Zum Wegkippen
S-Bahn, die lange Stuhlreihe parallel zu den Fenstern. Man kann über die Köpfe der anderen Fahrgäste hinweg nach draußen gucken… nach der Arbeit ein bisschen träumen… entspannen –
„… mein Apple ist kaputt, ganz neu das Teil, ich fasse es nicht…“
Er spricht laut: ein Typ, der sich sichtlich selbst „hip“ findet – Mitte dreißig, gut rasiert, glänzende Schuhe, glänzendes Handy.
„… ich mein, ich hab mir den doch nicht für 10.000 Euro gekauft, damit er sofort kaputt geht. Scheiße, ich brauch das Ding für die Arbeit – okay, ich hab ihn auch gekauft, weil er hübsch aussieht, aber nicht, damit er kaputt geht. Töchterchen leiht mir zwar ihr Laptop, das hätte ich in zehn Minuten konfiguriert …“
Die anderen – Hauptverkehrszeit, der Zug ist voll – versuchen wegzuhören. Beschämt, weil der Kerl sich peinlich benimmt, weil er peinlich ist.
Nur sich selbst ist er nicht peinlich. Sich selbst findet er super.
„… nich so schlimm, ich hab ja die Kohle, aber es geht mir einfach so verdammt auf die Nerven… Töchterchen hat neulich auch so was Komisches erlebt mit dem Navi … „
Er sagt tatsächlich „Töchterchen“, auf dass ein jeder von seiner Vaterschaft informiert sei. Klingt fast genauso liebevoll wie "Navi".
„… Sie fährt mit dem Mercedes durch den Tiergartentunnel…“
Na klar, nicht etwa „Auto“ oder „Wagen“. Damit auch ja jeder mitbekommt, dass es sich um einen Mercedes handelt, denn dieser Typ hat nichts Billiges!
„… und das Navi sagt ihr kurz darauf, sie sei in Wannsee. Dabei war sie noch gar nicht zuhause…“
Aha, jetzt muss er uns noch „nebenbei“ kundtun, dass er in einem der teuersten Berliner Stadtbezirke lebt. Der Typ ist gnadenlos. Fast schon komisch. Eine Karikatur?
„… die Navi-CD ist total neu… ich hab ja die alte noch, nicht so schlimm, wenn das Ding weiterspinnt, aber weißte…“
Nervt alle Leute, und kriegt es nicht mal mit. Schaut niemanden an, sondern ist völlig fixiert auf sich selbst und seine großspurigen Probleme. Hast genug zu tun mit seiner Großartigkeit genug, während er etwas führt, das er vermutlich als „Gespräch“ bezeichnen würde, wenn er auch nur einen Gedanken drauf verwenden würde, was er da tut.
Aber das tut er nicht. Leider.
All seine Gedanken sind mit all den Dingen beschäftigt, die er sich leisten kann, ihrem Funktionieren und Nichtfunktionieren, und er verwechselt offenbar Besitz bzw. Zahlungsfähigkeit mit persönlichem Wert. Die Gleichung der Werbung geht voll auf: Ware angesagt + teuer = Mensch wertvoll. Nicht sonderlich originell, aber er führt diesen Beweis eindrucksvoll (wenn auch wenig überzeugend) – unter Einschluss der Öffentlichkeit sozusagen.
Mein Blick trifft auf den der Frau gegenüber; wir ziehen beide gleichzeitig eine Augenbraue hoch und einen Mundwinkel runter – in gespiegelter Missbilligung, mit widerwilligem Amüsement.
Am liebsten würde ich sehr laut zu ihr sagen: „Sachen hat er jedenfalls genug, auch wenn ihm offenbar eins nach dem andern kaputt geht.“
Und sie könnte antworten: „Nur sein Handy funktioniert offenbar noch.“
Und der ganze S-Bahnwaggon würde rufen: „Leider!“ – und dann so laut lachen, dass es den billigen Typen mit dem teuren Handy in die Spree spülte.
Weg damit.
