Junianfang

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.06.2008, 18:45

4. und letzte Fassung (für mich)


Junianfang

Hitze wabert auf dem Feld
Insekten steigen samtbemäntelt hoch
stehn Halme vor der ersten Mahd
durch die ich wate
der dunkelstämmigen Wand entgegen

Sie lässt mich flüsternd ein in Kühle
der Nadelteppich atmet unter jedem Schritt
auf meinem Kleid voll kleiner Blüten
(das er im letzten Jahr gekauft)
flackern tausend lichte Punkte

Am Rand des Pfades schlummern
Blaubeernester darin ein Fels
von Wettern glattpoliert
ich breit den weiten Rock
darüber Tränen und mich friert




3. Fassung (experiment. danke Lisa und Aram für die neuen Ideen)

Mir friert – Junianfang

Insekten steigen hoch und samtbemäntelt
stehn die Halme vor der ersten Mahd
durch die ich wate flimmert Hitze
bis hin zum dunkelstämmigen Pfad

Ich trete ein in flüsternde Kühle
die Nadeln atmen unter jedem Schritt
mein Blütenkleid (das er gekauft)
verflattert die drückende Schwüle

Geflirre tausend lichter Punkte
sie sticheln auf der nackten Haut
getürmt vor mir ein Ameisenschloss
(wir haben uns einfach nicht getraut)

Am Rand des Weges schlummern
Blaubeernester ein Fels darin
von Wettern glattpoliert
ich breit den weiten Rock darüber und
meine Tränen weil mir friert

2. Fassung (lyrischer, Dank Monikas Hilfe im Background und leonies on stage :-) )


Hitze wabert auf der Wiese
Insekten summen oder steigen
stumm und samtbemäntelt hoch
die Halme vor der ersten Mahd
durch die ich wate still dem Wald
entgegen der dunkelstämmigen Wand

Sie lässt mich ein in ihre Kühle
den Nadelteppich ausgebreitet flüsternd
atmet es bei jedem Schritt
auf meinem bunten Blütenkleid
(das er in unserm letzten Jahr gekauft)
flackern tausend lichte Punkte

Am Rand des Pfades Blaubeernester
darin ein Fels vom Regen glattpoliert
ich falte meinen Rock darüber
und lass den Tränen ihren Lauf ...




[size=90]korr: und auf meinem Kleid mit bunten Blüten
(das er im letzten Jahr für mich gekauft)
flackern tausend lichte Punkte (trügerisch)





Prosaform

Hitze wabert auf der Wiese. Insekten summen oder steigen stumm und samtbemäntelt auf. Hoch sind die Halme vor der ersten Mahd, durch die ich wate still dem Wald entgegen, der dunkelstämmigen Wand. Sie lässt mich ein in ihre Kühle, der Nadelteppich breitet sich flüsternd aus und atmet bei jedem Schritt. Auf meinem Blütenkleid (das er unserm letzten Jahr gekauft hat) flackern tausend lichte Punkte.

Am Rand des Pfades Blaubeernester, darin ein Fels vom Regen glattpoliert. Ich falte meinen Rock darüber und lass den Tränen ihren Lauf.




danke mucki für die prosakorrekturen

by ELsa[/size]
Zuletzt geändert von Elsa am 08.06.2008, 14:39, insgesamt 12-mal geändert.
Schreiben ist atmen

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 02.06.2008, 08:36

Hallo Elsa,

zunächst dachte ich, dass die üppige Juniflora dargebracht wird, doch dann merkte ich, dass sich die Worte mit Schmerz füllten, fast vollsogen.

Diese unterschwellige Ebene ist für mich die Stärke des Textes.

Persönlich würde ich, aber das ist Geschmackssache ohne Umbruch schreiben. Der Text funktioniert auch als Kurzprosa sehr gut.

Ich mag es, wenn die Zeilen nüchtern dastehen in einer Reihe und die Bilder dann herausspringen.

Schönen Montag,

Wüstenfuchs

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 02.06.2008, 10:01

Hallo Elsa!

Die Umbrüche machen auch mir zu schaffen; weniger ihre Existenz als solche, sondern mehr, dass ich keinen inhaltlichen Grund finden kann, warum du erste / Mahd, vom / Regen etc zerschneidest - und da läuft dann irgendetwas leer in meinem Kopf ;-) Auch der Rest macht auf mich irgendwie einen zu gewollten Eindruck... Vor allem die Zeilen 3-6 des zweiten Abschnitts. Auch diese vielen Alliterationen... ach was, hör einfach nicht auf mich, offensichtlich bin ich schlicht nicht in der Lage, den Aufbau des Textes zu erkennen :-)

Inhaltlich fühle ich mich sicher auf die Schlusszeile hingeführt :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.06.2008, 10:11

Lieber Wüstenfuchs, lieber Ferdi,

als ich den Text gepostet hatte, fiel mir auch ein, ich könnte es genausogut als Kurzprosa formatieren.

Ja, der Schmerz ... bin froh, dass er zu erkennen ist :-)

Ich probiere mal oben die Prosaform, vielleicht ist das wirklich besser?

Unsichere Grüße,
ELsa
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.06.2008, 13:59

Liebe Elsie,

die Prosaform gefällt mir auf jeden Fall am besten. Ich würde nur noch ein paar Adjektive streichen, da m.E. zu viele drin sind. Bin mal im Text.
Saludos
Mucki


Hitze wabert auf der Wiese, Insekten summen, zirpen, manche steigen stumm und samtbemäntelt auf. Hoch sind die Halme vor der ersten Mahd, durch die ich dem Wald entgegen wate, dieser dunkelstämmigen Wand. Sie lässt mich ein in ihre grüne Kühle, der Nadelteppich breitet sich flüsternd (??? evtl. weg) aus. Es atmet hier bei jedem meiner Schritte, Lichtpunkte flackern auf dem Sommerkleid, bedruckt mit bunten Blüten, das er in unsrem letzten Jahr für mich gekauft.

