Füreinander geschaffen.
Wir lügen nebeneinander im Schatten der Liebe
die über uns ihre Äste spannt.
Ein Frühjahrs-Netz mit ungleichen Maschen
das ein paar Knospen fängt
und den Blick auf den Himmel zerstückelt-
unordentlich aber rational.
_________________
Eine zwischenzeitige Alternativversion, die auf Vers 1 und 7 verzichtete, habe ich wieder gestrichen.
Wie tief ist das Wasser?
Lieber Last,
das finde ich auf der metaphorischen Ebene überzeugend. Du hast das Bild gut durchgehalten. Ich sehe die beiden unter dem Baum liegen und einander etwas vormachen. Denn es ist nur der Schatten der Liebe, der sie berührt, nicht die Liebe selbst. Keine Verbindung zur Liebe und ihrer Lebenskraft.
Schatten, Netz, Maschen, abgefallene Knospen, zerstückelter Himmel.
Alles nur Abglanz, nichts echt und wirkmächtig.
Letztlich ist es egal, wie tief das Wasser ist. Denn die Protagonisten haben keine Wurzeln, die dorthin reichen würden.
Ich weiß nicht, ist das verständlich?
Liebe Grüße
leonie
das finde ich auf der metaphorischen Ebene überzeugend. Du hast das Bild gut durchgehalten. Ich sehe die beiden unter dem Baum liegen und einander etwas vormachen. Denn es ist nur der Schatten der Liebe, der sie berührt, nicht die Liebe selbst. Keine Verbindung zur Liebe und ihrer Lebenskraft.
Schatten, Netz, Maschen, abgefallene Knospen, zerstückelter Himmel.
Alles nur Abglanz, nichts echt und wirkmächtig.
Letztlich ist es egal, wie tief das Wasser ist. Denn die Protagonisten haben keine Wurzeln, die dorthin reichen würden.
Ich weiß nicht, ist das verständlich?
Liebe Grüße
leonie
Hallo Last,
ich musste gleich an "die Bohrinsel" denken, in der die Antwort gegeben wird. "Das Wasser ist tief." Und das hier steht sogar in Liebeslyrik.
Ich lese, begreife es jedoch anders als Leonie. Wie kann ich aber noch nicht erklären.
Dem "wow" kann ich mich aber schon mal anschließen.
liebe Grüße
smile
edit:
Nein! Die letzte Zeile ist wunderbar.
ich musste gleich an "die Bohrinsel" denken, in der die Antwort gegeben wird. "Das Wasser ist tief." Und das hier steht sogar in Liebeslyrik.

Ich lese, begreife es jedoch anders als Leonie. Wie kann ich aber noch nicht erklären.
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liebe Grüße
smile
edit:
hakuin hat geschrieben:ha! und vielleicht noch runder ohne die letzte zeile...?
Nein! Die letzte Zeile ist wunderbar.
Hallo Leonie,
ja, das ist so verständlich. Die Lesart kann ich sehr gut nachvollziehen. Es freut mich natürlich besonders, dass es gefallen konnte.
------------
Hallo Hakuin,
mit dem letzten Vers bin ich auch noch etwas im Unklaren. Einwände kann ich nachvollziehen. Es bricht sich ja die Bildebene. Das kann beim lesen stören.
Andererseits kommt so eine Facette mit rein, von der ich meine, dass dem Text ohne das etwas fehlt, was man sonst wohl nicht entdecken könnte. In gewisser Hinsicht soll das Lesen gestört werden, nur halt nicht so, dass das Vergnügen verloren geht.
Ich muss mir das noch genauer überlegen.
------------
Hallo Smile, oder soll ich lieber schonmal Flora sagen?
Ja, das mit der Bohrinsel war wohl eine gewisse Verpflichtung. Außerdem empfinde ich den Sprung zwischen den Elementen Wasser und Luft, dem Unten und Oben, sehr reizvoll. Gerade an einem Baum wird das Zusammenspiel deutlich. Die Vorstellung, dass er seine Äste wie Wurzeln in die Luft bohrt, dort aber nichts greifen kann; andererseits die Wurzeln, die als Äste in den Boden vordringen, nach Wasser saugen, aber sich nicht frei entfalten und keine Frucht bringen.
Auf deine Lesart bin ich natürlich gespannt
LG
Last
ja, das ist so verständlich. Die Lesart kann ich sehr gut nachvollziehen. Es freut mich natürlich besonders, dass es gefallen konnte.

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Hallo Hakuin,
mit dem letzten Vers bin ich auch noch etwas im Unklaren. Einwände kann ich nachvollziehen. Es bricht sich ja die Bildebene. Das kann beim lesen stören.
Andererseits kommt so eine Facette mit rein, von der ich meine, dass dem Text ohne das etwas fehlt, was man sonst wohl nicht entdecken könnte. In gewisser Hinsicht soll das Lesen gestört werden, nur halt nicht so, dass das Vergnügen verloren geht.
Ich muss mir das noch genauer überlegen.

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Hallo Smile, oder soll ich lieber schonmal Flora sagen?
Ja, das mit der Bohrinsel war wohl eine gewisse Verpflichtung. Außerdem empfinde ich den Sprung zwischen den Elementen Wasser und Luft, dem Unten und Oben, sehr reizvoll. Gerade an einem Baum wird das Zusammenspiel deutlich. Die Vorstellung, dass er seine Äste wie Wurzeln in die Luft bohrt, dort aber nichts greifen kann; andererseits die Wurzeln, die als Äste in den Boden vordringen, nach Wasser saugen, aber sich nicht frei entfalten und keine Frucht bringen.
