Die Apfelfrau oder Ja, ich wohne hier selbst

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.04.2007, 17:20

Überarbeitete Fassung:


Die Apfelfrau oder Ja, ich wohne hier selbst
[align=right]
„Und nun hatte ihn der fatale Tritt in den Äpfelkorb um alles [ alles!] gebracht“
(E.T.A. Hoffmann, Der goldene Topf)
[/align]


Eines Tages klingelte die Apfelfrau an der Tür und der Mann im Haus öffnete.

„Moin, wolln se frische Äppel kaufen?“
„Wie?“
„Sind richtich läcka, knackig und alles, Schneewittchens Stiefmutter würde...“
„Ähm...“ unterbrach ein archaisches Rückenmark-Veto die sicher seit Generationen von Haustür zu Haustür geschleppte Werbestrategie.
„Wir habn für jeden die richtige Kistengröße dabei“, ergänzte die Apfelfrau und nickte in Richtung Straße, wo im Führerhaus eines Kleinlasters ein zahnloser, untersetzter Mann eines dieser Ich-habe-eine Axt-auf-meinem-Beifahrersitz-Grinsen herüberwarf, wie es nur Männer vermögen, die Cousin UND Ehemann ihrer Frau in dritter Generation sind.
„Eine ganze Kiste...also wir wohnen hier zu zweit, ich weiß wirklich nicht, ob...“, probierte nun das Großhirn eine Argumentation.
Woraufhin die Apfelfrau kommentarlos in ihrer beängstigend tiefen Schürze wühlte, einen furunkeligen Apfel und ein wirklich altes Obstmesser herausholte, den Apfel kurz an ihrem Seemannspulli rieb, ein mondförmiges Stück herausschnitt, es auf die Messerspitze piekste und es ihm zum Verzehr unter die Nase hielt.

Wie mein Mann mir hinterher mit einer Großhandelskiste Äpfel in den Armen über mein morgendliches Badewannenwasserschaumgebirge hinweg erzählte, hatte er im weiteren Verlauf des Verkaufsgespräches nichts als die hufdicken Fingernägel der Apfelfrau gesehen, die für das Aufpieksen das Apfelstück kurz gestreift hatten, und nichts entgegnen können – aus Angst etwas, und sei es noch so klein, davon in den Mund gesteckt zu bekommen. Zu allem Übel hatte sich bei einem zweiten Blick auf den Kumpanen der Apfelfrau außerdem Furcht und sogar Mitleid für erstere hinzugemischt, so dass es kam, wie es kommen musste: Wir waren für einen Spottpreis von 50 Euro stolze Besitzer der kleinsten Kiste Obst, die die Apfelfrau verkaufte: 20 kg geballtes Boskop-Glück.

„Warum hast du denn bloß...“, versuchte ich in Tatortmanie anzusetzen, doch mein Mann schaute mich so grunderschöpft an, dass ich nähere Untersuchungen unterließ. Und das, obwohl unser gemeinsamer Lebensabschnitt schon ins siebte Jahr geht und ich in all den Jahren eine Menge Lacher von ihm für schwächelndes Verhalten an der Haustür geerntet habe.

So klopfte ich meinem Mann mutmachend auf die Knie, weil ich an den Rücken nicht herankam, und er fragte mit herabhängendem Kopf, wo er die Kiste denn unterbringen könnte. „Im Keller.“
Worauf ich weniger kam, weil Obst lichtgeschützt angeblich länger haltbar ist, sondern eher, weil ich mich an all die anderen unbrauchbaren, ausrangierten Gegenstände dort erinnert fühlte, bezüglich derer man unbegreiflicherweise eine dieser unüberwindbaren, moralischen Sperren im Kopf hat, obwohl man so gar nichts mit ihnen anfangen kann („So was schmeißt m a n nicht einfach weg“)
Nach vollbrachter Verstauung kam mein Mann wieder hinaufgestapft, hockte sich mit dunkler Miene auf den Wannenrand und wippte mit den Beinen.
„Hm?“, fragte ich möglichst liebevoll.
„Na ja, du weißt doch, dass ich gegen alles, was Kerne hat, allergisch bin...“

Und obwohl ich spürte, dass sich dieses für Männer typische, den Nutzwert vermissende Genöle nur ganz ganz knapp gegen die Scham durchgesetzt hatte, war es genug – nach etwa drei Stunden hatte ich fertig gelacht, die Krämpfe ließen nach.

„Ach, ich back da einfach Kuchen draus“, versuchte ich danach wieder Vertrauen gutzumachen. "Und auch wenn du die dann nicht essen kannst...dann machen wir uns eben endlich mal mit ihnen bei den Nachbarn beliebt!"
Du willst Ku...“, setzte mein Mann an, aber dann gab er auf – er war gebrochen.

Bevor wir ins nächste Jahr springen, bleibt noch zu erwähnen, dass wir unmittelbar nach diesem so außerordentlich geglückten Haustürgeschäft wie geplant unsere vierwöchige Reise nach Frankreich antraten. Die Äpfel überstanden diesen Zeitraum natürlich nicht, obwohl mir wieder und wieder beteuert wurde, die Apfelfrau hätte garantiert, das Obst hielte sich bis zu drei Monate. Für mich war das unproblematisch – ich hatte eh nicht ernsthaft etwas mit den Äpfel vorgehabt, aber mein Mann verkraftete dies weniger. Bis in den Schlaf verfolgte mich immer wieder das Echo in der Dunkelheit „Aber die Apfelfrau hat gesagt...aber die Apfelfrau hat es doch gesagt, sie hat es doch...die Apfelfrau, die Apfelfrau“. Doch irgendwann setze die Verdrängung ein.


