BILD Kinder
ihre Gesichter versteckt
unter ihren Hüten
spielen auf der Wiese "machet auf das Tor"
BILD Damen im Marmorpalast
mit hoch gelegenen Springbrunnen
pfauenblaues Licht
Farbe von glimmenden Räucherstäbchen
BILD ein Raum
hinter der Tür ein Gang
mit einem kleinen achteckigen Fenster
ein hoher Silberleuchter
die Türe schlägt hallend zu
BILD wir alle, als wir jung waren
bevor wir geboren wurden
BILD Kampfszenen (mittelalterlich)
in hohem Relief
gewölbtes Glas
kein Laut
BILD alte Frauen
die Berge sein könnten
pflücken blaue Beeren
in Bergen die alte Frauen sein könnten
BILD Trauben verwandeln sich in Litschies
fünf Persimonen
BILD Spielkarten
jede verschieden
abstoßend
aufschlussreich
BILD die Welt ist draußen
unzugänglich
unerreichbar
wir gehören zu ihr
BILDER
Hey Fuchs,
Sehr schön. Hatte mich schon gefragt, ob der Musenstreik dich irgendwo in der Wüste festgesetzt hat...
Gefällt mir gut, dein Gedicht! Vor allem die ersten drei Strophen und dann:
BILD alte Frauen
die Berge sein könnten
pflücken blaue Beeren
in Bergen die alte Frauen sein könnten
Das ist toll.
Vielleicht bald noch mehr dazu.
LG,
Lydie
Sehr schön. Hatte mich schon gefragt, ob der Musenstreik dich irgendwo in der Wüste festgesetzt hat...
Gefällt mir gut, dein Gedicht! Vor allem die ersten drei Strophen und dann:
BILD alte Frauen
die Berge sein könnten
pflücken blaue Beeren
in Bergen die alte Frauen sein könnten
Das ist toll.
Vielleicht bald noch mehr dazu.
LG,
Lydie

Hallo Wüstenfuchs,
hier geschieht etwas Interessantes durch die Komposition der einzelnen Bilder in Zusammenhang mit der Reflexion darüber, die sich ständig vergewissern muss, dass es sich auch tatsächlich um Bilder handelt. Die Wiederholung „BILD“ trägt dabei eine ganze Reihe von Funktionen.
Zum einen Betitelt sie jede Strophe einzeln, gibt ihnen so einen Rahmen, der sie von den anderen Bildern abgrenzt. Das steht im Widerspruch zur durchlaufenden Assoziation, welche die verschiedenen Inhalte miteinander verknüpft.
Der Widerspruch macht aufmerksam auf eine Unmöglichkeit menschlicher Erkenntnis. Gleichermaßen versuchen wir rational vorzugehen, vom Kleinen zum Großen Schritt für Schritt. Dazu müssen wir das Einzelne Bild betrachten, was uns aufgrund unserer Vorprägung durch andere Bilder nicht gelingt. Gleichermaßen versuchen wir einen Eindruck vom großen Ganzen zu machen, was uns aufgrund der Fülle der Einzelbilder nicht gelingt.
Weiterhin sind zwei Strophen mit BILD betitelt, die gar keine lyrischen Bilder sind sondern Beschreibungen von etwas Unvorstellbaren: „bevor wir geboren wurden“ und „die Welt ist draußen“. Gezeigt wird in Kohärenz zum angesprochenen Widerspruch wie das Bild des großen Ganzen, selbst wieder nur ein einzelnes Bild unter vielen ist.
Diese Funktionen unterstützen ein weiteres Konzept der Textstruktur, das ein Draußen und ein Drinnen miteinander konkurrieren lässt. Der Inhalt der Draußen-Bilder versucht stets seinen Rahmen zu sprengen (machet auf das Tor“. Die Drinnen-Bilder hingegen wollen für sich bleiben („die Türe schlägt hallend zu“).
Nach und nach löst sich diese Konkurrenz, nachdem sie im Ritterrelief ihren Höhepunkt gefunden hat. Das Relief ist doppeltes BILD, ein lyrisches Bild von einem Kunstgegenstand, einem Bild, dass nicht durch Farben gezeichnet ist, sondern durch (starke) Erhebungen, also sozusagen aus seiner Leinwand hervorspringt, sich überhaupt nur im Ausbruch zeichnet. Ein Kampf also, der sich im dargestellten Kampf der Ritter wiederfindet.
Anschließend entstehen friedlichere Motive, die zusammenzubringen versuchen, was nicht ganz zusammen passt (Chiasmus: „alte Frauen/ die Berge sein könnten/ pflücken blaue Beeren/ in Bergen die alte Frauen sein könnten“). Bis schließlich die Erkenntnis des widersinnigen Prinzip sich als letztes betiteltes BILD zumindest aus seinem lyrischen Rahmen löst, was in der Trennung des Schlussverses „wir gehören zu ihr“ von seiner Strophe veranschaulicht wird, wobei diese Trennung wieder im Widerspruch zum Inhalt des Schlussverses steht.
Das waren ein paar Impressionen meines Leseeindrucks.
