der steinbutt
Hinein in die Flut, haben wir gesagt.
Mit Storchenschritten sind wir auf das Meer zugelaufen, hinein und gegen eine Welle. Dana verschluckt sich mit ihrem Lachen, kneift die Augen zu. Ich reiße den Mund auf, wie ein Steinbutt, der nach Luft schnappt, obwohl er an der Luft ist, er liegt auf einem Holzbrett und über seinen Augen Mutters Brüste und in ihrer rechten Hand ein Messer für Fisch und Fleisch. Ich frage mich, ob der Steinbutt das Messer sieht, er sucht es zumindest, als hätte er schon davon gehört, sucht es, rollt seine Augen, vor und hinter.
Ich habe zu Dana gesehen, wie sie mit mir in der Flut badet, die Welle habe ich nicht gesehen, die hat mich hart umarmt, wie Mutter den Fisch mit der linken Hand hart umschließt, dass er ihr nicht entwischt und sie sich nicht in den Finger schneidet, weil der Steinbutt zappelt.
Das hat meine Schwester getan. Im Wohnzimmer hat die Mutter dem Besuch die Kirschtorte angeschnitten und in der Küche hat meine Schwester sich in den Finger geschnitten, weil sie den Fisch nicht fest auf das Holzbrett gedrückt hat. Sie wollte nicht, dass ihm ihre Knochen schwer sind. Der Steinbutt hat gezappelt und Schwester hat aufgeschrien, dass ich hinein in die Küche bin. Sie hat ihn an der Flosse gepackt und in das Wasserbecken geworfen, zum schmutzigen Geschirr, dort ist er geschwommen, zwischen Tassen und Gabeln. Vielleicht hat er gedacht, die Teller wären von seiner Art, ich könnte ihn verstehen, ein wenig sieht der Steinbutt aus, wie es unsere Teller tun. Er ist geschwommen und immer um die Teller herum, bis ich der Schwester die Finger verbunden habe und wir den Fisch hinaus in die Regentonne tragen konnten, dass nicht der Vater kommt, weil er nach Tellern für die Kinder geschickt wurde und auf der Suche danach den Stöpsel zieht, damit das Wasser aus dem Becken läuft, die Essensreste durch das Rohr fließen und mit ihnen ein nicht zubereiteter Steinbutt für das Abendessen, und Vater greift ins Becken und holt zwei Teller für die Kinder, ohne sich die Hände nass zu machen und denkt sich dabei, was ein guter Vater er sei, habe er auch noch gespült.
Schwester hat nicht mehr Steinbutt essen wollen und ich dafür auch ihre Portion, solange ich wusste, dass in unserem Regenwasser ein Fisch schwimmt.
Die Augen reiße ich auf, ich kann unter Wasser atmen, sage ich zu Dana, wie ein Steinbutt. Und Dana prustet Wassertropfen, du bist kein Steinbutt, sagt sie, das hoff ich zumindest.
Ich hab doch auch gesagt, wie einer. Ich nehme Danas Hand und streiche sie über meine Haut.
Sind das Schuppen, frage ich.
[align=right]Änderungen: ursprünglich war erster Satz an folgenden mit
'und' verbunden (hoffe, Einstieg ist stimmiger, Lisa)
Messer statt Tojiro- Messer; 'hat' etwas reduziert
Rechtschreibung danke Max, Tom[/align]
Zuletzt geändert von Thea am 28.06.2008, 18:27, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Thea,
nun bist du schon im Urlaub (?), aber ich schreibe trotzdem einen Kommentar, weil ich den Text einfach großartig finde. Sein Reiz liegt vor allem darin, dass du über ein Geschwisterverhältnis, das du dem Leser durch deine Art zu erzählen so "sinnlich" nahebringst, für mich das grundsätzliche Verhältnis von Menschen untereinander spürbar/erfahrbar machst - der Text schafft also zweimal das gleiche, exemplarisch, aber ohne diesen typischen exemplarischen Charakter zu haben - alles fühlt sich so an, als wäre man dicht dabei, ja, als wäre man diese beiden Schwestern zugleich und fühlte sein Verhältnis zur Welt darin ausgedrückt, dieses bestimtme Gefühl, das ich zumindest kenne oder zumindest kenne, indem ich es vermisse (und von hier aus schmeckt der Text dann nochmal literarisch gut, weil man merkt, dass nur der Text (bzw. das Kunstwerk) das kann und in diesem Sinne auch erst die Gegenwart erschafft, aber zugleich beschreibt. Ich finde das unheimlich fein, liebenswert (wortwörtlich) und empfindungsoffen geschrieben - dabei gar nicht weiblich, sondern menschlich -.
