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Endfassung
Champagnermomente
Ein Croissant ist ein Croissant. Nicht für Merle. Ein Croissant ist ein Ritual. Merle beißt die beiden Spitzen ab und lässt den Rest übrig. Nur die Ecken bedeuten Versuchung.
So, wie sie beim Eis in der Waffel zuerst die Spitze abbeißt und das Eis von unten nach oben isst.
Das ist es.
Im Restaurant bestellt sie sich immer etwas mit Erbsen, weil sie Erbsen nicht mag. Es muss ein Gericht sein, das besonders viele Erbsen enthält, damit sie im Essen herumstochern, jede Erbse sorgfältig am Tellerrand drapieren kann. Hungrig erwartet sie den fragenden Blick des Kellners. Seinen dezenten Blick. Es ist ein vornehmes Lokal. Wäre es kein vornehmes Lokal, würde sie kein Gericht mit besonders vielen Erbsen bestellen. Der Teller ist leer. Nur die Erbsen liegen noch da, dekorieren den Teller wie ein Lorbeerkranz. Beim nächsten Mal wird sie die doppelte Portion im selben Restaurant und beim selben Kellner bestellen, auch wenn sie nicht hungrig ist. Dieser Blick des Kellners ist ihr Dessert.
Sie verlässt das Lokal, hinaus in den Regen, und springt in jede Pfütze. Die Pfützen gehören ihr ganz allein. Nur manchmal eifern Kinder ihr nach und sie hört das Gezeter der Eltern. Merle lacht.
1. Fassung
Champagnermomente
Ein Croissant ist ein Croissant. Nicht für Merle. Ein Croissant ist Versuchung, ein Ritual. Merle beißt nur die beiden Enden ab und lässt den Rest liegen. Nur die Ecken sind Versuchung.
So, wie sie beim Eis in der Waffel zuerst die Spitze abbeißt und das Eis von unten nach oben isst.
Das ist es.
Im Restaurant bestellt sie sich immer etwas mit Erbsen, weil sie Erbsen nicht mag. Es muss ein Gericht sein, das besonders viele Erbsen enthält, damit sie im Essen herumstochern kann, um jede Erbse sorgfältig am Tellerrand zu drapieren. Hungrig erwartet sie den fragenden Blick des Kellners. Seinen dezenten Blick. Es ist ein vornehmes Lokal. Wäre es kein vornehmes Lokal, würde sie kein Gericht mit besonders vielen Erbsen bestellen. Der Teller ist blank geputzt. Nur die Erbsen liegen noch da, dekorieren den Teller wie ein Lorbeerkranz. Beim nächsten Mal wird sie die doppelte Portion im gleichen Restaurant und beim gleichen Kellner bestellen, auch wenn sie nicht hungrig ist. Dieser Blick des Kellners ist ihr Dessert.
Sie verlässt das Lokal, hinaus in den Regen, und springt in jede Pfütze, auch wenn sie bequem drumherum gehen könnte. Die Pfützen gehören ihr ganz allein. Jedoch nicht immer. Manchmal eifern Kinder ihr vergnügt nach und sie hört das Gezeter der Eltern. Merle lacht.
Ihr Leben würde nicht prickeln ohne diese Champagnermomente.
Mucki
06/2008
Champagnermomente
Liebe Elsie, liebe Lisa,
ich habe jetzt eine 2. Fassung oben eingestellt.
Statt: "Das ist es", habe ich jetzt "Es ist richtig so" geschrieben. Das klingt m.E. nicht zu stark nach POV von Merle, sagt aber dasselbe aus.
Lisa: zu den Spitzen: Ich habe aus "den Enden" Spitzen gemacht und die Ecken gelassen, weil sich sonst die Spitzen sofort wiederholen würden (beim Eis).
Elsie: das "weil sie Erbsen nicht mag" muss drinbleiben. Das finde ich sehr wichtig.
Und was das Gericht angeht. Ich glaube, es spielt keine Rolle, wie es heißt.
Ansonsten hab ich alle eure tollen Änderungsvorschläge übernommen.
