Gerne wäre ich Holzfäller

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 28.04.2009, 16:25

Im Tal der Toten,
trat ich auf lose Knochen
aß Pech von einem im Fluss treibenden Baumstamm
(Walfett)
Brennnesseln und Baumwolle. Gras raucht
in der Sonne
Baumstämme wenden und drehen sich im Fluss
Sand versengt die Fußsohlen.

Zwei Tage ohne Essen, Lastwagen rollen
im Staub und im Licht vorbei, Flüsse
steigen.
Tau in den hohen Wiesen. Gehe nach Westen im Juli.

Weiche Austern verderben jetzt, zwischen den Gezeiten
stinken die Schuhe.

Ich sitze ohne Gedanken auf den Baumstämmen
brüte eine neue Geschichte aus
beobachte die Hunde am Wasser
der letzte Lastwagen ist vorbei.

hwg

Beitragvon hwg » 28.04.2009, 16:40

Also, mich spricht der Text an. Bloß die Erklärung Walfett würde ich weglassen. Und ob es tatsächlich ein Tal der Toten ist angesichts der vorbeirollenden Lastwagen ist für mich nicht ganz schlüssig. Jedenfalls ein interessantes Poem, in dem Stimmung mitschwingt, die ich irgendwie nachvollziehen kann.

Gruß aus der Steiermark!

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 28.04.2009, 16:44

Hallo hwg,

gerade habe ich noch überlegt, das Walfett zu streichen, lach, dann dachte ich an das Fett von Beuys und ließ es stehen.

Danke fürs Lesen,

kann auch den ersten Einwand mit dem Tal der Toten gut nachvollziehen,
vielleicht sollte ich diesen Teil abändern,

viele Grüße
Fux

hwg

Beitragvon hwg » 28.04.2009, 17:21

Ich denke, "Tal der verlorenen Seelen" würde ganz gut passen (oder klingt's zu platt?). Die Knochen müssen ja nicht von Menschen stammen, signalisieren aber die Vergänglichkeit. Ist nur ein Vorschlag.

Gruß Hans

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 28.04.2009, 20:13

Fux,

ich schreibe noch genauer dazu, muss aber kurz nach dem ersten Lesen schon was hier lassen: Das finde ich wirklich ein ganz wort- und ausdrucksstarkes Gedicht!

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 29.04.2009, 09:14

Danke für den Vorschlag, hwg, finde ich eigentlich ganz gut, probiere gerade herum...

Danke Lisa,

Grüße
der Fux

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.04.2009, 10:13

Lieber Fux,

das gefällt mir ausgesprochen gut. Ich finde, Du hast die Atmosphäre so eingefangen, und zwar nur durch Beschreibung, alles findet im Leser statt, Du deutest und erklärst nichts selbst.
Ich habe es schon mehrmals gelesen, keinerlei Abnutzungseffekt ist spürbar. Klasse!

Liebe Grüße

leonie

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 30.04.2009, 17:34

Freut mich Leo, dass es dir gefällt,...und sich nicht abnützt,

:-)

Lieben Gruß Fux

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.05.2009, 00:42

Hi Ben,

das gefällt mir ausgesprochen gut. Du ziehst mich als Leser in so eine bestimmte Stimmung hinein, ein Mix aus Wander- und Nachdenklichkeitsstimmung. Feine Bilder sind dir gelungen. Es liest sich angenehm und auch der Schluss sitzt. Er hat etwas Ausklingendes.
Mir kam der Gedanke, dass dies als Kurzprosa im Fließtext bestimmt auch sehr schön wäre.

Saludos
Mucki


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