Zum Wegkippen
Liebe Klara,
hm, ehrlich gesagt finde ich diesen Text (im Gegensatz zu vielen anderen von Dir) langweilig. Er wirkt auf mich wie eins zu eins erlebt und dann erklärst Du einem ja auch noch alles und reflektierst alles. Es bleibt mir zu wenig Raum für die eigenen Gedanken, das eigene Genervtsein, die eigene Aggression.
Trotzdem liebe Grüße
leonie
hm, ehrlich gesagt finde ich diesen Text (im Gegensatz zu vielen anderen von Dir) langweilig. Er wirkt auf mich wie eins zu eins erlebt und dann erklärst Du einem ja auch noch alles und reflektierst alles. Es bleibt mir zu wenig Raum für die eigenen Gedanken, das eigene Genervtsein, die eigene Aggression.
Trotzdem liebe Grüße
leonie
Hi Klara,
wenn du nur den Typ reden ließest in einem fort ohne Kommentare und Wertung, so dass man beim Lesen sozusagen die Krise bekommt und dann am Schluss ne Pointe reinhaust, auch ohne Wertung, z.B. könnte seine Alte ihn auf dem Handy anrufen und er wie ein eingeschüchteter Hund reden oder irgendwas anderes, das eben das genaue Gegenteil von dem darstellt, was er da alles labert, dann könnte dies eine gute Satire werden.
Saludos
Mucki
wenn du nur den Typ reden ließest in einem fort ohne Kommentare und Wertung, so dass man beim Lesen sozusagen die Krise bekommt und dann am Schluss ne Pointe reinhaust, auch ohne Wertung, z.B. könnte seine Alte ihn auf dem Handy anrufen und er wie ein eingeschüchteter Hund reden oder irgendwas anderes, das eben das genaue Gegenteil von dem darstellt, was er da alles labert, dann könnte dies eine gute Satire werden.
Saludos
Mucki
ist wohl nicht so pralle.
klara wollte einfach ein bisschen erzählen und dachte, das reicht.
tuts aber nicht.
den typ allein reden zu lassen, hab ich im moment keine lust, mucki, danke für den tipp.
danke fürs lesen.
aber das ist witzig!
das "Trotzdem" ,-) (WARUM??)
klara
klara wollte einfach ein bisschen erzählen und dachte, das reicht.
tuts aber nicht.
den typ allein reden zu lassen, hab ich im moment keine lust, mucki, danke für den tipp.
danke fürs lesen.
aber das ist witzig!
Trotzdem liebe Grüße
das "Trotzdem" ,-) (WARUM??)
klara
Hallo Klara!
Leonie und Mucki haben wohl recht. Trotzdem finde ich, dass hier im Kern ein guter Text vorliegt?! Ich vermute mal, du müsstest eigentlich gar nichts ändern, sondern einfach nur die den Leser entmündigenden Erklär-Passagen weglassen... Ich versuche das einfach mal und hoffe, du bist mir nicht böse wegen dieses ruppigen Umgangs mit deinem Text - aber irgendwie muss ich immer "vor Augen" haben, was ich einschätzen möchte
Zum Wegkippen
S-Bahn, die lange Stuhlreihe parallel zu den Fenstern. Man kann über die Köpfe der anderen Fahrgäste hinweg nach draußen gucken… nach der Arbeit ein bisschen träumen… entspannen...
"...mein Apple ist kaputt, ganz neu das Teil, ich fasse es nicht..."
Er spricht laut: ein Typ, Mitte dreißig, gut rasiert, glänzende Schuhe, glänzendes Handy.
"… ich mein, ich hab mir den doch nicht für 10.000 Euro gekauft, damit er sofort kaputt geht. Scheiße, ich brauch das Ding für die Arbeit – okay, ich hab ihn auch gekauft, weil er hübsch aussieht, aber nicht, damit er kaputt geht. Töchterchen leiht mir zwar ihr Laptop, das hätte ich in zehn Minuten konfiguriert …"
Die anderen versuchen wegzuhören.
