Sonatine

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 09.07.2008, 06:23

Sonatine

Raureif
Auf Stirn und Mund.
Mit schöner Hand
Greifst du zum Bogen.

Erzittern der Saiten.
Gesicht, Leib Töne, einzig sie.
Was du nicht sagen kannst.

Himmel neu. Dass ich
Ertränke in seinen Klängen,
Enthoben allen Grenzen.

Was du nicht sagen kannst,
Was du mir sagst.
Zuletzt geändert von Caty am 14.07.2008, 17:30, insgesamt 1-mal geändert.

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 13.07.2008, 18:53

Hallo Caty,

das Gedicht berührt mich peinlich in seiner Überschwänglichkeit.
Die Musikmataphern und die Beschwörung des Himmels sind überaus abgegriffen.

Es erinnert an einen schmetternden Operntenor, der seine Zeit überschritten hat,

Zum Gruße
Wüstenfuchs

Caty

Beitragvon Caty » 14.07.2008, 04:33

Lieber Wüstenfuchs,

ich wollte dich bestimmt nicht mit meinem miesen Gedicht verschrecken. Leider bin ich so uninformiert, dass ich nicht weiß, wer diese Musikmetaphern bereits gebraucht hat. Du wirst es mir mit Textbeispielen beweisen, nicht wahr? Darauf würde ich verständlicherweise gern bestehen, mich interessiert, wer zum selben Thema dieselben Gedanken hatte.

Wie du gebe ich dem schmetternden Operntenor, der seine Zeit überschritten hat, eins aufs Maul. Und peinlich in seiner Überschwänglichkeit sollte dir ein Gedicht niemals sein. Jetzt ist mir das Gedicht selbst unangenehm, es gehört abgehackt wie der sechste Finger.

Du machst mich neugierig auf deine Texte.

Liebe Grüße, Caty

aram
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Beitragvon aram » 14.07.2008, 09:08

hallo caty,

beginn, ende, grundton des textes sagen mir zu, anderes missfällt - lasse ich weg, was ich als störend oder 'zuviel des guten' empfinde (platz 1: "enthoben allen grenzen"), bleibt:

Sonatine


Raureif
Auf Stirn und Mund.

Gesicht, Leib Töne, einzig sie.

Himmel neu, dass ich
Ertränke in Klängen.

Was du nicht sagen kannst,
Was du mir sagst.


(die streichungen berücksichtigen nicht die gestalt/ rhythmik des verbleibenden)

Caty

Beitragvon Caty » 14.07.2008, 10:17

Lieber Aram,

Dank für den Kommentar und deinen Formulierungsvorschlag. Nun ist es noch kürzer. Aber das ist mir jetzt doch zu sehr verkürzt. Aus welchem Grund willst du "Was du nicht sagen kannst" rausnehmen? Weil ich es am Schluss noch einmal aufnehme? Die Wiederholung habe ich bewusst gesetzt, erst nur als Annahme, dann als Gewissheit. Unbedingt drin bleiben muss der Bogen, weil sonst die Situation ja überhaupt nicht klar wird, dass da einer Geige spielt. "Enthoben allen Grenzen", darauf kann ich tatsächlich verzichten. Wäre aber auch das einzige. Ist es dir aufgefallen, dass es ein Liebesgedicht ist und nicht eines über Musik?

Ich dank dir nochmal, recht herzlich.

Liebe Grüße, Caty

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 14.07.2008, 16:07

liebe caty,

Die Wiederholung habe ich bewusst gesetzt, erst nur als Annahme, dann als Gewissheit.
diese differenzierung kommt bei mir nicht an - schon dass nach der 'annahme' ein punkt, nach der 'gewissheit' ein komma steht, verunmöglicht mir diese lesart, aber auch sonst käme ich nicht drauf, ist es nur wiederholung für mich - ein was du nicht sagen kannst reichte mir daher - könnte ohne weiteres auch das obere sein.