Saludos
Mucki
ich habe jetzt eine 2. Fassung oben eingestellt.
Statt: "Das ist es", habe ich jetzt "Es ist richtig so" geschrieben. Das klingt m.E. nicht zu stark nach POV von Merle, sagt aber dasselbe aus.
Lisa: zu den Spitzen: Ich habe aus "den Enden" Spitzen gemacht und die Ecken gelassen, weil sich sonst die Spitzen sofort wiederholen würden (beim Eis).
Elsie: das "weil sie Erbsen nicht mag" muss drinbleiben. Das finde ich sehr wichtig.
Und was das Gericht angeht. Ich glaube, es spielt keine Rolle, wie es heißt.
Ansonsten hab ich alle eure tollen Änderungsvorschläge übernommen.
Saludos
Mucki
Liebe Mucki,
ja, die Überarbeitung ist fein geworden - nur ist dir ein doppeltes "nur" hineingeraten bzw. ist es mir jetzt aufgefallen, vorher passte es. (nur bei eis und nur bei ecken).
Das "Es ist richtig so" finde ich keine gute Lösung -das klingt in dem Zusammenhang gar nicht, finde ich. So fleischlos, nix halbes und nichts Ganzes. daher würde ich es eher streichen als so ersetzen (aber ich ließe es, ich kann bezüglich der Perspektive kein Problem erkennen - der ganze text ist doch aus merles sicht geschrieben, wenn auch im kleid eines personalen erzählers. ich finde, der satz "das ist es" bricht nicht das konzept. die neue ersetzung - ne..
das "geht" bei hinaus in den regen habe ich übrigens auch extra nicht angemerkt, dein text hatte so einen ganz eigenen fluss, mit dem vollständigen verb wirkt es hölzerner, finde ich. ein kurzprosatext lebt von solchen elementen.
ansonsten fein geworden!
liebe Grüße,
Lisa
ja, die Überarbeitung ist fein geworden - nur ist dir ein doppeltes "nur" hineingeraten bzw. ist es mir jetzt aufgefallen, vorher passte es. (nur bei eis und nur bei ecken).
Das "Es ist richtig so" finde ich keine gute Lösung -das klingt in dem Zusammenhang gar nicht, finde ich. So fleischlos, nix halbes und nichts Ganzes. daher würde ich es eher streichen als so ersetzen (aber ich ließe es, ich kann bezüglich der Perspektive kein Problem erkennen - der ganze text ist doch aus merles sicht geschrieben, wenn auch im kleid eines personalen erzählers. ich finde, der satz "das ist es" bricht nicht das konzept. die neue ersetzung - ne..
das "geht" bei hinaus in den regen habe ich übrigens auch extra nicht angemerkt, dein text hatte so einen ganz eigenen fluss, mit dem vollständigen verb wirkt es hölzerner, finde ich. ein kurzprosatext lebt von solchen elementen.
ansonsten fein geworden!
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Wow,
das sehe ich ja jetzt erst.
Mucki, das ist eine wunderbare Skizze, und sie hat durch das Weglassen des Schlusssatzes deutlich gewonnen. Obwohl (oder gerade weil?) das Ende offen ist, erinnere ich mich als Leser an die Überschrift, und das Ganze schließt sich rund und propper. Wie nach einer guten Mahlzeit.
Der beste Text, den ich je von dir gelesen habe.
Tom.
das sehe ich ja jetzt erst.
Mucki, das ist eine wunderbare Skizze, und sie hat durch das Weglassen des Schlusssatzes deutlich gewonnen. Obwohl (oder gerade weil?) das Ende offen ist, erinnere ich mich als Leser an die Überschrift, und das Ganze schließt sich rund und propper. Wie nach einer guten Mahlzeit.
Der beste Text, den ich je von dir gelesen habe.
Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo Mucki!
Daducrh, dass du das "Drumherum" nach dazugenommen hast (hatte das vorher im Prosalog nicht gelesen) bekommt der Text - und mit ihm die Protagonistin - für mich einen völlig anderen Cahrakter, und ich höre sofort auf, mich nach der Natur ihrer psychischen Probleme zu fragen. Sie ist einfach so, und der Text its klasse.
