In mir, Westen

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Anonymus
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Beitragvon Anonymus » 29.10.2008, 18:46




In mir, Westen

Nun hat sich auch der letzte Cowboy müd geschossen
Sein gelber Mustang döst mit losem Zügel die Prärie
Saloons und Amüsements sind längst geschlossen
Und das Piano klimpert ohne Melodie

Sheriff und Banditen sind seit Jahren schon vergreist
In jede Dame, jede Dirne war man schon verliebt
Lang schon hat kein Ass im Ärmel mehr verheißt
Die letzten Funken goldner Hoffnung sind versiegt

Kein Rauch der Colts bestäubt mehr die Stachel der Kakteen
Selbst die Sporen hat der wüste Sand ganz stumpf geschliffen
Häuser sieht man wie verdörrtes Buschwerk stehn
Die Wüste hat die letzte Nacht ergriffen

Des Mustangs Flanken fallen in ein tiefes Zittern
Er kniet nieder wie es die Peitsche heißt im Zirkuszelt
Ihm ist als könnt er schwarzen Regen wittern
Es ist soweit – der rote Sonnenvorhang fällt




Oldy

Beitragvon Oldy » 29.10.2008, 19:42

Hallo,

es holpert und poltert leider gewaltig. Sowohl Silbenzahl als auch das Metrum sind arg gebeutelt.
Die einzelnen Zeilen sind Fließtext, der sich dann mehr schlecht als recht reimt.
Prärie-Melodie
verliebt-versiegt
Kakteen-stehn
Zirkuszelt-fällt

Wenn du dir das Werk laut vorliest, wirst du merken, wie es immer wieder hakelt.
Inhaltlich scheint mir hier viel dem Zwang zum Reim geopfert zu sein, da geht die Intention vollkommen verloren.
Entschuldige bitte die offenen Worte, aber dieses Werk empfinde ich als gründlich misslungen.

lg
Uwe
Zuletzt geändert von Oldy am 29.10.2008, 21:03, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 29.10.2008, 21:00

Geht mir genauso.
Und eine "Westernstimmung" kommt da bei mir so gar nicht auf.
Saludos
Mucki

Niko

Beitragvon Niko » 30.10.2008, 11:08

lang schon hat kein ass im ärmel mehr verheißEN, wenn ich nicht irre...

ich schließe mich oldy voll und ganz an. du gehst mal 11, mal 12, mal13, mal 14silbig vor, und das ganze unsystematisch. die betonungen liegen dabei stellenweise so ungünstig, dass es den sprachfluss enorm behindert.
inhaltlich? nuja.....klischee an klischee....

lieben gruß: Niko

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2008, 12:38

Hallo :-)

Ich schließe mich den bisherigen Kritikpunkten weitgehend an, halte sie aber größtenteils für nicht so wesentlich (obwohl der von Niko angemerkte grammatikalische Fehler im Reim natürlich besonders bitter ist). Speziell dieses immergleiche Leier "Da hast du aber wieder was dem Reim geopfert", die fast schon ein Ritual ist, weise ich hier im Namen aller Reimer einfach mal zurück ;-)

Was mir persönlich am meisten fehlt, ist ein Mittelpunkt und eine Ausrichtung. Der Text beginnt, geht weiter und hört auf, ohne dass der Leser Orientierung gewinnt, aufhocht, etc. Nun ist das natürlich ein Stück weit durch die Aussageabsicht gerechtfertigt, aber irgendwie gelingt es mir nicht, es als gestalterisches Kalkül zu verstehen :sad:

Trotzdem, die Idee gefällt mir. Vielleicht wäre im Rahmen einer Überarbeitung ja die Verkürzung auf drei oder sogar zwei Strophen eine Idee?! Mehr Geschlossenheit brächte es allemal, und die nicht übermäßig originellen Bilder wirkten "in Auswahl" sicherlich weniger irritierend.

Ferdigruß :-)
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 30.10.2008, 12:56

Speziell dieses immergleiche Leier "Da hast du aber wieder was dem Reim geopfert", die fast schon ein Ritual ist, weise ich hier im Namen aller Reimer einfach mal zurück

Das macht nix. Ich bin gelegentlich auch "Reimer" und falle daher nicht unter "alle". :rolleyes:

Wie dem auch sei, aber die "alte Leier" ist auch gleichzeitig das "alte Lied". Wie oft sieht man in Reimgedichten (hier auch) die grammatischen / rhetorischen Klimmzüge, nur damit es sich reimt. So manches mal sind diese "Verrenkungen" wesentlich unterhaltsamer als das Werk an sich.
Den Spruch der "Reimopferung" lasse ich daher auch weiterhin vom Stapel, wenn ich so ein Verhalten zu erkennen glaube (so wie hier). Da verweise ich gerne auf meine Signatur.

lg
Uwe

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2008, 13:05

Dann bring doch mal ein konkretes Beispiel für einen "grammatischen Klimmzug" dieses Textes...

