Russisches Püppchen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 23.06.2008, 22:48

Erinnern ist nicht Denken.

Erinnern ist Hitzefrei. Mittagsblau von früher, von später, von jetzt und von nie mehr.

Das Immer, Schlumpfeis und sein Geschmack sind geschmolzen.

Ich liebte das Maschinengeräusch. Wir stempelten hunderte abgelaufene Fahrscheine ab. Aus dem Lautsprecher kam: Zurückbleiben, bitte! - und das Geräusch blieb zurück.

Alles begann in der kleinsten Holzpuppe. Die liegt versteckt in ihren Schwestern. Wer schraubt mir die Oberkörper ab?

Denn alles ist breiter geworden und breitet sich aus.



Änderungen:

1. Titel

2. Schokolade, Schokolade, Schokolade, Schokolade :smile:

3. Denken...

4. Vorher: Nuss- und Schokoladeneis...

5. Statt "Zwillingen" jetzt "Schwestern"

6. An Stelle von: "Immer Nuss- Schockoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen" siehe neue Zeile oben

7. Vorher hieß es bei der Stempel-Strophe als Letztes: "....abgelaufene Fahrscheine ab. Das Stempeln hallt nach."

8. Siehe Punkt 6 und übertage ihn auf jetztige Änderung :spin2:

9. Titel in der Einzahl, vorher in der Mehrzahl
Zuletzt geändert von Louisa am 01.07.2008, 08:28, insgesamt 6-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.06.2008, 09:07

Guten Morgen! Die Sonne scheint!

Danke liebe Lisa!

Soll ich sagen, wie ich das "gemacht" habe :smile: ?

Ich habe mit meinem Gastkind ein Eis am Hafen gegessen und das hat mich daran erinnert wie ich als Kind Eis gegessen habe...und zwar immer bei "Eis Henning" und das in imposanten Massen...und es war immer dasselbe :smile: ...

Dann habe ich ein Zugticket abgestempelt und daran gedacht wie mir dieses Geräusch früher gefallen hat und wie die endlos bestempelten Tickets damals ausgesehen haben. Man konnte die Zahlen gar nicht mehr entziffern.

Jedenfalls dachte ich dann: Komisch :smile: ... Die Dinge haben sich gar nicht verändert, nur meine Beziehung zu ihnen... Es ist eben wie bei diesen russischen Puppen, die nahezu identisch bleiben und ineinander geschachtelt immer größer werden. Ich dachte: In diesen Dingen, die ich heute sehe... darin muss auch ein Teil der "ersten Puppe" versteckt sein. Fast jedes Ding, viel mir dann auf, hat früher mal etwas ganz anderes erzählt.
Aber was kann ich denn tun, um meine damalige Beziehung zu den Dingen wieder herszustellen?

Das habe ich mir noch nicht beantworten können :smile: ... Nur festgestellt, dass es immer so weiter gehen muss. Das die Dinge auch in fünfzig Jahren noch dieselben sein werden, nur das sie in meinem Leben ganz verändert wirken werden.

Blabla :smile: ...

Was meinst du/ihr dazu?

Ich finde es faszinierend :smile: ... und ich denke vielleicht ist es auch mit der Liebe zu jemand so. Wenn man jemand einmal geliebt hat, dann bleibt dieses Gefühl irgendwo in der Vergangenheit wie ein Magnet haften und lässt sich vielleicht sogar zurückzaubern, was weiß ich :smile: ... Vielleicht ist es mit ALLEM so :smile: ... Vielleicht auch mit Europameisterschaften :smile:

Zu deinen Anmerkungen:

Ich dachte man schreit: "Wir haben Hitzefrei!" ... Ist das kein Nomen?

Zu dieser Zeile:

"Immer Nuss- und Schockoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen."

Ja, Absicht. Wie denkst du ist es gemeint :smile: ?

Hehe....

Wo ist dein gesetzter Word-Beitrag :smile: ?

Soll ich das Gedicht:

"Russische Püppchen" nennen :smile: ?

Das wäre lustig oder :smile: ?

Ich nenne es mal so...hihi...

Danke, Lisa! Du hast mir wieder sehr geholfen!