...Und dauerte bis neulich an, als es klingelte. Ich war allein zuhause und wägte ab. Tür aufmachen? Tür nicht aufmachen? Denn eigentlich war ich schon aufgrund der verdächtig mittäglichen Uhrzeit alarmiert, zu der ich mir schon lange geschworen hatte, die Tür nicht mehr zu öffnen. Hatte man doch nur biedere Zeugen Jehovas, den ungefähr 100 mal im Jahr für die Kriegsgräberfürsorge sammelnden alkoholkranken Rentner oder Gefro-Tiefkühlwarenaboanpreiser zu erwarten, die nicht mal zum Gehen bereit waren, wenn man ihnen sagte, dass man gar keine Tiefkühltruhe besaß. Aber leider kam um diese Zeit auch der Paketbote – ein für Frauen fast unschlagbares Argument – ich m u s s t e es wagen!

„Guten Tag, ist deine Mutter da?“
Die Apfelfrau hatte wieder zugeschlagen.
Ich meine, ich dachte immer, man wäre e n t w e d e r niedergeschlagen, weil man für minderjährig gehalten wird o d e r weil man seine ersten Fältchen entdeckt.
Aber damit nicht genug, rief diese Frage der Apfelfrau auch noch dieses unangenehme Verdachtsgefühl hervor, dass meine Mutter wirklich hier wohnte. Sofort stiegen fieberhafte Phantasien in mir auf. Ich sah meine Mutter in irgendeinem unsere Wandschränke sitzen, seit Jahren dort ausharrend, sich nur von vergessenen Keksen aus Reisekoffern und den Restflüssigkeiten gesammelter und natürlich nicht weggebrachter Pfandflaschen ernährend, um eines großen großen Tages endlich den Haushalt zu übernehmen und endlich zu richten, was nicht so gehörte, wie es war – also alles. Alle Aufmerksamkeit war aufgebraucht für diese Suggestion, so jedenfalls rechtfertige ich vor mir meine Antwort, die ich der Apfelfrau auf ihre Frage gab: „Nein, ich wohne hier selbst“. Was für eine Meisterleistung.
Wie seltsam dieser Satz war, lässt sich daran erkennen, dass die Apfelfrau daraufhin keinen Spruch parat hatte, zögerte, sich mit einem „Ahsoooooooo“ nur gerade so noch wieder fing und auf diese Weise verhinderte, dass ihr beim Versuch, dieses Gespräch doch noch in ein Geschäft zu verwandeln, was hieß, es verstehen zu müssen, der fettige Schädel platze. Sie beschränkte sich auf die herausgefilterte Information, dass meine Mutter nicht zuhause war, und gab sich geschlagen. „Ja, dann...“, sagte sie, schon in der Rückwärtsbewegung und ihr Kumpan warf noch bevor sie den Wagen erreichte, den Motor an und sie brausten davon.

Als am Abend der Mann wieder im Haus war, erwähnte ich in einem Nebensatz, dass ich die Apfelfrau in die Flucht geschlagen hatte; die näheren Umstände verschwieg ich dabei freilich.
Seitdem habe ich über mich keinen einzigen Haustürversagerwitz mehr gehört, selbst nicht, als ich neulich fast den GEZ-Mann hereingelassen hätte, der bei uns anständigen Mittelständlern natürlich immer ein gern gesehener Gast ist, aber einfach zu ungelegen kam.












Erstfassung:


Alles fing eigentlich schon letztes Jahr an, aber da saß ich gerade in der Badewanne.

Die Apfelfrau klingelte an der Tür und der Mann im Haus öffnete.
„Moin, wolln se frische Äppel kaufen?“
„Wie?“
„Sind richtich läcka, knackig und alles, Schneewittchens Stiefmutter würde...“
„Ähm...“ unterbrach ein archaisches Rückenmark-Veto die sicher seit Generationen von Haustür zu Haustür geschleppte Werbestrategie.
„Wir habn für jeden die richtige Kistengröße dabei“, ergänzte die Apfelfrau und nickte in Richtung Straße, wo im Führerhaus eines Kleinlasters ein zahnloser, untersetzter Mann eines dieser Ich-habe-eine Axt-auf-meinem-Beifahrersitz-Grinsen herüberwarf, wie es nur Männer vermögen, die Cousin UND Ehemann ihrer Frau in dritter Generation sind.
„Eine ganze Kiste...also wir wohnen hier zu zweit, ich weiß wirklich nicht, ob...“, probierte nun das Großhirn eine Argumentation.
Woraufhin die Apfelfrau kommentarlos in ihrer beängstigend tiefen Schürze wühlte, einen furunkeligen Apfel und ein wirklich altes Obstmesser herausholte, den Apfel kurz an ihrem Seemannspulli rieb, ein mondförmiges Stück herausschnitt, es auf die Messerspitze piekste und es ihm zum Verzehr unter die Nase hielt.

Wie der Mann im Haus mir hinterher mit einer Großhandelskiste Äpfel in den Armen über das Badeschaumgebirge hinweg erzählte, hatte er in diesem Augenblick nichts als die hufdicken Fingernägel gesehen, die für das Aufpieksen das Apfelstück kurz gestreift hatten, und nichts entgegnen können – aus Angst etwas, und sei es noch so klein, davon in den Mund gesteckt zu bekommen. Zu allem Übel hatte sich bei einem zweiten Blick auf den Kumpanen der Apfelfrau noch Furcht und sogar Mitleid für erstere hinzugemischt, so dass es kam, wie es kommen musste: Wir waren für einen Spottpreis von 50 Euro stolze Besitzer der kleinsten Kiste Obst, die die Apfelfrau verkaufte: 20 kg geballtes Boskop-Glück, womit hatten wir nur dieses unfassbare Geschenk verdient!