Sonst bleibt dein Einwurf halt doch nur, als was ich ihn beschrieb: ein leeres Ritual; eine Gemeinschaftsabwatschung aller Reimdichter ohne Erkenntnisgewinn; ein sich selbst auf die Schulter klopfen. -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 30.10.2008, 13:57

Ach nö. Tut das not? Aber für dich tue ich fast alles. :mrgreen:

Selbst die Sporen hat der wüste Sand ganz stumpf geschliffen
Häuser sieht man wie verdörrtes Buschwerk stehn
Die Wüste hat die letzte Nacht ergriffen


Den letzten Satz erklär mir mal. Oder die rethorische Leistung des "wüsten Sandes" (ich weiss, was er meint).
Ist das so etwas wie das "wässrige Meer" oder der "mündige Fluß"? :12:

lg

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2008, 21:01

Was hast du gegen "wüst"? Ein normales Adjektiv. Ich habe sicherhaltshalber im Online-Grimm nachgeschaut, und da sind einige Bedeutungen aufgeführt, die hier durchaus passen... "Eintönig", "schrecklich", "hässlich", etc. Schau mal selbst nach.

Aber eigentlich ist es ja noch zu früh, die Brauchbarkeit des "wüst" zu besprechen. Denn erst einmal müsstest du klarmachen, warum "wüste Sand" ein "grammatischer / rhetorischer Klimmzug" ist, ausgeführt, "nur damit es sich reimt". Ich jedenfalls sehe keine Verbindung?! Der Umstand, dass durch einfachen Ersatz des strittigen Adjektivs ein völlig unbedenklicher Satz entsteht, spricht in meinen Augen jedenfalls gegen deine Annahme.

Zum Satz: Tja, inhaltlich nicht einfach... Ist die Nacht von der Wüste ergriffen worden oder umgekehrt? Ich bin auch unsicher. Aber auch hier: Das wäre nur dann ein Problem im Sinne deiner Annahme, wenn man statt "hat ... ergriffen" ein anderes Prädikat einsetzen könnte, das zwar den Reim kostet, aber die Aussage verständlich macht. Das sehe ich nicht; Die Unverständlichkeit scheint mir eher aus der Zusammenstellung von "Wüste" und "letzter Nacht" zu resultieren. Die grammatikalische Struktur der Zeile ist jedenfalls intakt, nichts deutet darauf hin, das sie verbogen wurde, "nur damit es sich reimt." -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 30.10.2008, 22:39

Ich habe gar nichts gegen "wüst". Da es sich aber aus "Wüstensand" ableitet ...
... siehe:
Ist das so etwas wie das "wässrige Meer" oder der "mündige Fluß"?

Da halte ich für eine "krummen" rhetorischen Klimmzug. Der "wüste Sand" war nicht auf den Reim bezogen, sondern auf "krumme" Rhetorik.
Das wäre nur dann ein Problem im Sinne deiner Annahme, wenn man statt "hat ... ergriffen" ein anderes Prädikat einsetzen könnte

Das sehe ich genau umgekehrt. Es wurde ein Reim zu "geschliffen" gesucht und "ergriffen". Nun fehlte noch ein sinnvoller Satz mit "ergriffen" am Ende.
Und?
um Satz: Tja, inhaltlich nicht einfach... Ist die Nacht von der Wüste ergriffen worden oder umgekehrt? Ich bin auch unsicher.

Jo, ich nicht. Der Sinngehalt dieses Satzes verschließt sich mir. Genauso wie der letzte Satz des Werkes. Da habe ich das selbe Gefühl.

lg
Uwe

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Beitragvon ferdi » 30.10.2008, 23:17

Entschuldige, aber wenn ich dich erinnern darf:

Wie oft sieht man in Reimgedichten (hier auch) die grammatischen / rhetorischen Klimmzüge, nur damit es sich reimt.


Du hast sehr wohl für dieses Gedicht - "hier auch" - die Rhetorik in Bezug zum Reim gesetzt...

Egal.

"Und?" fragst du. Und jetzt musst du das, was du wie auch immer siehst, irgendwie belegen.

Warum leitet sich der "wüste Sand" von "Wüstensand" ab? Nur weil du es sagst? Tut mir leid, das ist zu wenig. Belege aus dem Text, bitte. Oder andersrum: Welche Belege hast du, dass es nicht, wie von mir vogeschlagen, ein normales Adjektiv ist?

Zum Satz: Aha. Du rätst also. Oder hast du etwa dem Autor / der Autorin über die Schulter gesehen?! Belege aus dem Text vermisse ich nach wie vor.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 30.10.2008, 23:19

Ich habe meine Meinung und Ansichten dargelegt, mehr habe ich nicht zu sagen.

U.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 30.10.2008, 23:53

Das dachte ich mir schon. Wieder einmal, sozusagen. Meinungen muss man belegen können, sonst sind sie nichts wert. "Ipse dixit" ist schon ein Weilchen aus der Mode...

Von daher: Das hier ein gutes Gedicht vorliegt, will ich gar nicht behaupten; Aber das "Inhaltsopfer auf dem Reim-Altar" war hier nichts als ein oberflächlicher Kommentar-Reflex und scheint bei näherer Betrachtung nicht stattgefunden zu haben. Oder vielleicht doch? Vielleicht bringt ja doch noch jemand Argumente statt Meinungen. Würde mich freuen...
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)


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