Auf deine Lesart bin ich natürlich gespannt

LG
Last
Hallo Last,
dein eigener Kommentar bezüglich des Oben und Unten, Wasser und Himmel/Luft und wie sich das am Baum zeigt und das Bild sich verkehrt, hat glaube ich meinen ersten nach Worten suchenden Eindruck schon sehr treffend aufgegriffen. Faszinierend finde ich, dass das Gesamtbild in sich zwar sehr ruhig auf mich wirkt, ich höre eine sehr gelassene Stimme/Stimmung darin, aber dass das eigentlich erreicht wird durch eine starke Bewegung, ein Schwanken zwischen verschiedenen möglichen Interpretationen. Jede Zeile, ja beinahe jedes Wort ist auf zwei Arten lesbar, positiv, verliebt oder liebevoll aber auch rational und ins Negative gewendet. Du spielst mit der gewohnten Bedeutung und spiegelst sie, nichts scheint sicher zu sein und seltsamerweise geschieht durch das bewusste Eingeständnis dessen genau das Gegenteil, dass nämlich eine große Sicherheit und Ruhe entsteht.
Wenn man sich auf die einzelnen Zeilen einlässt (und ich möchte da keine herausheben, sie sind alle genau richtig gesetzt, auch die Letzte!), ist es erstaunlich, wie widersprüchlich und doch schlüssig sie komponiert sind. Am Ende bin ich so verwirrt, wie man verliebt ist.
Und lese immer wieder und freue mich daran... (vor allem an der liebevollen Variante.
)
liebe Grüße
Flora
dein eigener Kommentar bezüglich des Oben und Unten, Wasser und Himmel/Luft und wie sich das am Baum zeigt und das Bild sich verkehrt, hat glaube ich meinen ersten nach Worten suchenden Eindruck schon sehr treffend aufgegriffen. Faszinierend finde ich, dass das Gesamtbild in sich zwar sehr ruhig auf mich wirkt, ich höre eine sehr gelassene Stimme/Stimmung darin, aber dass das eigentlich erreicht wird durch eine starke Bewegung, ein Schwanken zwischen verschiedenen möglichen Interpretationen. Jede Zeile, ja beinahe jedes Wort ist auf zwei Arten lesbar, positiv, verliebt oder liebevoll aber auch rational und ins Negative gewendet. Du spielst mit der gewohnten Bedeutung und spiegelst sie, nichts scheint sicher zu sein und seltsamerweise geschieht durch das bewusste Eingeständnis dessen genau das Gegenteil, dass nämlich eine große Sicherheit und Ruhe entsteht.
Wenn man sich auf die einzelnen Zeilen einlässt (und ich möchte da keine herausheben, sie sind alle genau richtig gesetzt, auch die Letzte!), ist es erstaunlich, wie widersprüchlich und doch schlüssig sie komponiert sind. Am Ende bin ich so verwirrt, wie man verliebt ist.

Und lese immer wieder und freue mich daran... (vor allem an der liebevollen Variante.
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liebe Grüße
Flora

Hallo Last!
Schön von dir zu lesen.
Der Titel hat mir sehr gefallen, obgleich ich danach leicht panisch nach dem Wasser im Text gesucht habe und mich irgendwann damit zufrieden gab es nur ansatzweise im Himmel zu sehen.
Mich haben deine Bilder auch überzeugen können, die erste und die letzte Zeile brachten mich aber auch ins Grübeln. Bei beiden kann ich nicht mit Sicherheit behaupten, dass sie zwingend notwendig wären. Sie engen die Interpretation doch schon sehr ein finde ich. Ohne die beiden würde das Gedicht für mich wohl mehr Weite und Spielraum bekommen.
Vielleicht könnte es in der zweiten Zeile auch "Liebesschatten" heißen (und danach: "...der....seine Äste..."?) ?
Ich habe mich auch gefragt, was genau du mit "rational" in diesem Zusammenhang meinst. Das diese schattige Liebe als "rational" zerstückelt erscheint ist mir klar, aber die Natur selbst? Ist die wirklich unordentlich aber rational? So kommt es mir nämlich vor.
Andererseits hebt das Ende deine Himmels-Frühlings-Bilder, die ja eher leichterer Natur sind auf eine realistischere Ebene, die mir gut gefällt. Ich finde es nur schade, dass du dafür keinen anderen, plastischeren Ausdruck verwendest als diese beiden eher abstrakten Adjektive. Adjektive sollen ja angeblich immer ganz böse sein für die Lyrik. Dem will ich mich nicht anschließen, ich würde sie aber trotzdem noch einmal gut überdenken und vielleicht nach einem anderen "Bruch" suchen. Natürlich ist der auch im zerstückelten Himmel vorhanden... Schwierig, schwierig....
Naja, ich habe es jedenfalls gerne gelesen.
Freue mich auf weitere Texte!
l
Schön von dir zu lesen.
Der Titel hat mir sehr gefallen, obgleich ich danach leicht panisch nach dem Wasser im Text gesucht habe und mich irgendwann damit zufrieden gab es nur ansatzweise im Himmel zu sehen.
Mich haben deine Bilder auch überzeugen können, die erste und die letzte Zeile brachten mich aber auch ins Grübeln. Bei beiden kann ich nicht mit Sicherheit behaupten, dass sie zwingend notwendig wären. Sie engen die Interpretation doch schon sehr ein finde ich. Ohne die beiden würde das Gedicht für mich wohl mehr Weite und Spielraum bekommen.
Vielleicht könnte es in der zweiten Zeile auch "Liebesschatten" heißen (und danach: "...der....seine Äste..."?) ?