„Warum hast du denn bloß...“, versuchte ich noch in Tatortmanie anzusetzen, doch mein gestandener Mann schaute mich so grunderschöpft an, dass ich nähere Untersuchungen unterließ. Und das, obwohl unser gemeinsame Lebensabschnitt schon ins 7 Jahr geht und ich in all den Jahren eine Menge Lacher von ihm für schwächelndes Verhalten an der Haustür geerntet habe. Und wenn ich eine Menge sage, dann meine ich wirklich eine Menge, Sie verstehen?

So klopfte ich meinem gestandenen Mann nur mutmachend an die Knie, weil ich an den Rücken nicht herankam, und er fragte mit herabhängendem Kopf, wo er die Kiste denn nur unterbringen könnte und ich sagte: „Im Keller.“
Worauf ich weniger kam, weil Obst lichtgeschützt angeblich länger haltbar ist, sondern eher, weil ich mich an all die anderen unbrauchbaren, ausrangierten Gegenstände dort erinnert fühlte, für die es ebenfalls keinen ausreichend großen Mülleimer gab oder bezüglich derer man unbegreiflicherweise diese moralische Sperre „So was schmeißt man nicht einfach weg“ im Kopf hat, obwohl man so gar nichts mit ihnen anfangen kann.

Nach vollbrachter Verstauung kam mein gestandener Mann wieder hinaufgestapft, hockte sich mit dunkler Miene auf den Wannenrand und wippte mit den Beinen.
„Hm?“, fragte ich möglichst liebevoll.
„Na ja, du weißt doch, dass ich gegen alles, was Kerne hat, allergisch bin...“

Und obwohl ich spürte, dass sich dieses für Männer typische, den Nutzwert vermissende Genöle nur ganz ganz knapp gegen die Scham durchgesetzt hatte, war es genug – nach etwa drei Stunden hatte ich fertig gelacht, die Krämpfe ließen nach.

„Ach, ich back uns da einfach Kuchen draus“, versuchte ich danach wieder Vertrauen gutzumachen.
Du willst...“, setze mein gestandener Mann an, aber dann gab er auf – er war gebrochen.

Bevor wir das Jahr wechseln, bleibt nur noch zu erwähnen, dass wir drei Tage nach diesem so außerordentlich geglücktem Haustürgeschäft wie geplant unsere vierwöchige Reise nach Frankreich antraten, wo mein gestandener Mann für diese Zeit eine Gastprofessur angenommen hatte. Die Äpfel überstanden diesen Zeitraum natürlich nicht, obwohl mir wieder und wieder beteuert wurde, die Apfelfrau hätte garantiert, das Obst hielte sich bis zu drei Monate. Bis in den Schlaf verfolgte mich wochenlang das Echo in der Dunkelheit „Aber die Apfelfrau hat gesagt...aber die Apfelfrau hat es doch gesagt, sie hat es doch...die Apfelfrau, die Apfelfrau“ und ich befürchtete schon, mein gestandener Mann würde zu weben anfangen, wie es auch immer die gestörten Reitponys im Verein getan hatten. Doch irgendwann setze die Verdrängung ein.

Und dauerte leider nur bis neulich an. Ich hatte wohl den jährlichen Großwaschtag vergessen und war somit schon haustüraufmachbereit, als es klingelte. Eigentlich hätte ich schon aufgrund der verdächtig mittäglichen Uhrzeit alarmiert sein müssen, zu der ich mir schon lange geschworen hatte, die Tür nicht mehr aufzumachen. Hatte man doch nur biedere Zeugen Jehovas, den alkoholkranken Rentner, der ungefähr 100 mal im Jahr Spenden für die Kriegsgrabpflege sammelte, oder Gefro-Tiefkühlwarenaboanpreiser zu erwarten, die nicht mal zum Gehen bereit waren, wenn man sagte, dass man gar keine Tiefkühltruhe besaß.
Aber seit die Pakete nicht mehr nur mit DHL, sondern auch mit UPS kommen, gelingt es mir nicht immer, Unglücksboten und Glücksboten anhand der Farbe ihrer Kleidung ungesehen vom oberen Treppenabsatz aus durch das Milchtürglas zu unterscheiden. Ich sah nur dunkelblaue Kluft – ich m u s s t e es wagen!

„Guten Tag, ist deine Mutter da?“, schlug es mir entgegen.
Die Apfelfrau hatte wieder zugeschlagen.
Ich meine, ich dachte immer, man wäre e n t w e d e r niedergeschlagen, weil man für minderjährig gehalten wird o d e r weil man die ersten Fältchen entdeckt. Ganz abgesehen von diesem mehr als unangenehmen Verdachtsgefühl, dass meine Mutter wirklich hier wohnte, welches dieser Satz erzeugte. Sofort stiegen fieberhafte Phantasien in mir auf. Ich sah meine Mutter in irgendeinem unsere Wandschränke sitzen, seit Jahren dort ausharrend, sich nur von vergessenen Keksen aus Reisekoffern und den Restflüssigkeiten gesammelter und natürlich nicht weggebrachter Pfandflaschen ernährend, um eines großen großen Tages endlich den Haushalt zu übernehmen und endlich zu richten, was nicht so gehörte, wie es war – also alles. Alle Aufmerksamkeit war aufgebraucht für diese Suggestion, so jedenfalls rechtfertige ich meine Antwort, die ich der Apfelfrau auf ihre Frage gab, vor mir. Die da lautete: „Nein, ich wohne hier selbst“. Was für eine Meisterleistung.

