Erfahrung V

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Sam

Beitragvon Sam » 18.02.2009, 20:21

Erfahrung V


Ich gehe jeden Weg
dreimal entlang
viermal entlang

Eine Elle Weisheit
zwei Ellen Glück

Drei Dinge gibt es
die mich brechen
und vier
die meine Heilung sind

Glaube
Liebe
Hoffnung
Der Ruf aus dem Stundenglas

Gehe jeden Weg
dreimal entlang
viermal entlang

Zwei Ellen Weisheit
und eine Elle Glück

Sam

Beitragvon Sam » 28.02.2009, 08:09

Hallo Moshe,

Etwas irritiert mich an deiner Antwort:

"Auch mache ich einen großen Unterschied zwischen der Bibel und was die christlichen Kirchen daraus machen."

Haben die christlichen Kirchen nicht die Bibel/n gemacht?
Wer sonst?


Soweit ich weiß, erfolgte die Zusammenstellung der Bibel weitesgehend im 2. Jahhundert n.C., also noch bevor sich irgendwelche christlichen Kirchen "etablierten". Die Schreiber waren, wenn ich mich nicht irre, alles Juden. Was dann später von denen alles gemacht wurde, die sich auf die Bibel berufen haben, hatte mit dem, was eigentlich drin steht, oftmals wenig zu tun. Aber das ist ein weites Feld...


Ein Zyklus in dem Sinne, sollen die "Erfahrungen" eigentlich nicht sein. Eher eine Sammlung von Kurzgedichten, die bestimmte Aspekte von Erfahrungen aufzeigen, ohne dabei konkret oder autobiografisch zu sein.

Vielen Dank (auch dir liebste Nicole) und liebe Grüße

Sam

scarlett

Beitragvon scarlett » 28.02.2009, 16:57

Lieber Sam,

gerne bin ich dem LI in deinem Text auf seinem Lebensweg gefolgt.
Es ist ein Weg, der mit großer Achtsamkeit und Beharrlichkeit gegangen werden muss
und kostet manches Mal Überwindung, Selbst-Überwindung, gerade wenn man um die Gefahren, ja selbst um den letztendlichen point of no return weiß.
Für mich impliziert dabei Weisheit, nichts Unüberlegtes zu tun, aber alles trotzdem zu wagen.

„Eine Elle Weisheit – zwei Ellen Glück“ erinnert mich dabei an „einen Schritt vorwärts, zwei zurück“, was schließlich nichts anderes bedeutet, als dass es gerade im entscheidenden Moment wichtig ist, nicht aufzugeben, durchzuhalten, auch wenn dabei scheinbar ein kleiner Stillstand hingenommen werden muss.
Schließlich wird man am Ende belohnt: „zwei Ellen Weisheit“ und nur noch „eine Elle Glück“ – das Zufällige, durch das man ja auch so manches erreicht und irgendwie weiterkommt, wird zugunsten des absichtsvollen, geplanten, überlegten Handelns minimiert.

Auch wenn du bei der Setzung der Drei und der Vier anders gedacht hast (irgendwie erinnere ich mich, das in einem deiner Kommentare überflogen zu haben), du setzt damit eine sehr weite Verknüpfung frei. Das sind ja die Zahlen, die in fast allen Kulturen eine ganz besondere Rolle spielen. Und durch die Wiederholungen betont der Text ja auch ihren Stellenwert.
Ich kann allerdings die Strophe mit „Glaube – Liebe – Hoffnung“ nicht anders lesen als eine Fortführung des Gedankens aus S2, d. h. ich denke mir beim Lesen hinter S2 einen Doppelpunkt. Somit ergibt sich für mich persönlich die paradoxe Situation, dass LI gerade durch Glaube Liebe Hoffnung gebrochen wird und die Heilung aus dem Ruf des Stundenglases kommt. Und das ist höchstgradige Irritation. Und ich glaube, dass genau das den Reiz deines Gedichtes für mich ausmacht, weil ich immer noch darüber grüble ... :-)

Ein sehr feiner Text, den ich gerne erfühlt und gedacht habe und der mir gerade in seinem Aufbau, in seiner Komposition äußerst gut gefallen hat.

LG,
scarlett

Sam

Beitragvon Sam » 02.03.2009, 17:32

Hallo Scarlett,

herzlichen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich, dass du dich so auf das Gedicht eingelassen hast und für dich etwas herauslesen konntest. Deine Gedanken dazu gefallen mir sehr gut und fügen sich in das ein, was ich mir beim Schreiben gedacht hatte.

Deine Lesart bezüglich dem Brechen und der darauf folgenden Aufzählung geht ebenfalls in die Richtung, in die ich dachte. Wobei ich bewusst die vier Dinge nicht zugeordnet habe. Sprich, was bricht und was heilt wird nicht festgelegt. Es gibt darunter Dinge, die brechen und Dinge die heilen und einige tun sogar beides. Das Heilende ist aber eines mehr.

Schön, dass dir die Zeilen gefallen und dich zum Grübeln anregen.

Nochmals vielen Dank!

Liebe Grüße

Sam


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