Was mir bei diesem Text einzig formal aufgefallen ist, ist, dass er ein Text ist, der sich leicht lesen muss (und auch tut), obwohl er nicht nur leicht (gar nicht) ist, aber das darin eine Art Schmerzgeschmack liegt, der seine Wirkung hervorruft. In diesem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass der Text die ersten paar Sätze einen etwas schwerfälligen Auftakt hat; wenn der noch etwas leichter gelänge, würde man unmittelbarer in den Rest hineingetragen, denke ich. Ich glaube, es liegt fast nur am ersten Satz. Kannst du das auch irgendwie sehen?
Ansonsten: wirklich ganz großartig und fein...
liebe Grüße,
Lisa
PS: Vielleicht fällt dir ja auch einmal ein Kommentar zu Texten anderer ein?
nun bist du schon im Urlaub (?), aber ich schreibe trotzdem einen Kommentar, weil ich den Text einfach großartig finde. Sein Reiz liegt vor allem darin, dass du über ein Geschwisterverhältnis, das du dem Leser durch deine Art zu erzählen so "sinnlich" nahebringst, für mich das grundsätzliche Verhältnis von Menschen untereinander spürbar/erfahrbar machst - der Text schafft also zweimal das gleiche, exemplarisch, aber ohne diesen typischen exemplarischen Charakter zu haben - alles fühlt sich so an, als wäre man dicht dabei, ja, als wäre man diese beiden Schwestern zugleich und fühlte sein Verhältnis zur Welt darin ausgedrückt, dieses bestimtme Gefühl, das ich zumindest kenne oder zumindest kenne, indem ich es vermisse (und von hier aus schmeckt der Text dann nochmal literarisch gut, weil man merkt, dass nur der Text (bzw. das Kunstwerk) das kann und in diesem Sinne auch erst die Gegenwart erschafft, aber zugleich beschreibt. Ich finde das unheimlich fein, liebenswert (wortwörtlich) und empfindungsoffen geschrieben - dabei gar nicht weiblich, sondern menschlich -.
Was mir bei diesem Text einzig formal aufgefallen ist, ist, dass er ein Text ist, der sich leicht lesen muss (und auch tut), obwohl er nicht nur leicht (gar nicht) ist, aber das darin eine Art Schmerzgeschmack liegt, der seine Wirkung hervorruft. In diesem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass der Text die ersten paar Sätze einen etwas schwerfälligen Auftakt hat; wenn der noch etwas leichter gelänge, würde man unmittelbarer in den Rest hineingetragen, denke ich. Ich glaube, es liegt fast nur am ersten Satz. Kannst du das auch irgendwie sehen?
Ansonsten: wirklich ganz großartig und fein...
liebe Grüße,
Lisa
PS: Vielleicht fällt dir ja auch einmal ein Kommentar zu Texten anderer ein?
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Thea,
für mich ist das große Klasse. Du nimmst dabei sehr gekonnt die Perspektive eines Kindes ein, die Sprache ist richtig und konsistent und erzählst doch von Erwachsenenschmerzen. Dabei wird die Sprache nie aufdringlichm ist angemessen.
Lediglich beim
habe ich mich gefragt, ob der Name glaubhaft ist, gegeben ein Kind erzählt ... und bei den Storchschritten bleibt für mich die Frage, ob es Storch- oder Storchenschritte sind ... Bei einem Demokratietest via Google gewinnt der Storchenschritt 1280:37
Liebe Grüße
Max
für mich ist das große Klasse. Du nimmst dabei sehr gekonnt die Perspektive eines Kindes ein, die Sprache ist richtig und konsistent und erzählst doch von Erwachsenenschmerzen. Dabei wird die Sprache nie aufdringlichm ist angemessen.