LG
Last
hier geschieht etwas Interessantes durch die Komposition der einzelnen Bilder in Zusammenhang mit der Reflexion darüber, die sich ständig vergewissern muss, dass es sich auch tatsächlich um Bilder handelt. Die Wiederholung „BILD“ trägt dabei eine ganze Reihe von Funktionen.
Zum einen Betitelt sie jede Strophe einzeln, gibt ihnen so einen Rahmen, der sie von den anderen Bildern abgrenzt. Das steht im Widerspruch zur durchlaufenden Assoziation, welche die verschiedenen Inhalte miteinander verknüpft.
Der Widerspruch macht aufmerksam auf eine Unmöglichkeit menschlicher Erkenntnis. Gleichermaßen versuchen wir rational vorzugehen, vom Kleinen zum Großen Schritt für Schritt. Dazu müssen wir das Einzelne Bild betrachten, was uns aufgrund unserer Vorprägung durch andere Bilder nicht gelingt. Gleichermaßen versuchen wir einen Eindruck vom großen Ganzen zu machen, was uns aufgrund der Fülle der Einzelbilder nicht gelingt.
Weiterhin sind zwei Strophen mit BILD betitelt, die gar keine lyrischen Bilder sind sondern Beschreibungen von etwas Unvorstellbaren: „bevor wir geboren wurden“ und „die Welt ist draußen“. Gezeigt wird in Kohärenz zum angesprochenen Widerspruch wie das Bild des großen Ganzen, selbst wieder nur ein einzelnes Bild unter vielen ist.
Diese Funktionen unterstützen ein weiteres Konzept der Textstruktur, das ein Draußen und ein Drinnen miteinander konkurrieren lässt. Der Inhalt der Draußen-Bilder versucht stets seinen Rahmen zu sprengen (machet auf das Tor“. Die Drinnen-Bilder hingegen wollen für sich bleiben („die Türe schlägt hallend zu“).
Nach und nach löst sich diese Konkurrenz, nachdem sie im Ritterrelief ihren Höhepunkt gefunden hat. Das Relief ist doppeltes BILD, ein lyrisches Bild von einem Kunstgegenstand, einem Bild, dass nicht durch Farben gezeichnet ist, sondern durch (starke) Erhebungen, also sozusagen aus seiner Leinwand hervorspringt, sich überhaupt nur im Ausbruch zeichnet. Ein Kampf also, der sich im dargestellten Kampf der Ritter wiederfindet.
Anschließend entstehen friedlichere Motive, die zusammenzubringen versuchen, was nicht ganz zusammen passt (Chiasmus: „alte Frauen/ die Berge sein könnten/ pflücken blaue Beeren/ in Bergen die alte Frauen sein könnten“). Bis schließlich die Erkenntnis des widersinnigen Prinzip sich als letztes betiteltes BILD zumindest aus seinem lyrischen Rahmen löst, was in der Trennung des Schlussverses „wir gehören zu ihr“ von seiner Strophe veranschaulicht wird, wobei diese Trennung wieder im Widerspruch zum Inhalt des Schlussverses steht.
Das waren ein paar Impressionen meines Leseeindrucks.
LG
Last
Hallo, ich bedanke mich für die Leseeindrücke. Der Musenstreik hat mich ins Off katapultiert.
Hallo Last,
es ist beeindruckend, wie subtil du das Entstehen und die Gedanken um einen Text herum, erfasst.
Du könntest die Karriere eines professionellen Kritikers machen bei deiner Textempathie.
Dir entgeht so gut wie nix,
viele Grüße
Fux
Hallo Last,
es ist beeindruckend, wie subtil du das Entstehen und die Gedanken um einen Text herum, erfasst.
Du könntest die Karriere eines professionellen Kritikers machen bei deiner Textempathie.
Dir entgeht so gut wie nix,
viele Grüße
Fux
Lieber Fux,
die philosophische Idee hinter dem Text, die Welt als die Summe von Eindrücken zu beschreiben, finde ich sehr ansprechend, vermutlich weil ich ähnlich denke.
Daneben gibt es Strophen von großer Schönheit. Neben der schon von lydie erwähnten, hat es mir diese angetan:
(direkt drüber fehlt dem Bild übrigens das große D).
Man kann sich freilich Fragen, ob so ein Text eine offene Quintessenz braucht, oder ob diese nicht aus dem Text direkt sprechen sollte, aber die Schlussstrophe:
gefällt mir so, dass ich unbedigt für eine Quintessenz plädiere.
Liebe Grüße
Max
die philosophische Idee hinter dem Text, die Welt als die Summe von Eindrücken zu beschreiben, finde ich sehr ansprechend, vermutlich weil ich ähnlich denke.
Daneben gibt es Strophen von großer Schönheit. Neben der schon von lydie erwähnten, hat es mir diese angetan:
BILD Trauben verwandeln sich in Litschies
fünf Persimonen
(direkt drüber fehlt dem Bild übrigens das große D).
Man kann sich freilich Fragen, ob so ein Text eine offene Quintessenz braucht, oder ob diese nicht aus dem Text direkt sprechen sollte, aber die Schlussstrophe:
BILD die Welt ist draußen
unzugänglich
unerreichbar
wir gehören zu ihr
gefällt mir so, dass ich unbedigt für eine Quintessenz plädiere.
Liebe Grüße
Max
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