Die Heimtücke der Schwere

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 18.06.2008, 15:10

Die Heimtücke der Schwere
oder Newton wusste, von was er sprach

Das Schwierigste am Mittagsschlaf ist das Wiederaufstehen. kaum hat man die Augen geschlossen, und sei es nur für ein paar Minuten, da hat sich die Schwerkraft bereits auf einem breit gemacht und legt sich wie ein Bleimantel auf die Glieder. es kostet mich jedes Mal eine ungeheuere Überwindung, von der Waagerechten wieder in die Vertikale zu kommen. und da behaupten Leute, im horizontalen Gewerbe ließe sich das Geld leicht verdienen. also ich schwöre mir nach jedem mühsam gewonnen Kampf ums aufrechte Stehen, mich nie wieder leichtfertig unter das pralle Gewicht des Tages zu legen. dabei sagt der Volksmund, Mittagsschlaf sei gesund.

Nicole

Beitragvon Nicole » 18.06.2008, 16:01

Hallo Perry,

ein formaler Aspekt stört mich massiv: warum schreibst Du zwar im Satz groß und klein, beginnst aber nach einem Punkt dann klein? Macht die Sache für mich schwer lesbar .. vielleicht ist dies aber auch ein Stilmittel, das mir nicht bekannt ist. Sei es drum.

Ansonsten:
- beneidenswert, wenn Du dir die Zeit für einen Mittagsschlaf nehmen kannst.
- ich finde die Idee nett, Newton und seine Gedanken zur Schwerkraft in einen Gedankengang zum Thema "Mittagsschlaf", "Aufstehen" einzubinden. Aber die Argumentation ist für mich nicht logisch.
Das Schwierigste am Mittagsschlaf ist das Wiederaufstehen.

Ja, definitiv
kaum hat man die Augen geschlossen, und sei es nur für ein paar Minuten, da hat sich die Schwerkraft bereits auf einem breit gemacht und legt sich wie ein Bleimantel auf die Glieder.

Einspruch: die Schwerkraft auf unserer Erde wirkt auf den Körper, ob er liegt oder steht gleichermaßen. Lediglich die Angriffsfläche der senkrechten Komponenten wird größer. Auf Basis der bei uns herrschenden Dichte der Luft ist aber kein spürbarer Unterschied vorhanden. Darüberhinaus ist die Schwerkraft eine physikalische Größe ... spürbar wäre der Druck der Luftsäule über Dir .. somit legt sich nicht die Schwerkraft wie ein Bleimantel, sondern die Luftsäule auf den Körper.
es kostet mich jedes Mal eine ungeheuere Überwindung, von der Waagerechten wieder in die Vertikale zu kommen.

Stimmt. Allerdings fände ich es schöner, da Wrotpaare zu verwenden, die Normalerweise auch zusammen verwendet werden:
horizontale - vertikale
waagerechte - senkrechte
Mag aber auch nur ein ganz persönliches Wortgefühl meinerseits sein.
und da behaupten Leute, im horizontalen Gewerbe ließe sich das Geld leicht verdienen.

Mittagsschlaf ./. horizontales Gewerbe? Nun, ich gestehe, gerade der Zusammenhang Schlaf und horizontales Gewerbe ist für mich eher ein Gegensatz, als eine Vergleichsmöglichkeit. Das eine ist Arbeit, das andere Entspannung.... nun ja. :-)
also ich schwöre mir nach jedem mühsam gewonnen Kampf ums aufrechte Stehen, mich nie wieder leichtfertig unter das pralle Gewicht des Tages zu legen.
Wenn ICH jetzt mal einen Vergleich ziehen darf: den Vergleich zwischen Freier und Gewicht des Tages fände ich amüsant...
dabei sagt der Volksmund, Mittagsschlaf sei gesund.

nun, ungesund klingt Deine Beschreibung nicht, nur mühselig...