Wie krank dieser Satz war, lässt sich daran erkennen, dass die Apfelfrau daraufhin keinen Spruch parat hatte, zögerte, sich mit einem „Ahsoooooooo“ nur gerade so noch wieder in ihre Spur brachte und auf diese Weise verhinderte, dass ihr beim Versuch, dieses Gespräch doch noch in ein Geschäft zu verwandeln, der fettige Schädel platze. Wieder in der Spur zu sein hieß in diesem Fall für die Apfelfrau, sich bloß auf den von ihr herausgefilterten Aspekt zu konzentrieren, dass meine Mutter nicht da war, und ansonsten nicht auch nur im Ansatz verstehen zu wollen, was ich mit meinem Satz im weiteren Sinne hatte sagen wollen.
„Ja, dann...“, sagte sie, schon in der Rückwärtsbewegung und ihr Kumpan warf noch bevor sie den Wagen erreichte, den Motor an und sie fuhren davon.

Als am Abend der Mann wieder im Haus war, berichtete ich nur, dass ich die Apfelfrau in die Flucht geschlagen hätte und dass ohne auch nur ein einziges Kernobst zu kaufen, die näheren Umstände ließ ich dabei freilich außer Acht. Seitdem habe ich keinen einzigen Haustürversagerwitz über mich mehr gehört, selbst nicht, als ich neulich fast den GEZ-Mann hereingelassen hätte, der bei uns anständigen Mittelständern natürlich immer ein gern gesehener Gast ist, aber einfach so ungelegen kam, dass mein gestandener Mann dazwischenfuhr und durch den Briefkastenschlitz raunte, wir würden hier nur auf das Haus aufpassen, die richtigen Besitzer seien nicht zuhause.
Zuletzt geändert von Lisa am 18.04.2007, 10:38, insgesamt 10-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 17.04.2007, 18:36

Was Lisa vergessen hat zu schreiben: dass Ähnlichkeiten mit toten und vor allem lebenden Personen rein zufällig sein. Das wolltest Du doch sagen, Lisa, oder?

Liebe Grüße
Max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 18:41

Liebe Lisa,

habe es mit genießerischem Grinsen gelesen. Bitte versuch dich öfter mal, glänzend!

Genaueres folgt.

Eilige Grüße,
ELsa
Schreiben ist atmen

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 17.04.2007, 19:24

Hallo Lisa,

bis zu der Stelle, an der die Äpfel in den Keller wandern hab ichs mit einem Grinsen mitgelesen. Danach fängts mir zu schwächeln an. Der "gestandene Mann" ermüdet in den kurz hintereinander folgenden Wiederholungen, ab da bin ich versucht der Erzählerin "mach hinne, dass wir den Gag hinter uns haben" zuzurufen.

So genau kann ich nicht festmachen, worans liegt, aber die Spannung vom ersten Teil ist einfach raus für mich.

gruß

reimerle

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 19:47

Liebe Lisa,

ein paar Sachen könnten mM. gestrichen werden, um die Dichte zu halten.


„Ähm...“ unterbrach ein archaisches Rückenmark-Veto die sicher seit Generationen von Haustür zu Haustür geschleppte Werbestrategie.
Sehr schön!

wie es nur Männer vermögen, die Cousin UND Ehemann ihrer Frau in dritter Generation sind.
Stark!

einen Spottpreis von 50 Euro stolze Besitzer der kleinsten Kiste Obst, die
Ich denke, der Preis ist zu hoch gegriffen.

Und wenn ich eine Menge sage, dann meine ich wirklich eine Menge, Sie verstehen?
Hängst du sehr daran? Ich finde, es ist überflüssig.

So klopfte ich meinem gestandenen Mann
Der gestandene Mann gefällt mir nicht. Ich finde, du brauchst ihn nicht.

Und obwohl ich spürte, dass sich dieses für Männer typische, den Nutzwert vermissende Genöle nur ganz ganz knapp gegen die Scham durchgesetzt hatte, war es genug – nach etwa drei Stunden hatte ich fertig gelacht, die Krämpfe ließen nach.
Ich würde da kürzen auch den letzten Satz: nach etwas drei Stunden ... ich finde, das sagt einfach alles.

Und dauerte leider nur bis neulich an.


Der Rest ist für mich perfekt.

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.04.2007, 19:48

Hallo ihr drei,
danke für die schnelle Rückmeldung.

Lieber Max,

nö, ist alles so live erlebt und ich weiß auch mit wems Ähnlichkeit hat, außer hier wohnt noch ein Mann, den du noch nicht kennst :razz:


Liebe Elsa,

danke und sehr gerne mehr kritik!

edit: oh, hat sich überschnitten,danke!! ich werde bei der ersten Überarbeitung das meiste übernehmen!

Lieber reimerle,

ja, das ding ist auch ein wenig lang insgesamt und die gestandene-Wiederholung......ich wollte probieren, ob es so geht, vielleicht muss das aber auch anders, ich dneke, du hast Recht. Schauen wir mal, das Ding ist sehr schnell runtergeschrieben, das muss sicher noch überarbeitet werden! Falls dir Einzelheiten doch noch auffallen, die ein wenig am Gesamtbild nagen, gerne her damit!