Ich habe mich auch gefragt, was genau du mit "rational" in diesem Zusammenhang meinst. Das diese schattige Liebe als "rational" zerstückelt erscheint ist mir klar, aber die Natur selbst? Ist die wirklich unordentlich aber rational? So kommt es mir nämlich vor.
Andererseits hebt das Ende deine Himmels-Frühlings-Bilder, die ja eher leichterer Natur sind auf eine realistischere Ebene, die mir gut gefällt. Ich finde es nur schade, dass du dafür keinen anderen, plastischeren Ausdruck verwendest als diese beiden eher abstrakten Adjektive. Adjektive sollen ja angeblich immer ganz böse sein für die Lyrik. Dem will ich mich nicht anschließen, ich würde sie aber trotzdem noch einmal gut überdenken und vielleicht nach einem anderen "Bruch" suchen. Natürlich ist der auch im zerstückelten Himmel vorhanden... Schwierig, schwierig....
Naja, ich habe es jedenfalls gerne gelesen.
Freue mich auf weitere Texte!
l
Hallo Louisa,
das hier ist eines von den werde-mitten-in-der-Nacht-wach-und-renne-zum-Schreibtisch-um-ein-Gedicht-zu-schreiben-und-bete-darum-keinen-Vers-zu-vergessen-Gedichten. In dieser Nacht habe ich sogar gleich drei Gedichte auf einmal einfach so runter geschrieben und habe noch die Vermutung, dass da ein viertes gewesen ist, das ich vergessen habe.
Ich finde es dabei interessant, wie sie einerseits in ihrer Bildebene doch immer besonders zugänglich sind, aber gleichzeitig schleichen sich die "verbotenen" Abstrakta und Verallgemeinerungen ein und wecken in mir das Gefühl, dass Abstrakta träumbar sind; was wiederrum zu einer Verstockung meinerseits führt: warum ein Bild wählen wo kein Bild gemeint ist, sondern der Verlust eines Bildes?
Dem Leser ein weiteres Bild vor Augen führen, das gar nicht da ist, kann nicht die "richtige" Lösung sein. Daher müsste ich wenn die betreffenden Zeilen streichen.
Darüber muss ich halt grübeln. Das Bild würde ohne die abstrakten Verse wohl stärker wirken, andererseits machen sie das Bild ja nur kaputt indem sie zu halten versuchen, was nicht zu halten ist, oder halten fest, was noch zu retten ist. Die entscheidende Frage ist wohl diese: "Steckt die Verzerrung des Bilderrahmens bereits im Bild selbst und der Abwesenheit von Wasser drin?"
Reicht der Paradiesbezug zum Auftakt und der zerstückelte Himmel aus? Worin besteht dann die Lüge? Wird sie selbst zum abwesenden Wasser?
Ich stelle mal eine gekürzte Version daneben.
Für mich klingt es besser, wenn ich die altmodischere(?) Zusammensetzung verwende. Einerseits ist dann das Bild für mich stimmiger, weil die Liebe und ihr Schatten getrennt bleiben, und der Vers in gewisser Hinsicht als Anspielung auf Pompösformulierungen gelesen werden soll. Außerdem verwende ich beim Frühjahrs-Netz ja die andere Möglichkeit und habe so etwas Abwechslung in der Satzstruktur(?). Zu guter Letzt gefällt mir der beinahe Gleichklang lüge(n) - Liebe, der m.E. stärker emporsticht wenn die Liebe am Versende steht.
Was ist denn die Natur der Liebe?
-----------------------
Hallo Flora,
ja, so kann man es auch lesen, danke
LG
Last
das hier ist eines von den werde-mitten-in-der-Nacht-wach-und-renne-zum-Schreibtisch-um-ein-Gedicht-zu-schreiben-und-bete-darum-keinen-Vers-zu-vergessen-Gedichten. In dieser Nacht habe ich sogar gleich drei Gedichte auf einmal einfach so runter geschrieben und habe noch die Vermutung, dass da ein viertes gewesen ist, das ich vergessen habe.
Ich finde es dabei interessant, wie sie einerseits in ihrer Bildebene doch immer besonders zugänglich sind, aber gleichzeitig schleichen sich die "verbotenen" Abstrakta und Verallgemeinerungen ein und wecken in mir das Gefühl, dass Abstrakta träumbar sind; was wiederrum zu einer Verstockung meinerseits führt: warum ein Bild wählen wo kein Bild gemeint ist, sondern der Verlust eines Bildes?
Dem Leser ein weiteres Bild vor Augen führen, das gar nicht da ist, kann nicht die "richtige" Lösung sein. Daher müsste ich wenn die betreffenden Zeilen streichen.
Darüber muss ich halt grübeln. Das Bild würde ohne die abstrakten Verse wohl stärker wirken, andererseits machen sie das Bild ja nur kaputt indem sie zu halten versuchen, was nicht zu halten ist, oder halten fest, was noch zu retten ist. Die entscheidende Frage ist wohl diese: "Steckt die Verzerrung des Bilderrahmens bereits im Bild selbst und der Abwesenheit von Wasser drin?"
Reicht der Paradiesbezug zum Auftakt und der zerstückelte Himmel aus? Worin besteht dann die Lüge? Wird sie selbst zum abwesenden Wasser?
Ich stelle mal eine gekürzte Version daneben.
Vielleicht könnte es in der zweiten Zeile auch "Liebesschatten" heißen
Für mich klingt es besser, wenn ich die altmodischere(?) Zusammensetzung verwende. Einerseits ist dann das Bild für mich stimmiger, weil die Liebe und ihr Schatten getrennt bleiben, und der Vers in gewisser Hinsicht als Anspielung auf Pompösformulierungen gelesen werden soll. Außerdem verwende ich beim Frühjahrs-Netz ja die andere Möglichkeit und habe so etwas Abwechslung in der Satzstruktur(?). Zu guter Letzt gefällt mir der beinahe Gleichklang lüge(n) - Liebe, der m.E. stärker emporsticht wenn die Liebe am Versende steht.