"… nich so schlimm, ich hab ja die Kohle, aber es geht mir einfach so verdammt auf die Nerven… Töchterchen hat neulich auch so was Komisches erlebt mit dem Navi: Sie fährt mit dem Mercedes durch den Tiergartentunnel, und das Navi sagt ihr kurz darauf, sie sei in Wannsee. Dabei war sie noch gar nicht zuhause! Die Navi-CD ist total neu… ich hab ja die alte noch, nicht so schlimm, wenn das Ding weiterspinnt, aber weißte…"
Mein Blick trifft auf den der Frau gegenüber; wir ziehen beide gleichzeitig eine Augenbraue hoch und einen Mundwinkel runter – in gespiegelter Missbilligung, mit widerwilligem Amüsement.
Am liebsten würde ich sehr laut zu ihr sagen: "Sachen hat er jedenfalls genug, auch wenn ihm offenbar eins nach dem andern kaputt geht."
Und sie könnte antworten: "Nur sein Handy funktioniert offenbar noch."
Und der ganze Waggon würde rufen: "Leider!" – und dann so laut lachen, dass es den Typen in die Spree spülte.
Hm. Ich würde schon sagen, dass so ein lebendiger Text entstünde?! Natürlich müssten die Brüche nicht so hart sein, und ganz so extrem kürzen müsste man auch nicht... aber im Prinzip: So gefiele mir der Text wirklich gut
Ferdigruß!
Leonie und Mucki haben wohl recht. Trotzdem finde ich, dass hier im Kern ein guter Text vorliegt?! Ich vermute mal, du müsstest eigentlich gar nichts ändern, sondern einfach nur die den Leser entmündigenden Erklär-Passagen weglassen... Ich versuche das einfach mal und hoffe, du bist mir nicht böse wegen dieses ruppigen Umgangs mit deinem Text - aber irgendwie muss ich immer "vor Augen" haben, was ich einschätzen möchte

Zum Wegkippen
S-Bahn, die lange Stuhlreihe parallel zu den Fenstern. Man kann über die Köpfe der anderen Fahrgäste hinweg nach draußen gucken… nach der Arbeit ein bisschen träumen… entspannen...
"...mein Apple ist kaputt, ganz neu das Teil, ich fasse es nicht..."
Er spricht laut: ein Typ, Mitte dreißig, gut rasiert, glänzende Schuhe, glänzendes Handy.
"… ich mein, ich hab mir den doch nicht für 10.000 Euro gekauft, damit er sofort kaputt geht. Scheiße, ich brauch das Ding für die Arbeit – okay, ich hab ihn auch gekauft, weil er hübsch aussieht, aber nicht, damit er kaputt geht. Töchterchen leiht mir zwar ihr Laptop, das hätte ich in zehn Minuten konfiguriert …"
Die anderen versuchen wegzuhören.
"… nich so schlimm, ich hab ja die Kohle, aber es geht mir einfach so verdammt auf die Nerven… Töchterchen hat neulich auch so was Komisches erlebt mit dem Navi: Sie fährt mit dem Mercedes durch den Tiergartentunnel, und das Navi sagt ihr kurz darauf, sie sei in Wannsee. Dabei war sie noch gar nicht zuhause! Die Navi-CD ist total neu… ich hab ja die alte noch, nicht so schlimm, wenn das Ding weiterspinnt, aber weißte…"
Mein Blick trifft auf den der Frau gegenüber; wir ziehen beide gleichzeitig eine Augenbraue hoch und einen Mundwinkel runter – in gespiegelter Missbilligung, mit widerwilligem Amüsement.
Am liebsten würde ich sehr laut zu ihr sagen: "Sachen hat er jedenfalls genug, auch wenn ihm offenbar eins nach dem andern kaputt geht."
Und sie könnte antworten: "Nur sein Handy funktioniert offenbar noch."
Und der ganze Waggon würde rufen: "Leider!" – und dann so laut lachen, dass es den Typen in die Spree spülte.