In Blaubeernestern hockt am Rand des Pfads ein glatter Fels, poliert vom Regen, ich falte meinen Rock darüber, lasse den Tränen ihren Lauf.

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leonie
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Beitragvon leonie » 02.06.2008, 16:14

Liebe Elsa,

ich würde auf jeden Fall das "trügerisch" weglassen, das geht aus den Zeilen implizit hervor.

auf meinem bunten Blütenkleid
(das er im letzten Jahr für mich gekauft)
flackern tausend lichte Punkte

fände ich sprachlich noch schöner.

Schöne Bilder, die Blaubernester mit dem glatten Stein gefallen mir ganz besonders.
Der letzte vers ist mir fast zu explizit, gibt es eine Möglichkeit, das noch anders auszudrücken?

Gern gelesen...

Liebe Grüße

leonie

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.06.2008, 18:05

Liebe Mucki,

danke, die Prosafassung gewinnt mit deiner Hilfe, das übernehme ich.

Liebe leonie,

danke auch dir, die Korrektur übernehme ich gern für die lyrische Fassung.

Du meinst die Sache mit den Tränen ist zu explizit, gell? Sicher gibt es viele Möglichkeiten,
Trauer auszudrücken, die einen überkommt angesichts der Schönheit, aber ich meine, ich will das ganz normale Tränenfließen haben, denn so ist es nun mal. Ich mag da nicht herumkünsteln, solange mir nichts besseres einfällt, was es auch trifft.

Ich möchte gern beide Versionen erhalten.

Liebe Grüße,
Elsa
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Max

Beitragvon Max » 02.06.2008, 20:03

Liebe Elsa,

ich kann deinem Gedicht gut folgen und folge ihm gern, bis zur Zeile mit den Tränen. Ja, das finde ich auch zu explizit, ähnlich wie Leonie. Es geht nich darum etwas zu verkünsteln, nur ist eben die beste Darstellung nicht immer die naturgetreue ...

Liebe Grüße
max

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 02.06.2008, 20:37

Hallo Elsa,

das gefällt mir nicht übel. Beide Fassungen haben was, wobei mich in der Prosasetzung das fehlende "hat" bei "das er im letzten Jahr für mich gekauft" mehr stört als in der Lyriksetzung, da ist sowas etwas gebräuchlicher. (im letzten Jahr von ihm gekauft) könnte ich mir da vorstellen. Dass er es dem Lyrich gekauft hat, muss nicht unbedingt ausgesprochen sein, oder doch?

Gruß

Sneaky

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 02.06.2008, 21:02

Lieber Max,

danke fürs Folgen können. Wie gesagt, es muss mir was Gutes für die Tränen einfallen ...

Lieber Sneaky,

Danke. Wenn's nicht übel ist, freut mich das :-)

Du hast Recht, das "hat" ist nun drin, "für mich" ist raus, dafür ist in beiden Fassungen nun " in unsrem letzten Sommer", denn das sagt es genauer.

Was mach ich nun mit den Tränen?

Dankende Grübelgrüße,
ELsa
Schreiben ist atmen

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 03.06.2008, 18:01

Und wie wäre es damit:


Hitze wabert auf der Wiese
Insekten summen oder steigen
stumm und samtbemäntelt hoch
die Halme vor der ersten Mahd
durch die ich entgegen wate still
der dunkelstämmigen Wand

Sie lässt mich ein in ihre Kühle
der Nadelteppich atmet
flüsternd unter jedem Schritt
auf meinem bunten Blütenkleid
(das er in unsrem letzten Jahr gekauft)
flackern tausend lichte Punkte

Am Rand des Pfades Blaubeernester
darin ein Fels vom Regen glattpoliert
ich falt den weiten Rock darüber und
mich friert ...


Danke für die bisherigen Anregungen, vielleicht mögen leonie und Max nochmals was zum expliziten Schluss sagen?

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.06.2008, 20:31

Ich bin zwar weder leonie, noch max, aber ich finde, liebe Elsa, der Schluss wirkt jetzt irgendwie "abgewürgt". Schade.

In der ersten Strophe holpert es in der Z5 auch arg, aber ich weiß mir keinen besseren Rat.

Herzlichst,
Monika

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 03.06.2008, 20:42

Liebe Monika,

Ich danke dir! Ich bastle noch an einer Variante, weil mich die hier auch nicht ...
ich muss die Tränen fließen lassen, ich sehe schon, die braucht's, daher habe ich den Versuch auch nicht nach oben gestellt.

Z5, ja, in der Tat. Ich wollte die Redundanz dem wald/dunkelstämmige wand beheben, aber das klappt nicht recht. Wahrscheinlich lasse ich es, wie es ist. Fertig.

Lieben Gruß
ELsa
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leonie
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Beitragvon leonie » 03.06.2008, 21:44

Liebe Elsa,

gerade geht mir durch den Kopf:

doch seine Blüten sind verwelkt/ ganz welk

oder:

ich berge mich im weiten Rock,
doch sein Blütenduft verflog.

Sowas in der Richtung vielleicht? Oder ist das zu kitschig?

Liebe Grüße

leonie


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