Unbedingt drin bleiben muss der Bogen, weil sonst die Situation ja überhaupt nicht klar wird, dass da einer Geige spielt.

da reicht mir der titel. auch mit dem 'bogen' ist nicht eindeutig, ob da real jemand spielt, da ich das vorausgehende raureif-bild bereits rein metaphorisch lese. (ich hab aber mit dem rausnehmen gezögert, mir gefallen das bild der schönen hand und die verse als teil der gesamtrhythmik - doch das instrumentale, das damit greifst du, gefällt mir nicht, setzt den akzent m.e. aufs 'falsche', wodurch die zeile etwas unbeholfen wirkt, das zerstört bei mir den illusionsraum und schafft ein kitschverdachtsmoment. auch gefiele mir, wenn das "du" erst am ende benannt würde. - vielleicht " die schöne hand / nimmt den bogen" o.ä? (na ja)
"Enthoben allen Grenzen", darauf kann ich tatsächlich verzichten.
das ist die hauptsache ,-)
Ist es dir aufgefallen, dass es ein Liebesgedicht ist und nicht eines über Musik?

ja.

Caty

Beitragvon Caty » 14.07.2008, 17:29

Lieber Aram,

das ist die Situation: Das Du überrascht das Ich mit dem Geigenspiel, und dem Ich wird klar, dass die Geige, etwas verschämt, Ersatz für Liebesworte ist. Die 1. Strophe charakterisiert das Du (Raureif auf Stirn und Mund, es ist also kein junges Paar) und schafft Atmosphäre, klärt die Situation. In der zweiten Strophe wird der Geiger, der Geliebte, während des Spiels geschildert, in der dritten Strophe die Wirkung von Musik auf das Ich. Die vierte Strophe: Verständnis beim Ich auf dem Wege über die Musik.

Dass du diesen Hergang so nicht auffasst, habe ich schon verstanden. Es ist mir aber nicht verständlich, weshalb du dich gegen die Wiederholung des "Was du nicht sagen kannst" sträubst. Wiederholung als lyrisches Element, ich wüsste nicht, was man dagegen sagen kann. Ich habe mich auch entschieden, "Enthoben allen Grenzen" drinzulassen, es ist eine Metapher, die mit Freiheit zu tun hat, eine Wirkung von Musik, die stärkste. Nein, ich kann nicht auf diese Zeile verzichten. Ich habe lediglich die Interpunktion ein bisschen verändert. Ich glaube, ich werde es sprechen, dann wird es wohl verständlicher.

Bisschen blöd, ein Gedicht erklären zu müssen, findest du nicht auch? Aber ich dank dir für die Zeit, die du für die Beschäftigung mit diesem Textchen geopfert hast, sehr herzlich.

Liebe Grüße, Caty

Nicole

Beitragvon Nicole » 14.07.2008, 17:47

Hallo Cathy,

also, ich störe mich in keinster Weise an der Wiederholung. Im Gegenteil, ich empfinde es so, als würde das zweite "was Du nicht sagen kannst", das erste Unterstreichen.

Jetzt möchte ich die Frage stellen, um die ich schon eine Weile herumschleiche. Du sprichst in Deinem letzten Kommentar vom "Geiger". Meinst Du damit eindeutig den Musiker, der die Geige spielt oder schwingt da irgendwo der "Geiger" mit, so wie er im Zusammenhang mit Seitensprüngen / Verhältnissen verwendet wird? (Anmerkung: in diesem Zusammenhang ist ein Geiger ja derjenige, der sich neben einem Ehepartner/in noch eine/n Geliebten "hält".....)

Dies war der Zusammenhang, den ich im Hinterkopf hatte, als ich das Gedicht las...

Gruß, Nicole

Caty

Beitragvon Caty » 15.07.2008, 08:43

Nicole, ich meine einen Menschen, der Geige spielt. Diesen Begriff für den Seitenspringer kannte ich gar nicht, tsts. Gruß Caty


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