Juhu! Heute gibt es Geburtstags-Pizza am Strand :smile: !

Liebe Grüße,

gebräunte L.

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 25.06.2008, 10:02

Hallo Louisa,

der Text ist seltsam. :-) Aber so, dass er mir etwas erzählen kann. Vor allem den ersten Satz, der über dieser Püppchengeschichte schwebt, wie ein Erwachsenenwort über einem Märchen, finde ich klasse gesetzt.

Aber was kann ich denn tun, um meine damalige Beziehung zu den Dingen wieder herzustellen?

Warum willst du das denn?

liebe Grüße smile

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.06.2008, 10:37

Wunderbar! Seltsames mag ich immer am Liebsten :smile: ! Juhu!

Warum ich das will? Weil ich es schade finde, dass die Dinge ihre Wundereigenschaft verlieren :smile: ... Ich finde ich werde zunehmend unachtsamer gegenüber den Dingen. Ein Kind sieht zum Beispiel einen abgefallenen Knopf auf dem Bürgersteig liegen. Es wird ihn aufheben und ihn Dir zeigen, als sei es der größte Schatz der Welt. Es wird ihn nach Hause mitnehmen wollen und wie ein großes Geheimnis aufbewahren...

Und ich hätte das früher genauso getan, aber heute trete ich auf diesen Knopf oder sehe ihn nicht einmal, als wäre er gar nicht existent. Wieso? Wieso weniger Wunder? Das ist doch traurig.

Danke für deine Rückmeldung, Smile :blumen:

Wundergrüße,

l

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 25.06.2008, 11:21

Liebe Louisa,

Jedenfalls dachte ich dann: Komisch smile ... Die Dinge haben sich gar nicht verändert, nur meine Beziehung zu ihnen... Es ist eben wie bei diesen russischen Puppen, die nahezu identisch bleiben und ineinander geschachtelt immer größer werden. Ich dachte: In diesen Dingen, die ich heute sehe... darin muss auch ein Teil der "ersten Puppe" versteckt sein. Fast jedes Ding, viel mir dann auf, hat früher mal etwas ganz anderes erzählt.
Aber was kann ich denn tun, um meine damalige Beziehung zu den Dingen wieder herszustellen?


Ja! Das hast du fein erklärt - und das bekommt man mit - fein das!

Mit dem Hitzefrei hast du wohl Recht, wenn ich mal drüber nachdenke :pfeifen: - es war nur komisch anzusehen als Nomen...
aber ich tausche es gegen zwei andere Fehlerchen *lach, die mir nicht aufgefallen sind vorher: Denken groß (eher zumindest) und Schokoladeneis! Wie man das überlesen kann (selbst Tom!) weiß ich gar nicht *lach*.

Gefällt mir noch besser nach deinen Beschreibungen...auf die Straßenknöpfe!

Titel ja - vielleicht so oder noch ein bisschen besonderer? :-)

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.06.2008, 11:43

Haha...danke, Lisa!

Ich tausche die neuen Fehler gegen eine neue Rechtschreibreform :engel2: ?

Ich habe es jetzt wie in der 5 Klasse vier Mal richtig aufgeschrieben :smile: ...

Ich denke über den Titel nach und verehre die Knöpfe :smile: !

Schönen Tag!
l

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 25.06.2008, 11:54

Liebe Louisa,

es ist doch aber ein Unterschied, eigentlich beinahe ein Widerspruch, ob man im Jetzt aufmerksam ist und bereit, neue Wunder zu entdeckt, zu erleben, wieder zu staunen, oder ob man die alten Wunder wieder ausgraben, zurückhaben möchte. Es muss nicht mehr der Knopf sein. Ich habe eher den Eindruck, dass die Aufmerksamkeit mit einem wächst, man (ich) die Dinge bewusster wahrnimmt. :hexe0013:

wundervolle Grüße smile

Max

Beitragvon Max » 25.06.2008, 13:46

Cafe-Antwort: Du hast den Ofen zu heiß gedreht ... das trifft vor allem die Außenhülle des Kuchens, wenn du ihn rausnimmst, bevor er schwarz wird, ist er innen noch roh

Albert

Beitragvon Albert » 25.06.2008, 20:37

Liebe Louisa,

der Erklärung des Inhalts deines Gedichts stehe ich etwas skeptisch gegenüber und hätte an sie ähnliche Fragen wie smile; insgesamt missfällt mir die latente Idealisierung der Kindheit. Aber zum Glück hat die ja nichts mit dem Gedicht zu tun!