Das diese schattige Liebe als "rational" zerstückelt erscheint ist mir klar, aber die Natur selbst?
Was ist denn die Natur der Liebe?
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Hallo Flora,
ja, so kann man es auch lesen, danke

LG
Last
Hallo Last!
Dann möchte ich jetzt gerne auch die anderen zwei Gedichte lesen
!
Wenn ich mir das da oben ganz genau ansehe - .... ich glaube ich mag die neue kürzere Version doch mehr, obwohl sie dem Gedicht eine ganz andere Stimmung verleiht. Es ist hier wirklich schwierig für mich zu beurteilen. Ich glaube das ist hier eine Geschmacksfrage... du musst vielleicht selbst entscheiden, was du erzeugen möchtest...
Vielen Dank für deine Beschäftigung mit meinem Kommentar!
Schönen Abend!
l
Dann möchte ich jetzt gerne auch die anderen zwei Gedichte lesen
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Wenn ich mir das da oben ganz genau ansehe - .... ich glaube ich mag die neue kürzere Version doch mehr, obwohl sie dem Gedicht eine ganz andere Stimmung verleiht. Es ist hier wirklich schwierig für mich zu beurteilen. Ich glaube das ist hier eine Geschmacksfrage... du musst vielleicht selbst entscheiden, was du erzeugen möchtest...
Vielen Dank für deine Beschäftigung mit meinem Kommentar!
Schönen Abend!
l
Hallo Last,
im Zuge der Monatswahl bin ich beim Durchforsten der Beiträge des Mai auf dein Gedicht gestoßen. Leider hatte ich es bisher über sehen (die Zeit, die Zeit!!).
Was die beiden Versionen angeht, stehe ich genau in der Mitte. Die Alternative ist für mich insofern "besser", als das Füreinander - Nebeneinander in den ersten beiden Zeilen wegfällt. Beides sind ja ungelenke Worte, vor allem Nebeneinander. Ihre räumliche Nähe gibt dem Gedicht etwas Hölzernes, Steifes (das wäre anders, wenn die beiden Worte nur durch ein "und" getrennt wären)
Allerdings gefällt mir die letzte Zeile der ersten Version so unheimlich gut. Es botont so schön den rationalen Teil der Liebe. Das Füreinandergeschaffensein beruht eben nicht auf auf Gefühlen, sondern auch auf einer großen Portion an Rationalität. Kein Mensch passt wirklich auf den anderen, da gibt es immer Reibungspunkte, die Geigen am Himmel sind auch mal verstimmt und zerstückeln denselben mit dem ein oder anderen Missklang. Was nichts daran ändert, dass es auch Knospen gibt, die aufblühen.
Der Titel des Gedichtes stellt die Frage: Wie Tief ist das Wasser?
In de ersten Version wird diese Frage positiv beantwortet. Gerdade wegen der ersten und der letzten Zeile, die dem Wasser (der Liebe) eine gewisse Tiefe attestieren.
Die zweite Version ist dagegen eher zweifelnd, ja fast schon beurteilend. Nach dem Motto: Wie tief ist dieses Wasser den wirklich?
Irgendwie habe ich das Gefühl, du müsstest dich für eine Version entscheiden.
Liebe Grüße
Sam
im Zuge der Monatswahl bin ich beim Durchforsten der Beiträge des Mai auf dein Gedicht gestoßen. Leider hatte ich es bisher über sehen (die Zeit, die Zeit!!).
Was die beiden Versionen angeht, stehe ich genau in der Mitte. Die Alternative ist für mich insofern "besser", als das Füreinander - Nebeneinander in den ersten beiden Zeilen wegfällt. Beides sind ja ungelenke Worte, vor allem Nebeneinander. Ihre räumliche Nähe gibt dem Gedicht etwas Hölzernes, Steifes (das wäre anders, wenn die beiden Worte nur durch ein "und" getrennt wären)
Allerdings gefällt mir die letzte Zeile der ersten Version so unheimlich gut. Es botont so schön den rationalen Teil der Liebe. Das Füreinandergeschaffensein beruht eben nicht auf auf Gefühlen, sondern auch auf einer großen Portion an Rationalität. Kein Mensch passt wirklich auf den anderen, da gibt es immer Reibungspunkte, die Geigen am Himmel sind auch mal verstimmt und zerstückeln denselben mit dem ein oder anderen Missklang. Was nichts daran ändert, dass es auch Knospen gibt, die aufblühen.
Der Titel des Gedichtes stellt die Frage: Wie Tief ist das Wasser?
In de ersten Version wird diese Frage positiv beantwortet. Gerdade wegen der ersten und der letzten Zeile, die dem Wasser (der Liebe) eine gewisse Tiefe attestieren.
Die zweite Version ist dagegen eher zweifelnd, ja fast schon beurteilend. Nach dem Motto: Wie tief ist dieses Wasser den wirklich?
Irgendwie habe ich das Gefühl, du müsstest dich für eine Version entscheiden.
Liebe Grüße
Sam
Lieber Last,
ich weiß gar nicht, warum ich diesen Text erst jetzt sehe. Er macht mich richtig froh, denn er mischt so gekonnt Verspieltes (das 'liegen' wird zu 'lügen' aus dem Geäst wird ein Netz mit ungleichen Maschen) und Tiefes (das eigentlich spielerische 'lügen' wird für mich zu einem zentralen Wort und zu einer zentralen Frage des Gedichts), dass es eine Freude ist, den Text zu lesen.