Hm. Ich würde schon sagen, dass so ein lebendiger Text entstünde?! Natürlich müssten die Brüche nicht so hart sein, und ganz so extrem kürzen müsste man auch nicht... aber im Prinzip: So gefiele mir der Text wirklich gut

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)
Liebe Klara,
ein wenig straffen wie ferdi es vorschlägt, fänd ich auch vorteilhaft - aber ich finde den Text gar nicht so schwach und auch nicht langweilig. Was ich aber seltsam finde, ist dass die Mehrheit der U-Bahn-Leute als "positiv" dargestellt wird, sozusagen das Ich in der U-Bahn unter stillen Gleichgesinnten. Ich finde, das kommt selten vor oder selten zurecht (wenn es vorkommt ist es nur scheinbar geteilt empfundene Peinlichkeit), ich für meinen Teil treffe jedenfalls selten auf Leute, mit denen ich ein Augenbrauenzucken und Mundwinkel verziehen wirklich zugeneigt teilen mag, meist find ich, hat man doch so ein unangenehmes Gruppenhandelngefühl und die dumpfe Ahnung, dass man da doch weniger teilt als eben dieses Rümpfen. Und zum anderen fehlt mir etwas das Erscheinungsbild des applemannes, ich finde ihn angenehm nicht-typ-entsprechend, aber irgendwie wirkt er prollig und hip zugleich, seine Sprache ist auch so undefinierbar, es entsteht kein richtiges Bild von ihm, das irritiert mich. Die direkt geäußerten Gedanken anstelle von beschreibenden Texten sind ja verstärkt in deinen letzteren Texten typisch. An manchen Stellen empfinde ich sie aber als zu kommentarhaft, so z.B:
und er verwechselt offenbar Besitz bzw. Zahlungsfähigkeit mit persönlichem Wert. Die Gleichung der Werbung geht voll auf: Ware angesagt + teuer = Mensch wertvoll.
Prinzipiell find ich deine Art die Genres zu mischen gut, aber ich glaub manchmal ist das noch nicht ganz ausgereift.
liebe Grüße,
Lisa
ein wenig straffen wie ferdi es vorschlägt, fänd ich auch vorteilhaft - aber ich finde den Text gar nicht so schwach und auch nicht langweilig. Was ich aber seltsam finde, ist dass die Mehrheit der U-Bahn-Leute als "positiv" dargestellt wird, sozusagen das Ich in der U-Bahn unter stillen Gleichgesinnten. Ich finde, das kommt selten vor oder selten zurecht (wenn es vorkommt ist es nur scheinbar geteilt empfundene Peinlichkeit), ich für meinen Teil treffe jedenfalls selten auf Leute, mit denen ich ein Augenbrauenzucken und Mundwinkel verziehen wirklich zugeneigt teilen mag, meist find ich, hat man doch so ein unangenehmes Gruppenhandelngefühl und die dumpfe Ahnung, dass man da doch weniger teilt als eben dieses Rümpfen. Und zum anderen fehlt mir etwas das Erscheinungsbild des applemannes, ich finde ihn angenehm nicht-typ-entsprechend, aber irgendwie wirkt er prollig und hip zugleich, seine Sprache ist auch so undefinierbar, es entsteht kein richtiges Bild von ihm, das irritiert mich. Die direkt geäußerten Gedanken anstelle von beschreibenden Texten sind ja verstärkt in deinen letzteren Texten typisch. An manchen Stellen empfinde ich sie aber als zu kommentarhaft, so z.B:
und er verwechselt offenbar Besitz bzw. Zahlungsfähigkeit mit persönlichem Wert. Die Gleichung der Werbung geht voll auf: Ware angesagt + teuer = Mensch wertvoll.
Prinzipiell find ich deine Art die Genres zu mischen gut, aber ich glaub manchmal ist das noch nicht ganz ausgereift.
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Hey Klara, habe deinen text gerne gelesen.
Das ist so was nettes für zwischendurch, woman man gut mitkommt, nicht nachdenken muss und schön schmunzeln kann. Ich denke, du solltest die ganzen Beschreibungen und Moralisierungen nicht herausnehmen, denn dann würde von dem Text nur ein Gerippe übrigbleiben, dass alleine nicht tragfähig wäre.
Das ist so was nettes für zwischendurch, woman man gut mitkommt, nicht nachdenken muss und schön schmunzeln kann. Ich denke, du solltest die ganzen Beschreibungen und Moralisierungen nicht herausnehmen, denn dann würde von dem Text nur ein Gerippe übrigbleiben, dass alleine nicht tragfähig wäre.
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