Ihr könnt alle gern den Versuch zerlegen, ich hatte einfahc mal Lust zu sowas, aber dolle ist es sicher nicht :-)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 17.04.2007, 19:54

Liebe Lisa,

hm, der Verdacht mit dem weiteren Mann hatte ich auch - aber bei der Zeit, die Du im Salon verbringst ist er sicher vernachlässigt und eingegangen... ich werfe ja schon ab und zu Brot in den Schrank für die Mutter, wohin soll ich denn noch Brot werfen?

Liebe Elsa,

der Preis IST zu hoch, aber real .... (ich weiß nix ...)

Liebe Grüße
max

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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 20:07

Lisa hat geschrieben:
danke und sehr gerne mehr kritik!

edit: oh, hat sich überschnitten,danke!! ich werde bei der ersten Überarbeitung das meiste übernehmen!


Warte bitte noch, ich habe den Text in Arbeit, das waren nur erste Kleinigkeiten. Ich find es ja immer noch perfekt, weil es sehr originell ist und literarisch gut, weißt du, aber jetzt schau ich ganz genau nach deiner bitte um kritik.

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

Traumreisende

Beitragvon Traumreisende » 17.04.2007, 20:07

hallo lisa,

hab deine geschichte gern gelesen, sie wirkte so locker erzählt,

das eingangs-aber
an, aber da saß ich gerade in der Badewanne.

habe ich nicht so ganz verstanden und könnte gestraffter wirken, das füllwort braucht es dort meiner meinung nach nicht.

auch geht der schwung nach dem 2. klingeln der apfelfrau etwas verloren und so orginell fand ich das als pointe nicht.

grüble immer noch was an deiner antwort die frau so verschreckt hat. wo klemmt es da bei mir und meinen gedanken??

der "gestandene" mann ist etwas viel, wobei es mich stark an kishon mit der besten ehefrau von allen erinnert, war vielleicht auch dein gedanke in dem wortspiel??

lg silvi

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 20:08

Max hat geschrieben:
der Preis IST zu hoch, aber real .... (ich weiß nix ...)

Liebe Grüße
max


Ach Max, wie konntest du nur *feix*

Soll ich dir ein bisschen Brot schicken ..?

Lieben Gruß
ELsa
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Gast

Beitragvon Gast » 17.04.2007, 20:55

Liebe Lisa,

Klasse dein „Versuch“, der bei mir frisch, von der Leber geschrieben angekommen ist.
Lisatypische Formulierungen, tolle Ideen, ich habe mich köstlich amüsiert. Ich versuche mal ein paar Dinge zu erfragen, die mir nicht vollends zu passen scheinen oder auch gezielt zu schreiben was mir besonders gefällt.

Also jetzt bitte nicht erschrecken. ;-)

Lisa hat geschrieben:
Alles fing eigentlich schon letztes Jahr an, aber da saß ich gerade in der Badewanne.


Der Anfang ist noch nicht so ganz richtig rund meine ich, weil es nicht wirklich Folgen der ersten Apfelepisode sind, die ins nächste Jahr reichen, denn die Apfelfrau kommt erneut.
Wenn sich der Satz darauf beziehen sollte, dass nun keine Witze mehr darüber gemacht werden, dass die Frau des Hauses Hausierer einlässt … ich glaube dann fehlt mir am Ende etwas.(Sieh auch Jahr wechseln und Frankreich Aufenthalt)

Lisa hat geschrieben:
wo im Führerhaus eines Kleinlasters ein zahnloser, untersetzter Mann eines dieser Ich-habe-eine Axt-auf-meinem-Beifahrersitz-Grinsen herüberwarf, wie es nur Männer vermögen, die Cousin UND Ehemann ihrer Frau in dritter Generation sind.


Dieses Grinsen, und die Beschreibung des Paares, irre, gut, wie bist du da bloß drauf gekommen? :rolleyes:

Lisa hat geschrieben: „Eine ganze Kiste...also wir wohnen hier zu zweit, ich weiß wirklich nicht, ob...“, probierte nun das Großhirn eine Argumentation.
Woraufhin die Apfelfrau kommentarlos in ihrer beängstigend tiefen Schürze wühlte, einen furunkeligen Apfel und ein wirklich altes Obstmesser herausholte, den Apfel kurz an ihrem Seemannspulli rieb, ein mondförmiges Stück herausschnitt, es auf die Messerspitze piekste und es ihm zum Verzehr unter die Nase hielt.


Das ist so treffend, dass ich schreien könnte.

Lisa hat geschrieben:Wie der Mann im Haus mir hinterher mit einer Großhandelskiste Äpfel in den Armen über das Badeschaumgebirge hinweg erzählte, hatte er in diesem Augenblick nichts als die hufdicken Fingernägel gesehen, die für das Aufpieksen das Apfelstück kurz gestreift hatten, und nichts entgegnen können – aus Angst etwas, und sei es noch so klein, davon in den Mund gesteckt zu bekommen. Zu allem Übel hatte sich bei einem zweiten Blick auf den Kumpanen der Apfelfrau noch Furcht und sogar Mitleid für erstere hinzugemischt, so dass es kam, wie es kommen musste: Wir waren für einen Spottpreis von 50 Euro stolze Besitzer der kleinsten Kiste Obst, die die Apfelfrau verkaufte: 20 kg geballtes Boskop-Glück, womit hatten wir nur dieses unfassbare Geschenk verdient!

Ja, wieder gut getroffen, den Gefühlsmischmasch, Ekel + Verlegenheit +Mitgefühl, kontra Dreistigkeit. Da kommt Intelligenz nicht gegen an.
Lisa hat geschrieben:
… ich in all den Jahren eine Menge Lacher von ihm für schwächelndes Verhalten an der Haustür geerntet habe. Und wenn ich eine Menge sage, dann meine ich wirklich eine Menge, Sie verstehen?