Naja, ein bisschen vielleicht (wer schraubt mir die Oberkörper ab). Aber der wesentliche Gedanke des Gedichts ist ja die Charakterisierung des Erinnerns, und da hast du natürlich was schönes eingefangen.

2 Fragen: Brauchst du die erste und vierte Zeile? Und: Meinst du wirklich Zwillinge?

Meiner Meinung ist die erste Zeile verschenkt: was hat Denken damit zu tun? (Übrigens ist mir nicht ganz klar, wie Lisa so kategorisch das Denken verkleinern konnte, denn es kommt schon auf den Sinn an. Meinst du, dass Erinnern nicht = Denken ist, dann groß. Aber wenn du sagst, Erinnern bestehe in dem Vorgang, nicht zu denken - klein. Und wenn du gar meinst, Erinnern wäre = nicht-Denken, dann entweder so oder "Nichtdenken". Dieses Problem verschwindet nebenbei bemerkt gemeinsam mit der Zeile)
Die vierte Zeile finde ich schlecht.

Dafür sind die zweite und die dritte toll, man kauft dir allerdings die grammatische Spielerei in der dritten nicht ab, wie du gesehen hast. Es wäre leicht, wenn da stünde: "Immer Schokoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen", dann verschmelzen relativ leicht das Eis und sein Geschmack zum gemeinsamen Satzsubjekt. Durch das "Nuss-" wird das aber sowohl in Hinblick auf das "Immer" als auch und vor allem auf das "sein" deutlich schwieriger - natürlich nicht unmöglich, aber angesichts der sonstigen Wohlgeformtheit doch "etwas zu subtil". Ich weiß gar nicht, ob dir das so klar war.

Und da kommt auch schon die nächste Irritation, die das eben gesagte natürlich untergräbt; gäbe es davon mehr, wär ich zufrieden. Denn natürlich sind die Matrjoschkas keine Zwillinge, denn jede ist größer als die andere. Man könnte ja denken, du bezögest dich auf die Ähnlichkeit von der ersten zur nächsten; dann wären die jeweils Zwillinge. Aber natürlich kann die erste Puppe nicht ihr eigener Zwilling sein, da es aber nur immer zwei Zwillinge gibt steht man vor einem Rätsel. Eine weitere Aporie dieser Art wäre hilfreich, denke ich (falls die Zwillinge so wirklich beabsichtigt sind).

Schließlich nochmal inhaltlich. Das Matrjoschka-Bild ist doch eigentlich unzutreffend, denn: gibt es überhaupt eine "erste" Puppe? Eigentlich ist das doch etwas komplizierter, oder?
In diesem Sinne finde ich gerade die dritte Zeile so schön, die genau diese Komplexität auszudrücken scheint.

Lieben Gruß,
Albert

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.06.2008, 22:15

Danke, Bäcker Max :smile: .

Liebe Smile,

also...wenn ich die Sensibilität der Kinder beobachte, kann ich deiner Haltung nicht ganz zustimmen. Du hast sicher Recht, es ist eine eigenständige Entscheidung, wie ich mich zu meiner Umwelt verhalte, aber ich glaube eben doch, dass der Blick mit den Jahren immer blinder wird. Da geht es mir ja nicht nur um Dinge. Man wird auch blind gegenüber Gewalt, Momenten und Menschen. Oft, nicht immer. Viele, nicht jeder. Nur meine Meinung... Aber von mir aus kann man das Gedicht auch anders lesen.

Ich verlange ja überhaupt nicht, dass meine eigene Aussage jeder andere darin wiederfindet. Hauptsache man findet überhaupt etwas darin.

Das gilt auch für den Nachredner,

Lieber Albert,

Mm...für mich ist das nicht eine "Idealisierung der Kindheit"... Für mich ist das die Tatsache, dass man seine Welt als Kind sensibler wahrnimmt, aber du kannst es gerne so lesen wie du magst :smile: ...

