Klein gehalten

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Sam

Beitragvon Sam » 14.11.2008, 13:41

Klein gehalten


Am Anfang da erschuf sich Gott
den Himmel und die Zeit
damit dem kurzen Menschen droht
Ewig- und Unendlichkeit

DonKju

Beitragvon DonKju » 14.11.2008, 14:36

Hallo Sam,

gefällig kommt Dein Text daher, die Formulierungen treffen auf den Punkt, das muß ich Dir neidlos lassen; Aber das Bild des drohenden Gottes, der den Menschen klein hält - das ist ein Ansatz, wenn auch ein bißchen einseitig auf die drohende Gottfigur (= Vaterfigur ?) ausgelegt, ich hätte da gerne etwas weiter gesehen - Wer erschuf eigentlich Gott ? Eine natürlich nicht bibelkonforme Frage ...

Gruß Bilbo
Zuletzt geändert von DonKju am 16.11.2008, 12:40, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2008, 17:09

Hi Sam,

gefällt mir sehr gut. Es ist so auf den Punkt gebracht. Wie gemein ist gerade der Faktor Zeit, weil wir Menschen um die Zeit wissen, uns ihrer Kürze bewusst sind, vor allem, da wir dazu neigen, von Unendlichkeit/Ewigkeit zu träumen oder zu albträumen. Dächten wir nicht an Unendlichkeit, wäre die Zeit kein Thema für uns Menschen. Oder andersherum. Gerade, da die kurze Zeit Thema für uns ist, haben wir Begriffe wie Unendlichkeit geschaffen. Somit wurde eine Kreatur erschaffen, die sich ins eigene Fleisch schneidet, sich selbst diese "Bedrohung" erstellt. Interessantes Thema, die Zeit, immer wieder.

Kleine Anmerkung:
der Reim "Gott" und "droht" ist nicht ganz rein, aber ich glaube, das spielt keine Rolle hier. Es geht um den Inhalt.
Saludos
Mucki, gerade in Zeitnot, he,he

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 14.11.2008, 17:54

Lieber Sam,

In der Tat, der Inhalt ist gelungen und richtig gemein! Das gefällt mir.

Mängel finde ich im Reim, sofern Z 1 und Z 3 das überhaupt drauf haben sollen.

Auf Gott reimt sich kaum mehr als Schafott oder Hunsfott, keinesfalls aber droht. Da würde ich überlegen, ob du nur Z 2 und Z 4 reimst, die anderen beiden im Metrum schreibst aber ohne Reim?

Oder:

Gott erschuf sich am Anfang
danach den Himmel und die Zeit
damit der kurze Mensch werd' bang
vor Ewig- und Unendlichkeit


Oder so.

Gefällt mir gut das Thema!

Lieben Gruß
Elsa
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Max

Beitragvon Max » 14.11.2008, 22:40

Lieber Sam,

seidem ich die Zeilen heute Mittag gelesen habe, grübel ich, ob mir mehr mit der Ewigkeit gedroht werden kann oder eher damit, dass es sie nicht gibt. Ich finde die schönste Zeile des ganzen aber die erste, ein Gott, der nicht erdacht ist oder ewig, sondern sich selbst erschafft ... das isz doch mal ein Anfang!

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2008, 22:47

Ups, ich lese es anders, nämlich, dass Gott (für sich) den Himmel und die Zeit erschuf, damit .... :12:
Saludos
Mucki

Max

Beitragvon Max » 14.11.2008, 22:55

Oh, Muckic (das ist die Mischung aus Mucki und Magic), das ist in der Tat möglich .. vermutlich meint Sam das auch noch so ... untersteh Dich Sam ;)

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.11.2008, 23:04

Hi Max,

Magic? Das ist über 2 Jahre her!
Ich glaube schon, dass Sam es so meint, das ist ja das Gemeine daran. ;-)
Saludos
Mucki

Nicole

Beitragvon Nicole » 17.11.2008, 09:34

Guten Morgen Liebster,

ja, ich mag diese Zeilen. (Obgleich ich immer noch "uns" kurzen Menschen schreiben würde, statt "dem" kurzen Menschen... :-) )

Und, entgegen dem Kommentar von Bilbo finde ich das Bild des drohenden Gottes nicht "abgegriffen". Ich finde nicht einmal, das er aktiv droht. Er schafft sich den Himmel und die Zeit - dies ist zunächst einmal "wertfrei" und, glaubt man der Schöpfungsgeschichte, eine Tatsache.
Ich lese das "damit" in Zeile drei also nicht in dem Sinne "er tat dies oder das, damit in Folge xy passierte". Sondern eher im Sinne von "dadurch, deswegen".
Für mich liegt der Schwerpunkt (lieber Max, ich lese es da so wie Mucki... )
Gott erschuf sich Himmel und Zeit (er tat es für sich, nicht für uns) und in Konsequenz werden wir Menschen im Bewußtsein der Ewigkeit immer mit unserer Endlichkeit hadern...

Lieben Gruß, Nicole

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 17.11.2008, 10:10

Hallo Nicole!

"dadurch, deswegen" ginge nur, wenn "damit" hier Adverb wäre; die Satzstellung legt aber ziemlich eindeutig fest, dass es Konjunktion ist, und da gibt es keine andere Möglichkeit als "mit der Absicht", um... zu", mithin die finale Sinnrichtung.

Hallo Sam!

Hübsch :-) Das "kurze" ist meinen lyrischen Schritten ein Stolperstein, aber Straucheln erhöht ja bekanntlich die Aufmerksamkeit ;-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.11.2008, 13:06

Ich lese das "damit" auch im Sinne von "mit der Absicht, um ..." Und durch das "dem" anstelle "uns" kurzen Menschen, wirkt es distanzierter, unterstreicht für mich das "gemeine" Ansinnen darin. Dass hier eine aktive Intention vom erschaffenden Gott drinsteckt, ist ja bereits in dem "sich" enthalten.
Saludos
Mucki

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Beitragvon Elsa » 17.11.2008, 16:43

Damit ist eindeutig eine Absicht, eine Begrpndung, warum er überhaupt erschaffen will.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 17.11.2008, 16:57

Das Gedicht baut Dualitäten auf,

Gott - kurzer Mensch,

die so alle für mich überhaupt nicht zusammen stimmen.

Der Schöpfung liegt eine Einheit zugrunde,

nicht diese hier zum zigsten Mal wiedergekäute Spaltung,

Ich finde, erkenntnistheoretische Gedichte sollte man nur schreiben, wenn man eine innere Erkenntnis gehabt hat,

siehe Zengedichte oder Koans, die solche Zusammenhänge gekonnt wiedergeben.

Wieder einmal mehr wundere ich mich über den Beifall, wo ich nur den Kopf schütteln kann...

eine Pseudoerkenntnis wird hochgejubelt, und warum, das frage ich mich...

Gruß
Wüstenfux

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.11.2008, 17:21

Hi Ben,

und ich frage mich gerade, wo du hier eine Pseudoerkenntnis siehst.
Ich lese Sams Kurzgedicht nicht als Erkenntnis, sondern eher bissig-ironisch.
Saludos
von der kurzen Mucki ,-)


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