Liebe Grüße
Max
ich weiß gar nicht, warum ich diesen Text erst jetzt sehe. Er macht mich richtig froh, denn er mischt so gekonnt Verspieltes (das 'liegen' wird zu 'lügen' aus dem Geäst wird ein Netz mit ungleichen Maschen) und Tiefes (das eigentlich spielerische 'lügen' wird für mich zu einem zentralen Wort und zu einer zentralen Frage des Gedichts), dass es eine Freude ist, den Text zu lesen.
Liebe Grüße
Max
Lieber Last,
ich habe jetzt nicht die anderen Kommentare gelesen, aber solltest du noch zwischen den beiden Varianten überlegen, so wäre für mich eine Mischung aus beiden (diese Pest der Alternativvorschläge .-)) das richtige: Ich empfinde nämlich die Streichung der erste zeile als sehr positiv, der Auftakt ist gespannter, hineinziehender Und "Füreinander geschaffen" ist zwar auch noch "anders" und mit Andeutungen zu lesen, für mich aber dennoch tendentiell überflüssig, weil mitgesagt", zudem kommt danach ja auch gleich noch das "nebeneinander"). Aber die letzte Zeile von Version 1 würde ich nicht streichen. 1. wirkt das Gedicht dann mit dem neuen Ende rhythmisch/klanglich ganz komisch am Ende und 2. sind für mich diese Begriffe der letzten zeile ,gestoßen vor das Lyrische, das, was den Text als einen von dir wiedererkennbar macht. So etwas trockenes, scheinbar das Geheimnis des Text explizierendes Merkmal ist immer in deinen Texten und erzeugt diesen wunderbaren Effekt, dass man einerseits sofr denkt, man hätte verstanden, und andererseits spürt, dass es doch etwas gibt, dass man eben nicht sagen kann. Und so reagieren deine texte auf solche Themen wie Liebe, Religion, Schuld oder Kindheit herrlich interessant und empfindsam.
Was ich besonders gelungen finde, an diesem Text ist, wie du in Bezug auf den Titel (wie tief ist das Wasser) mit der Tiefe und der Höhe spielst und das "Höhere" (etwa absolut wertige, dass man ja als Anspruch an die Liebe stellt) des Begriffs "Himmel" so durch die Perspektive der beiden von unten durch den Baum in den Himmel so in die Tiefe des Wassers (der Himmel optisch das Wasser, in den man fischt) legt - und so der text selbst konstruiert, weshalb das Wasser in Bezug auf die Liebe doch tief sein sollte, damit der Anspriuch aufgeht. Und zugleich hat das Wasser im Vergleich konkret ja wirklich immer eine Tiefe, der Himmel aber kein "Ende".
Zugleich apart, wie du nebenbei das Evabaummotiv (die beiden unter den Baum) gekonnt in einem Gegenwartmoment, den wohl jeder kennt (zuweit unter Bäumen liegen) erzählst.
So ist es insgesamt toll komponiert, wie du die beiden ihr Liebesspiel unter dem Baum spielen lässt und es gehalten wird, ob das ganze nun ein "sinnvolles" Verhalten ist. Auch hierfür finde ich die letzte zeile noch einmal ganz wichtig, denn so banal ist das nicht: dass sich etwas unordentlich, aber rational verhällt.
Dazu ist der Text wie gewohnt mit tollen Formulierungen (lügen/liegen) und Bildern (die Knospen) angefüllt.
Eins frage ich mich noch: man kennt die Formulierung zu Tiefe und Wasser doch eigentlich nur aus der Formulierung: stille Wasser sind tief? Oder habe ich da eine Bildungslücke?
Wenn ich in diese Richtung weiterlese, kann ich das nicht ganz auf den text anwenden...höchstens auf das Lügen, aber das wäre etwas schräg, denn nichtsprechen ist ja nicht lügen. Hast du hier etwas im Sinn gehabt? Oder meinst du den Titel als stille Frage?
Und eins gefällt mir noch nicht so: das ist die Schreibweise von Frühjas-Netz - ich glaube, mir ist schon das Wortspiel mit Ja und Jahr eine Spur zuviel (ist doch so gemeint?), aber die Bindestrichschreibweise finde ich dann wirklich zu - ja, als ob man eben einen Witz erklären müsste. Vielleicht zumindest Frühjasnetz?
Wirklich toll,
liebe Grüße,
Lisa
ich habe jetzt nicht die anderen Kommentare gelesen, aber solltest du noch zwischen den beiden Varianten überlegen, so wäre für mich eine Mischung aus beiden (diese Pest der Alternativvorschläge .-)) das richtige: Ich empfinde nämlich die Streichung der erste zeile als sehr positiv, der Auftakt ist gespannter, hineinziehender Und "Füreinander geschaffen" ist zwar auch noch "anders" und mit Andeutungen zu lesen, für mich aber dennoch tendentiell überflüssig, weil mitgesagt", zudem kommt danach ja auch gleich noch das "nebeneinander"). Aber die letzte Zeile von Version 1 würde ich nicht streichen. 1. wirkt das Gedicht dann mit dem neuen Ende rhythmisch/klanglich ganz komisch am Ende und 2. sind für mich diese Begriffe der letzten zeile ,gestoßen vor das Lyrische, das, was den Text als einen von dir wiedererkennbar macht. So etwas trockenes, scheinbar das Geheimnis des Text explizierendes Merkmal ist immer in deinen Texten und erzeugt diesen wunderbaren Effekt, dass man einerseits sofr denkt, man hätte verstanden, und andererseits spürt, dass es doch etwas gibt, dass man eben nicht sagen kann. Und so reagieren deine texte auf solche Themen wie Liebe, Religion, Schuld oder Kindheit herrlich interessant und empfindsam.
