Alleingang

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 09:07

Draußen sind Schritte zu hören. Kommen näher. Das Stimmengewirr ist verstummt, die Radios schweigen. Jemand hustet unterdrückt. Die Zwischentür zum Zellengang wird aufgeschlossen. Wie oft habe ich dieses Geräusch gehört? Sie öffnet sich zum letzten Mal. Für mich. Ich schaue durch das Gitterfenster nach draußen.
Die Sonne scheint. Na und?
Mein Blick hastet durch die Ecken der Zelle, streicht über die Kalkwand und verfängt sich am Türspion. Ein dunkler Kreis. Lässt mich nicht los. Die Gittertür auf dem Gang schlägt zu, der Rahmen ächzt protestierend. Schlüssel klappern vor der Zelle und mit einem schabenden Geräusch wird die Sichtklappe vom Spion weggedreht.
Dunkel. Hell. Dunkel.
Da ist ein Auge. Starrt mich an. Auch wenn ich es nicht wirklich sehe. Es ist da und fixiert mich.
Dunkel. Hell. Dunkel.
Es wird laut. Ein Schlüssel sucht sich seinen Weg zu den Schließriegeln. Es klackert dreimal im Schloss, knallend werden die beiden Vorreiber nach hinten geschoben.
Die Tür öffnet sich quietschend nach außen. Mir ist kalt. Im Scherenschnitt steht ein Mann, eine Hand in die Hüfte gestemmt. Er winkt mich hinaus.
Ich mache mich kleiner, die Knie an die Brust, will nicht. Warum schon jetzt? Doch der Wärter lässt nicht locker und winkt noch einmal. Unwillig. Ich stehe auf, greife mein kleines Paket, folge, ohne zur Seite zu sehen. Gang für Gang, Treppe auf und ab, den Blick starr nach vorn.

„Machs gut!“
„Bald hast du es hinter dir!“
„Kann ich deine Poster haben?“

Gittertüren knallen hinter mir zu. Die Wärter bleiben stumm. Man reicht mir einen Umschlag. Mein Name steht drauf. Die Hand zittert. Aber …

Ein massive Stahltür schwingt zur Seite und ich werde ein paar Schritte nach vorne geschoben. Hinter mir fällt sie sofort wieder krachend ins Schloss.
Ich bin allein. Mein Herz krampft.

Was soll ich mit der Freiheit anfangen?


1. Änderung: "Dialog" weiter nach hinten gesetzt
2. Änderung: Wortdreher korrigiert
3. Kleine Änderung am Dialog
Zuletzt geändert von Oldy am 14.10.2008, 14:30, insgesamt 3-mal geändert.

Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 14:31

Ja, das ist gut. Gerne übernommen. Danke dafür. :blumen:

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2008, 14:31

Hi Uwe,

ich halte es als Rufe der Mitinsassen für plausibler, da ja keine Antwort vom LI kommt, sondern lauter Fragen. Da brauchst du m.E. nichts zu ändern.
Da ist mir die Aussage am Ende wichtig, die Sozialkritik, dort sollte die "Einleitung" hinführen. Ich denke, das kann sie.

Ja, das kann sie, finde ich auch.
Saludos
Gabriella

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 14.10.2008, 14:31

Ich will ja auch keinem zu nahe treten,

erst recht keinem, der eine ausführliche Beschäftigung mit seinem Text anscheinend sofort als "Erbsenzählerei" und Mißachtung seiner Arbeit interpretiert...

Wenn "Rückmeldung" für dich heißt "melde dich nur, wenn du meinen Text gut findest", dann sag das so und ich schreibe einfach nichts mehr zu deinen Texten - da habe ich kein Problem mit...

Ansonsten ist diese Diskussion (oder zumindest die Diskussion, die sich entwickeln könnte, klänge der Autor nicht zunehmend genervt und "bockig") sinnvoll, weil sie zu klären hilft, ob das hier verwandte Motiv in seiner Reinform angesichts seines Bekanntheitsgrades / seiner Verbreitung / seiner bisherigen literarischen Karriere noch einen Text tragen kann oder eben nicht.

F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2008, 14:44

Hi Ferdi,

jetzt mal langsam mit den Gäulen.
Es geht doch hier darum, wie Uwe sich mit der Thematik auseinandersetzt und nicht, ob es dieses Thema schon zig Mal gibt.
Und ich finde, dass Uwe hier aus der Ich-Perspektive einen gutes "Blitzlicht" geschrieben hat. Und so sehe ich den Text, als Blitzlicht. Hier wird kein Roman erzählt und das ist ja auch gar nicht die Intention von Uwe, wie er ja auch schrieb.
weil sie zu klären hilft, ob das hier verwandte Motiv in seiner Reinform angesichts seines Bekanntheitsgrades / seiner Verbreitung / seiner bisherigen literarischen Karriere noch einen Text tragen kann oder eben nicht.