Lieber Perry, ich denke, Du vergräbst hier Herrn Newton unter einer Ansammlung von Phrasen, die sich leider nicht wirklich schlüssig bzw amüsant aneinander reihen. Finde ich schade, denn die Grundidee ist durchaus kreativ.

Viele Grüße,

Nicole

Perry

Beitragvon Perry » 19.06.2008, 11:23

Hallo Nicole,
schön, dass du dich so ausführlich mit diesem Text beschäftigt hast.
Manchmal sollte man die physikalischen Zusammenhänge nicht auf die Goldwaage legen und wenn Hin und Wieder ein Standardwort zugunsten einer sonst auftretenden Wiederholung geopfert wird, hat das rein formale Gründe. Damit der Text nicht sofort in den Prosabereich verdammt wird, habe ich hier eine "Fließschreibetechnik" angewandt und zum Schluss noch einen kleinen Reim eingebaut :-) . Ansonsten steht hier die ironische Leseweise eindeutig im Vordergrund, die du ja teilweise auch als solche erkannt hast.
Danke und LG
Manfred

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.06.2008, 13:13

Hallo Manfred,

mir geht es wie Nicole. Die Kleinschreibung nach einem Punkt finde ich nicht glücklich. Entweder alles klein schreiben oder aber konsequent nach dem Punkt groß weiter schreiben.
Zum anderen empfinde ich das Hinzuziehen des horizontalen Gewerbes hier nicht passend, es wirkt für mich an den Haaren herbeigezogen. Du hast den Text unter Humor/Satire geschrieben. Einen Schmunzler konntest du bei mir jedoch leider nicht erzeugen.
Saludos
Mucki

Nicole

Beitragvon Nicole » 19.06.2008, 13:25

Hallo Perry,

nun, diese "Fließschreibtechnik" ist mir nicht bekannt. Aber, wenn sie dazu führt, daß aus einem Prosatext ein Lyriktext wird... bien.

Ich hätte dann, wegen des Reimes am Ende noch einen Vorschlag:

statt:
dabei sagt der Volksmund, Mittagsschlaf sei gesund.


"dabei sagt der Volkesmund
Mittagsschlaf sei so gesund"

Ich finde, dann paßt das Versmaß eher...

a la prochaine,

Nicole

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 19.06.2008, 22:17

Hallo Perry, Nicole und Mucki,

ich bin verwirrt :-) .

Ich finde, dann paßt das Versmaß eher...


Welches Versmaß? Ich kann hier keines erkennen. Und frage mich, warum der Text unter Lyrik und nicht Prosa steht. Blamiere ich mich gerade ganz böse???

Besorgte Grüße

Jürgen

Nicole

Beitragvon Nicole » 20.06.2008, 09:27

Hi Jürgen,

Perry meinte doch, er habe am Ende einen kleinen Reim eingebaut. Ich denke, damit meint er "dabei sagt der Volksmund, Mittagsschlaf sei gesund."
Und wenn ich dies als Reim lesen möchte, dann fand ich eben, paßt meine abgeänderte Version besser...spricht sich runder.
Nun und die Wahl der Kategorie hat Perry mir ja oben auch erklärt.
Lyrik wegen Fließschreibtechnik und wegen des Reims am Schluß.

Keine Blamage deinerseits, denke ich!

LG, Nicole

Perry

Beitragvon Perry » 20.06.2008, 11:02

Hallo Mucki,
wenn du über diese Art Humor nicht schmunzeln kannst, dann ist das eben so. Ansonsten denke ich, sollte man der Textform nicht soviel Gewicht beimessen, sie ist nur ein Hilfmittel.
Danke und LG
Manfred

Hallo Nicole,
danke für deine Unterstützung, aber sollte nicht als erstes die Silbenzahl gleich sein?
LG
Manfred

Hallo Jürgen,
da ich lieber im Lyrikbereich schreibe, bewege ich mich mit solchen Texten sicher schon mal im Randbereich des Genre.
Danke für dein Interesse und LG
Manfred