Was ich besonders gelungen finde, an diesem Text ist, wie du in Bezug auf den Titel (wie tief ist das Wasser) mit der Tiefe und der Höhe spielst und das "Höhere" (etwa absolut wertige, dass man ja als Anspruch an die Liebe stellt) des Begriffs "Himmel" so durch die Perspektive der beiden von unten durch den Baum in den Himmel so in die Tiefe des Wassers (der Himmel optisch das Wasser, in den man fischt) legt - und so der text selbst konstruiert, weshalb das Wasser in Bezug auf die Liebe doch tief sein sollte, damit der Anspriuch aufgeht. Und zugleich hat das Wasser im Vergleich konkret ja wirklich immer eine Tiefe, der Himmel aber kein "Ende".
Zugleich apart, wie du nebenbei das Evabaummotiv (die beiden unter den Baum) gekonnt in einem Gegenwartmoment, den wohl jeder kennt (zuweit unter Bäumen liegen) erzählst.
So ist es insgesamt toll komponiert, wie du die beiden ihr Liebesspiel unter dem Baum spielen lässt und es gehalten wird, ob das ganze nun ein "sinnvolles" Verhalten ist. Auch hierfür finde ich die letzte zeile noch einmal ganz wichtig, denn so banal ist das nicht: dass sich etwas unordentlich, aber rational verhällt.
Dazu ist der Text wie gewohnt mit tollen Formulierungen (lügen/liegen) und Bildern (die Knospen) angefüllt.
Eins frage ich mich noch: man kennt die Formulierung zu Tiefe und Wasser doch eigentlich nur aus der Formulierung: stille Wasser sind tief? Oder habe ich da eine Bildungslücke?
Wenn ich in diese Richtung weiterlese, kann ich das nicht ganz auf den text anwenden...höchstens auf das Lügen, aber das wäre etwas schräg, denn nichtsprechen ist ja nicht lügen. Hast du hier etwas im Sinn gehabt? Oder meinst du den Titel als stille Frage?
Und eins gefällt mir noch nicht so: das ist die Schreibweise von Frühjas-Netz - ich glaube, mir ist schon das Wortspiel mit Ja und Jahr eine Spur zuviel (ist doch so gemeint?), aber die Bindestrichschreibweise finde ich dann wirklich zu - ja, als ob man eben einen Witz erklären müsste. Vielleicht zumindest Frühjasnetz?
Wirklich toll,
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hallo zusammen,
danke für die weiteren Rückmeldungen. Sehr hilfreich.
Zunächst mal schnell: Frühjars-Netz ist ein blöder Tippfehler, den ich obendrein auch noch in die Alternativversion kopiert habe. Es sollte natürlich Frühjahrs-Netz heißen. Der große Nachtteil einer Copy&Paste-Gewohnheit
Ich persönlich finde die Form von Gedichten immer noch sehr wichtig und sehe auch in der sogenannten freien Form im Wesentlichen wohlgeformte Texte, die eben keiner klassischen Formvorlage entsprechen. Daraus resultiert auch die Alternativversion, die auf den ersten und den letzten Vers verzichten und so einen formellen Rahmen entfernen. Quasi: ganz oder gar nicht.
Würde ich nun nur den ersten Vers streichen, ergäbe sich für die Form des Gedichtes die Konsequenz, dass sich der letzte Vers wie ein Fazit zu einer Beobachtung lesen würde. So ist der Vers aber nicht gemeint. Ich meine ihn als natürliche Reaktion auf den ersten Vers (und auf das ganze Gedicht), eine Reaktion, die eine gewisse innere Verzerrung offenbart, der das Gedicht folgen muss, weil es ja sein Rahmen ist, der auf diese Weise verzerrt ist.
Der abstrakte Rahmen zeigt weniger auf das Exempel einer Liebe, das die Bildebene hergeben kann (oder auch nicht), sondern auf so etwas wie kulturelle Bedingtheiten. Beispiel:
Der Slogan "make love not war" bedeutet ja auch eine politische Instrumentalisierung der Liebe. Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer solchen Art zu denken? Es ergibt sich eine Pflicht zu lieben, eine Groteske sondergleichen, die sich schon im Christentum wiederfindet. Noch mehr bezeichnet sie aber den Zustand der nichtbeständigen Ehe unserer heutigen Gesellschaft. Eine Vernunftsehe, wie sie irgendwann vielleicht einmal üblich war, ist beständig. Eine Liebesehe ist nur so beständig wie die Liebe. Welchen Platz hat aber die Liebe bis in den Tod in unserer Gesellschaft? Besonders, wenn ein gewisser gesellschaftlicher Zwang besteht, sich verlieben zu sollen? Sollte die Liebe eine so existentielle Angelegenheit sein wie der Sinn des Lebens, dann reagieren wir ganz natürlich, wenn wir unser Leben danach ausrichten, uns auf Teufel komm raus zu verlieben.
Was kann ich zu den ungelenkigen Worten wie "füreinander", "nebeneinander" sagen? Nun es sind nicht die einzigen Worte in diesem Text, die sich ihrer Gestalt nach einer leichten Lektüre versagen. Zunächst einmal kommen die Adjektive der letzten Zeile hinzu. Aber auch Schatten, Baum, Maschen, Himmel sind nicht gerade lyrische Worte, eher muten sie plump und allgemein an, oder abgedroschen. Sie beschreiben ein lyrisches Bild letztlich auf etwas unbeholfene Weise.
