zynisch, als würde LI da stehen, die Hand in der Hüfte, mit herabgezogenen Munkwinkel, und ihm das sagen.
Was aber die Entliebung gemacht hat, ist, den anderen wieder riechen können wie ein fremdes Haus, O. ist nicht mehr "ihrer", und die Phase des Nichtriechenkönnens ist vorbei. Jetzt ist da Distanz. Meint LI, obwohl es noch das Hintergrundrauschen gibt wie Krabbeln u.s.w.
Odradek, auf Besuch, lehnt im Türrahmen, kommt nicht mehr herein.
Der Kampf ist vorüber, Verwunderung ist da: es wird nicht mehr geweint, was ja auch weiterhin rettet vor dem verlorenen Gefühl der Liebe.
Und das gefällt mir, auch wenn es so nichts mit Kafka zu schaffen hat.
Lieben Gruß
ELsa
eine große Faszination ist in dem Text, der ja so kurz ist, dass mans nicht vermutet

Das Gebilde, dass früher eine Form hatte, brauchbar war, ist für mich die kaputt gegangene Liebe.
Deswegen ist Odradek zum Vieh geworden inzwischen, löst Ekel beim einst ihn liebenden LI aus. Vielleicht sogar Hass auf ihn, denn "O. macht Liebe" klingt mir zynisch, als würde LI da stehen, die Hand in der Hüfte, mit herabgezogenen Munkwinkel, und ihm das sagen.
Was aber die Entliebung gemacht hat, ist, den anderen wieder riechen können wie ein fremdes Haus, O. ist nicht mehr "ihrer", und die Phase des Nichtriechenkönnens ist vorbei. Jetzt ist da Distanz. Meint LI, obwohl es noch das Hintergrundrauschen gibt wie Krabbeln u.s.w.
Odradek, auf Besuch, lehnt im Türrahmen, kommt nicht mehr herein.
Der Kampf ist vorüber, Verwunderung ist da: es wird nicht mehr geweint, was ja auch weiterhin rettet vor dem verlorenen Gefühl der Liebe.
Und das gefällt mir, auch wenn es so nichts mit Kafka zu schaffen hat.
Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen
Huhu Lisa!
Meine Vorredner haben ja schon nahezu alles interpretiert, was interpretierbar an diesem Gedicht ist - un ich glaube vor allem das ist auch eine seiner leicht verwirrenden Stärken - das jedem eine Geschichte dazu einfällt. Mir fällt auch eine Geschichte dazu ein, obwohl ich ehrlich überlegen muss auf welche Kernaussage ich den Text festnageln kann... (Vielleicht ist das auch unwichtig!?)
Wenn diese "Odradekliebe" eine sinnlose, unerklärliche, dauerhafte und leicht bedrohliche Liebe ist, dann versuche ich auch all diese Komponenten im Text wiederzuentdecken. Vor allem dein ZItat veranlasst mich dazu an eine ehemals vielleicht "sinnvolle Liebe" zu glauben, die jetzt "vielleicht nur zerbrochen wäre" - da lese ich so ähnlich wie Max.
Am Anfang, als es um das Haus geht (was ich auch sehr gelungen fand) - da lese ich den Wunsch heraus diese Liebe wieder so zu empfinden wie am Anfang, als sie ja vielleicht noch dieses Zielgerichtete, Sinnvolle in sich hätte tragen können...
Daraufhin kommen aber die Zerbrechens-Alliterationen und das Vergangene dieser Art der Liebe wird deutlich - aber ist es deshalb genauso "sinnlos" wie das Odradek?
Ich finde diese hier beschriebene Liebe gar nicht so sinnlos und absurd wie das Oradek. Gut, sie krabbelt, knackt, nagt... und ihrem Türrahmen scheint es nicht so gut zu gehen - Aber ist sie deshalb wirklich genauso unsinnig, berrohlich, verstörend wie das Oradek?
Vielleicht muss sie das gar nicht sein. Vielleicht darf man den Bezug nicht so eng sehen oder eben nur das Zitat betrachten... Vielleicht? Hast du dazu eine Idee, Lisa?
Mir fehlt auch ein bisschen die kuriose Form dieser Liebe/dieses Hauses, die das Oradek ja auszeichnen... Andererseits ist ja "jemand" dieses Ding... ich bin selbst schon ganz verwirrt
Naja, aber das fand ich alles noch sehr schön zu lesen - mit dem Ende kann ich aber nur wenig anfangen. Es hört sich einerseits so an, als "müsste" man in dieser Lage weinen, tut es aber nicht - und die Frage danach sei schon eine Rettun aus dem "geschwundenen Gefühl" -
Aber...mm....*grummel, grummel*... das ist mir nicht klar und zu unbildlich... Ich wünschte mir eher, dass mal der "getier-begriff" aus dem Titel aufgegriffen würde - über den ich auch noch rätsle...also das heißt ich denke mir tausend varianten dazu und wie du an den kommentaren merkst macht es auch wirklich großen spaß deine texte zu "entschlüsseln" - auch wenn sie am ende keiner enträtseln kann - es ist wie auf einer schatzsuche, bei der der schatz schon gefunden wurde mit deinen texten
...
Deshalb kannst du dich wohl höchstens selbst befragen, ob für dich der bezug vollkommen aufgeht. Bezüge sind auch immer sehr heikel, finde ich - obwohl das hier von euch beiden, von kafka un von dir eine wunderbare idee ist.
Ich würde mir vieleicht das getier im bezug auf den text und das Ende angucken... aber du musst nur schauen ob es für dich stimmig ist - wenn es das ist, kann es auch so bleiben.
Schön finde ich den text natürlich allemal und ich habe wieder nach einem schatz gesucht und 1000 andere gefunden
Schönen Tag, Lisa, welche drei Meter von mir entfernt in der Küche steht (Das ist nämlich gestörte Kommunikation! Ich könnte dir das auch sagen! Aber ich schreibe es hier lieber heimlich hinter deinem Rücken, um nicht angreifbar zu sein
...)
l
Meine Vorredner haben ja schon nahezu alles interpretiert, was interpretierbar an diesem Gedicht ist - un ich glaube vor allem das ist auch eine seiner leicht verwirrenden Stärken - das jedem eine Geschichte dazu einfällt. Mir fällt auch eine Geschichte dazu ein, obwohl ich ehrlich überlegen muss auf welche Kernaussage ich den Text festnageln kann... (Vielleicht ist das auch unwichtig!?)
Wenn diese "Odradekliebe" eine sinnlose, unerklärliche, dauerhafte und leicht bedrohliche Liebe ist, dann versuche ich auch all diese Komponenten im Text wiederzuentdecken. Vor allem dein ZItat veranlasst mich dazu an eine ehemals vielleicht "sinnvolle Liebe" zu glauben, die jetzt "vielleicht nur zerbrochen wäre" - da lese ich so ähnlich wie Max.
Am Anfang, als es um das Haus geht (was ich auch sehr gelungen fand) - da lese ich den Wunsch heraus diese Liebe wieder so zu empfinden wie am Anfang, als sie ja vielleicht noch dieses Zielgerichtete, Sinnvolle in sich hätte tragen können...
Daraufhin kommen aber die Zerbrechens-Alliterationen und das Vergangene dieser Art der Liebe wird deutlich - aber ist es deshalb genauso "sinnlos" wie das Odradek?
Ich finde diese hier beschriebene Liebe gar nicht so sinnlos und absurd wie das Oradek. Gut, sie krabbelt, knackt, nagt... und ihrem Türrahmen scheint es nicht so gut zu gehen - Aber ist sie deshalb wirklich genauso unsinnig, berrohlich, verstörend wie das Oradek?
Vielleicht muss sie das gar nicht sein. Vielleicht darf man den Bezug nicht so eng sehen oder eben nur das Zitat betrachten... Vielleicht? Hast du dazu eine Idee, Lisa?
Mir fehlt auch ein bisschen die kuriose Form dieser Liebe/dieses Hauses, die das Oradek ja auszeichnen... Andererseits ist ja "jemand" dieses Ding... ich bin selbst schon ganz verwirrt