Ich meine es so wie es da steht:

Erinnern ist nicht Denken :smile:

Was du jetzt daraus machst, ist deine Sache :daumen: ... (Ist ja schon mal ´ne ganze Menge...)

Wieso findest du die 4. Zeile schlecht?

Würde es dir helfen, wenn da (etwas origineller) stünde:

"Immer Nussschokoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen" ???

Mmm... du hast auf jeden Fall Recht mit den Zwillingen. Das muss ich ersetzen. Wie wäre es mit "Klone" :smile: ?

Da kann man nicht unbedingt sagen, dass sie gleichgroß sein müssen, denn Klone haben ja manchmal unterschiedliche Alter :daumen:

Ja, gibt es eine erste Puppe?

Meiner Ansicht ja, denn man fängt diese Puppen ja mit der kleinsten an zu basteln.

Im übertagenen Sinne gibt es eben auch eine erste Begegnung mit der Welt...

Danke, für die falschen Zwillinge und die vielen Nachfragen!!!

Aber viele dieser Fragen kann ich dir nicht 100prozentig beantworten, weil ich glaube dafür ist das Gedicht nicht gedacht.

Danke und schönen Abend!
l

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9470
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 26.06.2008, 09:05

Hallo Louisa,

Man wird auch blind gegenüber Gewalt, Momenten und Menschen.

Dass Kinder da sensibler sind, halte ich für einen Mythos.
Aber von mir aus kann man das Gedicht auch anders lesen.

Nein, ich lese es schon so, allerdings muss ich deshalb ja noch lange nicht der gleichen Ansicht sein. ;-) Deshalb finde ich den ersten Satz ja auch so unverzichtbar, weil er mir ermöglicht, den Rest ohne eine zu kritische, analytische Brille zu betrachten. Es ist eben Erinnern und das ist immer (sentimental) verfärbt.

"Immer Nuss- und Schockoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen."

Ja, Absicht. Wie denkst du ist es gemeint ?

Ehrlich gesagt dachte ich zwei Eissorten und ein Mann. :pfeifen:

liebe Grüße smile

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 26.06.2008, 13:10

liebe lou,

feiner text, schönes ende/ schöne begründung.

die vertauschung von sg. und pl. bei "sein" und "sind" versteh ich nicht - will lesen: "und ihr geschmack ist geschmolzen".

liebe grüße


p.s.
oder meinst du: nuss-und schockoladeneis und sein geschmack (der geschmack eines 'er') sind geschmolzen?
oder: nuss-und schockoladeneis und ihr geschmack (der geschmack von nuss und schokoladeneis) sind geschmolzen?

Louisa

Beitragvon Louisa » 26.06.2008, 16:34

Huhu!

Wieso hälst du das für einen Mythos, Smile?

Beispiele: Wenn du zu einem Kind sagst: "Du bist gemein!" wird es nicht wie sagen wir mal 90 Prozent der Erwachsenen antworten: "Wie kommst du denn darauf? Wieso denn? Du bist selber gemein! Ich habe meine Gründe! Miststück!"

Oder ähnliches :smile: ....

Ich meine die meisten Kinder werden weinen...

Ein Kind hat ja kaum Lebenserfahrung, die es die DInge kühl und objektiv betrachten lassen könnte. Das gilt meiner Meinung nach für alles.

Ich sehe das an mir, ich sehe das an den Kindern die ich betreue... Als Erwachsener ist dir so ziemlich schnuppe, ob deine Eltern sich streiten oder nicht. Als Kind bedeutet das Herzrasen und Alpträume.

Ich rede nicht von Kindern, denen schon allerlei Vorurteil/Bösartigkeit/Höflichkeit/Freundlichkeit anerzogen wurde. Ich rede von kindlichen Kindern.
Ich weiß glaube ich sehr gut wie grausam auch Kinder sind, aber normalerweise keine 2-3-jährigen. behaupte ich...

Huhu Aram!

Dankeschön!

Mm :smile: ... Ich wollte sagen:

Das Eis UND sein Geschmack (zwei "Dinge") sind geschmolzen.