Oh ja, ich verstehe durchaus, neulich stand die GEZ auf der Matte…

Lisa hat geschrieben:So klopfte ich meinem gestandenen Mann nur mutmachend an die Knie, weil ich an den Rücken nicht herankam, und er fragte mit herabhängendem Kopf, wo er die Kiste denn nur unterbringen könnte und ich sagte: „Im Keller.“
Worauf ich weniger kam, weil Obst lichtgeschützt angeblich länger haltbar ist, sondern eher, weil ich mich an all die anderen unbrauchbaren, ausrangierten Gegenstände dort erinnert fühlte, für die es ebenfalls keinen ausreichend großen Mülleimer gab oder bezüglich derer man unbegreiflicherweise diese moralische Sperre „So was schmeißt man nicht einfach weg“ im Kopf hat, obwohl man so gar nichts mit ihnen anfangen kann.


Klasse, du triffst den Nerv – inclusive dem schlechten Gewissen der Leser, wegen der eignen Leichen im Keller.
Lisa hat geschrieben:Du willst...“, setze mein gestandener Mann an, aber dann gab er auf – er war gebrochen.


bei setzte ein“t“

Lisa hat geschrieben:Bevor wir das Jahr wechseln, bleibt nur noch zu erwähnen, dass wir drei Tage nach diesem so außerordentlich geglücktem Haustürgeschäft wie geplant unsere vierwöchige Reise nach Frankreich antraten, wo mein gestandener Mann für diese Zeit eine Gastprofessur angenommen hatte.


Ich bin mir nicht sicher ob man ein Jahr wechseln kann… man hat ja keinen Einfluss darauf, es passiert einem sozusagen …
geglückten
Ist es notwendig vom Frankreichaufenthalt zu erzählen? Spielt der eine Rolle für die Glosse?

Lisa hat geschrieben:Die Äpfel überstanden diesen Zeitraum natürlich nicht,

Hört sich so an, als ob ihre Verwendung eben doch eingeplant gewesen sei, erscheint mir nicht so ganz logisch. :confused: (Vielleicht erwähnen, dass z.B. ein Kuchen mal gebacken wurde, der sehr sauer war und die Äpfel in Vergessenheit gerieten, wie die anderen Dinge im Keller auch).

Lisa hat geschrieben:und ich befürchtete schon, mein gestandener Mann würde zu weben anfangen, wie es auch immer die gestörten Reitponys im Verein getan hatten. Doch irgendwann setze die Verdrängung ein.


@ weben = spinnen – ich verstehe vielleicht, aber dennoch den Vergleich nicht so ganz… weiß nur das Ponys gern Äpfel futtern… rätsel, grübel

Lisa hat geschrieben:Und dauerte leider nur bis neulich an. Ich hatte wohl den jährlichen Großwaschtag vergessen und war somit schon haustüraufmachbereit, als es klingelte.

Großwaschtag? Verstehe nicht, warum das erwähnt wird.

Lisa hat geschrieben:Ich sah nur dunkelblaue Kluft – ich m u s s t e es wagen!


Warum musste sie es wagen, wenn sie doch bereits haustüraufmachbereit bereit war?

Lisa hat geschrieben: „Guten Tag, ist deine Mutter da?“, schlug es mir entgegen.
Die Apfelfrau hatte wieder zugeschlagen.


Eigentlich müsste es heißen: Die Apfelfrau schlug wieder zu, aber dann hast du 2 x „schlug“, also würde ich das „schlug es mir entgegen“, streichen.


Lisa hat geschrieben: Ich meine, ich dachte immer, man wäre e n t w e d e r niedergeschlagen, weil man für minderjährig gehalten wird o d e r weil man die ersten Fältchen entdeckt.

Müsstest du hiernach, (entweder/oder) nicht mit: Aber fortfahren ? statt Ganz ? Irgend wa sfehlt mir... :confused:

Lisa hat geschrieben: Ganz abgesehen von diesem mehr als unangenehmen Verdachtsgefühl, dass meine Mutter wirklich hier wohnte, welches dieser Satz erzeugte. Sofort stiegen fieberhafte Phantasien in mir auf. Ich sah meine Mutter in irgendeinem unsere Wandschränke sitzen, seit Jahren dort ausharrend, sich nur von vergessenen Keksen aus Reisekoffern und den Restflüssigkeiten gesammelter und natürlich nicht weggebrachter Pfandflaschen ernährend, um eines großen großen Tages endlich den Haushalt zu übernehmen und endlich zu richten, was nicht so gehörte, wie es war – also alles. Alle Aufmerksamkeit war aufgebraucht für diese Suggestion, so jedenfalls rechtfertige ich meine Antwort, die ich der Apfelfrau auf ihre Frage gab, vor mir. Die da lautete: „Nein, ich wohne hier selbst“. Was für eine Meisterleistung.


Ich finde das toll erzählt, mit den sich überstürzenden Gedanken, auch nachvollziehbar, dennoch habe ich ein Problem. Für diesen Text (Glosse) empfinde ich es zu ausführlich psychologisierend und reflektierend erzählt.


Lisa hat geschrieben:
Als am Abend der Mann wieder im Haus war, berichtete ich nur, dass ich die Apfelfrau in die Flucht geschlagen hätte .

tte = hatte

Lisa hat geschrieben:dass mein gestandener Mann dazwischenfuhr und durch den Briefkastenschlitz raunte, wir würden hier nur auf das Haus aufpassen, die richtigen Besitzer seien nicht zuhause.