Das halte ich für Unsinn. Wenn es danach ginge, könnten wir über gar nichts mehr schreiben, weil schon über alles geschrieben wurde.
Diese Diskussion haben wir schon so oft hier im Forum geführt. Das führt zu gar nichts.
Lasst uns doch bitte beim Text bleiben.
Der eine findet ihn gut, wie ich z.B., der andere hängt sich an Allgemeinplätzen auf. Ok, jedem das seine, hm?
Also, jetzt keine sinnlose Diskussion anzetteln und schon gar nicht persönlich werden, bitte.
("bockig" etc.)
Saludos
Gabriella

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Beitragvon ferdi » 14.10.2008, 14:52

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Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 14:55

erst recht keinem, der eine ausführliche Beschäftigung mit seinem Text anscheinend sofort als "Erbsenzählerei" und Mißachtung seiner Arbeit interpretiert...

Wenn "Rückmeldung" für dich heißt "melde dich nur, wenn du meinen Text gut findest", dann sag das so und ich schreibe einfach nichts mehr zu deinen Texten - da habe ich kein Problem mit...

Entschuldige, aber so war das nicht gemeint und das habe ich auch nicht geschrieben. Die "Erbsenzählerei" bezog sich auf die Tatsache, dass wir gerade anfingen zu sagen: Ich habe das schon zweimal gelesen, aber ich erst einmal, ich jedoch gleich vier mal. Mehr nicht und mehr muss man da ohne Not auch nicht hineininterpretieren.
Wenn "Rückmeldung" für dich heißt "melde dich nur, wenn du meinen Text gut findest", dann sag das so und ich schreibe einfach nichts mehr zu deinen Texten - da habe ich kein Problem mit...

Auch das habe ich nicht gemeint und auch nicht geschrieben. Wenn du dich bei meinen anderen Texten hier umschaust, würdest du so etwas nicht schreiben. Ich bin durchaus kritikfähig, aber keiner kann erwarten, dass ich zu jeder Kritik ja und Amen sage. Ich denke, das tust du auch nicht.

Was dein "Angriff" auf mich nun sollte, ist mir nicht wirklich klar. Ich wollte die Diskussion lediglich auf die von mir dargelegte Intention zurückführen. Deine Meinung sei dir belassen, da habe ich kein Problem mit. In bin der Meinung, dass auch Bekanntes zielführend zur Intention führen kann, behaupte allerdings diesbezüglich nicht, die Weißheit mit Löffeln gefressen zu haben. Auch ich lerne noch gerne dazu.

Und wer hier gerade "bockig" ist, lasse ich mal dahingestellt.

lg
Uwe
Zuletzt geändert von Oldy am 14.10.2008, 15:03, insgesamt 1-mal geändert.

Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 15:00

Ich halte diesen Text für eine solche Rein-Darstellung dieses Themas. Deswegen kann man es so, da hast du immerhin recht, eben nicht mehr schreiben. Weil es nichts neues zeigt. Wäre es mit etwas neuem verknüpft, gäbe es kein Problem

Das ist deine Meinung, Ferdi. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Diese Meinung ist vielleicht für die meisten die richtige. Auch damit kann ich leben und lerne daraus.
Aber ich hatte deine Meinung bereits weiter vorne akzeptiert. Worum geht es dir denn jetzt?

lg
Uwe

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 14.10.2008, 15:01

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Beitragvon ferdi » 14.10.2008, 15:03

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Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.10.2008, 15:05

Hallo Ferdi,

eine letzte Äußerung noch von mir dazu:
Ferdi hat geschrieben:du hältst für Unsinn, was du möchtest, und ich schreibe über das, was ich für sinnvoll halte. Mehr möchte ich zu deinem Beitrag wirklich nicht sagen.

Ich halte es für Unsinn, weil eine solche Diskussion, würde man sie wirklich konsequent führen, letztendlich zu einer Themen-Tabu-Liste führen würde. Und das wäre in meinen Augen völlig absurd.
Saludos
Gabriella
P.S. Sehe gerade in der Vorschau dein posting wg. Löschen.
Leer editierte postings werden von der Moderation nicht herausgenommen! Es entstehen also nur Löcher innerhalb eines Fadens. Nicht gerade konstruktiv, hm?

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Beitragvon leonie » 14.10.2008, 15:05

Hallo, lieber Ferdi,

ich möchte Dich bitten, hier nichts in den Faden zu schreiben, was Du hinterher löschen willst. Das ist für die anderen Leser dann nämlich nicht mehr nachvollziehbar.
Dann geht bitte auf die PN-Ebene und klärt diese Sache untereinander. Wenn es hier öffentlich geschieht, wäre es schön, wenn die Beiträge stehen bleiben.

Liebe Grüße

leonie

oh, hat sich mit Mucki überschnitten...

Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 15:08

Wie du meinst. Verstehen tue ich das alles nicht. :eek:

Sam

Beitragvon Sam » 14.10.2008, 17:10

Oh, das ist eine interessante Diskussion hier. Bei der mich allerdings am meisten freut, dass sich Ferdi und ich, was Kritik und die Art einen Text zu lesen, scheinbar das erste Mal einig sind. :-)

Gerade im Internet scheinen viele Autoren zu vergessen, dass sie es sich bei denjenigen, die ihre Texte lesen, um Leute handelt, die auch schon vorher mal etwas gelesen haben. Womöglich sogar schon eine ganze Menge. Im besten Fall haben sie neben der Lese- auch schon eine Menge Lebenserfahrung. Und all das spielt in das Leseerlebnis mit hinein. Sich kritisch mit einem Text aueinanderzusetzen, bedeutet auch immer, das Gelesene in das einzuordnen bzw. mit dem abzugleichen, was man schon kennt. Ja, selbst der unkritische Leser tut dies, nur er versucht vielleicht nicht, seinem Behagen/Unbehagen auf die Spur zu kommen.

Wenn Ferdi also schreibt:
Aber das, was du da darstellen möchtest, ist doch ein Allgemeinplatz, den man so oder sehr ähnlich schon oft gehört, gesehen und gelesen hat - nicht zuletzt in den diversen Krimi-Serien im Fernsehen etc.

..dann kann ich ihm da nur zustimmen. Einige bekannte Texte/Filme wurden ja schon erwähnt, man könnte noch ältere und neuere Beispiele hinzufügen. Papillon fällt mir noch ein. Soweit ich mich erinnere springt Papillons Freund auch nicht von der Klippe, weil es ihm nicht mehr gelingt, sich die Welt draußen so realistisch vorzustellen, dass er dafür sein Leben riskieren würde.

Wie dem auch sei, die Tatsache, dass sich Verurteilte, die sehr lange eingesessen haben, vor der Freiheit fürchten ist überhaupt nichts neues. Dies allein ist aber noch kein Kriterium für diesen Text. Wohl aber, dass er diesen Sachverhalt komplett ignoriert. Oldys Text beschränkt sich nämlich rein auf die Beschreibung eines Faktes. Was fehlt ist die Erfahrung, die die Konfrontation mit diesem Umstand erzeugt. Hier nämlich liegt die Chance aus Bekanntem etwas Neues zu machen. Es reicht eben nicht aus, wenn der Autor eine Erfahrung machte, indem er etwas ihm vorher unbekanntes erfuhr. Die Kunst beim Schreiben ist es ja, den Leser eine Erfahrung machen zu lassen. Wird er mit mit ihm vertrauten Fakten abgespeist, langweilt er sich.

Oldy schreibt zu diesem Text:

Dieser Text ist als eine Kritik meinserseits an unserem Sozialstaat zu verstehen, der so ein Verhalten eigentlich erst gar nicht enstehen lassen sollte


Wenn dieser Text eine Kritik am Sozialstaat ist, dann wäre die rein beobachtende Beschreibung einer Person, die am Bahnsteig steht und ärgerlich auf einen verspäteten Zug wartet, auch als Kritik an dem Fahrplanmanagement der deutschen Bundesbahn zu verstehen.

Ich wiederhole mich. Gerade im Internet sollte ein Autor nie vergessen (und ich habe es leider auch schon viel zu oft getan), dass er es nicht mit einer literarisch unterernährten Leserschaft zu tun hat, die allsamt "Halleluja" schreien, wenn sie mal einen zusammenhängenden Satz lesen dürfen, sondern mit dem genauen Gegenteil. Gute Texte gibt es zuhauf und Bibliotheken und Buchläden in jeder Gemeinde. Da müssen wir kleinen Internetschreiblinge uns schon ganz schön anstrengen, unsere gut gesättigten Leser mit unseren Texten/Gedichten wenigsten ein klein wenig zu begeistern und zu fesseln.

Gruß

Sam

Oldy

Beitragvon Oldy » 14.10.2008, 18:51

Hallo Sam,

danke für deinen freundlichen und ausführlichen Kommentar.
Über Allgemeinplätze wurde sich ja nun schon genug ausgelassen, diesen habe ich, sofern er denn einer ist, nicht als solchen gesehen.
Oldys Text beschränkt sich nämlich rein auf die Beschreibung eines Faktes.

Das war eigentlich nicht meine Absicht, sondern ich wollte die Gedanken und Gefühle des Prot. an den Leser bringen, seine Verzweiflung. Es ist eine Momentaufnahme, die aber möglicherweise den falschen "Mantel" hat.
Was fehlt ist die Erfahrung, die die Konfrontation mit diesem Umstand erzeugt. Hier nämlich liegt die Chance aus Bekanntem etwas Neues zu machen.

Das hast du natürlich recht, vielleicht sollte ich den Text noch einmal unter diesen Gesichtspunkt überarbeiten.
Vielleicht in einer geistigen Rückblende auf sein Leben in und außerhalb der Haft.
Wenn dieser Text eine Kritik am Sozialstaat ist, dann wäre die rein beobachtende Beschreibung einer Person, die am Bahnsteig steht und ärgerlich auf einen verspäteten Zug wartet, auch als Kritik an dem Fahrplanmanagement der deutschen Bundesbahn zu verstehen.

Ich denke, das ist zu einfach gedacht, der Text gibt schon etwas mehr her. Aber ich verstehe, was du damit sagen willst.
Ich danke dir für deine Mühe. Mal sehen, ob mir etwas einfällt.

lg
Uwe


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