Liebe Grüße,
Rala
Daducrh, dass du das "Drumherum" nach dazugenommen hast (hatte das vorher im Prosalog nicht gelesen) bekommt der Text - und mit ihm die Protagonistin - für mich einen völlig anderen Cahrakter, und ich höre sofort auf, mich nach der Natur ihrer psychischen Probleme zu fragen. Sie ist einfach so, und der Text its klasse.
Liebe Grüße,
Rala
Hallo Mucki,
den Text hab ich vorgestern gelesen und ich fand ihn richtig klasse. Ich hab ihn mir ca. 3 Mal durchgelesen und seitdem noch ein paar Mal und jede "Unperfektheit", die in meinem Kritikerhirn aufspringt, zieht sich sofort wieder zurück, weil der Text genau so sein soll, um seine volle Wirkung zu entfalten, finde ich.
Ich finde es sehr spannend, den Text wirken zu lassen, weil es einerseits diesen "ich schau mir das leid der anderen leute im fernsehen an" Effekt hat, wenn man sich quasi an den Absonderlichkeiten anderer "aufgeilt" und somit seine eigenen Schrägheiten für einen Augenblick verdrängen kann. Andererseits kann man auch den Effekt von "ich bin nicht allein mit meiner komischen art" erzielen, denn jeder hat so seine Macke und die hast du anhand eines Beispiels in deinem Text so gut dargestellt, dass sie ebenso gut eine allgemeine breite Masse anspricht, der es ebenso - nur anders - ergeht. Äh, war das jetzt halbwegs verständlich?!
Jedenfalls ein klasse Text. Freut mich, solche tolle Sachen hier lesen zu können!
Salon, du bist toll
!
Grüße
die Trix
den Text hab ich vorgestern gelesen und ich fand ihn richtig klasse. Ich hab ihn mir ca. 3 Mal durchgelesen und seitdem noch ein paar Mal und jede "Unperfektheit", die in meinem Kritikerhirn aufspringt, zieht sich sofort wieder zurück, weil der Text genau so sein soll, um seine volle Wirkung zu entfalten, finde ich.
Ich finde es sehr spannend, den Text wirken zu lassen, weil es einerseits diesen "ich schau mir das leid der anderen leute im fernsehen an" Effekt hat, wenn man sich quasi an den Absonderlichkeiten anderer "aufgeilt" und somit seine eigenen Schrägheiten für einen Augenblick verdrängen kann. Andererseits kann man auch den Effekt von "ich bin nicht allein mit meiner komischen art" erzielen, denn jeder hat so seine Macke und die hast du anhand eines Beispiels in deinem Text so gut dargestellt, dass sie ebenso gut eine allgemeine breite Masse anspricht, der es ebenso - nur anders - ergeht. Äh, war das jetzt halbwegs verständlich?!
Jedenfalls ein klasse Text. Freut mich, solche tolle Sachen hier lesen zu können!
Salon, du bist toll

Grüße
die Trix
Hi Trix,
dein Kommentar bringt sehr gut rüber, was ich mit dieser Skizze bezweckte. Es ist hier gar nicht wichtig, ob Merle an einer Krankheit leidet oder einfach nur Macken hat. Es geht um dieses "Anders-Sein" und darum, den Leser anzuregen, sich zu fragen: Hab ich auch irgendwelche "Macken"? Verhalte ich mich auch in bestimmten Momenten "gegen den Strom", so wie es Merle tut?
Danke dir!
Saludos
Mucki
dein Kommentar bringt sehr gut rüber, was ich mit dieser Skizze bezweckte. Es ist hier gar nicht wichtig, ob Merle an einer Krankheit leidet oder einfach nur Macken hat. Es geht um dieses "Anders-Sein" und darum, den Leser anzuregen, sich zu fragen: Hab ich auch irgendwelche "Macken"? Verhalte ich mich auch in bestimmten Momenten "gegen den Strom", so wie es Merle tut?
Danke dir!
Saludos
Mucki
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