Naja, aber das fand ich alles noch sehr schön zu lesen - mit dem Ende kann ich aber nur wenig anfangen. Es hört sich einerseits so an, als "müsste" man in dieser Lage weinen, tut es aber nicht - und die Frage danach sei schon eine Rettun aus dem "geschwundenen Gefühl" -
Aber...mm....*grummel, grummel*... das ist mir nicht klar und zu unbildlich... Ich wünschte mir eher, dass mal der "getier-begriff" aus dem Titel aufgegriffen würde - über den ich auch noch rätsle...also das heißt ich denke mir tausend varianten dazu und wie du an den kommentaren merkst macht es auch wirklich großen spaß deine texte zu "entschlüsseln" - auch wenn sie am ende keiner enträtseln kann - es ist wie auf einer schatzsuche, bei der der schatz schon gefunden wurde mit deinen texten

Deshalb kannst du dich wohl höchstens selbst befragen, ob für dich der bezug vollkommen aufgeht. Bezüge sind auch immer sehr heikel, finde ich - obwohl das hier von euch beiden, von kafka un von dir eine wunderbare idee ist.
Ich würde mir vieleicht das getier im bezug auf den text und das Ende angucken... aber du musst nur schauen ob es für dich stimmig ist - wenn es das ist, kann es auch so bleiben.
Schön finde ich den text natürlich allemal und ich habe wieder nach einem schatz gesucht und 1000 andere gefunden

Schönen Tag, Lisa, welche drei Meter von mir entfernt in der Küche steht (Das ist nämlich gestörte Kommunikation! Ich könnte dir das auch sagen! Aber ich schreibe es hier lieber heimlich hinter deinem Rücken, um nicht angreifbar zu sein

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