Lediglich beim
Tojiro- Messer
habe ich mich gefragt, ob der Name glaubhaft ist, gegeben ein Kind erzählt ... und bei den Storchschritten bleibt für mich die Frage, ob es Storch- oder Storchenschritte sind ... Bei einem Demokratietest via Google gewinnt der Storchenschritt 1280:37
.gif)
Liebe Grüße
Max
- Thomas Milser
- Beiträge: 6069
- Registriert: 14.05.2006
- Geschlecht:
Hallo Thea,
bevor ichs vergessen habe:
und sind mir Storchschritten auf das Meer zugelaufen << "mit"
aufgeschrieen << aufgeschrien
Tja, wo fängt man an?
Zunächst mal hat mich der Text sehr gefesselt, weil er dem Leser eine große Nähe gestattet, man sich förmlich mit in der Küche/in der Familie wähnt. Dazu trägt auch die einfache Sprache bei, die sich überwiegend des Perfekts, also der gesprochenen Sprache bedient.
Beim zweiten Lesen jedoch empfinde ich die Häufung der modalen Hilfsverben - insbesondere die des 'hat' - als zuviel des Guten. In manchen Sätzen drei Mal. Zumal das Perfekt vorwiegend Vorgänge beschreibt, die bis an den Sprechzeitpunkt heranreichen, was hier des Öfteren nicht der Fall ist.
Ich vermute jedoch, dass sich dieser Sprachstil ebenfalls der naiven Erzählweise andient. Ich bleibe da etwas gespalten zurück.
Sinnmäßig stellt sich mir die Frage, wieso der Fisch noch lebt, als er bereits in der Küche ist (dementsprechend nachher in Waschbecken und Regentonne). Relativ ungewöhnlich, dass man das Essen lebend nach Hause holt. Und da es der einzige Fisch gewesen zu sein scheint, bliebe die Frage, ob der Vater nicht sein Abendessen vermisst.
Aber vielleicht sind das auch die falschen Fragen an diesen Text.
Denn mitreißend ist er auch ohne Antworten :o)
Tom
bevor ichs vergessen habe:
und sind mir Storchschritten auf das Meer zugelaufen << "mit"
aufgeschrieen << aufgeschrien
Tja, wo fängt man an?
Zunächst mal hat mich der Text sehr gefesselt, weil er dem Leser eine große Nähe gestattet, man sich förmlich mit in der Küche/in der Familie wähnt. Dazu trägt auch die einfache Sprache bei, die sich überwiegend des Perfekts, also der gesprochenen Sprache bedient.
Beim zweiten Lesen jedoch empfinde ich die Häufung der modalen Hilfsverben - insbesondere die des 'hat' - als zuviel des Guten. In manchen Sätzen drei Mal. Zumal das Perfekt vorwiegend Vorgänge beschreibt, die bis an den Sprechzeitpunkt heranreichen, was hier des Öfteren nicht der Fall ist.
Ich vermute jedoch, dass sich dieser Sprachstil ebenfalls der naiven Erzählweise andient. Ich bleibe da etwas gespalten zurück.
Sinnmäßig stellt sich mir die Frage, wieso der Fisch noch lebt, als er bereits in der Küche ist (dementsprechend nachher in Waschbecken und Regentonne). Relativ ungewöhnlich, dass man das Essen lebend nach Hause holt. Und da es der einzige Fisch gewesen zu sein scheint, bliebe die Frage, ob der Vater nicht sein Abendessen vermisst.
Aber vielleicht sind das auch die falschen Fragen an diesen Text.
Denn mitreißend ist er auch ohne Antworten :o)
Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)
Hallo ihr Lieben,
danke euch für die Antworten und für die Gänseblümchen an den Text, freut mich, wenn es gefällt!
Liebe Lisa, ich weiß nicht, ob ich deiner Bemerkung gerecht komme. Mich stört am ersten Satz das "und", das werde ich ändern, dieses "und" klingt zu erzählt als erlebt im Vergleich zum restlichen Teil. Ich finde es chapeau einfach nur, wie du jeden beliebigen Text an sich selbst messen kannst. Jetzt wo du das geschrieben hast, erschien mir erst der Einstieg wirklich ein wenig wie ein Storchenschrittt.
und deinen letzten Satz erwarte ich seit zwei Jahren schon. :) das finde ich auch und konnt mich doch nicht ändern. verspreche, ich versuche.