Für die Architektur des Textes bedeutet das, dass sich hier wiederholt, was inhaltlich bei den Protagonisten geschieht. Es ist nicht der Liebesbaum, der über die Protagonisten wächst, es sind die Protagonisten, die den Baum mittels ihrer Vorstellungskraft konstruieren und bei dem Versuch scheitern, zu kaschieren, dass es sich um ein Konstrukt handelt. Sollte es sich aber bei der Liebe um eine ihrer Natur nach konstruierte Sache handeln, dann machen sie alles goldrichtig. Dann bleibt aber der Zweifel zurück, ob das Konstrukt nicht die "wahre" Liebe verbirgt.
Dass es am Ende gar nicht die Liebe ist, die hier scheitert -sie ist halt mysteriös, sie ist halt schwulstig und man kann halt nie wissen, ob man wirklich verliebt ist (diese Spannung gehört dazu)-, sondern dass es am Ende die Vernunft ist, die scheitert, darauf weist vor allem der Konflikt zwischen Für- und Nebeneinander hin. (Stehen eigentlich die Zeilen des Gedichts für- oder nebeneinander?) Der Konflikt ist zwar auch enthalten im ungleichmaschigen, unordentlich rationalen Netz, das vor den Himmel gespannt ist, aber nicht auf diese prägnante Weise. Ohne das Füreinander für und neben dem Nebeneinander als Vorabinformation zur Tragweite des Textes würde der Schlussvers als Urteil wirken, als Feststellung, dass Vernunft hier nichts zu suchen habe. Aber Vernunft ist ja der Urheber dieser Liebesvorstellung, das Motiv dieser beiden vielleicht Verliebten. Dieser Aspekt, der auf die vernünftige Schöpfung der Liebe verweist, entsteht nicht durch Konnotationen des Paradiesbaumbildes oder durch das Fazit der letzten Zeile.
Ich habe mich deshalb entschieden die erste Version zu behalten.
__________
Die Frage "Wie tief ist das Wasser?" stammt aus dem Kinderspiel "Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser". Der Bezug zu "stille Wasser sind tief" funktioniert hier wirklich nicht so gut, daran habe ich nicht gedacht.
Im Bezug zum Kinderspiel meint das natürlich auch kindliche Vorstellungen von Liebe, denen -für mich- jeder Testversuch, ob es sich bei einem Gefühl, was man hegt, tatsächlich um Liebe handelt, gleichgestellt ist. Worauf kann der Test denn zur Kontrolle zurückgreifen als auf irgendwelche allgemeinen Vorstellungen, wie Liebe angeblich zu sein habe?
Darüber hinaus wird natürlich auch der Wechsel des Mediums zwischen Liebe und Vernunft, zwischen Wasser und Luft angesprochen. Die letztendliche Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit. Außerdem geht es noch um die Sinnhaftigkeit von unendlichen tiefen Begriffen.
__________
Die Schreibweise von Frühjahrs-Netz soll in der Tat einen Witz erklären, aber einen, von dem ich meine, dass er erst dadurch entstehen kann, dass darauf aufmerksam gemacht wird. Da mir aufgefallen ist, dass ich gar nicht so ein Fan von lyrisch anmutenden Worten, sondern eher vom Einfachen und Direkten bin, habe ich mir Gedanken über die Vorteile solcher Worte gemacht und mir ein Konzept ausgedacht, dass ich Prototypenlyrik nenne. Mit sehr allgemeinen Begriffen arbeitend soll zunächst die Vorstellungskraft des Lesers selbst die Montur des Gedichtes weit möglichst vornehmen, der Leser bekommt also die größtmögliche Freiheit. Rückbeziehend auf die tatsächliche formelle Struktur des Textes soll diese Freiheit aber in Frage gestellt werden, insofern, dass auf alles Undenkbare hingewiesen wird zu dem die Vorstellungskraft bei aller Freiheit gar nicht fähig sein kann. Es sollen kulturelle Bedingtheiten des Denkens aufgezeigt werden und daran die Konstruiertheit der eigenen Gedankenwelt entlarvt werden.
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Oh nein, ich war mal wieder in Plauderlaune
LG
Last
danke für die weiteren Rückmeldungen. Sehr hilfreich.
Zunächst mal schnell: Frühjars-Netz ist ein blöder Tippfehler, den ich obendrein auch noch in die Alternativversion kopiert habe. Es sollte natürlich Frühjahrs-Netz heißen. Der große Nachtteil einer Copy&Paste-Gewohnheit

Ich persönlich finde die Form von Gedichten immer noch sehr wichtig und sehe auch in der sogenannten freien Form im Wesentlichen wohlgeformte Texte, die eben keiner klassischen Formvorlage entsprechen. Daraus resultiert auch die Alternativversion, die auf den ersten und den letzten Vers verzichten und so einen formellen Rahmen entfernen. Quasi: ganz oder gar nicht.
Würde ich nun nur den ersten Vers streichen, ergäbe sich für die Form des Gedichtes die Konsequenz, dass sich der letzte Vers wie ein Fazit zu einer Beobachtung lesen würde. So ist der Vers aber nicht gemeint. Ich meine ihn als natürliche Reaktion auf den ersten Vers (und auf das ganze Gedicht), eine Reaktion, die eine gewisse innere Verzerrung offenbart, der das Gedicht folgen muss, weil es ja sein Rahmen ist, der auf diese Weise verzerrt ist.