Das geht wohl nicht :smile: ?

Danke für eure Diskussionsfreudigkeit und die Worthilfen!

l

Louisa

Beitragvon Louisa » 26.06.2008, 16:40

PS: Ich habe das "und" bei der Eisstelle gestrichen und aus den "Zwillingen" "Schwestern" gemacht.

Übrigens ist das nicht das erste Mal, dass ich dieses Thema so behandle :smile: ... Bei "Hinter der Gewissheit" ging es etwas subjektiver um dasselbe, meine ich... Egal :smile: ...

Albert

Beitragvon Albert » 26.06.2008, 16:57

Liebe Louisa,

zur Eisstrophe: ich hatte dich so verstanden, wie du erläutert hast und denke, dass dein Vorschlag: "Immer Nussschokoladeneis und sein Geschmack sind geschmolzen" grammatisch jedenfalls funktioniert, wobei meiner Meinung "Nussschokoladeneis" eine unnötige Monstrosität ist - brauchts die Nuss? Durch das "Nuss- und" kannst du, wie arams Verwirrung zeigt, nicht mehr ohne Weiteres "sein Geschmack" schreiben.

Bezüglich der ersten Zeile interessiert mich nicht, wie du sie meinst; mir ging es in meiner Nachfrage darum, klarzustellen, dass "Denken" nicht ohne weiteres groß geschrieben werden muss - ich hatte den Verdacht, du wärst dir da über einige Probleme nicht ganz im Klaren.
Dennoch halte ich die Zeile für entbehrlich - drückt nicht schon der Beginn der zweiten genau diesen Gedanken aus? Und ist "Denken" nicht ein völlig abgeschliffenes Wort ohne Kontrastwirkung in diesem Fall? (Jedenfalls ging es mir so)

Die vierte Zeile finde ich aus folgenden Gründen schlecht: Mir scheint, die Wirkung des Gedichts speist sich aus einer Art Gegenwart der Vergangenheit, die (meiner Meinung nach) eher mit der gegenwärtigen Betrachtung verschmilzt oder dieser beigemischt ist, ohne jedoch distinkt hervorzutreten, höchstens assoziativ. Diese besondere Qualität wird hier auf zwei Weisen erreicht, für mein Empfinden: Erstens in der zweiten Zeile die schöne Zusammenstellung der Zeitadverbien, die über den Eindruck des Hitzefrei-Mittags zusammengehalten werden; zweitens die grammatische Verschmelzung in der dritten Strophe, durch das "Immer" erschwert und so nicht ganz auflösbar. Das gefällt mir!
Aber die vierte Strophe ist langweilig. Das bildtragende Element ist allein das "Nachhallen" (außer natürlich ich übersehe hier eine Nuance), ein ziemlich schwaches Bild im Kontext von Erinnerung, finde ich.
Gleichzeitig folgt für mich wie gesagt aus dieser Betonung der zweiten und dritten Zeile, dass das Matrjoschka-Bild unpassend ist. Ich denke nicht, dass sich die Wahrnehmung unserer Welt irgendwann einfach einstellt und sich dann immer neue Schichten darüber legen; mir scheint, wie das in den besagten vorigen Zeilen ausgedrückt ist, viel besser getroffen. (Ich schätze, ich würde das Gedicht dementsprechend radikal verkürzen?)

Ich sehe gerade, dass du Veränderungen vorgenommen hast. Die Schwestern finde ich ganz gut, sicherlich würde man den Ähnlichkeitsaspekt noch etwas betonen, aber da fällt mir nichts ein. (Ich fand die Zwillinge ja auch noch zu retten, wenn du dir eine etwas deutlichere grammatische Spielerei hättest einfallen lassen) Nuss würde ich wie gesagt streichen.

Naja, über dein Anliegen hinter dem Text sind wir wohl geteilter Meinungen; Sensibilität ist jedenfalls, wenn überhaupt, dann in dem Sinne Sache des Alters, dass sie mit den Lebensjahren und dem hoffentlich einhergehenden Umgang mit Wissen aller Formen eher steigt. Generell würde ich aber auf alle Verallgemeinerungen verzichten ;-)

Liebe Grüße,
Albert


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 5 Gäste