Incubus

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 17.07.2006, 22:05

Im Schatten Deines Vergessens
baue ich uns ein Schloss
aus blauem Stahl.
Dort will ich Dich
gefangen halten, wenn Du
zu träumen glaubst.

Wir werden einander
ausgeliefert sein in
unserer Not, denn
kein trüber Tagesschein
wird unsere Hochzeit
stören.

Und wenn Du morgens
dann erwachst, die
Glieder schwer und
müde Deine Lider,
wird nur der Schatten
unter Deinen Augen
Erinnerung an unsere
Liebe sein.

Max

Beitragvon Max » 18.07.2006, 21:17

Lieber Paul,

der "fies Alptraum" ist einfach in verschiedenen Schichten sehr treffend beschrieben. Gefällt mir auch Anhieb (und lässt mich überlegen, ob ich nicht irgendwo etwas Ähnliches in der Schublade liegen habe).
Moshe, Deinen Kommetar würde ich gern besser verstehen, kannst Du ihn erklären?

Liebe Grüße
max

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 19.07.2006, 10:53

Lieber Max,

ich bin gespannt. Schau mal in Deinen Schubladen nach.

Grüße

Paul Ost

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Thomas Milser
Beiträge: 6069
Registriert: 14.05.2006
Geschlecht:

Beitragvon Thomas Milser » 19.07.2006, 14:00

Interpretation und Polyvalenz hin oder her:
Einer der stärksten Texte, die ich seit langem gelesen habe. Einfach so.
Vielleicht, weil er genau meine Leidensform in punkto unerfüllter Liebe trifft. Vielleicht, weil ich deswegen ähnliche Texte verfasst habe.

Und Moshes Aussage verstünde ich auch gern besser, weil ich dahinter etwas vermute, was für mich persönlich ganz wichtig wäre. Es geht um Beseitigung von Verklärung.

Tom. Lesezeichen.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Cara

Beitragvon Cara » 19.07.2006, 15:20

Hallo Paul,


die Tatsache, dass ich bei deinem Gedicht so ein mulmiges Gefühl bekomme, weil hier ja eine Frau von einem Mann gefangen gehalten wird, ändert (im Gegenteil) nichts an der Tatsache, dass du diesen Text sehr eindringlich formuliert hast.

Ich bin (das meine ich jetzt rein gefühlsmäßig) "froh", dass du die Anrede in Großbuchstaben schreibst. Dadurch kommt doch (neben dem Zwingen) auch ein gewisser Respekt zu der im Schloss aus blauem Stahl gefangenen Person zum Vorschein.

Also:
Ein toll geschriebenes Gedicht,
bei dem ich mich aber emotional eher beklommen fühle.

LG
Cara

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 19.07.2006, 20:12

Liebe Cara,

wir dürfen aber auch die dionysische Seite der Kunst nicht ganz vergessen. Oder die Schattenseite unserer großen Gefühle. Deshalb erwähnte ich ja weiter oben - wenn auch ein wenig ironisch - unsere liebe Lilith, die Vorgängerin Evas, die nicht so wollte, wie der Schöpfer.

Ein schönes Beispiel ist aber auch Bram Stokers Dracula. Da gibt es eine neuere Verfilmung, in der der Verführungsaspekt sehr schön zum Tragen kommt.

Schöne Grüße

Paul Ost

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 20.07.2006, 08:31

Lieber Paul,

hier ist schon so viel und so verschiedenes zu deinem Text geschrieben worden,
dass ich mich nur kurz dazu äussern möchte:
Wunderbare Worte, eine tolle Geschichte, die mich - wie Cara - an Bram Stokers Dracula in der Verfilmung von Coppola erinnert.

Liebe Grüsse
rockandrollhexe

savage

Beitragvon savage » 26.07.2006, 13:07

Kompliment Paul. Als Freund derartiger Texte - ich versuche mich momentan daran -
bin ich begeistert.

savage


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