Lieber Max, ^^ ich werde politisch nicht subversiv agieren und änder meinen Storchschritt zum Storchenschritt, wies Googlevolk wünscht
Lieber Tom, danke dir, dass du das Kleinvieh austreibst. erschreckend, wie oft ich einen Text lesen kann und immer noch überlese.
das "hat" werde ich versuchen zu reduzieren. Problem ist, dass der Text ein Auszug ist aus einem größeren Zusammenhang und der Protagonist seine Erinnerungen aufleben lässt und dies tut, indem er sie an die Gegenwart heranzieht und beim Erzählen statt Präteritum dann eben Perfekt benutzt. dafür gibt es Stellen, die in der Gegenwart geschehen und von ihm aber im Präteritum erzählt werden, weil sie seinem Ich eben entfernter scheinen als die Erinnerung, die er gerade durchlebt. Die losgelöste Zeit funktioniert vllt nur im Gesamttext, da muss ich noch nachdenken.
Sehr lustig die Sache mit dem Steinbutt. Ich fürchte, ich habe nicht daran gedacht, wieviel Münder ich zu stopfen habe und dass ein Fisch nicht ausreicht ^^ Der Fisch lebt übrigens, weil ein Absatz drüber das Ich gerade mit Vater fischen war,... ich weiß nicht recht, wie lange kann ein Fisch ohne Sauerstoff überleben?? Vllt muss ich das Familienhaus noch näher ans Meer bauen, damit der Steinbutt nicht abkratzt bevor er seinen Auftritt hat.
Danke euch nochmal fürs Lesen und Kommentieren. Bin zurzeit im Ausland und daher der Urlaubsmodus, weil hier Internet nicht regelmäßig zugänglich ist... bis demnächst,
Thea
danke euch für die Antworten und für die Gänseblümchen an den Text, freut mich, wenn es gefällt!
Liebe Lisa, ich weiß nicht, ob ich deiner Bemerkung gerecht komme. Mich stört am ersten Satz das "und", das werde ich ändern, dieses "und" klingt zu erzählt als erlebt im Vergleich zum restlichen Teil. Ich finde es chapeau einfach nur, wie du jeden beliebigen Text an sich selbst messen kannst. Jetzt wo du das geschrieben hast, erschien mir erst der Einstieg wirklich ein wenig wie ein Storchenschrittt.
und deinen letzten Satz erwarte ich seit zwei Jahren schon. :) das finde ich auch und konnt mich doch nicht ändern. verspreche, ich versuche.
Lieber Max, ^^ ich werde politisch nicht subversiv agieren und änder meinen Storchschritt zum Storchenschritt, wies Googlevolk wünscht
Lieber Tom, danke dir, dass du das Kleinvieh austreibst. erschreckend, wie oft ich einen Text lesen kann und immer noch überlese.
das "hat" werde ich versuchen zu reduzieren. Problem ist, dass der Text ein Auszug ist aus einem größeren Zusammenhang und der Protagonist seine Erinnerungen aufleben lässt und dies tut, indem er sie an die Gegenwart heranzieht und beim Erzählen statt Präteritum dann eben Perfekt benutzt. dafür gibt es Stellen, die in der Gegenwart geschehen und von ihm aber im Präteritum erzählt werden, weil sie seinem Ich eben entfernter scheinen als die Erinnerung, die er gerade durchlebt. Die losgelöste Zeit funktioniert vllt nur im Gesamttext, da muss ich noch nachdenken.
Sehr lustig die Sache mit dem Steinbutt. Ich fürchte, ich habe nicht daran gedacht, wieviel Münder ich zu stopfen habe und dass ein Fisch nicht ausreicht ^^ Der Fisch lebt übrigens, weil ein Absatz drüber das Ich gerade mit Vater fischen war,... ich weiß nicht recht, wie lange kann ein Fisch ohne Sauerstoff überleben?? Vllt muss ich das Familienhaus noch näher ans Meer bauen, damit der Steinbutt nicht abkratzt bevor er seinen Auftritt hat.
Danke euch nochmal fürs Lesen und Kommentieren. Bin zurzeit im Ausland und daher der Urlaubsmodus, weil hier Internet nicht regelmäßig zugänglich ist... bis demnächst,
Thea
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste