Aufräumen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 04.09.2007, 09:32

Aufräumen

Nichts als dein staubiges Du zwischen
Den Möbeln. In solchem Augenblick kam
In früher Zeit mir ein Bangen die Liebe
Könnte uns sterben. Mich durchfuhr ein
Großer Schmerz mir brachs fast das Rückgrat.
Entfloh dem Grab und den Ärzten lachte
Mein falsches Lachen sang höhere Kunst
Sentimentale Madrigale.

Niko

Beitragvon Niko » 24.01.2008, 17:40

das mag ich, caty. habs schon zu verschiedenen zeiten gelesen, aber mich nicht durchringen können zu kommentieren. heute will ich aber. (hab ja noch was gut zu machen ;-) )
ich empfinde den text alos wirklich tief. da ist nix gestelztes dran. vielleicht die madrigale. mag aber auch daran liegen, dass sie mir nicht so ganz passen wollen. obwohl: madrigale sind ja chorstücke aus dem 16 jhdt. beispielsweise, die ihre hochkultur vielleicht zu zeiten von heinrich schütz erlebten. sie bestechen besonders durch ihre schlichtheit, die sie vermitteln. schlicht sind sie indes nicht. - vielleicht ist dies die brücke zu deinem schluss. ich bin jedenfalls da unsicher... etwas unsicher oder anders gesagt: nicht genau aufdröseln kann ich die stelle: " entfloh dem grab und den ärzten lachte mein falsches lachen" nicht konkret zuordnen. bezugnehmend auf "die liebe könnte uns sterben" deutet es auf trennung hin, könnte aber auch auf "heilung" der beziehung hin, ebenso könnte aber auch ein körperliches leiden gemeint sein, das man (lyrich) besiegte. das sind noch knackpunkte für mich. klar: es ist ein beziehungsgedicht, aber beziehung hat mehrprozentig mit einem selbst zu tun, von daher könnte man es so oder so lesen....
ich hoffe, du konntest mit meinem gedankenwirrwarr etwas anfangen. als autor hat man ja einen ganz anderen blick auf das eigene werk.
lieben gruß: Niko

Caty

Beitragvon Caty » 24.01.2008, 19:33

Hm. Das gefällt dir? Ich habs schon ganz vergessen. Wo hast du denn das ausgegraben? Jetzt mach ich mal ein angestrengtes Gesicht: Das war auf eine Situation bezogen geschrieben. Habs geschrieben und den Vorfall ad acta gelegt. Was aber Madrigale angeht: Also nein. Mit Stelz haben sie nun gar nichts zu tun. Ich habe hier eine CD, lauter italienische Madrigale, die schönste Vokalmusik, die man sich denken kann. Ich verstehe zwar kein Wort, bin ja auch keine Katholikin, auch keine evangelische Kirchgängerin, aber Musik braucht der Worte nicht, sie ist einfach nur schön. Du bist nicht so sehr ein Klassikhörer, vermute ich? Dein Gedankenwirrwarr ist hilfreich, weist er mich doch auf meinen eigenen Gedankenwirrwar hin, als ich das Gedicht schrieb. Ich könnte es mir einfach machen: Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Aber ich weiß wirklich nicht mehr, worum es eigentlich ging. Nein, mir gefällt das Gedicht nicht wirklich. Zu groß das Bemühen, unkonkret zu bleiben. Fast werde ich rot, wenn ich es jetzt lese. Ja, da war irgendwas. Aber was. Caty

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.01.2008, 15:23

Liebe Caty,

mir fällt nur etwas Kleines ein gerade im Vorüberstreifen: Wäre es nicht zu überlegen, ob eine Formulierung wie etwa "Nichts als Staub von dir zwischen
Den Möbeln etwas feiner wäre als "staubiges Du", ich finde das klingt sehr schwer (Gewichtig).

Die letzten drei Verse empfinde ich als etwas zu wortspiellastig (in der Tendenz); insgesamt hat es aber wieder den Ton deiner Texte, die ich oft sehr gelungen finde, weil er tiefer zu sitzen scheint als in den Worten.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Caty

Beitragvon Caty » 25.01.2008, 19:48

Danke, Lisa, für den Kommentar. Dein Vorschlag mit dem Staub sagt was ganz anderes aus als das, was ich ausdrücken wollte. Das staubige Du drückt ja etwas aus, es fasst in zwei kleinen Wörtern zusammen, dass da eine Liebe am Vergehen ist. Was hast du gegen Gewichtigkeit in einem Gedicht? Und Wortspiele, du sprichst von wortspielllastig, Lisa, sind Bestandteil der lyrischen Sprache, gar nichts Negatives. Klar, man kann sie völlig ablehnen, aber ich spiele gern mit der Sprache, und ich freue mich, wenn ich in einem Gedicht ein gekonntes Wortspiel entdecke. Aber, soviel ich mich erinnere, handelt es sich nur bedingt um Wortspiele, Lisa, nur eine kleine Übertreibung. Caty

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Beitragvon Lisa » 26.01.2008, 14:42

Liebe Caty,

ich weiß nicht, drückt das mit dem Staub wirklich etwas anderes aus? Ich wollte genau das ausdrücken, es war ja auch nur eine Andeutung, wie ich mir vorstellen könnte die Formulierung "staubiges Du" aufzulockern, da sie mir eben sehr dramatisch-gepresst vorkommt im Vergleich zu deiner sonstigen Sprache. In diesem Sinne meinte ich auch Gewicht (wirklich in Bezug auf Schwere/ein Gewicht, nicht zu gewichtig), sollte ich es in kg ausdrücken, hängt für mich "staubiges Du" die Zeile, in der es steht, viel tiefer (@Gravitation) als die anderen Ausdrücke und zieht diese natürlich insgesamt auch etwas tiefer. Tiefer muss nicht schlechter sein, nur sollte die Graviationszentren der einzelnen Worte untereinander stimmig sein und für mich fällt eben das "staubige Du" aus dem Rest heraus.

Gegen Wortspiele habe ich auch nichts und du hast auch Recht, dass es keine eigentlichen sind, ich dachte, ich könnte damit nur umreißen, worauf ich mich beziehe. Mich langweilen Texte immer, die sich ,wenn sie in Richtung Wortspiel etc.gehen und sich dann in diesem Spiel selbst (und nicht seiner Bedeutung) verbeschäftigen.

Und diesen tendentiellen(!) Eindruck hatte ich bei dieser Passage:

mir brachs fast das Rückgrat.
Entfloh dem Grab und den Ärzten lachte
Mein falsches Lachen sang höhere Kunst
Sentimentale Madrigale.

Soviele Phrasenverwurschtelungen (durchaus positiv gemeint!) auf so einen kurzen Text kommt für mich eben etwas gepresst an und meine Beobachtung ist, dass du das oft nicht so dicht ausgestaltest - was mir besser gefällt. Eine leichte Lichtung würde mir (vielleicht?) gefallen. Aber das sind ja auch nur die Einfälle, die mir kommen.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Caty

Beitragvon Caty » 26.01.2008, 15:20

Nein, Lisa, an diesem Gedicht werde ich nicht mehr arbeiten. Als ich es schrieb, fand ich es so gerafft ganz in Ordnung, und in der Rückschau finde ich es immer noch in Ordnung, da ist kein falscher Ton. Den Begriff Phrasen, auch nicht negativ gemeint, würde ich hier eigentlich nicht anwenden. Du hast recht, es gibt auch ganz andere Gedichte von mir, in denen ich ausschweifender bin, aber das hat auch immer seine Gründe im Thema. Ich finde es putzig, wenn man glaubt, ich könnte nur und müsste immer auf gleiche, ein für allemal festgelegte Weise schreiben. Ich schreib, wies kommt, der Rest ist mir total wurscht. Was aber Wortspiele angeht, so müssen sie schon zu einem gewissen Quantum geistreich sein, sonst verpuffen sie bei mir. Aber wie gesagt, die von dir angeführte Stelle ist kein Wortspiel. Tja, der Staub - dein Vorschlag ist mir nicht nur zu umständlich, er verharmlost nach meinem Eindruck. Ich denke, meine Formulierung bringt die Sache in kürzestmöglicher Form auf den Punkt. Hab Dank für die nochmalige Beschäftigung mit dem kleinen Text. Caty


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