Der abstrakte Rahmen zeigt weniger auf das Exempel einer Liebe, das die Bildebene hergeben kann (oder auch nicht), sondern auf so etwas wie kulturelle Bedingtheiten. Beispiel:
Der Slogan "make love not war" bedeutet ja auch eine politische Instrumentalisierung der Liebe. Welche Konsequenzen ergeben sich aus einer solchen Art zu denken? Es ergibt sich eine Pflicht zu lieben, eine Groteske sondergleichen, die sich schon im Christentum wiederfindet. Noch mehr bezeichnet sie aber den Zustand der nichtbeständigen Ehe unserer heutigen Gesellschaft. Eine Vernunftsehe, wie sie irgendwann vielleicht einmal üblich war, ist beständig. Eine Liebesehe ist nur so beständig wie die Liebe. Welchen Platz hat aber die Liebe bis in den Tod in unserer Gesellschaft? Besonders, wenn ein gewisser gesellschaftlicher Zwang besteht, sich verlieben zu sollen? Sollte die Liebe eine so existentielle Angelegenheit sein wie der Sinn des Lebens, dann reagieren wir ganz natürlich, wenn wir unser Leben danach ausrichten, uns auf Teufel komm raus zu verlieben.
Was kann ich zu den ungelenkigen Worten wie "füreinander", "nebeneinander" sagen? Nun es sind nicht die einzigen Worte in diesem Text, die sich ihrer Gestalt nach einer leichten Lektüre versagen. Zunächst einmal kommen die Adjektive der letzten Zeile hinzu. Aber auch Schatten, Baum, Maschen, Himmel sind nicht gerade lyrische Worte, eher muten sie plump und allgemein an, oder abgedroschen. Sie beschreiben ein lyrisches Bild letztlich auf etwas unbeholfene Weise.
Für die Architektur des Textes bedeutet das, dass sich hier wiederholt, was inhaltlich bei den Protagonisten geschieht. Es ist nicht der Liebesbaum, der über die Protagonisten wächst, es sind die Protagonisten, die den Baum mittels ihrer Vorstellungskraft konstruieren und bei dem Versuch scheitern, zu kaschieren, dass es sich um ein Konstrukt handelt. Sollte es sich aber bei der Liebe um eine ihrer Natur nach konstruierte Sache handeln, dann machen sie alles goldrichtig. Dann bleibt aber der Zweifel zurück, ob das Konstrukt nicht die "wahre" Liebe verbirgt.
Dass es am Ende gar nicht die Liebe ist, die hier scheitert -sie ist halt mysteriös, sie ist halt schwulstig und man kann halt nie wissen, ob man wirklich verliebt ist (diese Spannung gehört dazu)-, sondern dass es am Ende die Vernunft ist, die scheitert, darauf weist vor allem der Konflikt zwischen Für- und Nebeneinander hin. (Stehen eigentlich die Zeilen des Gedichts für- oder nebeneinander?) Der Konflikt ist zwar auch enthalten im ungleichmaschigen, unordentlich rationalen Netz, das vor den Himmel gespannt ist, aber nicht auf diese prägnante Weise. Ohne das Füreinander für und neben dem Nebeneinander als Vorabinformation zur Tragweite des Textes würde der Schlussvers als Urteil wirken, als Feststellung, dass Vernunft hier nichts zu suchen habe. Aber Vernunft ist ja der Urheber dieser Liebesvorstellung, das Motiv dieser beiden vielleicht Verliebten. Dieser Aspekt, der auf die vernünftige Schöpfung der Liebe verweist, entsteht nicht durch Konnotationen des Paradiesbaumbildes oder durch das Fazit der letzten Zeile.
Ich habe mich deshalb entschieden die erste Version zu behalten.
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Die Frage "Wie tief ist das Wasser?" stammt aus dem Kinderspiel "Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser". Der Bezug zu "stille Wasser sind tief" funktioniert hier wirklich nicht so gut, daran habe ich nicht gedacht.
Im Bezug zum Kinderspiel meint das natürlich auch kindliche Vorstellungen von Liebe, denen -für mich- jeder Testversuch, ob es sich bei einem Gefühl, was man hegt, tatsächlich um Liebe handelt, gleichgestellt ist. Worauf kann der Test denn zur Kontrolle zurückgreifen als auf irgendwelche allgemeinen Vorstellungen, wie Liebe angeblich zu sein habe?
Darüber hinaus wird natürlich auch der Wechsel des Mediums zwischen Liebe und Vernunft, zwischen Wasser und Luft angesprochen. Die letztendliche Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit. Außerdem geht es noch um die Sinnhaftigkeit von unendlichen tiefen Begriffen.
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Die Schreibweise von Frühjahrs-Netz soll in der Tat einen Witz erklären, aber einen, von dem ich meine, dass er erst dadurch entstehen kann, dass darauf aufmerksam gemacht wird. Da mir aufgefallen ist, dass ich gar nicht so ein Fan von lyrisch anmutenden Worten, sondern eher vom Einfachen und Direkten bin, habe ich mir Gedanken über die Vorteile solcher Worte gemacht und mir ein Konzept ausgedacht, dass ich Prototypenlyrik nenne. Mit sehr allgemeinen Begriffen arbeitend soll zunächst die Vorstellungskraft des Lesers selbst die Montur des Gedichtes weit möglichst vornehmen, der Leser bekommt also die größtmögliche Freiheit. Rückbeziehend auf die tatsächliche formelle Struktur des Textes soll diese Freiheit aber in Frage gestellt werden, insofern, dass auf alles Undenkbare hingewiesen wird zu dem die Vorstellungskraft bei aller Freiheit gar nicht fähig sein kann. Es sollen kulturelle Bedingtheiten des Denkens aufgezeigt werden und daran die Konstruiertheit der eigenen Gedankenwelt entlarvt werden.
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Oh nein, ich war mal wieder in Plauderlaune

LG
Last
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