Nicole

Beitragvon Nicole » 20.06.2008, 16:44

Hallo Manfred,

klar, sollte die Silbenzahl gleich sein, genau das meinte ich doch... Nu bin ich restlos verwirrt:

dabei sagt der Volksmund, Mittagsschlaf sei gesund


da-bei-sagt-der-volks-mund 1-2-3-4-5-6
Mit-tags-schlaf-sei-ge-sund 1-2-3-4-5-6

meine Variante war

dabei sagt der Volkesmund, Mittagsschlaf sei so gesund

da-bei-sagt-der-Vol-kes-mund 1-2-3-4-5-6-7
Mit-tags-schlaf-sei-so-ge-sund 1-2-3-4-5-6-7

sind nicht in beiden Fällen die Silben gleich? (Ich verstehe nicht wirklich etwas von Lyrik, ich hab's nur laut gelesen....)

Großes Fragezeichen, Nicole

Perry

Beitragvon Perry » 21.06.2008, 16:54

Hallo Nicole,
dass du aus Volksmund Volkesmund gemacht hast ist mir glatt entgangen.
Was solls, es bleibt Geschmackssache und ich lieber bei meiner Version.
Danke für dein Engagement und LG
Manfred

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Beitragvon Lisa » 25.06.2008, 00:18

Lieber Perry,

im Gegensatz zu Souterrain, bei dem ich eher finde, dass der Text an der beobachtung klebt, zu der dir der Text einfiel (nicht 1:1gemeint, so wirkt es nur auf mich), finde ich das hier frei und schön offen! (die beiden scheinen mir ähnlich von der perspektive) ich würde mich allerdings anschließen und sagen: alles klein oder satzanfänge groß, deine variante irritiert, mag auch die Idee dahinter sofort klar sein (fließtext) - aber man stockt, obwohl man es versteht. man könnte diesen text durch einige ergänzungen/umstrukturierungen noch tiefe geben, die über die humorebene hinausgeht (sie aber behält), es blitzt schon heraus.. aber das muss ja nicht sein.

im titel würde ich "von was" in "wovon" ändern.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Perry

Beitragvon Perry » 25.06.2008, 15:52

Hallo Lisa,
wenn du Anregungungen zur Verbesserung des Textes hast, dann halte damit nicht hinterm Berg. Ich arbeite gern an meinen Texten und bin für Vorschläge immer offen. Was die Schreibweise anbelangt, war sie wohl der unseligen Prosa-Lyrik-Diskussion geschuldet. Ich werde sie je nach dem Hintergrund in dem der Text vielleicht einmal veröffentlicht wird anpassen.
LG
Manfred
PS: "Wovon" trifft es tatsächlich etwas genauer!

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Beitragvon Lisa » 28.06.2008, 16:53

lieber Perry,

nein, ich halte nicht mit etwas hinter dem Berg - ich denke, für Vorschläge ist die Richtung, in der ich mir die Entwicklung des Textes auch vorstellen kann, ist zu grundsätzlich, als dass ich konkrete Vorschläge hätte. Ich glaube, ich kam aufgrund des gelungenen Titels darauf, den ich über die humorvolle Lesart hinaus poetische Kraft zusprechen würde - er erinnert mich an: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Und dann muss ich noch an Hoffmanns letzten Text denken , "Des Vetters Eckfenster" glaube ich - was ja nur von diesem Fenster mit Blick auf einen Platz berichtet -ich denke also, dass in der Perspektive des textes viel schlummert.

liebe Grüße,
Lisa
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Perry

Beitragvon Perry » 29.06.2008, 12:23

Hallo Lisa,
nun mit der "Unerträglichen Leichtigkeit des Seins" hat der Text inhaltlich wohl wenig zu tun, auch wenn die Schwere des Tages vielleicht sogar das Gegenstück dazu sein könnte :rolleyes: .
Hoffmanns Text werde ich mal versuchen zu lesen, vielleicht steckt ja eine Anregung für mich drin.
Danke und LG
Manfred


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