Draußen sind Schritte zu hören. Kommen näher. Das Stimmengewirr ist verstummt, die Radios schweigen. Jemand hustet unterdrückt. Die Zwischentür zum Zellengang wird aufgeschlossen. Wie oft habe ich dieses Geräusch gehört? Sie öffnet sich zum letzten Mal. Für mich. Ich schaue durch das Gitterfenster nach draußen.
Die Sonne scheint. Na und?
Mein Blick hastet durch die Ecken der Zelle, streicht über die Kalkwand und verfängt sich am Türspion. Ein dunkler Kreis. Lässt mich nicht los. Die Gittertür auf dem Gang schlägt zu, der Rahmen ächzt protestierend. Schlüssel klappern vor der Zelle und mit einem schabenden Geräusch wird die Sichtklappe vom Spion weggedreht.
Dunkel. Hell. Dunkel.
Da ist ein Auge. Starrt mich an. Auch wenn ich es nicht wirklich sehe. Es ist da und fixiert mich.
Dunkel. Hell. Dunkel.
Es wird laut. Ein Schlüssel sucht sich seinen Weg zu den Schließriegeln. Es klackert dreimal im Schloss, knallend werden die beiden Vorreiber nach hinten geschoben.
Die Tür öffnet sich quietschend nach außen. Mir ist kalt. Im Scherenschnitt steht ein Mann, eine Hand in die Hüfte gestemmt. Er winkt mich hinaus.
Ich mache mich kleiner, die Knie an die Brust, will nicht. Warum schon jetzt? Doch der Wärter lässt nicht locker und winkt noch einmal. Unwillig. Ich stehe auf, greife mein kleines Paket, folge, ohne zur Seite zu sehen. Gang für Gang, Treppe auf und ab, den Blick starr nach vorn.
„Machs gut!“
„Bald hast du es hinter dir!“
„Kann ich deine Poster haben?“
Gittertüren knallen hinter mir zu. Die Wärter bleiben stumm. Man reicht mir einen Umschlag. Mein Name steht drauf. Die Hand zittert. Aber …
Ein massive Stahltür schwingt zur Seite und ich werde ein paar Schritte nach vorne geschoben. Hinter mir fällt sie sofort wieder krachend ins Schloss.
Ich bin allein. Mein Herz krampft.
Was soll ich mit der Freiheit anfangen?
1. Änderung: "Dialog" weiter nach hinten gesetzt
2. Änderung: Wortdreher korrigiert
3. Kleine Änderung am Dialog
Alleingang
Hi Uwe,
dieser Dialog scheint mir verfrüht gesetzt zu sein, er müsste m.E. erst kommen, wenn der Protag aus der Zelle raus ist.
Bis zu der Stelle, an der ihm das Paket gegeben wird, dachte ich, er wird in die Todeszelle gebracht. Insofern legst du hier dem Leser geschickt eine falsche Fährte.
Er war wohl so lange im Gefängnis, dass es zu seinem Zuhause geworden ist, er mit der Freiheit nichts anfangen kann, er sich alleingelassen fühlt da draußen, keine "Sicherheitsanker" hat, die ihn auffangen. Du hast es gut und flüssig geschrieben.
Aber insgesamt frage ich mich, warum der Text unter Kritisches, Humor, Satire steht?
Saludos
Gabriella
dieser Dialog scheint mir verfrüht gesetzt zu sein, er müsste m.E. erst kommen, wenn der Protag aus der Zelle raus ist.
„Machs gut.“
„Bald hast du es hinter dir.“
„Kann ich deine Poster haben?“
Bis zu der Stelle, an der ihm das Paket gegeben wird, dachte ich, er wird in die Todeszelle gebracht. Insofern legst du hier dem Leser geschickt eine falsche Fährte.
Er war wohl so lange im Gefängnis, dass es zu seinem Zuhause geworden ist, er mit der Freiheit nichts anfangen kann, er sich alleingelassen fühlt da draußen, keine "Sicherheitsanker" hat, die ihn auffangen. Du hast es gut und flüssig geschrieben.
Aber insgesamt frage ich mich, warum der Text unter Kritisches, Humor, Satire steht?

Saludos
Gabriella
Hallo,
Genau das wollte ich darstellen. Duch einen Kontakt zur einer naheliegenden JVA wurde ich auf diesen Umstand aufmerksam. Es gibt JVA-Insassen, die gar nicht mehr nach "draussen" wollen, denen der Knast eine Heimat geworden ist, ein Anker, wie Gabriella richtig bemerkt. Sie haben Angst vor der Freiheit, vor dem Ungewissen, Ungeordneten.
Sicher, es sind nicht viele, doch dieses Phänomenen hat zugenommen. Auch kommt es heute auch vermehrt dazu, dass sich Insassen nach ihrer Entlassung wieder etwas zu schulden kommen lassen, um wieder zurück zu kommen.
Dieser Text ist als eine Kritik meinserseits an unserem Sozialstaat zu verstehen, der so ein Verhalten eigentlich erst gar nicht enstehen lassen sollte (Stichwort Soziales Netz).
Der kleine "Dialog" steht tatsächliche besser an jener Stelle, wo er über die Flure schreitet. Das habe ich nun geändert.
lg
Uwe
Er war wohl so lange im Gefängnis, dass es zu seinem Zuhause geworden ist, er mit der Freiheit nichts anfangen kann, er sich alleingelassen fühlt da draußen, keine "Sicherheitsanker" hat, die ihn auffangen. Du hast es gut und flüssig geschrieben.
Genau das wollte ich darstellen. Duch einen Kontakt zur einer naheliegenden JVA wurde ich auf diesen Umstand aufmerksam. Es gibt JVA-Insassen, die gar nicht mehr nach "draussen" wollen, denen der Knast eine Heimat geworden ist, ein Anker, wie Gabriella richtig bemerkt. Sie haben Angst vor der Freiheit, vor dem Ungewissen, Ungeordneten.
Sicher, es sind nicht viele, doch dieses Phänomenen hat zugenommen. Auch kommt es heute auch vermehrt dazu, dass sich Insassen nach ihrer Entlassung wieder etwas zu schulden kommen lassen, um wieder zurück zu kommen.
Dieser Text ist als eine Kritik meinserseits an unserem Sozialstaat zu verstehen, der so ein Verhalten eigentlich erst gar nicht enstehen lassen sollte (Stichwort Soziales Netz).
Der kleine "Dialog" steht tatsächliche besser an jener Stelle, wo er über die Flure schreitet. Das habe ich nun geändert.
lg
Uwe
Zuletzt geändert von Oldy am 14.10.2008, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.
Aber das, was du da darstellen möchtest, ist doch ein Allgemeinplatz, den man so oder sehr ähnlich schon oft gehört, gesehen und gelesen hat - nicht zuletzt in den diversen Krimi-Serien im Fernsehen etc.
Da frage ich mal ganz vorsichtig: Wo?
Als ich zum ersten Mal davon hörte, war ich überrascht. Ich ging davon aus, dass ein Knastinsasse gar nicht schnell genug rauskommen möchte. Das war bis dato mein Allgemeinplatz aus diversen Fernseh- und Kinostunden. Diese andere, für mich doch gänzlich neue Sichtweise, habe ich hier verarbeitet.
lg
Uwe
Zuletzt geändert von Oldy am 14.10.2008, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
Hi Ferdi,
Der einzige Film, in dem dieses Motiv (allerdings als "Nebenkriegsschauplatz") m.E. hervorragend dargestellt wird, ist "Die Verurteilten" mit Tim Robbins und Morgan Freeman (übrigens m.E. ein genialer Film). Ansonsten tauchte es vielleicht in der deutschen Serie "Hinter Gittern" hier und da mal auf, kann ich aber nicht genau sagen, da ich die Serie nur zu Beginn sah. Ansonsten wüsste ich jetzt ad hoc nicht, ob dieses Motiv ständig in Fernsehen oder Presse vorkommt.
Saludos
Gabriella
Ferdi hat geschrieben:Aber das, was du da darstellen möchtest, ist doch ein Allgemeinplatz, den man so oder sehr ähnlich schon oft gehört, gesehen und gelesen hat - nicht zuletzt in den diversen Krimi-Serien im Fernsehen etc.
Der einzige Film, in dem dieses Motiv (allerdings als "Nebenkriegsschauplatz") m.E. hervorragend dargestellt wird, ist "Die Verurteilten" mit Tim Robbins und Morgan Freeman (übrigens m.E. ein genialer Film). Ansonsten tauchte es vielleicht in der deutschen Serie "Hinter Gittern" hier und da mal auf, kann ich aber nicht genau sagen, da ich die Serie nur zu Beginn sah. Ansonsten wüsste ich jetzt ad hoc nicht, ob dieses Motiv ständig in Fernsehen oder Presse vorkommt.
Saludos
Gabriella
Meines Wissens taucht dieses Motiv bereits in Falladas - auch dramatisiertem - Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" (1934) auf. Ob es in der Realität viele solche Fälle gibt, kann ich nicht beurteilen; vielleicht lassen sich einzelne Knastkarrieren so erklären, da dürften auch unbewusste Motive mitspielen. Auf jeden Fall ist das Thema keineswegs neu, ich habe schon oft davon gehört. (Kann mich sogar an einen Lucky-Luke-Comic erinnern, in dem Joe Dalton an der Zellenwand ein Schild "Zuhause ist's am schönsten!" aufhängte!)
Mir ist übrigens nicht klar, mit wem der Dialog geführt wird. Mit dem Wärter, der aufgeschlossen hat? Ist es denkbar, dass der die Poster will?
Schönen Gruß
Zefira
Mir ist übrigens nicht klar, mit wem der Dialog geführt wird. Mit dem Wärter, der aufgeschlossen hat? Ist es denkbar, dass der die Poster will?
Schönen Gruß
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Mucki,
"ständig vorkommen" wird es sicher nicht, denn, wie Uwe angemerkt hat, ist der Normalfall ja das "Rauswollen". Aber "oft genug vorkommen, um bekannt zu sein" - das gilt zumindest für mich sicherlich. Aber ich kann natürlich ein Einzelfall sein. Das werden die Rückmeldungen hier ja zeigen
Film un Serie kenne ich übrigens nicht.
Ferdigruß!
"ständig vorkommen" wird es sicher nicht, denn, wie Uwe angemerkt hat, ist der Normalfall ja das "Rauswollen". Aber "oft genug vorkommen, um bekannt zu sein" - das gilt zumindest für mich sicherlich. Aber ich kann natürlich ein Einzelfall sein. Das werden die Rückmeldungen hier ja zeigen

Film un Serie kenne ich übrigens nicht.
Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)
Ich will ja keinem zu Nahe treten, aber worum geht es hier eigentlich? Wollen wir jetzt anfangen, "Erbsen" zu zählen?
Für mich ist es kein Allgemeinplatz (wenn auch nicht ganz neu), für Ferdi ist es einer (was vollkommen in Ordnung ist), für die Geschichte aber ist das vollkommen belanglos. Da ist mir die Aussage am Ende wichtig, die Sozialkritik, dort sollte die "Einleitung" hinführen. Ich denke, das kann sie.
Zefira, es ist eigentlich kein Dialog, sondern lediglich Rufe der Mitinsassen aus den Zellen heraus. Ich weiss im Moment nicht, wie ich das formal deutlicher im Text darstellen kann.
lg
Uwe
Für mich ist es kein Allgemeinplatz (wenn auch nicht ganz neu), für Ferdi ist es einer (was vollkommen in Ordnung ist), für die Geschichte aber ist das vollkommen belanglos. Da ist mir die Aussage am Ende wichtig, die Sozialkritik, dort sollte die "Einleitung" hinführen. Ich denke, das kann sie.
Zefira, es ist eigentlich kein Dialog, sondern lediglich Rufe der Mitinsassen aus den Zellen heraus. Ich weiss im Moment nicht, wie ich das formal deutlicher im Text darstellen kann.
lg
Uwe
Ich glaube, durch die winzige Änderung:
"Mach's gut!"
"Bald hast du es hinter dir!"
Kann ich deine Poster haben?"
... würde schon deutlicher, dass es sich quasi um eine Reihung einzelner Ausrufe handelt, nicht um einen Dialog.
Grüßchen
Zefira
"Mach's gut!"
"Bald hast du es hinter dir!"
Kann ich deine Poster haben?"
... würde schon deutlicher, dass es sich quasi um eine Reihung einzelner Ausrufe handelt, nicht um einen Dialog.
Grüßchen
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)
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