Hier meinst du sicher raunzte

Lisa, du weißt ja, dass dies schlimmer aussieht, als es ist.
Mir hat es Vergnügen bereitet deinen Text zu lesen, (ganz besonders heute)

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 17.04.2007, 21:17, insgesamt 1-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.04.2007, 21:03

Liebe Lisa,

vieles ist schon gesagt, aber eines noch:

Am Anfang ist nicht klar, woher die Erzählerin, die doch in der Badewanne sitzt, die Infos über die Apfelfrau und den Axtmann hat. Sie kann die ja selber nicht sehen. Ich finde, das irritiert, weil sie nicht zugleich allwissend und teil-wissend sein kann.

Ich habe es auch gern gelesen (zum Glück kommen hier keine Apfelfrauen (iiih, die Schürze und der Hufnagel waren echt richtig eklig...), dafür aber Männer mit komischen, selbst gemalten Postkarten, die man nur im 24-Satz erwerben kann (ich übertreibe...)), stimme der Kritik der Vorredner zu und warte auf eine Überarbeitung, bevor ich mich weiter äußere (um Dir Wiederholungen zu ersparen).

Liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 17.04.2007, 21:21

Hallo Silvi, hallo Lisa,

Was Silvi zur : "Besten Ehefrau von allen" schreibt, ist ein Gedanke, der mir gefällt im Hinblick auf den "gestandenen Mann" ...habe ich nicht dran gedacht, aber das könnte wohl sein.

Nochmals liebe Grüße
Gerda

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.04.2007, 22:48

Liebe Lisa,

mittlerweile ist schon vieles gesagt worden: Kern der Aussagen aber immer, wie gut es dir gelungen ist. Das ist es, ich wiederhole mich :-)

Hier nun meine weiteren Gedanken dazu. Bunt sind Füllworte, die sich manchmal ballen. Fett meine Kommentare des Überblicks wegen.

Alles fing eigentlich schon letztes Jahr an, aber da saß ich gerade in der Badewanne.
ein gewisses Problem ist die Perspektive. Sie sitzt in der Badewanne. Er erzählt ihr aber seine Niederlage nicht so, wie sie sie hier minutiös beschreibt. Die Badewanne ist zwar ein sehr hübscher Einstieg, aber ...

einen furunkeligen Apfel
furunkulösen

Wie der Mann im Haus mir hinterher mit einer Großhandelskiste Äpfel in den Armen über das Badeschaumgebirge hinweg erzählte,
er erzählt ihr ja nur das, schließe ich hier. Daher mein Einwand oben wegen der Badewanne am Beginn.

hatte er in diesem Augenblick nichts als die hufdicken Fingernägel gesehen, die für das Aufpieksen das Apfelstück kurz gestreift hatten, und nichts entgegnen können – aus Angst etwas, und sei es noch so klein, davon in den Mund gesteckt zu bekommen. Zu allem Übel hatte sich bei einem zweiten Blick auf den Kumpanen der Apfelfrau noch Furcht und sogar Mitleid für erstere hinzugemischt, so dass es kam, wie es kommen musste: Wir waren für einen Spottpreis von 50 Euro stolze Besitzer der kleinsten Kiste Obst, die die Apfelfrau verkaufte: 20 kg geballtes Boskop-Glück, womit hatten wir nur dieses unfassbare Geschenk verdient!
„Warum hast du denn bloß...“,
Hier meine Skepsis: Sie fragt sich, dann ihn. Eines davon könnte für mich entfallen.

versuchte ich noch in Tatortmanie anzusetzen, doch mein gestandener Mann schaute mich so grunderschöpft an, dass ich nähere Untersuchungen unterließ. Und das, obwohl unser gemeinsame Lebensabschnitt schon ins siebente 7 Jahr geht und ich in all den Jahren eine Menge Lacher von ihm für schwächelndes Verhalten an der Haustür geerntet habe. Und wenn ich eine Menge sage, dann meine ich wirklich eine Menge, Sie verstehen?

So klopfte ich meinem gestandenen Mann nur mutmachend an die aufs Knie, weil ich an den Rücken nicht herankam, und er fragte mit herabhängendem Kopf, wo er die Kiste denn nur unterbringen könnte und ich sagte: „Im Keller.“
Worauf ich weniger kam, weil Obst lichtgeschützt angeblich länger haltbar ist, sondern eher, weil ich mich an all die anderen unbrauchbaren, ausrangierten Gegenstände dort erinnert fühlte, für die es ebenfalls keinen ausreichend großen Mülleimer gab oder bezüglich derer man unbegreiflicherweise diese moralische Sperre „So was schmeißt man nicht einfach weg“ im Kopf hat, obwohl man so gar nichts mit ihnen anfangen kann.

Nach vollbrachter Verstauung kam mein gestandener Mann wieder hinaufgestapft, hockte sich mit dunkler Miene auf den Wannenrand und wippte mit den Beinen.
„Hm?“, fragte ich möglichst liebevoll.
„Na ja, du weißt doch, dass ich gegen alles, was Kerne hat, allergisch bin...“

Und obwohl ich spürte, dass sich dieses für Männer typische, den Nutzwert vermissende Genöle nur ganz ganz knapp gegen die Scham durchgesetzt hatte, war es genug – nach etwa drei Stunden hatte ich fertig gelacht, die Krämpfe ließen nach.

„Ach, ich back uns da einfach Kuchen draus“, versuchte ich danach wieder Vertrauen gutzumachen.
Du willst...“, setze mein gestandener Mann an, aber dann gab er auf – er war gebrochen.

In diesem Absatz sind rasend viele Zeitangaben, ob man sie eduzieren kann?
Bevor wir das Jahr wechseln, bleibt nur noch zu erwähnen, dass wir drei Tage nach diesem so außerordentlich geglücktemn Haustürgeschäft wie geplant unsere vierwöchige Reise nach Frankreich antraten, wo mein gestandener Mann für diese Zeit eine Gastprofessur angenommen hatte <- wichtig?. Die Äpfel hat sie denn gar nichts gebacken? Vielleicht hier eine reduzierte Zahl: Die restlichen fünfzehn Kilo Äpfel (z..B.)überstanden diesen Zeitraum natürlich nicht, obwohl mir wieder und wieder beteuert wurde, die Apfelfrau hätte garantiert, das Obst hielte sich bis zu drei Monate. Bis in den Schlaf verfolgte mich wochenlang das Echo in der Dunkelheit „Aber die Apfelfrau hat gesagt...aber die Apfelfrau hat es doch gesagt, sie hat es doch...die Apfelfrau, die Apfelfrau“ und ich befürchtete schon, mein gestandener Mann würde zu weben anfangen, wie es auch immer die gestörten Reitponys im Verein getan hatten. Doch irgendwann setze die Verdrängung ein.

Und dauerte leider nur bis neulich an. Ich hatte wohl den jährlichen Großwaschtag vergessen und war somit schon haustüraufmachbereit, als es klingelte. Eigentlich hätte ich schon aufgrund der verdächtig mittäglichen Uhrzeit alarmiert sein müssen, zu der ich mir schon lange geschworen hatte, die Tür nicht mehr aufzumachen. Hatte man doch nur biedere Zeugen Jehovas, den alkoholkranken Rentner, der ungefähr 100 mal im Jahr Spenden für die Kriegsgrabpflege sammelte, oder Gefro-Tiefkühlwarenaboanpreiser zu erwarten, die nicht mal zum Gehen bereit waren, wenn man sagte, dass man gar keine Tiefkühltruhe besaß.
Aber seit die Pakete nicht mehr nur mit DHL, sondern auch mit UPS kommen, gelingt es mir nicht immer, Unglücksboten und Glücksboten anhand der Farbe ihrer Kleidung ungesehen vom oberen Treppenabsatz aus durch das Milchtürglas zu unterscheiden. Ich sah nur dunkelblaue Kluft – ich m u s s t e es wagen!

„Guten Tag, ist deine Mutter da?“, schlug es mir entgegen.
Die Apfelfrau hatte wieder zugeschlagen.
Ich meine, ich dachte immer, man wäre e n t w e d e r niedergeschlagen, weil man für minderjährig gehalten wird o d e r weil man die ersten Fältchen entdeckt. Ganz abgesehen von diesem mehr als unangenehmen Verdachtsgefühl, dass meine Mutter wirklich hier wohnte, welches dieser Satz erzeugte. Sofort stiegen fieberhafte Phantasien in mir auf. Ich sah meine Mutter in irgendeinem unsere Wandschränke sitzen, seit Jahren dort ausharrend, sich nur von vergessenen Keksen aus Reisekoffern und den Restflüssigkeiten gesammelter und natürlich nicht weggebrachter Pfandflaschen ernährend, um eines großen großen Tages endlich den Haushalt zu übernehmen und endlich zu richten, was nicht so gehörte, wie es war – also alles. Alle Aufmerksamkeit war aufgebraucht für diese Suggestion, so jedenfalls rechtfertige ich meine Antwort, die ich der Apfelfrau auf ihre Frage gab, vor mir. Die da lautete <- Ich sagte. Die da lautete lenkt von dem Satz selbst ab. Das ist verschenkt.: „Nein, ich wohne hier selbst“. Was für eine Meisterleistung.

Wie krank dieser Satz war, lässt sich daran erkennen, dass die Apfelfrau daraufhin keinen Spruch parat hatte, zögerte, sich mit einem „Ahsoooooooo“ nur gerade so noch wieder in ihre Spur brachte und auf diese Weise verhinderte, dass ihr beim Versuch, dieses Gespräch doch noch in ein Geschäft zu verwandeln, der fettige Schädel platze. Wieder in der Spur zu sein hieß in diesem Fall für die Apfelfrau, sich bloß auf den von ihr herausgefilterten Aspekt zu konzentrieren, dass meine Mutter nicht da war, und ansonsten nicht auch nur im Ansatz verstehen zu wollen, was ich mit meinem Satz im weiteren Sinne hatte sagen wollen. <- zuviel erklärt. Starker POV-Wechsel. Das kann die Erzählerin nicht wissen.
„Ja, dann...“, sagte sie, schon in der Rückwärtsbewegung und ihr Kumpan warf noch bevor sie den Wagen erreichte, den Motor an und sie fuhren davon.

Als am Abend der Mann wieder im Haus war, berichtete ich nur, dass ich die Apfelfrau in die Flucht geschlagen hätte und dass ohne auch nur ein einziges Kernobst zu kaufen, die näheren Umstände ließ ich dabei freilich außer Acht. Seitdem habe ich keinen einzigen Haustürversagerwitz über mich mehr gehört, selbst nicht, als ich neulich fast den GEZ-Mann hereingelassen hätte, der bei uns anständigen Mittelständern natürlich immer ein gern gesehener Gast ist, aber einfach so ungelegen kam, dass mein gestandener Mann dazwischenfuhr und durch den Briefkastenschlitz raunte, wir würden hier nur auf das Haus aufpassen, die richtigen Besitzer seien nicht zuhause.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen


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